6 Sommer 1 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Inhaltsverzeichnis Begrüßung durch Franziska, Freya und Frida…………………………..………..…..................... 4 700ste Abonnentin……………………………………………………………………….……………………….. 4 Einsendeschluss, Download, Druckservice – ja oder nein……….…………………………… 5 Spendenaufruf………..….…………………………..……..…..……..………….………………………………… 6 Zuschriften und Glückwünsche…………..…….……….…..……………………………………………7-8 Auf Palau sind Frauen Reichtum……….……………...………….…………………….…………… 9-13 Auszug aus dem Buch „Die Weisheit ist weiblich“……...…….…....…………………….14-15 Mutterliebe – Die Liebe zur Mutter wieder zum Fließen bringen.......................16-20 Mama ist der Hammer - Drastische Maßnahmen..………..…………………………………. 21 Ein Zwillingspärchen unterhält sich im Bauch seiner Mutter…………………………….. 22 Mutterliebe auf japanisch……………………………………………..…………………………………….. 23 Lied einer Efe-Frau für ein Neugeborenes…………………………..……………………….……. 23 Muttersippe gesucht – Gründen von Gemeinschaften…..……..…….………..……… 24-28 Im Namen der Mutter – Schilderung einer Namensänderung………....…………. 29-31 Buchvorstellung – „Familie als Beginn“………………………………………..……..………… 32-34 Kampagne zum Schutz der Frauen in Kolumbien…………………..……..…...…………..…..35 Künstlerin aus Museum geworfen……………..…………………….……..………..………………….36 Sangre Menstrual: Eine Menstruationsperformance.………….…...……..….………………..37 Super-Mum……………………….……………………………………………..……..………………….…………38 Buchvorstellung – Heilende Zeiträume, mutter sprache sinn……….....……………39-40 Schwanger Frauchen, ein Wunder der Welt – Schwangere Männchen, ein Wunder der Meere………………...….……..…..…………. 41-42 Ein Leserinnen-Brief – Zum Familienbegriff………………………...…..…………………….43-45 Die Geschichte von der ersten Frau – Eine Erzählung der Waitaha…….....………… 46 Die Feuergöttin der Mosuo – Zwei Künstlerinnen arbeiten zusammen…...………. 47 2 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Inhaltsverzeichnis Auf den Spuren eines Steinzeit-Kults..…………………………….…..….………..………..48-53 Besucherinnen der Ausstellung – Meinungen zur Mütterwand……………..……… 54 Kunst aus Kuhdung – Gesehen in Indien………………..……………………………………… 55 MatriaVal e.V. wird reichhaltige 10 Jahre alt…………………………………………….. 56-58 Vorteile einer Mitgliedaschaft bei MatriaVal e.V. …………….……………………… 59-60 Das Beginenhaus Blaubeuren hat noch zwei Plätze frei!...................................61-62 Evolution der Frauen…………………………..…………………………………………………………… 62 MatriaVal e.V. im Buch „101 Frauenorte in Frankfurt“……………..……………………..63 Leserinnenbrief zum Thema „Erzeuger“ + Wettbewerb mit Prämie…...…….64-65 Fliegen wie ein Vogel…..……………………….……..…………………………………………..……… 65 Das Liebes-Regime der Hippie-Affen..........................................................................66-67 Frauenportrait – Jane Goodall.......………………………….………………………………….. 68-69 Ein Frauenleben – Meret Eva Windele………..……….……….....…………………………70-72 Frauenportrait – Diana Monson…………………….…………………………….……………..73-78 Matriarchale Reisen – Prinzessin Beatrix zu Hohenlohe……….………….………. 79-82 Darkmoon Arts – Schwarzmond-Künstlerin…….……………………..…………………. 83-84 Mutterlandbriefe auch für Blinde – Jetzt neu eingerichtet……..…..………………….84 Die Stärken der Mütter – Ein Mütter stärkendes Buch………………..………………… 85 Ein Leserinnenbrief – „Wo die Wolken wohnen“……………………………………………. 86 Grüß-Göttin-Schild jetzt in Graz…………………………………..…………………………………. 87 Themen beim nächsten Mal + Impressum……..……….……………………..……………… 88 Bevor isch mich uffreesch, isses mir lieber egal. 3 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Begrü Begrüssung durch Franziska, Freya und Frida Liebe Frauen! Beim letzten Mal haben wir die Mutterlandbriefe mit einer Lesebestätigung verschickt, da wir neugierig waren, wann unsere Zeitung nach der Herausgabe gelesen wird. Schon während die Zeitung noch verschickt wurde (dies dauert 8 Stunden), haben sie am ersten Tag 55 Frauen angeklickt. Am zweiten Tag waren es weitere 44 und am dritten Tag 19, am vierten Tag 8. Insgesamt haben wir 158 Lesebestätigungen erhalten. Wenn wir davon ausgehen, dass bestimmt jede zweite Frauen das Versenden der Lesebestätigung abgelehnt hat, wurde die Zeitung innerhalb von vier Tagen von über 300 Frauen „bemerkt“ und von einigen sicherlich auch schon fleißig gelesen. Das fräut uns sehr! Danke an Euch alle, die ihr die Mutterlandbriefe lest! Franziska, Freya und Frida 700ste Abonnentin Bald ist es soweit! Wir können demnächst unsere 700. Abonnentin der Mutterlandbriefe begrüßen. Sie darf sich aus unseren Mater-ialien ein Buch und eine DVD wünschen. 4 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Einsendeschluss Artikel bitte rechtzeitig einsenden Wenn Euch eines der Themen, die wir für die nächste Ausgabe vorgesehen haben, anspricht und ihr etwas dazu schreiben wollt, bitten wir Euch, nicht bis auf die letzte Sekunde zu warten, sondern Eure Artikel frühzeitig einzuschicken. Die Zeitung ist immer sehr schnell voll. Ab der nächsten Ausgabe gilt: „Wenn 82 Seiten gefüllt sind, ist Schluss“! Download Die Zeitung kann weiterhin auf unserer Homepage heruntergeladen werden: www.mutterlandbriefe.de Druckservice - ja oder nein Wir möchten an dieser Stelle Maritima Muth danken, die netterweise die Aufgabe des Druckens und Versendens der Druckexemplare der Mutterlandbriefe übernommen hat. Nun orientiert sie sich beruflich neu und schafft es nicht mehr, die Zeitung für uns auszudrucken. Daher können wir eine gedruckte Ausgabe der Zeitung im Moment nicht mehr versprechen. Liebe Leserinnen, welche von Euch hätte Lust, die Druck- und Versandarbeit zu übernehmen? Es sind derzeit ca. 40 Anfragen pro Ausgabe. Wir stellen den Drucker und können pro gedrucktem und verschicktem Exemplar 10 Euro zahlen. Interessentinnen bitte bei uns melden. Dann können wir die Einzelheiten klären. Bis dahin appellieren wir an die Phantasie der Frauen, wie eine jede eigenständig an eine Druckausgabe kommt. Wir haben schon davon gehört, dass eine Mutter für ihre Tochter ausdruckt. Eine Frau lässt sich die Zeitung ausgedruckt von ihrem Mann schenken. Auch Lese-Kreise können sich gründen und finden, die gemeinsam eine Zeitung lesen. Auch ein Ausdruck im Copy-Shop wäre eine Möglichkeit. Dies wird zwischen 12 und 16 Euro kosten. Bis wir Ersatz gefunden haben, ruht unser Druckservice erst einmal! Die Redaktion: Uscha, Dagmar, Daniela 5 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Spendenaufruf Wir danken allen Frauen, die bisher für die Mutterlandbriefe gespendet haben. Das hilft uns sehr. Es ist uns möglich, damit den Zeitungsbetrieb aufrecht zu erhalten. Eure Spenden sind uns eine schöne Bestätigung unserer Arbeit. Gespendet werden sowohl Jahresbeiträge, als auch Einzelbeträge pro Heft. Mehrere Frauen spenden uns jeden Monat 5 Euro. Das klingt nach wenig, führt aber übers Jahr zu einer Spende von 60 Euro. Alle Frauen, die noch nicht gespendet haben, sind weiterhin aufgerufen, uns nach den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, etwas zukommen zu lassen. Auch Sachspenden sind willkommen! Eure Überweisung auf das Konto MatriaVal e.V. sollten als Betreff haben: Spende Mutterlandbriefe. Wir fräuen uns über Spenden Empfänger: MatriaVal e.V. Kontonummer: 200 367 170 BLZ: 500 502 01 Frankfurter Sparkasse IBAN: DE19500502010200367170 SWIFT-BIC: HELADEF1822 6 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Zuschriften und Glü Glückwü ckwünsche Liebe Uscha! grad hab ich euren Film gesehen und bin hin und weg!!!! Dagmar hatte ihn mir geschenkt und endlich hatte ich Zeit ihn zu sehen.... so gut gemacht, dass ich gar nicht auf die Idee kam, dass er vielleicht mal aufhören könnte!! Sag das bitte auch der Daniela und Li Shalima und Eva Voosen weiter, weil ich die Einstellungen sooo gut finde!!! Ihr seid schon eine tolle Truppe!!!! Den Vortrag von Dagmar hatte ich schon vorher gelesen und war trotzdem zu Tränen gerührt!!! Und deine Ausführungen über das Matriarchat waren sooo toll, gehörten genau dahin, und ich könnte sie immer und immer wieder hören bis Weihnachten und darüber hinaus.... wie Sahne auf unsere geschundenen Seelen!!! Also mal so eben einen RICHTIG guten Film gedreht! Ich fass es nicht!!! viel Liebstes deine Ulrike Diese DVD über Die Elisabeth-SelbertPreisverleihung kann Beim Verein für 10 Euro bestellt werden. Liebe Daniela, ich habe von Euch bei Artedea in Wien gehört und konnte gar nicht mehr aufhören zu lesen. War immer schon frauenbewegt und habe jetzt, nach Ehe und Kind, wieder den Ruf vernommen. Bin gerade dabei meine Ahninnen zu erforschen und erlebe, dass selbst in der Familie die Frauen spätestens in der 4. Generation komplett vom Radar verschwinden. Ich führe das auf die wechselnden Nachnamen zurück, durch die aber auch schon viel früher das Clangefühl verloren geht bzw. gar nicht erst entsteht. Selbst meine Mutter, die ein außerordentlich großes Wissen über die vergangenen drei Generationen hat und über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügt, musste darüber nachdenken, wie Ihre Großmutter mütterlicherseits vor der Verehelichung geheißen hat und woher sie kam. Das hat mich wirklich schockiert. Dieses Thema ist für mich zur Zeit vorherrschend und hat mich wieder zu meinen Wurzeln gebracht. Ich stamme aus ältestem "Bauernadel" und was diese Frauen in den letzten Jahrhunderten geleistet haben ist unbeschreiblich. Könnte stundenlang über meine Erkenntnisse berichten. Freue mich, euch gefunden zu haben. Ganz liebe Grüße Barbara Exenberger 7 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Liebe Uscha, liebe Ricarda, was für eine schöne Überraschung! Habe das Buch von Fricka schon ausgelesen, wie wertvoll dieses Thema auch mal von einer jungen Frau aus zu betrachten - ja, und dann erst die DVD von deiner Ehrung, liebe Uscha! Ich wünsche euch viel Kraft mit dem zunehmenden Ostaralicht. In Verbundenheit Siegrun Laurent Liebe Uscha, welch eine fräudige Überraschung, als deine DVD eintraf. Hab vielen Dank! Es ist eine wunderbare Erinnerung, vor allem für Dich, aber auch für uns als Gratulantinnen und mitfeiernde Fräundinnen. Und Dir ist eine großartige Dokumentation gelungen über das öffentliche und angstfreie Zur-Kenntnis-nehmen alternativer Lebensformen, was ja hinter der Preisverleihung steht. Sei gegrüßt und umarmt Renate Miron Liebe Redaktion, Habt Dank für die Zusendung des MUTTERLANDBRIEFES Nr. 5, der wieder mit viel Herzblut zusammengestellt ist. Für mich ist es ein ästhetisches Vergnügen, die 84 wohlgestalteten Seiten immer mal wieder in die Hand zu nehmen, zu fühlen, zu blättern, zu lesen und anzuschauen. Renata Ihr Lieben Vielen Dank für die Übersendung dieses wunderbaren Mutterlandbriefes. Was für ein Geschenk sind diese Berichte und Anregungen, die Ihr zusammentragt. Sonnige Grüße Brigitta Ein DankesBlumenstrauß, gemalt von Picasso den wir auf einer Postkarte erhalten haben 8 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Auf Palau sind Frauen Reichtum Eine Südseeinsel mit matriarchaler Tradition Noch im Winter hatten wir, Dreifrau von der Redaktion, beschlossen, dass ich für die Sommerausgabe über die matriarchal lebenden Menschen auf der Südseeinsel Palau schreiben solle. Das mache ich umso lieber, als mir zwischenzeitlich in der Zeitschrift ‚mobil‘, die in den Zügen der Deutschen Bahn ausliegt, ein Artikel einer jungen Journalistin begegnete, welcher die Überschrift trägt: Pia Volk sehnt sich auf die Insel, wo Frauen das Sagen haben – nach Palau. Frauen gestalten frei und selbstverständlich die Welt Diese Journalistin legt ganz selbstverständlich dar, dass sie ihre Adoleszenz, in der ihr als weibliches Wesen kaum Spielraum blieb, mit der Lektüre über Amazonen-Welten einigermaßen gut überstanden hatte. Erwachsen schon, erfährt sie zufällig von der Insel Palau. Was sie da hört erinnert sie an genau diese Romane ihrer Jugend, in denen erzählt wird, wie Frauen sich frei entfalten und ganz selbstverständlich die Welt ge-stalten. Viele Jahre später schafft sie es, nach Palau zu reisen und ist hin- und weg: Es gibt diese Welt also in echt. Eine Szene, die sie sehr beeindruckt hatte: Bei der höchsten Zeremonie, in der eine Mutter, die zum ersten Mal geboren hat, von allen gefeiert wird, singen