WB Interview vom 28. Mai 2016 - KTV

SPORT
Walliser Bote
Samstag, 28. Mai 2016
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NACHGEFRAGT
Die Meldung:
Die Handballer des KTV Visp müssen den Gang in die 2. Liga antreten. Im Vorjahr konnte sich die beste Oberwalliser
Handball-Mannschaft noch am grünen Tisch vor dem Abstieg retten, diese Saison gab es definitiv keinen Rettungsanker mehr. Der KTV musste nach der Qualifikation in die
Abstiegsrunde und besass dort von Beginn an schlechte
Karten. Fünf Niederlagen in ebenso vielen Spielen besiegelten die Relegation in die 2. Liga endgültig.
Vor einem Scherbenhaufen steht der Verein dennoch
nicht. Er hat im Nachwuchs ein sensationelles Jahr hinter
sich und will mit der 1. Mannschaft spätestens in zwei Saisons wieder erstklassig sein.
Handball | 2. statt 1. Liga – KTV-Visp-Präsident Fredy Karlen analysiert die Abstiegssaison und blickt nach vorne
«Spätestens 2018 wieder aufsteigen»
Fredy Karlen, Sie reisen
voller Freude nach Köln
zum Final-Wochenende der
Handball-Champions-League. Das gibt Ablenkung
vom Abstieg?
(schmunzelt) «Der Abstieg tut
weh, das ist so. Ich reiste schon
oft an diese Finalspiele, das war
auch dieses Mal weit im Voraus
geplant. Die Halbfinals werden
Paris St-Germain, Kielce aus
Polen, Kiel sowie Veszprem aus
Ungarn bestreiten. Beide Tage
werden mit 20000 Fans ausverkauft sein.»
Zum KTV Visp. Ist der Abstieg in Ihrer 5-jährigen
Amtszeit als Präsident der
schwerste Moment?
«Ja und Nein. Einerseits erlebten
wir mit unserer Juniorenabteilung das beste Jahr, worauf ich
sehr stolz bin. Andererseits aber
stieg die 1. Mannschaft ab. Wie
soll ich sagen, die Bandbreite in
dieser Saison war extrem.»
Trotzdem guten Mutes. KTV-Visp-Präsident Fredy Karlen nach dem Abstieg.
FOTO ZVG
Das Team entging dem Abstieg schon vor Jahresfrist
nur knapp. Hat diese Erfahrung nicht geholfen?
«Die Kunst ist, vor der Abstiegsrunde total abschalten und neu
beginnen zu können, was aber
sehr, sehr schwer ist. Leider wurde dieses Feuer nicht so richtig
entfacht, um sich wirklich gegen
den Abstieg aufbäumen zu können. Wir konnten uns nicht aus
dieser Negativspirale befreien.»
Mit Bora Franic gab es im
Winter einen Top-Transfer,
der aber den Abstieg auch
nicht verhindern konnte.
«Berufsbedingt konnten wir ihn
leider erst im März einsetzen. Er
konnte kaum trainieren, war somit nur bedingt die erhoffte Verstärkung. Er gab aber sein Bestes für uns. Sein Vertrag läuft
weiter, er arbeitet nun hier, ist
in das Sportschultraining integriert und hat nun beste Voraussetzungen, um in der 2. Liga für
den Unterschied zu sorgen. Er
und Spielertrainer Robert Kieliba sind unsere Routiniers.»
Sagen Sie uns eine Lehre,
die Sie aus der Abstiegssaison ziehen.
«Das Kader war vor der Saison
recht gross, aber bereits im November stiegen zwei Spieler
aus. Vielleicht fühlt sich dann
auch nicht jeder sehr verpflichtet (überlegt). Es ist wohl besser,
künftig mit etwas weniger
Spielern zu rechnen, die dann
aber bereit sind, voll mitzuziehen, um die nächsten Ziele zu
erreichen.»
Apropos Ziele: Wie schnell
soll der KTV Visp wieder
Fussball | Belgiens Nationaltrainer Marc Wilmots hat ein starkes Kader und Ambitionen
«Halbfinal? Ausserordentlich gut…»
Belgien gehört an der kommenden EMEndrunde zum engen Kreis jener Teams,
die um den Titel mitspielen können.
Marc Wilmots, einst auf Schalke ein Vorkämpfer mit Kultstatus, hat eine hochinteressante Auswahl formiert. Im Interview erzählt er vor dem Test gegen die
Schweiz in Genf von den Ambitionen der
Diables Rouges.
Sie haben das belgische Team aus der Versenkung an die Weltspitze geführt. Wo haben
Sie angesetzt? Wie sehr hat Sie Ihr jahrelanges Spieler-Engagement bei Schalke geprägt?
«Die Philosophie beruht auf einer Verschmelzung
aus deutscher Disziplin und französischer Geschmeidigkeit. Man muss die geeignete Zwischenform finden, um als Gruppe funktionieren zu können. Wenn Arbeit angesagt ist, verlange ich, dass
jeder anpackt. Aber es gibt Momente, in denen die
Spieler auch mal atmen sollen. Jeder soll sich in der
Selektion gut fühlen.»
Belgien steht für ein forsches Offensivspiel.
«Wir setzen im Prinzip auf einen offensiven Stil,
das stimmt. Aber mit einem Team, das in der Rückwärtsbewegung sehr solidarisch arbeitet.»
Was zeichnet die beste belgische Generation
seit den überdurchschnittlich erfolgreichen
Achtzigerjahren aus? Gibt es Parallelen?