die Frauen lauthals und obszön und trinken, was das Zeug hält, dabei sitzen sie breitbeinig da und das, obwohl sie Röcke tragen. Ähnliche Szenen von Frauen, die im öffentlichen Raum ganz selbstverständlich fröhlich und frei unterwegs sind, sind mir begegnet, als ich dorthin gereist war, um einen Film zu drehen, doch davon später. Zunächst möchte ich meine Fräude darüber teilen, dass mit dem Thema Matriarchat in den Mainstream-Medien nicht mehr so abweisend umgegangen wird, wie vor ca. 20 Jahren, als ich begonnen habe, Filme in zeitgenössischen Matriarchaten zu drehen. Damals wurde abgewehrt 9 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF geradezu verspottet, es herrschte großes Unverständnis und beinah einhellige Verdrängung. Inzwischen hat sich etwas geändert. Die Bedeutung der Existenz von friedfertigen, ausbalancierten Gesellschaften für Frauen und Männer und für Jung und Alt wird von JournalistInnen zunehmend verständlich dargestellt. So wie hier von Pia Volk. Noch etwas anderes fräut mich an diesem Artikel, es ist also möglich, so wie meine Fräundin Jutta immer schon behauptete, dass in den vielen Fantasy-Romanen und in der Fiktion überhaupt matriarchale Mythen und damit die Botschaft vom Matriarchat überleben. Und was ich jetzt in der neueren Art der Publikationen bemerke, ist, dass matriarchales Bewusstsein zunehmend weniger in Fantasy und in Märchen versteckt wird, im Gegenteil Matriarchales wird benannt. Es liegt die Frage nahe: Wird es benannt, weil es gebraucht wird? Nun zu meiner Reise, die ich um das Jahr 2000 mit meinem damaligen Film-Kompagnon Klaus Werner nach Belau, so wie sie sich selbst nennen, machte. Matriarchales Bewusstsein wird zunehmend benannt Für unsere Recherchen haben wir die Steine, die nur Frauen um den Hals tragen, in den Mittelpunkt gerückt. Die Belauer selbst sind überzeugt, dass diese Steine in Gelb- und Orangetönen, manchmal gepunktet und von stumpfer Oberfläche, ihnen von überirdischen Wesen geschenkt wurden. Fremde Forscher jedoch, wie soll es anders sein, nehmen an, dass einst ein Schiff aus China dort kenterte. Das gesunkene Schiff hatte Armreifen geladen, die in Stücke geteilt diesen Halsschmuck ergeben haben. Niemand kann sagen wie lang zurück diese äußerlich unscheinbaren Teile nun für Frauen und Männer der Inselkette allergrößten Wert bedeuten. Es existieren an die 3000 Stück und können nicht vermehrt werden, sie stehen für Rang, Verbundenheit, Anerkennung, Beziehungsreichtum und sind größte Auszeichnung. Frauen bekommen sie überreicht für ihr Sein und ihr Tun, Arbeit im Haus und auf dem Feld, Kinder gebären und großziehen, Durchführen von Ritualen 10 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Heilarbeit, Fürsorgeleistungen, sexuelle Vereinigung mit Männern aus anderen Klans. Frauen allen Alters bekommen zu verschiedenen Anlässen diese Steine umgehängt. Damit wird anerkannt, dass Frauen Leben weitergeben und für gutes Leben sorgen. Das Überreichen der Steine und auch das Umhängen obliegt den Männern. Sie gehen dieser rituellen Aufgabe gerne nach, erkennen sie doch damit die Natur und Leistung der Frauen an. Entscheidend ist, dass diese Steine zirkulieren, das schafft Verbindung der Klans untereinander und bringt viele Geschichten in Umlauf, die sich um die Steine und ihre Trägerinnen und damit Vertreterinnen der verschiedenen Klans ranken. Zu einigen Anlässen hat eine Schwester ihrem Bruder einen Stein zu überreichen. Einer dieser Anlässe ist die Einweihung eines Hauses, das ihr Bruder für die Frau, die ihn erwählt hat, gebaut hat. Ihr Bruder verlässt ihren gemeinsamen Mutterklan und zieht zu der Frau. Der größte und wertvollste Stein wird einer Frau bei der Zeremonie anlässlich der Geburt ihres ersten Kindes geradezu „verliehen“. Sie bekommt ihn umgehängt, wenn sie „heraustritt“. Das „Heraustreten“ in die feiernde Gemeinschaft ist der entscheidende Moment. In einigen Gegenden wird ihr dafür ein hohes Podest, eine Himmelsleiter errichtet, von der sie gesalbt und geschmückt einer Göttin gleich heruntersteigen kann. Dem „Heraustreten“ geht in einer eigens dafür errichteten Hütte eine über Wochen andauernde Zeit der Massage und Pflege der jungen Mutter durch kundige Frauen aus ihrem Klan voraus. Sie schwitzt in Dampfbädern, bekommt Massagen mit Gelbwurzöl und ganz spezielle Getränke aus Kräutersud. Ein Stein anlässlich der Geburt des ersten Kindes Wenn sie nach vielen Tagen der Abgeschiedenheit und der Pflege geschmückt heraustritt, wird sie von Gästen, die sie schon erwarten, fräudig empfangen und umtanzt. Die junge Frau erlebt den größten Festtag um ihrer selbst. Dort kommen Frauen gar nicht auf die Idee, sie müssten heiraten, damit sie einmal in einem weißen Kleid Mittelpunkt eines rauschenden Festes sind und sich einmal im Leben wie eine Prinzessin fühlen können. Das haben Palauerinnen nicht nötig, bei dieser Erstgeburtszeremonie sind sie Hera, ja Gode, nur sie selbst, mit niemandem sonst an ihrer Seite. 11 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Diese wichtigste heilige Zeremonie heisst „Ngasech“, das ist dieselbe Bezeichnung wie für die große Meeresschildkröte, die in den Gewässern rund um Palau lebt und sehr geachtet und geehrt wird. In vielen Mythen kommt sie als Sinnbild des Mutterseins vor. Durch eine Geburt hat die junge Frau vom Klan des Erzeugers (der nicht groß herausgestellt wird) den sehr begehrten Stein erhalten. Damit hat sie ihre Muttersippe reicher gemacht, nicht nur durch die Tatsache, dass sie dieser ein Kind geboren hat, sondern auch durch den Stein, der dank ihrer nun zu ihrem Klan gewechselt ist. Eine Geburt macht den Klan reicher Jetzt könnten wir denken, oh je, da bekommen Frauen für Dinge, die selbstverständlich sind, eine Belohnung bzw. allergrößte Anerkennung. Aber leider denken wir da aus dem Patriarchat heraus. Wir sind darauf getrimmt dies alles unentgeltlich und möglichst unbemerkt zu geben, zu schenken und uns zu sagen, wir täten dies aus Liebe zu den Menschen in unserer Kleinfamilie. Jedoch ist diesbezüglich etwas grundsätzlich schiefgelaufen, all diese Frauenleistungen, die wir schon während der 2. Frauenbewegung in den 70er Jahren sichtbar machten, indem wir Lohn für Hausarbeit forderten und die das Patriarchat und den Kapitalismus am Leben erhalten, sind die wichtigsten Leistungen überhaupt, sie gehören in das Zentrum einer Gesellschaft. Die PalauerInnen sind zufriedene und glückliche Menschen, insofern lohnt es sich eine Beziehung herzustellen zwischen ihrem Ansatz, die weibliche, mütterliche Welt in den gesellschaftlichen Mittelpunkt zu stellen und dieser kooperativen Art des Zusammenlebens. Die Anerkennung und Ehrung und der Vorrang der Mutterschaft ist die Basis für diese ausbalancierte, friedliche Gesellschaft. 12 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Eingangs erwähnte ich, dass diese Steine sogar als Dank und Anerkennung für sexuelle „Dienste“ der Frauen gegeben werden. Auch das gehört dazu. Bei unseren Dreharbeiten begegnete uns die über 90jährige Isebong. Sie hatte noch die Zeiten der Männerhäuser erlebt, als die Männer noch nicht zu den Klans der Frau zogen. Da war es üblich, dass Frauen, ausgewählt von älteren Frauen, gemeinschaftlich Ausflüge in die Männerhäuser machten. Als Dank und Anerkennung für die „Schäferstunden“ bekamen sie von den Männern diese Steine überreicht. Auch wenn ein Mann ablehnte, hatte er ein Steingeschenk zu geben, lediglich für ihre Bereitschaft, für ihr Angebot. Frauen begaben sich gern auf diese „Eroberungs“-Ausflüge, die besonders erfolgreich waren, wenn sie obendrein noch schwanger zurückkehrten. Auch so können sexuelle Begegnungen stattfinden, ohne Eifersucht, ohne Besitzansprüche, ohne Machtausübung und ohne Gewalt. Die Frauen wurden in keiner Weise gegängelt, im Gegenteil. sie bekamen den Segen ihrer Muttersippe. Sexuelle Begegnung ohne Eifersucht Aus all dem Erlebten ist der Kurzfilm: „Frauengeld“ entstanden und später die längere Dokumentation: „Insel der Frauen“. Beides ist auf DVD bei tomult&töchter oder über MatriaVal e.V. erhältlich. Schreitet in Schönheit und ehrt die Mütter der Welt und damit Euch selbst! Uscha PS: Seit 1994 ist Palau eine selbstständige Republik. Zur Geschichte Palaus möchte ich einen älteren Mikronesier, der alle drei aufeinanderfolgenden Kolonialherren erlebt hatte, zu Wort kommen lassen:„The Germans were disliked but respected, and we were willing to work for them; the Japenese were feared but respected and we had work hard for them; the Americans we like very much, but we don‘t respect them and have no need to work for them.“ Erwähnenswert ist auch, dass die Palauer Anfang der 80er Jahre erfolgreich, verfassungsrechtlich, erreicht haben, dass die Amerikaner dort keine Atomwaffen stationieren dürfen. Somit ist Belau nuklearwaffenfreie Zone. PPS: Die laufenden Vulvina-Dreiecke, die wir als Logo für den Verein gewählt haben, stammen von von der Insel. Ritzungen in einem Megalith auf Belau zeigen gleich mehrere Dreiecke mit Beinen, eine ganze Frauenschar ist da abgebildet. 13 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Auszug aus dem Buch “Die Weisheit ist weiblich“ weiblich“ Maria von Welser Das Thema Matriarchat wird mittlerweile auch im Mainstream besprochen. Alle Forschungen über die Psychologie von Mann und Frau bestätigen, dass die beiden Geschlechter Macht und Stärke aus ganz unterschiedlichen Positionen heraus erleben. Macht wird von Männern durch Selbstbehauptung und Aggression erlangt, während Frauen ihre Stärke durch Fürsorglichkeit zu erreichen versuchen. Männer neigen zum Angriff, Frauen zu Intuition, Hingebung, geistiger Wachsamkeit und Liebe. Doch bedauerlicherweise ergänzen sich diese beiden Eigenschaften keineswegs zum Wohle der Menschheit. Hier bewegt sich nichts. Dabei würde es allen Menschen helfen, Männern und Frauen gleichermaßen, wenn die beiden Geschlechter gemeinsam die Geschicke. der Menschheit bestimmen würden. Das System basiert auf Konsens Quasi als Gegenpol zur männlichen Politik wird ja immer das Matriarchat bemüht. Das Wort leitet sich vom lateinischen mater, „Mutter", und vom griechischen Arché, „Beginn, Ursprung", ab. Es war eine Gesellschaftsstruktur, in der entweder die Frauen die Macht innehatten oder in der sich die Gesellschaft um die Frauen herum organisiert hat. Heute wissen nicht nur die Wissenschaftler, sondern auch die Feministinnen, dass in den Zeiten des Matriarchats in der Ur- und Frühgeschichte der Menschheit die Frauen gesellschaftlich prägend waren, aber nicht geherrscht haben. Also hat es das Gegenmodell zur männlich ausgerichteten Gesellschaft, das Patriarchat, so nicht gegeben. Aber dennoch: Da bis heute matriarchale Völker in Indien, den USA, Nordafrika und China existieren, lohnt es sich, die Grundsätze dieser gesellschaftlichen Ordnung genauer zu beleuchten. Da ist einmal die Vaterschaft zweitrangig, die Familie lebt im Haus der Mutter. Das politische System basiert auf dem Konsens der verschiedenen Sippen, des Dorfes und der Menschen in der Region. Matriarchale Gesell- 14 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF schaften sind meist Acker- und Gartenbaugesellschaften, Land und Haus verbleiben im Besitz der Sippe und nicht im privaten Eigentum. Die Frauen besitzen die Kontrolle über die wichtigen Lebensgüter, alle erhalten anteilig Waren. Weltanschaulich sind es religiöse Gesellschaften. Die Erde als die Große Mutter garantiert die Wiedergeburt und die Ernährung allen Lebens. Die Welt gilt als heilig. Nicht alle matriarchalen Gesellschaften leben genau nach diesen genannten Kriterien. Aber mindestens drei dieser Grundsätze werden dort umgesetzt. Wenn man weiß, dass auch heute in den Südländern, in der so genannten Dritten Welt, die Männer nur zu 27 Prozent bereit sind, eigenes Geld für ihre Frauen und Kinder auszugeben, Frauen dagegen zu 82 Prozent, dann ist es sicher sinnvoll, einmal über diese Gesellschaftsform nachzudenken. Vor allem, wenn wir bei Politik sofort auch an Kriege denken. Denn Matriarchat hin oder her: Diese Gesellschaftsform sagt wenig darüber aus, dass Frauen tatsächlich auch die politische Macht besitzen. In all diesen Gesellschaften ist es selbstverständlich, dass Männer alle repräsentativen Aufgaben außerhalb der Sippe wahrnehmen. Was noch nicht heißt, dass diese die alleinige Macht haben. Denn wenn - wie bei den Irokesen in den USA - den weiblichen Häuptlingen oder Clanchefs jeweils auch männliche gegenüberstehen, wird Verantwortung an Mann und Frau verteilt, auf vier Schultern getragen. Daraus ergibt sich ganz zwangsläufig: Man muss miteinander reden, sich absprechen und die Führungsrolle regelmäßig wechseln. Frauen besitzen die Kontrolle über die wichtigsten Lebensgüter Aber noch eine ganz andere wichtige Tatsache ergibt sich aus diesem Abstimmungs- und Gesprächszwang. Organisierte Kriege sind absolut untypisch für matriarchale Gesellschaften. Sicher, es gibt Fehden im Sinne von Blutrache. Und die Bedeutung eines Krieges nimmt zu, wenn sich diese Gesellschaften, wie zum Beispiel auch die Tuarag in Nordafrika, gegen eindringende, kriegerisch organisierte patriarchale Völker zu verteidigen haben. Bittere Erkenntnis: Jeder Krieg unterhöhlt die matriarchalen Strukturen in der Gruppe, die Stellung der kriegsführenden Männer wird stärker, die Macht der Frauen untergraben. Maria von Welser Ein Auszug aus dem Buch: „Die Weisheit ist weiblich – Geschichten von ganz besonderen Frauen und Männer“ 15 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterliebe Die Liebe zur Mutter wieder zum Fließen bringen Kaum eine Frau will so werden wie ihre Mutter und doch ähneln die meisten Töchter, vor allem wenn sie älter werden, ihren Müttern. Sowohl Mütter als auch Töchter haben die Sehnsucht, geliebt und respektiert zu werden und zwar so wie sie sind. Die weise Mutter Als ich das erste Mal in einer Notsituation meine Mutter anrief und um Rat fragte, war ich erstaunt, wie weise sie mir geantwortet hat. Sie hat mir nicht die Schuld für mein Dilemma gegeben oder mich belehrt, sondern auf eine Art mit mir gesprochen, wie ich es noch nicht kannte. Sie war für mich eine ganz andere Mutter, als die, die ich zu kennen glaubte. Wie war das möglich? Ganz einfach: in dem Moment, als ich sie um Hilfe bat, war sie in ihrer Kraft, war sie die alte, erfahrene Mutter. Die Ordnung zwischen uns war in Balance. Sie ist die Mutter, ich bin ihre Tochter. Ich habe sie an dem Platz gesehen, der ihr gebührt. Bis zu dem Tag waren unsere Begegnungen oft von heftigen Auseinandersetzungen überschattet. Meist ging es um Rechthabereien. Ich habe mich als erwachsene Frau, wie eine wilde Jugendliche gegen sie aufgelehnt. Es waren Kämpfe, weil ich mich als Stärkere, Klügere, Weisere gesehen habe. Ich hatte mich noch nicht abgenabelt, empfand meine Mutter als Bevormunderin, als Besserwisserin, und vor allem als eine, die eine Menge falsch gemacht hat in meiner Kindheit. Inzwischen bin ich selbst Mutter von drei erwachsenen Kindern. Als meine Kinder klein waren, sah ich mich oft in ähnlichen Situationen und Überforderungen, wie sie meine Mutter mit mir und meinen Geschwistern erlebt hat. In der Kraft der alten erfahrenen Mutter Es war ein langer Weg und inzwischen kann ich meine Mutter da lassen, wo sie ist – schlicht als meine Mutter, die Frau, die mir das Leben geschenkt hat, mich genährt und versorgt hat, in meiner Kindheit Verantwortung für mich übernommen hat und mich als erwachsene Frau meinen Weg gehen ließ, ohne sich einzumischen, auch wenn ihr Vieles, was ich tat mit Sicherheit unverständlich und fremd war. 16 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Jetzt bin ich ihr dankbar für das, was sie mir an Liebe geben konnte, obwohl sie selbst als Kind mehr Schläge als Liebe bekommen hat und mehr Verantwortung übernehmen musste, als sie tragen konnte. Ich weiß, das Fehler natürlich sind, dass keine Mutter perfekt ist, schon gar nicht in einer Gesellschaft, die Müttern nicht den gebührenden Respekt und einen angemessenen Ausgleich für ihre Arbeit entgegen bringt. Heute bin ich froh, dass meine fast 80 jährige Mutter noch am Leben ist und wir uns offen und ehrlich begegnen können. Christiane van Schie mit ihrer Mutter, Großmutter, Tochter und Enkeltochter In Frieden mit der Mutter Der erste Schritt Verletzungen, Vorwürfe und Streitereien enden in einer Sackgasse, aber wie lässt sich die Liebe wieder zum fließen bringen? Ich habe erlebt, dass es jahrelange Arbeit war, die Beziehung zu meiner Mutter zu heilen. Liebe und Respekt Die Sehnsucht, von der Mutter geliebt und respektiert zu werden bleibt ein Leben lang. Aus diesem Grund sind herablassende Bemerkungen von der Mutter so verletzend. Nicht nur die Tochter, sondern auch die Mutter wünscht sich Liebe und Respekt. Konflikte zwischen Mutter und Tochter erschüttern die Seele zutiefst. Wenn die Verbindung zur Mutter unterbrochen ist, fehlt die Rückbindung und kostbare Lebensenergie wird blockiert. Es kostet viel Kraft den Lebensweg souverän, frei und gelassen zu gehen, ohne den Frieden mit der Mutter gefunden zu haben. 17 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Die geprügelte Generation Einfühlung braucht Verständnis. Unsere Mütter der Nachkriegsgeneration wurden als Kind fast ausnahmslos verprügelt. Erziehungsratgeber aus dieser Zeit, die teilweise noch heute aufgelegt werden, empfahlen körperliche Züchtigung als wichtigste Erziehungsmaßnahme. Mit Parolen wie: „Entweder du reißt dich jetzt am Riemen, oder ich schlage dich windelweich.“, ist diese Generation aufgewachsen. Nationalsozialistische Erziehungsratgeber wie „Die Mutter und ihr erstes Kind“ von Johanna Haarer wurden noch bis 1996 in Millionenauflagen in Deutschland verlegt. Das Buch gibt es heute noch bei Amazon zu kaufen. Darin findet sich die Anleitung für Mütter, wie sie bereits ihrem Neugeborenen Disziplin und Unterordnung beibringen. Viele unserer Mütter sind groß geprügelt worden und das nicht nur zu Hause sondern auch in der Schule. Erst 1973 wurde die Prügelstrafe in Westdeutschland abgeschafft, allerdings behielt Bayern in Schulen bis 1980 (!) noch ein gewohnheitsrechtliches Züchtigungsrecht und erst seit dem 6. Juli 2000 stehen körperliche Züchtigungen in Deutschland unter Strafe. Was haben die verprügelten Mädchen später als Mütter mit ihren Kindern getan? Zum Glück, das belegen Studien, führt erlittene Gewalt in der Kindheit, nicht zwangsläufig zu Gewalt gegen die eigenen Kinder. Mütter in unserer Gesellschaft Die Mutter die Lebensspenderin Frauen sorgen mit ihrer Bereitschaft, Kinder zu gebären und zu versorgen für die nächste Generation. In Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt, ist trotz Wohlstand diese Bereitschaft seit den 60er Jahren immer weiter zurück gegangen. Nirgendwo auf der Welt werden weniger Kinder geboren wie hierzulande. 22 Prozent der Frauen haben keine Kinder. Die Mutter ist die Lebensspenderin, sie bringt den Mut und die Kraft für Schwangerschaft und Geburt auf, sie trägt viele Jahre Tag und Nacht die Verantwortung für ihre Kinder, jede fünfte Mutter als Alleinerziehende. 18 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF In Deutschland gibt es eine sogenannte Kinderarmut, aber tatsächlich ist es die Armut der Mütter. Meine Tochter hat vor zwei Jahren Zwillinge geboren. Sie war seitdem oft am Ende ihrer Kraft. Trotzdem musste es immer weiter gehen, jeden Tag, jede Nacht, Jahr für Jahr, musste sie Wäscheberge von fünf Personen bewältigen, einkaufen, kochen, trösten, heilen, Geld verdienen und eine sexy Ehefrau sein. Sie müsste für jedes Kind monatlich 1000 € erhalten, damit wäre ihre Arbeit annähernd vergütet. Doch es wird von Müttern erwartet, dass sie ihren 24 Stunden Job für einen Hungerlohn (Kindergeld) erledigen. Kein Mann würde so hart und so ausdauernd für so wenig Geld arbeiten (bis auf die wenigen alleinerziehenden Väter). Mütter werden in unserer Gesellschaft nicht bezahlt und somit wird ihre lebenswichtige Arbeit nicht anerkannt und geehrt. Wenn Mutterschaft keine gesellschaftlich anerkannte Tätigkeit ist, dann ist es auch nicht verwunderlich, dass viele erwachsene Töchter (und Söhne) ihre Mutter nicht ehren. Hilfe, ich sehe aus wie meine Mutter! Kleine Mädchen schlüpfen gern in die Schuhe der Mutter, benutzen in unbeobachteten Momenten ihren Lippenstift, stöckeln durch die Wohnung und ahmen ihren Gang nach. Die Mutter ist in der Kindheit Vorbild und Idol. Die Mutter ist Vorbild Meist ändert sich das in der Pubertät und als erwachsene Frau will kaum noch eine so werden, wie ihre Mutter. Wenn eine Frau im Spiegel plötzlich die Gesichtszüge ihrer Mutter entdeckt, ist das Erschrecken groß, noch schlimmer, wenn die Figur allmählich der Mutter ähnelt. Den eigenen Körper so zu lieben, wie er gerade ist, stellt bei dem allgegenwärtigen Photoshop-Schönheitsideal schon eine Herausforderung dar, aber den Körper der Mutter schön zu finden, ist noch schwerer. 19 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Meine Mutter braucht dringend eine Therapie - und ich weiß welche! Heftige Auseinandersetzungen beginnen oft in der Pubertät. Die Abnabelung gelingt nicht immer auf gesunde natürliche Weise. Es fehlt die Unterstützung der Familie, viele Mütter sind in dieser schwierigen Phase mit ihren jugendlichen Töchtern auf sich allein gestellt, haben keine Rückbindung zu ihrer eigenen Mutter. Werte und Erfahrungen, die die Mutter ihrer Tochter in diesem Alter vermitteln will, werden als altmodisch abgelehnt. Manch eine Tochter glaubt noch als Erwachsene Alles besser zu wissen, als ihre Mutter und möchte der unwissenden Mutter ihre „Weisheit“ vermitteln, mit ihr zu Familienaufstellungen gehen, sie therapieren lassen und ihr und damit dann auch sich selbst zum Glück verhelfen. Heilung der Beziehung zur Mutter Ich habe erlebt, wie viel einfacher die Beziehung zu meiner Mutter wurde, als ich dem Zorn Raum gegeben habe, die Traurigkeit zugelassen habe und mich in sie einfühlen und ihr nach und nach vergeben konnte. Die Heilung der Beziehung zur Mutter macht nicht nur die Frauen innerhalb der Familie glücklicher, sondern wirkt sich auch nach außen auf andere Menschen und letztendlich auf den Respekt gegenüber Müttern in unserer Gesellschaft aus. Christiane van Schie Dieser Text entstand mit der Unterstützung meiner 79 jährigen Mutter und meiner 35 jährigen Tochter. Christiane van Schie ist Autorin: Im Schoß der Erdmutter - Die Schwitzhütte ein weiblicher Heilungsweg, Keramikerin, Designerin, seit 1992 Leitung von Frauengruppen: Afrodance, Elementartanz, Tanztherapie, Tai Chi und Reiki, Heilungscamps für Frauen 17. - 21. August 10. Heilungscamp für Frauen auf der Insel Rügen Thema: Mutterliebe Info und Anmeldung www.frauenheilweise.de [email protected] Tel: 038307/275 20 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mama ist der Hammer Drastische Maßnahmen Immer wieder rasteten einige Fans des brasilianischen Fußballvereins "Sport Club du Recife" im Stadion aus, pöbelten und gingen auf Anhänger der gegnerischen Mannschaften los. Lange konnte niemand die Krawallmacher zügeln. Doch zum Glück haben Söhne in Südamerika vor einem Menschen besonderen Respekt: Mama. Mamma Mia! Als wieder ein Match anstand, holte der Klub die Mütter der schlimmsten Übeltäter. Als Ordnerinnen wachten sie vom Spielfeldrand über das Publikum gut sichtbar für ihren ungezogenen Nachwuchs. Der Plan ging auf: kein Ärger, keine Prügeleien. Nun könnten auch zukünftige Partien friedlich ablaufen vorausgesetzt, die Muttis bleiben am Ball. 21 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Ein Zwillingspä Zwillingspärchen unterhä unterhält sich im Bauch seiner Mutter "Sag mal, glaubst du eigentlich an ein Leben nach der Geburt?" fragt der eine Zwilling. "Ja auf jeden Fall! Hier drinnen wachsen wir und werden stark für das was draußen kommen wird." antwortet der andere Zwilling. "Ich glaube, das ist Blödsinn!" sagt der erste. "Es kann kein Leben nach der Geburt geben – wie sollte das denn bitteschön aussehen?" "So ganz genau weiß ich das auch nicht. Aber es wird sicher viel heller als hier sein. Und vielleicht werden wir herumlaufen und mit dem Mund essen?