«Vergleiche mit früheren Generationen mag ich eigentlich nicht besonders. In den Achtzigerjahren
zählte Belgien viele Klubs, die auf europäischem Niveau eine sehr gute Rolle spielten. Aber inzwischen
haben uns einige Länder überholt. Aktuell leben
wir von einer respektablen Zahl an Spielern, die
sich in England, Italien oder Frankreich in hoch
eingeschätzten Meisterschaften bewähren müssen.
Von ihren Erfahrungen profitieren wir im Nationalteam. In den Spielern steckt die Kultur verschiedener Länder und Ligen.»
Wie hoch ist Ihr Anteil am kräftigen
Aufschwung?
«Ich mag es, neue Spieler zu forcieren und ihre Entwicklung zu animieren. Ich habe Junge wie Jason
Denayer, Divock Origi, Jordan Lukaku, Adnan Januzaj oder Zakaria Bakkali in der Nationalmannschaft lanciert. Wir zögerten nicht, ihnen im Alter
von 17 oder 18 eine Chance zu geben.»
Wo orten Sie das wichtigste Plus
der Diables Rouges?
«Unsere herausragende Qualität ist die exzellente
Raumaufteilung; ein Team muss meiner Meinung
nach gemeinsam angreifen und verteidigen. Ich
setze nicht auf Blöcke, ich bevorzuge eine gute
Zusammenarbeit aller Spieler. Keiner wird mit der
Absicht einrücken, sein Ego zu pflegen. Ich habe
jedem klargemacht, dass solche Verhaltensmuster
zu nichts führen. Nur in einem starken Kollektiv
kommen auch die Individualisten auf ihre Kosten.»
An der WM wurden Sie erst vom späteren
Finalisten Argentinien gestoppt. Was verlangen Sie an der EURO?
«Die Niederlage im Viertelfinal gegen Argentinien
sehe ich für das damals zweitjüngste Team als
Chance, wichtige Erkenntnisse gemacht zu haben.
aufsteigen?
«Spätestens 2018 will der KTV
wieder in der 1. Liga sein. Wir
haben guten Grund, positiv in
die Zukunft zu blicken. Der Verein hat eine bedeutende und
erfolgreiche Juniorenabteilung
und somit gute Perspektiven.»
Was erwartet den KTV Visp
in der 2. Liga?
«Sicher die Rolle eines Gejagten.
Die Unterschiede sind vor allem
im Tempo und im Gefälle spürbar. Die besten Mannschaften
in der 2. Liga können in der Regel im hinteren Teil der 1. Liga
mitspielen. Entscheidend für
uns wird sein, dass wir in den
Direktduellen gegen eben diese
Topteams bereit sein werden.»
Nun zum Kader: Welche
Mutationen sind bekannt?
«Adam Szöllözi, Simon Kornèl
und Patrick Nagy haben uns
verlassen. Aus dem Nachwuchs
stösst Jean-Luc Ruffiner dazu,
Luca Vitetta, Lars und Janes
Karlen stehen neu im erweiterten Kader. Auf der Position des
Torhüters suchen wir noch einen erfahrenen Mann, um unsere jungen Goalies, die sich
noch im Studium befinden, zu
entlasten. Im Grossen und
Ganzen aber bleibt das Gerippe
zusammen.»
Interview: Alan Daniele
SCHWEIZER FUSSBALL-NATI
3000 Fans im Training
Das Schweizer Nationalteam positioniert
sich in den letzten beiden Wochen vor
dem EM-Start. Im Test gegen Belgien will
die SFV-Auswahl ein Zeichen setzen. In ihrem Campo Lugano haben die Schweizer
primär gute Eindrücke aufgesogen. «La
Nazionale a casa» – die Tessiner haben ihren derzeit prominentesten Sport-Repräsentanten Vladimir Petkovic und seine
Equipe herzlich empfangen. 3000 Tifosi
jubelten der SFV-Auswahl bei ihrer öffentlichen Einheit am Tag nach Luganos LigaErhalt im Cornaredo zu. Das angenehme
Ambiente färbt ab. Die Spieler tasteten
sich langsam vor, der Ballast der in einzelnen Fällen schwierigen Saison fiel ab. «Jeder, der hier im Camp einrückt, muss beseelt sein davon, etwas Neues aufzubauen
und die Schwierigkeiten weit hinter sich
zu lassen», hat Petkovic unlängst verlangt.
Heute gegen Belgien
Gegen die Schweiz. Belgiens Marc Wilmots tritt
heute in Genf an.
FOTO KEYSTONE
Ich erwarte im Vergleich zur WM-Endrunde an der
EURO allgemein ein besseres Level. Die Konkurrenz
ist grösser. Unser Ziel muss sein, so lange wie nur
möglich dabei zu sein. Ich sagte schon nach der
WM 2014, dass wir für uns in Anspruch nehmen
können, einen aussergewöhnlich guten Job
gemacht zu haben, wenn wir die EM-Halbfinals
Interview: Sven Schoch, sda
erreichen.»
In Genf steht der Schweiz heute (16.15
Uhr) eine Begegnung unter verschärften
Wettkampfkonditionen bevor. Belgien hat
sich in den letzten Jahren unter die Topteams Europas gereiht. Die spektakuläre
Nummer 2 im FIFA-Ranking hat sich seit
Juni 2014 mit 17 Siegen in 22 Partien definitiv für grössere Aufgaben empfohlen.
«In den Testspielen gegen Belgien und
Moldawien muss man bereits spüren,
dass wir bereit sein werden, den Kampf
gegen das beherzte und leidenschaftliche
Albanien aufzunehmen», sagte Granit
Xhaka unlängst. | sda