“ "So einen Unsinn habe ich ja noch nie gehört! Mit dem Mund essen, was für eine verrückte Idee. Es gibt doch die Nabelschnur, die uns ernährt. Und wie willst du herumlaufen? Dafür ist die Nabelschnur viel zu kurz." "Doch, es geht ganz bestimmt. Es wird eben alles nur ein bisschen anders.“ "Du spinnst! Es ist noch nie einer zurückgekommen von ‚nach der Geburt‘. Mit der Geburt ist das Leben zu Ende. Punktum.“ Wenn SIE unsere Welt streichelt "Ich gebe ja zu, dass keiner weiß, wie das Leben nach der Geburt aussehen wird. Aber ich weiß, dass wir dann unsere Mutter sehen werden und sie wird für uns sorgen.„ "Mutter??? Du glaubst doch wohl nicht an eine Mutter? Wo ist sie denn bitte?„ "Na hier – überall um uns herum. Wir sind und leben in ihr und durch sie. Ohne sie könnten wir gar nicht sein!„ "Quatsch! Von einer Mutter habe ich noch nie etwas bemerkt, also gibt es sie auch nicht.„ "Doch, manchmal, wenn wir ganz still sind, kannst du sie singen hören. Oder spüren, wenn sie unsere Welt streichelt….„ (nach Henry Nouwen) 22 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterliebe auf japanisch Eine Kalligraphie Bei einem Kalligraphie-Abend durfte sich jede Teilnehmerin einen Begriff wünschen. Unsere erste Vorsitzende Uscha Madeisky wünschte sich das Wort „Mutterliebe“. Folgende Erklärung wurde ihr dazu gegeben: Das obere Zeichen ist das Zeichen für Menschen und mit den beiden Punkten darin stellt es die nährenden Brüste dar. Das Zeichen in der Mitte entspricht unserem Apostroph. Meine Liebe spürt ihren Herzschlag Und das untere, sich ausbreitende Zeichen, bedeutet Liebe. Wir finden, dass sich dieses Allumfassende schon beim Betrachten erschließt. Lied einer EfeEfe-Frau aus ZentralZentralafrika für ein Neugeborenes Mein Herz tanzt vor Fräude, mein Herz fliegt singend unter den Bäumen des Waldes. Wald, unser Heim, unsere Mutter – ich habe in meinem Netz einen kleinen Vogel gefangen, einen ganz kleinen Vogel... und mein Herz ist gefangen im Netz, zusammen mit ihm! Gefunden in einem Prospekt zur hr-Konzertreihe über Weltenmusik, in diesem Fall über die Pygmäen in Afrika. 23 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Muttersippe gesucht! Gründen von Gemeinschaften Die meisten „alleinerziehenden“ Mütter bleiben in einem patriarchalen Umfeld fast völlig allein zurück, wenn ihre Kinder ausziehen. Auch diejenigen mit Partner teilen dieses Los spätestens dann, wenn er vor ihnen verstirbt. Gezwungenermaßen müssen Mütter nach dem Auszug von Tochter oder Sohn noch einmal „von vorne“ anfangen, obwohl ihr Leben für sie bisher vollkommen stimmig war. Denn mit niemand anderem gestaltet sich ein Zusammenleben in einer gemeinsamen Wohnung vertrauter und inniger als mit dem eigenen Kind. Auch wenn die Tochter oder der Sohn erwachsen und eigenständig ist, bleibt die Verbundenheit, Nähe, Vertrautheit und natürliche Gemeinschaft bestehen. Es ist daher eine schwere und schmerzvolle Trennung, wenn Töchter und Söhne das mütterliche Zuhause verlassen. Sehnen nach der Muttersippe Trauer als Folge der zerstörten Muttersippe Frauen reagieren darauf mit Angst- und Trauerreaktionen bis hin zu körperlichen Symptomen. Es gibt Vermutungen, dass die in westlichen Kulturen verbreitete Altersdemenz eine Flucht vor dem Verlust der Verbundenheit ist. Über die Verlassenheitsgefühle und die Trauer zu sprechen, ist sehr oft noch tabu, wenn Klischees wie das von der „anklammernden Mutter, die nicht loslassen kann“, greifen. Auch andere Mütter sind oftmals nicht solidarisch mit einer Alleingelassenen. Vielmehr machen sie ihr noch ein schlechtes Gewissen, wenn sie nicht „auf Knopfdruck“ wieder in die Rolle der autonomen Single-Frau schlüpft, die „ihren Kindern nicht im Weg stehen möchte“. Solche Sprüche verfolgen Frauen bis in die Prime-Time-Serien hinein und suggerieren, dieses Verhalten sei „normal“ oder angemessen. So fühlen sich Mütter mit Gefühlen, die davon abweichen, noch isolierter. 24 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Die patriarchale Verdrängungsstrategie besteht darin, sich die Einsamkeit als wieder gewonnene Freiheit und die Getrenntheit von Tochter und Sohn als Ideal von mütterlicher Großzügigkeit schönzureden. „Jetzt musst du eben wieder dein eigenes Leben führen“, sagte Andrea auf meine Nachfrage, wie es ihr damit geht, dass sie ihr ganzes Haus „für sich allein“ hat, nachdem ihre beiden Kinder fort sind. Wenn ich mich erinnere, wie bewusst ich mich inzwischen zwei Jahrzehnte lang über das Leben mit meiner Tochter gefreut und dieses für uns gestaltet habe, frage ich mich ernsthaft, wie eine auf die absurde Idee kommen kann, dass diese zwanzig Jahre nicht mein eigenes Leben gewesen sein sollten? Solch patriarchöse Verdrehungen verwirren, so dass wir die Wunde nicht ernst nehmen, die dieser „Ein-Schnitt“ im Herzen der Mutter hinterlässt. Nicht nur dort, denn von der Neurobiologin Louann Brizendine wissen wir, dass das Gehirn einer Mutter ihr Leben lang mütterlich tickt und die Trennung vom Kind immer als bedrohlich erlebt. („Das weibliche Gehirn“, 2006) Not als Folge des nicht vorhandenen existenzsichernden Kontinuums Erschwerend kommt für viele geschiedene Frauen noch hinzu, dass sie nach dem Auszug der Kinder für das Zuhause, das jetzt zu groß und zu teuer für eine einzelne Person ist, ganz allein aufkommen müssen. Ehescheidungen haben in der Regel gravierende Auswirkungen auf die finanzielle Ausstattung der Frauen (in den letzten zehn Jahren waren in Deutschland jedes Jahr etwa 150.000 minderjährige Kinder und Jugendliche von der Scheidung ihrer Eltern betroffen; Stand 2013; aus: Matthias Franz/Andre Karger (Hg.), Scheiden tut weh. Göttingen, 2013; S.80) ebenso wie ihre natürlich-mütterliche Entscheidung, ihren Kindern mehr Zeit und Zuwendung zu widmen als einer beruflichen Karriere. Wenn nun auch noch die Kinder das Mutterhaus verlassen, fallen neben dem eigenen Unterhalt auch das Kindergeld und der Wohnkostenanteil aus dem Kindesunterhalt weg. Im Herzen der Mutter In Universitätsstädten behelfen sich manche Mütter mit Untervermietungen an Studentinnen. Carina, die gerade 60 Jahre alt geworden ist, erzählt mir, dass diese Not-Wohngemeinschaft für sie jedoch „nicht einfach und mit vielen Einschränkungen verbunden ist“. 25 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Funkstille als Folge zerstörter Bindungen Viele Großmütter klagen über die seltenen Anrufe und Besuche der Kinder und Enkelkinder. Noch bedrückender erleben sie die „Funkstille“, wenn sie von ihren erwachsenen Kindern verstoßen werden. Die betroffenen Frauen quälen sich mit Selbstzweifeln, um die Unfassbarkeit der zerstörten Bindung begreifen zu können. „Warum verfluchten sie mich? Warum wollten sie keinen Kontakt zu mir? Warum dieses Verschwinden?“, fragte sich Birgit Belau jahrelang, nachdem ihre beiden Töchter den Kontakt zu ihr abgebrochen hatten („Verstoßene Eltern“, 2014, S. 106). Mutter, Tochter, Großmutter Ebenso sehr leiden von ihren Müttern verstoßene Töchter. Lena klagt über den Verlust ihrer Mutter: „Seit 15 Jahren will meine Mutter nichts mehr von mir wissen. Sie ist jetzt 80 Jahre alt. Deshalb würde ich sie gerne noch fragen: Wie kannst Du damit leben?Wie kannst Du Deine Tochter so völlig ausblenden? Wie kannst Du ignorieren, dass Du eine Tochter hast? Wie hältst Du das als Mutter aus?“ Eine Antwort blieb ihr die Mutter bislang schuldig. Lena stammt aus der Nachkriegsgeneration. Sie gehört zu den Kindern, die in den 1950er- und 1960er-Jahren geboren wurden und die Nachkommen der schwer traumatisierten Kriegskinder sind. „Erziehung und Beziehung mit elterlicher kriegs- und bindungstraumatisierter Seele hieß in vielen Familien: eine Abwehr des Fühlens und Spürens sich selbst und dem Kind gegenüber zu errichten“, erklärt die Psychologin Bettina Alberti („Seelische Trümmer. Geboren in den 50er- und 60er-Jahren: Die Nachkriegsgeneration im Schatten des Kriegstraumas“, 7. Aufl. 2014, S. 105). Ein Kind, das an den Gefühlspanzer der Mutter rührt, wird abgekapselt, abgewehrt und „isoliert wie die Erinnerung an das Trauma“. (ebd., S. 103) Kriege und Gewalt gegen Mitmenschen, Tiere und Natur traten in der Menschheitsgeschichte erstmals seit ungefähr 5000 bis 8000 Jahren auf und wirken sich generationsübergreifend verheerend auf die MutterKind-Beziehung aus. Aus mütterzentrierten Konsens-Gemeinschaften hingegen ist nicht bekannt, dass sie jemals einen Krieg begonnen hätten. 26 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Matrifokalität als Lösung Welche Möglichkeiten haben wir also, wenn wir uns nach einem unserer weiblich-mütterlichen Natur gerechten Lebensalltag sehnen? Um die Situation zu heilen, können wir uns an matriarchalen Gesellschaften orientieren, in denen Menschen in der Muttersippe leben: „Die (Sippen)Gemeinschaft beim Menschen (bei anderen Säugetieren von uns Menschen bezeichnet als Herden, Rudel, Horden, Muttergruppen) im naturgemäßen Sinne besteht aus einer Ansammlung überwiegend konsanguiner („blutsverwandt in mütterlicher Linie“) Angehöriger. In einer überschaubaren Gruppierung verbringen 'auf einander bezogene', doch in ihrer Persönlichkeit frei agierende Individuen ihren Alltag miteinander. Es ist das gelebte Kernmuster der Angehörigengruppe - der matrilinearen Sippe im Sinne einer natürlichen Mütterlichen Ordnung. Hier finden wir einen interagierenden Personenkreis, der in individueller Entscheidungsfreiheit sich in der förderlichen Nähebindung der überwiegend konsanguinen Angehörigen bewegt.“ (Stephanie Gogolin, www.stephanieursula.blogspot.de, 30.10.2015) Ursula Fournier mit ihrer Tochter Céline im Nymphenburger Schlosspark Eine natürliche mütterliche Ordnung Wie ermutigend ist in diesem Zusammenhang der Bericht von KaraMa Beran in den „Mutterlandbriefen 1“. Darin beschreibt sie, wie „großmütterlicher Seelenraum manifestiert“ werden kann, wenn Mütter wieder mit ihren erwachsenen Kindern und Enkelkindern in ein gemeinsames Haus ziehen und die Muttersippe nach matriarchalem 27 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Vorbild gestalten. Wie heilsam wirkt es auf alle Angehörigen, wenn Mütter und Töchter sich wieder in der naturgemäßen Nähe ihrer „doppelten Bindung“ (Chiara Zamboni: „Denken in Präsenz“, 2013, S. 121) aufhalten dürfen. Eine gute Lösung der vielfältigen sozialen Probleme patriarchaler Familien kann ebenfalls dort beginnen, wo Menschen nicht mehr im Widerspruch zu ihrer Natur und zur mütterlichen Ordnung leben. In einem Interview sagt die Matriarchatsforscherin und Filmemacherin Uscha Madeisky über die mütterliche Bindung in matriarchalen Gemeinschaften: „Die stärkste Bindung, die lebenslang hält, besteht zur Familie. Damit haben sie eine Zweierbeziehung nicht so nötig. Rückhalt im Clan Menschen verlieben sich schon, leben aber nicht zusammen. Die Frau lädt einen Mann ein, er bleibt über Nacht und kehrt am nächsten Tag zum Hof seiner Mutter zurück. Solche Beziehungen wechseln häufiger, können nur eine Nacht, ein paar Wochen oder Jahre dauern, aber sie sind nicht wichtig. Sex muss nicht als Ersatz für Zärtlichkeit und Berührung herhalten, denn die haben die Frauen in ihrem Familienverband immer" (Frankfurter Rundschau, 03.01.2016). Was also können Frauen in unseren Regionen tun, deren Mütter, Töchter, Söhne und andere mütterliche Verwandte noch so sehr im patriarchalen Denken verhaftet sind, dass sie zur Bildung einer Muttersippe (noch) nicht bereit sind? Gründung von Muttersippen Verbindlichkeit, Kontinuität, gegenseitige Achtsamkeit und Fürsorge als Aspekte der „mütterlichen Ordnung“ (Luisa Muraro) tragen auch eine Gemeinschaft von Frauen, die nicht ausschließlich blutsverwandt in mütterlicher Linie sind. Im Kreis von gleichgesinnten Frauen können wir eine matriarchale Frauenkultur verwirklichen, in der sich unterschiedliche Generationen zusammentun. Ursula Fournier www.muetterblitz.de 28 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Im Namen der Mutter Schilderung einer Namensänderung Immer wieder bekommen wir die Frage gestellt, wie es gehen solle, matriarchale, d.h. mutterzentrierte Werte und Normen in unser eigenes Leben, unsere eigene Gesellschaft hinein zu tragen. Ob das überhaupt möglich sei? Ob diese Völker, welche Mütterlichkeit als ein ethisches Ideal für alle betrachten - Männer wie Frauen, Alte wie Junge – ob diese Menschen dort nicht einfach unvergleichlich anders seien als wir hier? Um zu zeigen, welche Schritte möglich sind, möchte ich die Geschichte meiner Namensänderung erzählen: Vor einigen Jahren wurde mein Geburtsname geändert. Ja, ich war bis dahin eine „Geborene“ Ippen, jetzt bin ich eine „Geborene“ Margotsdotter. Standesamtlich beurkundet: So steht es in meinem Personalausweis. Wie es dazu kam? Vor einigen Jahren hatte ich mich scheiden lassen und bekam die Gelegenheit, meinen Namen zu ändern. Bis dahin hatte ich meinen Geburtsnamen aufgegeben – wie es für Frauen so üblich war und bis heute ist – und trug den Geburtsnamen meines Ehemannes. Nun hätte ich also meinen Geburtsnamen wieder annehmen können. Aber was war denn mein „Geburtsname“? Der Name meines Vaters. Und dessen Vaters. Und dessen Vaters… patrilinear also. Aber ich wollte weder heißen wie mein Vater noch wie mein Exmann. Geburtsname! Wer hatte mich denn überhaupt geboren?, fragte ich mich. Mein Vater? Ganz bestimmt nicht. Wenn es also um Geburt geht, dann hat doch nur eine einzige Person auf der Welt das Recht, mir einen Geburtsnamen zu verleihen: Meine Mutter. Matrilinearer Stammbaum von Li Shalima für den Film „Die Tochter – Eine Clansaga aus dem Matriarchat der Khasi“ Doch: Der Name meiner Mutter ist der Name meines Vaters, also der Familienname - klar, wie bei uns bisher so üblich. Aber was war denn ihr „Geburtsname“? Der Name ihres Vaters. Und dessen Vaters. Und dessen Vaters…patrilinear also. Der von meiner Mutter und Großmutter und Urgroßmutter und Urahninnen war verschwunden – mit jeder Heirat neu. 29 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Wollte ich, nachdem ich zwanzig Jahre lang den Namen meines Vaters, dann weitere zwanzig Jahre den meines Ehemannes getragen hatte, jetzt etwa den Namen meines Großvaters annehmen? Bestimmt nicht. Eigentlich hätte ich gern einfach nur Dagmar Margots Tochter geheißen. Dazu brauchten meine Mutter und ich uns nicht einmal zu mögen: SIE allein hat mich ausgetragen, geboren und auf die Welt gebracht. Sie allein sollte mein Name sein. Allein in IHREM Namen und nicht im Namen des Vaters & Co wollte ich leben. Nachdem ich diesen Wunsch erst einmal überhaupt denken konnte, ging alles sehr einfach – nur der erste Schritt erforderte von mir viel Mut: Ich dachte, wenn ich beim Amt anfragen würde: „Ich würde gern Dagmar Margotstochter heißen, geht das?“, dass sie mich „einweisen“ würden. Dabei hatte lediglich ich selbst die allergrößten Bedenken. Ich selbst fühlte mich verrückt. Ich selbst hatte so etwas Verrücktes noch nie gehört: Da will eine den Vornamen ihrer Mutter als Familiennamen! „Warum?“, wurde ich von der Amtsleiterin vom Standesamt in Pinneberg gefragt, „warum wollen Sie den Namen Ihres Vaters, also Ihren Geburtsnamen, nicht wieder annehmen?“. Und unter Herzklopfen erzählte ich ungefähr so: „Der Grund, warum ich meinen Geburtsnamen ändern möchte, liegt in der Unzumutbarkeit, den Namen meines Vaters zu tragen. Mein Vater missachtete mich als freier Mensch und Persönlichkeit, indem er vom Zeitpunkt meiner Geburt an ein Verhältnis zwischen ihm und mir schuf, das für ein Kind nicht angemessen ist. Dieses Verhältnis ließ eine emotionale Abhängigkeit von mir zu ihm entstehen, die von ihm erwünscht war und benutzt wurde. Sie ließ auch sexualisierte Gewalt und Übergriffe auf meine Person zu, gegen die ich mich nicht zur Wehr setzen konnte. Der Vorname der Mutter als Familienname Um die emotionale Abhängigkeit von mir, seiner Tochter, zu ihm zu sichern, versuchte er alles, (m)eine Beziehung zu meiner Mutter gar nicht erst entstehen zu lassen. Schon als Kleinkind empfand ich allein durch ihn meine Mutter als Feindin und Widersacherin im Verhältnis zum Vater, bis mir als junge Frau bewusst wurde, dass ich täglich die Botschaften zu spüren und zu hören bekam (verbal und nicht verbal), nur ich könne ihn, den Vater, glücklich machen; die Mutter mache ihn unglücklich und wolle mich davon abhalten, ihn zu lieben und zu trösten. 30 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Damit hat mein Vater meine Mutter und mich um das grundlegendste Menschenrecht betrogen, welches wir haben: Das Recht auf die Liebe der Mutter zu und von ihrem Kind und der Liebe des Kindes von und zu seiner Mutter. Der wahre Mädchenname meiner Mutter ist Margot. Da sie mich geboren und zur Welt gebracht hat, ich ihr also mein Leben verdanke, möchte ich ihren Vornamen als meinen Geburtsnamen annehmen.“ „Okay, das reicht“, sagte die Frau vom Standesamt. „Stellen Sie einen schriftlichen Antrag und dann wird es klappen!“ Ich schnappte nach Luft: Das wird klappen? So einfach? Lediglich dasselbe noch einmal zu Papier bringen und dann habe ich den Anfang einer Mutterlinie geschaffen? Da ist Margot Carlastochter und dann Dagmar Margotstochter – matrilinear also. Das Recht auf die Liebe der Mutter So ist es: Manchmal wagen wir selbst es kaum, gewisse Dinge überhaupt nur zu denken. Und dann - dann rennen wir plötzlich offene Türen ein, wenn es für uns selbst denkbar geworden ist. Matrilinearität IST denkbar und in vielen Ländern üblich. Warum schließlich aus dem „Tochter“ ein „–dotter“ wurde, das erzähle ich ein andermal. Liebe Grüße von Dagmar Margotsdotter 31 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Familie als Beginn Die westliche Kleinfamilie und die matriarchale Großfamilie der Mosuo in China – (k)ein Vergleich Dieses Buch ist aus verschiedenen Gründen etwas ganz Besonderes in der inzwischen langen Reihe von Veröffentlichungen über Matriarchate. Wieso etwas Besonderes? Nun, Fricka Langhammer ist eine junge Frau aus der Generation der Gegenwart und Zukunft, ja, sie ist quasi eine Enkelin der Mütter der modernen Matriarchatsforschung. Aus deren reichen Wissensquellen schöpft sie auf ihrer Suche nach modernen realistischen Antworten auf Fragen, die sie sowohl für sich persönlich als auch stellvertretend für ihre Generation stellt: „Kann die matriarchale Lebensform eine Perspektive für uns sein?“ „Sind solche alternativen Konzepte innerhalb unserer westlichen Rahmenbedingungen lebbar?“ „Zeigen uns Matriarchate eine neue Ordnung, ein alternatives Lebensmodell, das wir in unserem täglichen Leben umsetzen können?“ Matriarchale Strukturen und Gesellschaftsprinzipien wurden in den letzten Jahren immer intensiver erforscht und authentisch beschrieben, einige indigene matriarchal organisierte Völker melden sich inzwischen selbst zu Wort. Mehrere Matriarchatskongresse, zahlreiche Forschungsergebnisse, dokumentiert in Literatur und Film und nicht zuletzt die globale Vernetzung haben ihnen bewusst gemacht, dass sie weder vernachlässigbare Relikte einer anderen gesellschaftlichen Spielart sind noch Teil einer idealisierenden Utopie, wie es häufig unterstellt wird. Erforschung matriarchaler Strukturen und Gesellschaftsprinzipien Immer klarer zeigt sich, dass ihre uralten Weisheitsregeln auf allen lebenswichtigen Ebenen in viel höherem Maße ein „gutes“ Leben ermöglichen, als es die patriarchalen Strukturen trotz moderner Errungenschaften vermögen. Ein Gesellschaftssystem, getragen von mütterlicher Intelligenz, verlässt die lebensfeindlichen patriarchalen Muster, wie Fricka L. am Beispiel des matriarchalen Volkes der Mosuo in China herausarbeitet. Was also können wir – sozialisiert und umgeben von patriachalen Denkgebäuden und Wirklichkeiten - von den Mosuo und anderen matriarchalen Völkern lernen und in eigene praxisnahe Wege umsetzen? Mit diesem Anliegen in Kopf und Herz untersucht Fricka L. zunächst die Unterschiede zwischen den beiden Lebensmodellen, indem sie das Gesellschaftsmodell der asiatisch-matriarchalen Großfamilie mit der uns bekannten bürgerlichwestlichen Kleinfamilie vergleicht. 32 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Sie tut das in einer Art und Weise, wie sie bisher noch nicht praktiziert wurde, indem sie einen ganz eigenen persönlichen Schwerpunkt dadurch setzt, dass sie die Lebensqualität des einzelnen Menschen in den Focus nimmt, d.h. sie schaut vor allem darauf, wie es den Menschen in den von ihr verglichenen Strukturen im alltäglichen Leben geht. Auf eine ausschliesslich ethnologische Beschreibung der erforschten Matriarchate verzichtet die Autorin, auch Diskurse über differierende Benennungen lässt sie bewusst aussen vor und benutzt für sich den inzwischen gängig gewordenen Begriff „Matriarchat“. Das methodische Handwerkszeug und wissenschaftliche Instrumentarium, mit dem sie an ihre Fragen herangeht und hervorragend meistert, erwarb sich die bildende Künstlerin und Gestalterin durch ihr Studium an der ecosign/Akademie für Gestaltung in Köln. Untersuchung der Lebensqualität der Menschen Im ersten Teil des Buches setzt sie sich mit der historischen Entwicklung und den Hintergründen des westlichen Familienbildes auseinander. Präzise fasst sie die Entwicklung vom Patriarchatsbeginn bis über die Industrialisierung und Kapitalisierung der bürgerlichen Kleinfamilie zusammen, verfolgt die Entwicklung zur selbständigen, individuellen Hausgemeinschaft eines (Ehe-)paares mit (k)einem oder mehreren Kindern zur „kulturellen Selbstverständlichkeit“. Die Ehe wurde mit Hilfe der christlichen (Sexual-) Dogmatik zur alleingültigen Form des Zusammenlebens. Sowohl mit statistischen Infos über Scheidungsraten, Alleinerziehende, Singles, Erwerbs- und Hausarbeit, Mütterarmut, Gewalt in der Familie, Situation der Alten, als auch mit der Gegenüberstellung der Geschlechterund Generationenverhältnisse und des Rollenverhaltens in einer Familienstruktur, und nicht zuletzt Befragungen über die Bedürfnisse, die im Zentrum stehen, weist sie nach, dass das Wohl, die Bedürfnisse und der Schutz von Müttern und Kindern und Alten nicht im Fokus einer patriarchal geprägten Gesellschaft stehen. 33 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF In matriarchal strukturierten Gesellschaften ist das völlig anders, hier stehen die Mütter und Kinder im Mittelpunkt. Wo es ihnen gut geht, sind auch Alte, Kranke, Pflege- und Trostbedürftige gut versorgt, denn Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft für das Leben aller bestimmen die Sozialstruktur. Ausführlich widmet sich die Autorin im zweiten Teil ihrer vergleichenden Untersuchung den Systemunterschieden in Ökonomie, Ökologie, Soziologie, Genealogie, Familienstruktur, Ethik und Politik am Beispiel der Mosuo. vlnr: Li Shalima, Fricka Langhammer, Uscha Madeisky In der Summe der Gegenüberstellungen gelingt es ihr, die Bilder und Werte, die Visionen und die Spiritualität, die Seins- und Heilweisen einer Gesellschaft hervortreten zu lassen, die sie für sich persönlich als Vorbild begrüsst. Es gelingt ihr ausserdem, diese zukunftsweisende Perspektive für die Leserinnen gut nachvollziehbar zu begründen. Dabei bleibt sie wohltuend frei von idealisierenden oder/und ideologischen Interpretationen. Mit wissenschaftlicher Korrektheit arbeitet sie anschaulich, ausführlich und übersichtlich gegliedert die Unterschiede heraus und zeichnet ein klares Bild. In einem persönlichen Fazit und einem Gespräch mit zwei ihr sehr nahestehenden Frauen und Lebenslehrerinnen, ihrer Mutter Li Shalima und Fräundin Uscha Madeisky entwickelt die Autorin ihr persönliches Fazit: Großartige Vorstellungen für ein zukünftiges Zusammenleben „Das Bild einer generationsübergreifenden Gemeinschaft, in der sich alle gegenseitig auch wirtschaftliche Sicherheit und affektiv-emotionale Unterstützung geben können, ist für mich persönlich eine großartige Vorstellung für mein eigenes zukünftiges vertrautes Zusammenleben mit anderen Menschen …“ (Fricka Langhammer) Es ist zu wünschen, dass Fricka Langhammers Buch viele Leserinnen findet und vor allem die junge Generation sensibilisieren wird für einen Ausweg aus der lebensfeindlichen patriarchalen Umklammerung. KaraMA Beran 34 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Kampagne zum Schutz der Frauen in Kolumbien Ausgangssperre für Männer Ein Drittel aller Entführungen weltweit geschehen in Kolumbien. Die Opfer sind dabei meistens Frauen. Aus diesem Grund fand am 9. Oktober in der kolumbianischen Stadt Bucaramanga die erste "Women Only"-Nacht statt - mit einer Ausgangssperre für Männer. "Männer attackieren Frauen, nicht anders herum. Wenn es eine Sperrstunde gibt, dann sollte diese für Männer gelten, nicht für Frauen", ließ bereits Golda Meir, ehemalige Ministerpräsidentin Israels, verlauten. Diese Idee wird nun in Kolumbien umgesetzt. Bars und Clubs veranstalten am 9. Oktober Events speziell für Frauen. Bewilligung für gutes Benehmen Männer dürfen sich in dieser Nacht nicht auf den Straßen aufhalten. Haben sie wichtige Gründe, müssen sie eine "Bewilligung für gutes Benehmen" des Bürgermeisters mit sich führen. Strafen für fehlende Bewilligungen werden nur symbolisch vergeben, so Juan Camilo Beltrán, Präsident der Handelskammer von Bucaramanga. Es sei wichtig, dass beide Geschlechter freiwillig an einem Strang ziehen. Sackgasse fürs Patriarchat 35 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Künstlerin aus Museum geworfen Vagina-Performance sorgt für Aufregung Deborah de Robertis entblößt sich im Pariser Museé d'Orsay und provoziert ihren Rauswurf. Es ist nicht das erste Mal, dass die Luxemburger Künstlerin die Besucher des Museums mit ihrer Vagina überrascht. Die luxemburgische Künstlerin Deborah de Robertis ist erneut wegen einer Nackt-Aktion mit dem Gesetz in Konflikt geraten: Weil sie im Pariser Museé d'Orsay unbekleidet vor dem Gemälde "Olympia" von Édouard Manet posierte, wurde die Performance-Künstlerin in Polizeigewahrsam genommen, wie ihr Anwalt und das Museum mitteilten. Rückführung und Hinweis auf den weiblichen Ursprung De Robertis überraschte die Museumsbesucher am Samstagnachmittag, als sie sich nackt in der gleichen Pose vor dem berühmten Gemälde hinlegte wie die von Manet gemalte junge Frau. "Sie hatte eine Kamera dabei, um die Reaktion des Publikums zu filmen", sagte ihr Anwalt Tewfik Bouzenoune. „Das war eine künstlerische Performance.“ Das Musée d'Orsay sah das anders und erstattete Anzeige wegen Exhibitionismus. "Es standen viele Leute vor dem Bild", sagte eine Sprecherin des Museums. "Die Wärter haben gut reagiert, den Saal geschlossen und sie aufgefordert, sich wieder anzuziehen. Als sie sich weigerte, wurde die Polizei gerufen, die sie mitgenommen hat.„ De Robertis kam in Polizeigewahrsam. Ihr Fall wurde der Staatsanwaltschaft in Paris übergeben. 36 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Sangre Menstrual: Menstrual: Eine Menstruationsperformance Weil sie das Tabu und die Scham rund um ihre Menstruation satt haben, erobert sich das spanische Performance-Kollektiv „Sangre Menstrual“ den öffentlichen Raum mit weißen Hosen, die unübersehbar zwischen den Beinen blutig sind. Ihre Aktionskunst ist politisch motiviert, wie die Gruppe in ihrem „Manifest für die Sichtbarmachung der Periode“ schreibt. Das Tabu rund um die Menstruation dient dazu, Frauen zu unterdrücken und das patriarchale System zu bestärken. Durch die öffentliche Darstellung ihrer durchgebluteten Unterwäsche möchte die Gruppe die Körperlichkeit zurückerobern. Sie treten ein für eine Befreiung der körperlichen Funktionen von Schande und Verurteilung. Schon in der Bibel wurde die Menstruation als unrein angesehen. Die Männer separierten die Frauen während der Zeit ihrer Blutung. Die Bewegung „Heiliges Blut“ möchte dies verändern. In ihrem Manifest schreiben sie: „Ich beflecke meine Hose und es macht mir nichts aus. Und ich finde es nicht abstoßend.“ Die Performance der Gruppe „Sangre Menstrual“ hat dazu geführt, dass in der Öffentlichkeit endlich eine Debatte über den weiblichen Körper stattfinden kann. Die Scham ist vorbei 37 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF SuperSuper-Mum Ein großartiges Buch für Kinder Mütter gab es schon immer 38 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Andrea Gü Günter: heilende zeiträ zeiträume mutter sprache sinn Christel Göttert Verlag, Rüsselsheim 2002 „Sprache ist ein mütterliches Geschenk“ Eine Mutter gibt ihrem Kind Nahrung, Pflege, Berührung, Zärtlichkeit und Aufmerksamkeit. Und sie schenkt ihrem Kind immer auch Sprache. Ein Kind braucht eine Person, die es hört, damit es überleben kann. Die ihm Worte anbietet, damit es sich mitteilen, eigene Aktivitäten entwickeln und seinen Handlungsspielraum erweitern lernt. Sprache ist ein mütterliches Geschenk. Sie hat ihren Ursprung in der Beziehung zur Mutter. Denn die Mutter ist die erste Vermittlungsperson der Sprache. Oder aber es sind Personen, die irgendwie mit der Mutter und daher auch mit dem Kind in Beziehung stehen und die Mütterliche Aufgabe des Sprechen-Lernens übernehmen.“ (S.13) Diese Sicht auf die Sprache und die Mutter verdanken wir feministischen Philosophinnen, Frauen, die ein neues Denken der Ordnung des Lebens suchen.“ (S.13) Z.B. Luisa Muraro und die Philosophinnen der Libreria delle donne di Milano. (Anm. d. Redaktion) „Sprache erinnert die Mutter“ Der mütterliche Körper schenkt dem Kind den Körper und damit auch die Bedingungen des Sprechens. Zu diesen Bedingungen zählt ganz besonders die sprechende Mutter. Ein Kind braucht das Sprechen der Mutter. Beides, die körperlichen Bedingungen und die sprechende Mutter, bilden zusammen die Grundlage dafür, dass ein Kind sprechen und sich mitteilen lernt. Die Sprache ersetzt im Moment der Geburt das Geschehen zwischen Mutterkörper und Kinderkörper, das zuvor die Nabelschnur gestiftet hat. Sie greift diese Beziehung zwischen Mutter und Kind auf. Sie stiftet eine neue Bindung zwischen Mutter und Kind. Das Sprechen erinnert an das Geschehn zwischen Mutterkörper und Kinderkörper während der Schwangerschaft. Die Sprache erinnert die Mutter. Und sie erlaubt zugleich die eigenhändige Gestaltung der Beziehung zur Mutter.“ (S.14) Die Mutter schenkt sich „Die Mutter schenkt Sprache“ Die Sprache als ein Geschenk der Mutter zu erkennen, führt zu einer neuen Einschätzung des mütterlichen Tuns. Mütter und ihr Tun werden nicht länger auf Natur, Körper und Instinkt reduziert. Zu jedem 39 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF menschlichen Körper gehört die Sprache, auch zum Körper der Mutter. Mütter müssen als sprechende Wesen wahrgenommen werden. Sie sind für das Kind nicht nur nährender Körper oder Materie für die Ausbildung seines Seelenlebens. Mütter schenken Kindern nicht nur die Fähigkeit zum Sprechen, sondern sie lehren sie auch selbst das Sprechen.“ (S.22) „Dankbarkeit gegenüber der Mutter“ Dass eine Frau, die ein Kind gebiert, ein Geschenk macht, sagt auch unsere Umgangssprache: „einem Kind das Leben schenken“ steht für „ein Kind zur Welt bringen“, „gebären“. In allen Kulturen der Welt ist es nun Sitte, sich für Geschenke zu bedanken. Dies gilt auch für die Geschenke, die die Mutter macht. Was aber heißt Dankbarkeit gegenüber der Mutter? Zunächst: Diese Dankbarkeit leitet sich davon ab, von der Mutter das Leben geschenkt bekommen zu haben, gleichzeitig mit dem Leben auch die Sprache und daher „ich“-sagen, eigenständig werden und die Welt gestalten zu können.“ (S.25) Einem Kind das Leben schenken „Der Mutter danken“ Nun gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, sich für die mütterlichen Geschenke zu bedanken. Die wichtigste ist, anzuerkennen, wer diese Geschenke gemacht hat. Das beinhaltet unabdingbar die Anerkennung dessen, dass die Mutter selbst auch „ich“ sagt, eine eigenständige Person ist, die selbst spricht und an der Gestaltung der Welt beteiligt ist“ (S.26) „Die Mutter und die Welt“ Freiheit, die sich gegen die Mutter richtet, richtet sich in der Regel auch gegen die Welt. Es zählt zu den Aufgaben einer Mutter, das Kind vor der Welt zu schützen. Es wäre dieser ansonsten ohnmächtig ausgeliefert. Darin zeigt sich, dass die Mutter die Vermittlerin zwischen dem Kind und der Welt ist. Kinder brauchen die Vermittlung der Welt durch die Mütter. Auch die Welt braucht es. Die Mutter ist die erste Person, die das Kind die Beziehung zur Welt lehrt. Und die Welt braucht es, dass Mütter sie vor dem Kind und seiner möglicherweise falsch verstandenen Freiheit schützen. Das Verhältnis von Mutter, Sprache und Freiheit zu betrachten, führt also zu Einsichten in die Grundstrukturen des menschlichen Lebens, in seine Bedingungen, denen wir uns durchaus fügen müssen.“ (S.35) 40 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Schwangere Frauchen, ein Wunder der Welt - schwangere Mä Männchen, ein Wunder der Meere Auf einer unserer vielen Filmreisen entdeckten Uscha, Daniela und ich in einer Bahnunterführung ein Plakat der Umweltstiftung WWF. Unter dem Motto: Wunder der Meere zeigt sich darauf ein Seepferdchen mit einem dicken Bauch. Übertitelt ist dieses schöne Bild mit der Überschrift: Schwangere Männchen – ein Wunder der Meere. Mama Hippocampa, die Seepferdchenstute, hat sich für eine etwas andere Art der Schwangerschaft entschieden: Sie überlässt das Austragen der Nachkommen dem Männchen. Ein Grund dafür mag sein, dass sie folgende „Rechnung aufgestellt“ hat: Ein Seepferdchenleben ist kurz und beträgt meist nur ein Jahr. Wenn sie, die Mutter der Makrogameten, also der Eizellen, das Ausbrüten übernehmen würde, wäre sie mindestens einen halben Monat lang beschäftigt. Delegiert sie dagegen diese Aufgabe an die Mikrogametenträger, also die männlichen Mitglieder ihrer Population, kann sie selbst in kürzester Zeit neue Eier produzieren und einem weiteren Austräger überlassen. Eine einfache Rechnung Von Eiern gibt es nie genug in der Natur. Sie sind groß und mit dem Wichtigsten ausgestattet, das ein Wesen zu seiner Entwicklung braucht, wie Mitochondrien und Ribosomen. Bei uns Menschen sind die Eizellen die größten Zellen im menschlichen Körper. Männliche Keimzellen gibt es im Überfluss und sie sind winzig klein – beim Menschen sind sie die kleinsten Zellen im Körper. Wenn nun eine Seepferdchenmutter bald nach der Übergabe der Eier neue produzieren kann, kann sie diese an ein weiteres Männchen übergeben, das nicht gerade mit Austragen beschäftigt ist. Dadurch ergeben sich sozusagen Parallelschwangerschaften, initiiert durch ein einziges Weibchen – eine „Idee“, mit der die Seepferdchenfrau ein 41 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Vielfaches an Kindern hervorbringen kann, viel mehr als wenn sie selbst die Brut austragen würde. Dieses evolutionäre Experiment hat noch einen anderen Vorteil: Die Männchen sind beschäftigt. Sie sind überaus friedlich und frei von Aggressionen – ein schwerer Brutsack würde Rivalenkämpfen und Kriegen um Territorien ja auch sehr im Wege stehen. Die Männchen sind beschäftigt Was uns nun irritiert an dem Plakat sind Worte wie „Wunder“ und „Frauenversteher“. Wir fragen uns: Warum ist ein Plakat mit folgender Aufschrift bisher ausgeblieben?: Schwangere Frauchen, ein Wunder der Erde. Und: Was hat das Austragen der Brut mit dem „Verstehen von Frauen“ zu tun? Klingt da etwas Spott mit gegenüber menschlichen Männchen, die gern bereit sind, sich so zuverlässig um die Aufzucht von Nachwuchs zu kümmern, wie es zum Beispiel Brüder in matriarchalen Klans tun? Eines steht jedenfalls fest: Für uns Menschen wäre die „Idee“ der Seepferdchenstuten katastrophal. Stellen wir uns vor, eine jede von uns könnte auf diese Weise jedes unserer Eier austragen lassen – ein Leben lang! Da bleiben wir doch besser bei unserer altbewährten, mütterlichen Rechenweise: Neun Monate Schwangerschaft und (nur) so viele Kinder, wie zu verantworten sind. Nur unter der Fehlentwicklung „Patriarchat“ konnte in der menschlichen Population Überbevölkerung entstehen – Sie ist in Matriarchaten unbekannt. Dagmar Lilly Margotsdotter 42 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Ein LeserinnenLeserinnen-Brief Zum Familienbegriff Liebe Mitfrauen, Töchter, Mütter und Großmütter, in der dritten Ausgabe der Mutterlandbriefe bin ich über das Wort „matriarchale Großfamilie“ gestolpert. Das ist für mich nun der Anlass auf das, mir immer wieder begegnende, Selbstverständnis hinzuweisen, mit dem leider allerorten mit dem Begriff „Familie“ umgegangen wird. 'Familie' ist nicht nur das patriarchöse Verständnis von patrilinearen und patrilokalem Zusammenleben, es ist darüber hinaus ein Bekenntnis gegen den naturgemäßen matrifokalen Sippenzusammenhang. In matriarchal genauer gesagt matrifokal lebenden Gemeinschaften wirken SippenStrukturen. Diese Matrifokale* sind natürlich gewachsene Bindungsgemeinschaften, die sich in der Regel aus den konsanguinen Angehörigen zusammensetzen. Als 'konsanguin' bezeichnen wir Angehörige, die durch Geburt in mütterlicher Linie verwandt sind. Natürlich gewachsene Bindungsgemeinschaften Eine Familie ist dagegen eine Art künstliches Konstrukt. Das heutige Verständnis von Familie basiert auf dem anerkannten Phänomen der Paarbildung als Voraussetzung, die wiederum vor allem auf der sexuellen Komponente der Beziehung beruht (wobei wir inzwischen nicht mehr auf das Hetero-Paar bestehen). Hier können wir nicht von Bindung sprechen, da es sich um ein ideelles Bündnis (zweier nicht verwandter Personen) handelt, dass je weiter wir in die Vergangenheit der Patriarchose zurückgehen immer seltener für die 43 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Frau eine freiwillige Option gewesen sein dürfte. Die gewaltsame weibliche Unterwerfung fand ursächlich in den frühen Formen der Gefangennahme und Versklavung und später im Familiensystem statt. Daher gilt es zu bedenken, ob weiterhin die (ursprüngliche und menschenartgerechte) Lebenskonstellation indigen/matrifokal lebender Gemeinschaften als „Großfamilie“ bezeichnet werden sollte. Auch wenn mit „Groß...“ der generationsübergreifende Charakter einer matrifokalen Lebensgemeinschaft beschrieben werden soll - 'Matrifokale'* sind keine „Familien“. Semantisch leitet sich das Wort 'Familie' von der römischen Hausgemeinschaft (familia) ab und bezeichnet den Herrschaftsbereich eines privilegierten Mannes (zu dem Frau(en) und Kinder aber auch Sklaven, Gesinde sowie „Bluts“- oder andere Verwandte gehörten). Dieser männliche Herrschaftsaspekt der dem Familienbegriff immanent ist, ist global betrachtet bis in unsere Zeit hochwirksam, auch wenn das heutzutage in unserer Kultur nicht mehr ganz so offensichtlich ist. Matrifokale sind keine Familien Derzeit finden wir unter dem Begriff der Familie verschiedene Auffassungen und Ableitungen. So ist es üblich die Vater-Mutter-Kind-Kleinfamilie als Kernfamilie zu bezeichnen. 'Die Familie' ist inzwischen ein eher fiktives Gebilde, da ihr ein schwammiges Verständnis von Verwandtschaft zugrunde liegt. Jede Variante möglicher Lebensgestaltung wird heute als Familie bezeichnet – zusammenlebende Freunde fühlen sich ebenso als Familie wie der Klassiker Kleinfamilie auf der Grundlage des Ehepaares. Auch das kinderlose Paar oder die alleinerziehende Mutter mit Kindern gilt als 'Familie'. Eine andere Spielart der anerkannten Familienidee ist die sogenannte „Bonusfamilie“, bestehend aus den fluktuierenden Fragmenten moderner Patchwork-Familien-Konstellationen. Sie besteht aus den verschränkten Gebilden verschiedener Paar-Gemeinschaften, deren Bindeglieder die Kinder sind. Die (patrilineare und patrilokale) Großfamilie von früher besaß noch eine gewisse generationsübergreifende Qualität, wie wir sie von der Muttersippe her kennen. Allerdings bezieht sich der heutige Gebrauch des Ausdrucks 'Großfamilie' eher auf das patriarchale Elternpaar und eine erkleckliche Anzahl Kinder, welche also in der Regel auch nur mit zwei Erwachsenen versorgt sind. 44 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Im (ursprünglichen) 'Mutterland' gibt es also keine „Familie“, die als Gründungsmitglieder zwei Fremde zusammenbringt, welche sich per Bereitschaftserklärung zu einer gemeinsamen Lebensführung verpflichten (heute freiwillig und auf Grundlage der romantischen Liebe). Diese Freiwilligkeit, die uns im Hier und Jetzt suggeriert wird, ist weltweit durchaus nicht selbstverständlich, zum Teil noch nicht einmal in unserem Land. Matrifokal ist unser urnatürliches Dasein Liebe Mitfrauen von MatriaVal und den Mutterlandbriefen, es war mir ein Anliegen und Bedürfnis den so gut etablierten Begriff „Familie“ endlich einmal aufzubrechen und damit das Bewusstsein für unsere Ursprünge weiterhin zu pflegen. Auf eine zukünftige intensive weibliche Zusammenarbeit hoffend, grüße ich ganz herzlich Stephanie Ursula Gogolin (Ursula Marthastochter) •Das Matrifokal war und ist unser ur-natürliches Dasein - das evolutionär entstandene Kontinuum des Menschseins. Das Matrifokal verstehe ich als die naturgemäße Enklave, die von Beginn des Menschseins an als existenzsichernde Schutzsphäre für die Mütter und ihren Nachwuchs fungierte. In der Regel bestehend aus den konsanguinen Angehörigen (beiderlei Geschlechts) innerhalb der frühen generationsübergreifend lebenden, matrilinearen und matrilokalen Menschengruppierungen. Was bedeutet, die Menschen interagierten in ihrem Alltag in überschaubaren, mutterbasierten und geschwisterbezogenen Fürsorge-Gruppen, in denen jedes Individuum integriert und geborgen lebte. http://stephanieursula.blogspot.de/2015/10/das-bislang-nicht-definiertematrifokal.html 45 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Die Geschichte von der ersten Frau Eine Erzählung der Waitaha Auch die Götter sind geboren durch die Frau. Rot war der Lehm und sanft waren die Hände, welche zuerst sie schufen. Und sie schenkt uns das Leben, und im Leben ist der Tod, und sie wartet auf uns am Ende, so wie sie mit uns war am Beginn. Meine Enkel, ihr Kinder sorgender Mütter, rückt herbei an die Flammen des Feuers und hört von Wundern, verborgen in den Nebeln der Schöpfung. Frauen halten das Land Als die Wasser zurückgewichen waren vom Land und die Himmel aufgeklart, schien die Sonne hernieder auf einen heiligen fernen Strand und strich zart über den Leib einer Frau von unaussprechlicher Schönheit. Sie war geschaffen aus der roten Erde von Kokowai, und ihre reine rote Haut schimmerte im Licht des vollen Mondes. Sie war vom Volk der Kurawaka, derer mit der Haut in den ersten Farben des Regenbogens. Und die Alten sorgten für sie. Es war prophezeit, dass sie die Mutter werde der Völker der Meere und Mutter der Kinder der vielen Winde des Ozeans. Sie war Hine Ahu One, des Landes erste Mutter; geformt und gestaltet von Täne Nui o Rangi. Er hauchte Leben ein in ihren schönen Leib und zeugte mit ihr die erste der Töchter der Zeit. Frauen sind das Land Diese Tochter war Hine Ti Tama, Kind der zarten Farben der Morgendämmerung. So hört, meine Enkelkinder - manche Weisheit zeigt sich im Schein der Flammen. Wisset, dass Frauen das Land halten, denn sie entstammen der roten Erde. Versteht, dass Frauen die Generationen zählen und sie mit Ursprung und Ende verbinden. Und denkt stets daran: Sie folgen dem Strom der Gezeiten des Lebens. 46 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Die Feuergö Feuergöttin der Mosuo Zwei Künstlerinnen arbeiten zusammen Karin von Wangenheims Freundin Karin Kastner nahm 1993 an der "Matriarchalen Forschungsreise von Heide Göttner - Abendroth, zu den Mosuo in China teil. Als sie zurück war, erzählte sie Karin von Wangenheim eine ganze Nacht lang, - anhand von Hunderten von Dias, die sie gemacht hatte, - über das Erlebte. Karin von Wangenheim war so beeindruckt, dass sie als Dankeschön für ihre Freundin, die Feuergöttin der Mosuo malte. Karin Kastner hat diese Vorlage dann von einer Goldschmiedin zu zwei Anhängern verarbeiten lassen. Jeweils einen für jede. Das Herdfeuer ist ewig Hier eine zeitgenössische Darstellung der Feuergöttin auf einem Wandgemälde in einem Privathaus. Interessant ist die Darstellung mit 3x3 Brüsten, die von Feuer umrahmt werden. Aus einem Vulkan scheinen die Brüste im Feuer geboren zu werden. Zwei Hände halten die Schale, um den großen Tropfen der nährenden Milch des Lebens aufzufangen. 47 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Auf den Spuren eines SteinzeitSteinzeit-Kults Expertengespräch über den Ahnenwand-Fund Freitag, 12.Februar 2016, Schwäbisch – Media, Medienhaus RV KaraMa Beran hat diese Veranstaltung in Ravensburg besucht und Protokoll geführt. Helmut Schlichtherle, der Vortragende, argumentiert ganz klar in Richtung einer matriarchalen Gesellschaft. Vortragende: Dr.Helmut Schlichtherle, Leiter des Referates Unterwasser- und Feuchtbodenarchäologie, Spezialist für Forschungsarbeiten rund um das rekonstruierte Fries und Günther Kehrer, Religionssoziologe, Tübingen Wandbild: Göbekli Tepe 9600 -5000 v.d.Z. Paläolithikum Catal Hüyük 7500 -5700 Gavrinis 3600 Spanische Levante 9.-3. Jt. Vallecamonica 4. – 1. Jt. Dr.Helmut Schlichtherle beginnt seine Ausführungen mit dem Paläolithikum (Altsteinzeit) in Westeuropa und Frankreich 30.000 – 15.000). Es war die Periode der Jäger und Sammler, danach kommt die sog. neolithische Revolution, d.h. Ackerbau und Viehzucht zunächst im Vorderen Orient, dann in Mitteleuropa. Ab 5500 gibt es auch in Oberschwaben erste Siedlungen. Jägerinnen Sammlerinnen Priesterinnen Bäuerinnen Züchterinnen Was nach den großartigen Malereien der Höhlen kam, war lange Zeit unbekannt bis 1960 in der Türkei sehr wesentliche, vor allem Totenfunde von James Mellaart entdeckt wurden. Er hat in Zentralanatolien Tell-Siedlungen ausgegraben mit Wandmalereien und szenischen Darstellungen von 5700. Tiere und Menschen waren jetzt bereits deutlicher abstrahiert als im Paläolithikum. Eine Neuentdeckung im Osten der Türkei ist Göbekli Tepe (Tempelanlagen datiert von 10.000 bis 8000.) Zu dieser Zeit begannen sich Ackerbau und Viehzucht zu entwickeln. Die bekannten Felsbilder aus den Alpen und Vallecamonica sind deutlich jünger. Aus dem Neolithikum gibt es nur Einzelfunde. 48 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Deshalb ist es eine Sensation, dass wir am Bodensee auf Ähnliches gestoßen sind, u.zw. im Strandbad Bodman-Ludwigshafen. Die Stücke lagen da schon mehrere Jahre im Badebetrieb, d.h. die Badegäste standen in steinzeitlichen Resten. Die Bergungsarbeiten zogen sich über 4 Winter hin. Mehr als 2000 Fragmente wurden von Archäologen und Restauratorinnen des baden-württembergischen Landesamtes für Denkmalpflege seit 1990 zu dem Fries zusammengefügt. Es gibt eine zweite Fundstelle in Sipplingen, eine 100 Häuser umfassende Siedlung. Dort wurde im Brandschutt das Gehörn von 1 m Spannweite eines monumentale Urstieres (Bukranion) gefunden. Die Lehmwände wurden durch den Brand gehärtet und durch den anschließenden Sturz in den Schlamm versiegelt und mit Sediment zugedeckt und so konserviert. Die Rekonstruktion des Ludwigshafener Fundes zeigt ein Wandfries auf einer herabgestürzten Seitenwand eines Pfahlbauhauses, 9m lang und 4m breit. Es ist die älteste und bisher einzige entdeckte figurale Wandmalerei aus den zirkumalpinen Pfahlbauten nördlich der Alpen. Der Fund ist außergewöhnlich, es gibt nichts Vergleichbares. Menschendarstellungen aus der jungsteinzeitlichen Zeit in Mitteleuropa sind sehr außerordentlich und ungewöhnlich. Die Keramik aus dieser Zeit ist entweder unverziert oder trägt geometrische nichtfigürliche Muster. Die Fragmente der Ausgrabung konnten verschiedenen, insgesamt 7 fast lebensgroßen Frauengestalten zugeordnet werden. Es sind schematisch dargestellte weibliche Oberkörper, wahrscheinlich 9 mal wiederholt. Sieben fast lebensgroße Frauengestalten Die stilisierten Körper sind mit weißen Punkten und Kreuzbändern verziert. Auffallend sind die plastisch aus Lehm modellierten Brüste. Hilfreich für die Rekonstruktion war die Tatsache, dass auf der Rückseite der Wand die horizontalen Abdrücke der Balken zu sehen waren. Spuren heruntergelaufener Farbe gaben die Senkrechte an, sodass die Diagonalen leicht zu denken waren, z.B. die Kreuzungen von weissen Bändern zwischen den Brüsten. Zwar ist nur 20% der Malerei erhalten, aber dadurch, dass sie regelhaft die gleichen Motive zeigt, war sie durch Spiegelung gut zu vervollkommnen. 49 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Gestalten in dieser Größe, dieser Anzahl und noch dazu mit plastischen dreidimensionalen und weißbemalten Brüsten müssen den Raum auffallend beherrscht haben. Das Haus, von dem die Wand stammt, kann das Wohnhaus einer Familie gewesen sein, die eine besondere spirituelle Funktion innerhalb der Gemeinschaft hatte, ein religiöses Zentrum mit einer matrilinearen Mütterwand. Nach Einschätzung der Archäologen handelt es sich um Malereien für kultische Zwecke, etwa der Ahnen – (Mütter)-Verehrung. Schlichtherle weist als Beweis dafür auf die Zwischenmotive hin, die aussehen wie „Bäumchen“, bestehend aus übereinandergesetzten Dreiecken, schematisiert gebärende Frauen in Hockerhaltung. Geburtsdarstellungen wie wir sie aus der europäischen Vorgeschichte kennen, sie gehören in den Kontext der Matrilinearität. Eine matrilineare Mütterwand Ethnologen sprechen von genealogischen Motiven. Diese Motive kennen wir von den jungsteinzeitlichen Keramiken in Mitteleuropa seit den Anfängen (5400) auch in Baden-Württemberg. Auf diesen Gefäßen finden sich anthropomorphe Motive, also menschengestaltige Zeichen, teilweise sehr eindeutig mit Kopf und Fingern. Die kleinen Figuren unterhalb der Frauen dürften für die Zahl ihrer Töchter stehen. Die weibliche Ahnenreihe als Abstammungslinie einer Familie weist auf matrilineare Gesellschaftsstrukturen hin. Wir haben es damit tatsächlich mit einer Bilderschrift zu tun, die uns die Geschichte der Sippe mit zeitgleichen Müttern, Schwestern, erzählt. In dieser matrilinearen Darstellung ist eine schöpfungsähnliche Definition möglich. Schlichtherle sieht „göttlich - kosmische Bezüge“ und „das Diktum der Großen Muttergöttin aus der Jungsteinzeit“. Die Sonnensymbolik fügt sich darin ein. Die Köpfe dieser Figuren sehen aus wie Sonnen. Aus der Jungsteinzeit und Bronzezeit gibt es sehr ähnlich Darstellungen. Das kann bedeuten, dass es nicht nur die Urahnfrauen einer Sippe, sondern ins Mythische erhöhte Frauen, mythische Urmütter sind, die transzendental gedacht werden können, d.h. eine kosmische Qualität besitzen und eine Rolle in einem Schöpfungsmythos spielen. Die Sonne mit ihren Auf- und Untergängen, steht für Leben, Sterben und Regene- 50 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF ration im Bauch von Mutter Erde. Die Sonne war in der Frühgeschichte weiblich. Bei uns ist sie dies bis heute. In anderen Kulturen existieren noch viele ähnliche Phänomene (Keramik), vor allem die genealogischen Motive im Kontext der Ahnenverehrung. Beweise sind z.B. Vergleiche der Bilder auf Keramiken und anthropomorphe Funde unserer Kulturen. „Da wir bisher nur Erkenntnisse über das Alltagsleben der Pfahlbaumenschen haben, haben wir nun „ein monumentales Bild wiedergewonnen, das für die Religions- und Sozialgeschichte der mitteleuropäischen Jungsteinzeit von großer Bedeutung ist.“ (Schlichtherle) Dass wir es mit religiösen Vorstellungen zu tun haben, zeigt auch ein besonderes, symbolisch aufgeladenes Gefäß, das sich zwischen vielen anderen ganz normalen Funden befand. Ein Krug oder Topf, mit eindeutig weiblichen Geschlechtsmerkmalen ausgestattet: mit zwei kleinen Brüsten und sehr schematisiert zwei Arme, die um den Leib fassen. Der Inhalt dieses weiblichen Gefäßes ist erhalten. Es handelt sich um Birkenteer. Das krugoder topfförmige Gefäß mit Brüsten diente nach seinem noch vorhandenen Inhalt der hohen Kunst der Herstellung von Birkenteer, dem universalen Klebemittel der Steinzeit (Klingen, Schäfte etc.) Schon die Neandertaler kannten die Herstellungstechnik dieses Materials. Es handelt sich um den ältesten chemischen Prozess, den die Menschen mit großer Kunstfertigkeit zu beherrschen gelernt haben. In diesem keramischen verweiblichten Leib fand durch eine bestimmte Kulturtechnik ein Transformationsprozess statt. Nachdem es bis heute nicht gelungen ist, den gleichen Stoff herzustellen, kann man sagen, dass das wohl es eine sehr hohe Kunst war. Und sie wird symbolbezogen ausgeübt, nicht in irgendeinem Gefäß, sondern in einem, das die Große Frauengestalt repräsentiert. Die Sippe der großen Mutter Die Anknüpfung an die rituelle Bedeutung ist das Gefäß selber. Aus dem Federsee gibt es drei weitere Gefäße, in denen dieser Birkenteer gekocht wurde. Es sind die sog. Schussenrieder Krüge, reich verzierte Krüge mit sonnenköpfigen Ahnendarstellungen. Die Transformation der Zutaten fand in diesem weiblich-gestalteten „Körper“ statt und insofern ist das nicht irgendein Topf, sondern symbolbezogen durch die Frauenfigur. 51 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Im Umfeld der Recherchen stieß man auf nahezu identische Darstellungen aus späteren Jahrtausenden, weibliche Gestalten mit Brüsten und Kreuzband als Fries auf Keramiken aus dem Balaton. 3860 bzw. 2000 in Ungarn. Unser Bodenseefund ist also ein System, ein Kanon, der sich immer wieder wiederholt über Jahrtausende. Kein Einzelfall, keine Momentaufnahme, auch keine künstlerische Beschäftigung von Frauen, denen in ihrem Zwangsaufenthalt im Menstruationshaus langweilig war, (wie Kehrer süffisant bemerkt), sondern es ist ein Traditionselement wie es typisch ist für die rituelle Ausübung schriftloser Kulturen, die auf diese Weise Informationen und ihr Weltbild in die nächste Generation tradieren, durch möglichst präzise Wiederholung. Weltbild für die nächsten Generationen Wir haben es mit mehr zu tun als einem Tagesereignis einer Pfahlbausiedlung am Bodensee, denn über die gefundenen nekromorphen Gefäße haben wir eine ganze Menge von Verbindungslinien in Europa. Sie sind kulturgeprägt in einem bestimmten Raum. In Frankreich, Spanien, Italien gibt es bisher nichts derartiges, dh. es gibt kulturgenetische Zusammenhänge. Der Donau entlang bis zum Schwarzen Meer sind in Gräbern kreisrunde Gold -Silber- und Kupferscheiben gefunden worden. Im Bodenseegebiet wurde eine solche Sonnenscheibe von 3909 geborgen, die in einem Siedlungsbrand untergegangen war. Diese Scheiben konnten auf Kleider appliziert und um den Hals getragen werden. 52 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF In einem Grab in Varna und auch in Ungarn wurden Scheiben gefunden, die Kreuzbänder aufweisen, zwischen denen Brüste ausgetrieben sind. Über die Wand in Ludwigshafen wissen wir, was die Kreuzbänder sind: Das Symbol dieser weiblichen Gestalten. Damit lässt sich ein Zusammenhang herstellen zwischen den Sonnenscheiben und anthropomorph aufgefassten Zeichen. Und noch etwas: in der Darstellung der sieben gefundenen Urmütter vom Bodensee sind keine Rangunterschiede sichtbar. Symbole weiblicher Gestalten Das entspricht dem, was sich Archäologen und Neolithforscher heute vorstellen: sedimentäre Gesellschaften, die in Familiengruppen organisiert waren und keine Häuptlingstümer, sondern gleichrangige Systeme bilden. Das ist ein Nachweis, dass diese Kultur kein Patriarchat war. KaraMa Beran Seit dem 16. April 2016 läuft die Große Landesausstellung „4000 Jahre Pfahlbaukultur“ im Federseemuseum Bad Buchau und gleichzeitig im Kloster Schussenried, beides Kreis Biberach. Bezüglich des unpassenden Begriffes „Busenwand“ schrieb KaraMa Beran eine E-Mail an Dr. Helmut Schlichtherle. Hier seine Antwort: Sehr geehrte Frau Beran, vielen Dank für die Zusendung Ihres Berichtes über den Diskussionsabend in Ravensburg. Ich habe mir erlaubt, ihn noch ein wenig zu überarbeiten und zu ergänzen. (…) Ihren Begriff der Mütterwand finde ich ganz schön und werde ihn bei Gelegenheit gerne übernehmen. Mit vielen Grüßen Helmut Schlichtherle 53 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Besucherinnen der Ausstellung Meinungen zur Mütterwand Ich war inzwischen noch ein 2. Mal in der Ausstellung und habe mich dieses Mal besonders mit der Mütterwand beschäftigt und mich nicht mehr so sehr an der Bemerkung des "steinzeitlichen Büstenhalters" aufgehalten. Mich hat sehr verwundert, dass zwischen den sieben quatratischen Frauenoberkörpern mit Diagonalen bei mehreren Frauen weiße halbkugelige köpfe zwischen den Schultern herauskommen, die auch noch mit einer Art von Strahlen versehen sind. Dazu wird im Kommentar gesagt, dass dies Sonnen seien und die Verbindung der Frauen zur Sonne zeigen. Besonders aber hat mich verwundert, dass zwischen den Frauenkörpern kleine "Bäumchen" gemalt sind, die wie stilisierte Frauen in Gebärhaltung aussehen. Sie sind gemalt wie ein weit auseinander gezogenes großes M. Davon stehen bis zu 13 solche Zeichen übereinander und sehen aus wie eine Vergangenheitsreihe von gebärenden Frauen. Also mit der Aussage eine Frau gebiert die nächste und die nächste und die nächste. Also eine Darstellung der Genialogie durch Frauen. So wird es auch in dem Kommentar gesehen und auch noch darauf hin gewiesen, das unter diesen Bäumchen Figuren stehen, die ausgemalt sind, also sehr viel realer sind und dass dies eine Darstellung der zur Zeit lebenden Frauen ist, während die im Bäumchen stilisiert gezeichneten Frauen eben Ahnfrauen sind. Diese Kommentare halte ich für beachtlich, weil sie indirekt bestätigen, welche bedeutende Rolle die Frauen zu dieser Zeit hatten. Ich persönlich halte diese 7 Frauen für Clanmütter. Ursa Illgen Eine Vergangenheitsreihe von gebärenden Frauen Liebe KaraMa, liebe Frauen, Ich, auch archäologisch interessiert, war gestern in der besagten Ausstellung. Der “urtümliche Büstenhalter” ist natürlich ein Unding! Diese Interpretation eines experimentellen Archäologen ist mir schon mal aufgestoßen! Er sah ihn bei der Schwester der Willendorferin, die in Kostienki am Don (Russland) gefunden wurde. Als ich ihn darauf ansprach, nahm er seine Aussage zurück! Es ist echt so was von daneben, wir sollten dagegen protestieren! Im Kloster liegt ein BesucherInnenbuch, in das frau Rückmeldungen schreiben kann. Die Mütterwand selbst und deren Präsentation hat mir sehr gut gefallen. Meiner Meinung nach haben sich die Verantwortlichen mit ihren Interpretationen für deren Begriffe weit herausgelehnt! Ahninnenreihe, Gebärende, Verehrung der Ahnfrauen, mütterliche Generationenlinie, Göttlichkeit, egalitäre Gesellschaft, bis zum dick aufgetragenen “Heiligenschein”, diese Begrifflichkeiten waren schon mehr, als ich erwartet hatte. Klar, es fehlt noch viel an Erkenntnis bis wir zufrieden sein können! Deshalb gibt es uns ja – um unsere Ansichten unter die Frauen / Leute zu bringen. Die sensationellen Funde der Mütterwand sind dafür ein guter Ausgangspunkt! Was würde Maria Gimbutas oder Marie König dazu sagen? Unsere Ahninnen haben ihre Weltanschauung mit diesen Malereien sehr gut und deutlichst ausgedrückt! Regina Golke 54 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Kunst aus Kuhdung Gesehen in Indien Eine Leserin schickte uns dieses Foto, da sie sich an die Mütterwand vom Bodensee erinnert fühlte. Der in den Häusern getrocknete Kuhdung wird zum Kochen und Heizen verwendet und zum Trocknen in kunstvollen Fladen gestapelt. Diese Häuschen sind in ganz Indien zu sehen. Auch in Afrika können sie gefunden werden. Weltweite universelle Muster Die Muster außen am Haus erinnern an das Symbol des Lebensbaums. Die Ähnlichkeit zur Mütterwand lässt sich nicht abstreiten. Auf die Kuhdung-Lehmwände im Hintergrund wurden verschiedene Zeichen aufgebracht und diese mit Spiegeln oder Glasperlen betont. Viele dieser grundlegenden Zeichen tauchen an allen Orten der Welt universell auf. 55 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF MatriaVal e.V. wird reichhaltige 10 Jahre alt Ausgelassene Jubiläumsfeier vom 24. - 26. Juni 16 JdF Ihr seid alle eingeladen zur MatriaVal-Jubiläumsfeier, egal ob ihr bei uns im Verein seid oder nicht. Vaterländer zu kritisieren ist normal - Mutterländer zu besuchen und zu erforschen ist etwas Besonderes. Einzigartig und bekannt dafür ist der internationale MatriaVal Verein zur Unterstützung matriarchaler Gesellschaften und Vermittlung matriarchaler Werte. Seit 10 Jahren vereint MatriaVal e.V. aktive und prominente Matriarchats-Forscherinnen, -Künstlerinnen, und –Interessierte, verbindet alle Teile der Gesellschaften - von Spiritualität bis Wissenschaft, von Kunst bis Marktgeschehen (www.MatriaMarkt.de) und erstreckt sich über alle Teile der Welt: von Amerika bis China, vom Nordpol bis zur Südsee. Die Produkte, die aus diesem Verein hervorgehen, sind vielfältig: Berichte, Zeitungen, Kunstwerke, Vorträge, Filme, Kreistänze, Lieder etc. und nun sogar eine Internationale Schule, an der Matriarchatskunde gelehrt wird. Wir freuen uns darauf, 10 Jahre Aktivität rund ums Thema Matriarchat zu präsentieren und mit interessierten Frauen zusammen zu feiern. Lasst uns gemeinsam essen, tanzen, ausgelassen sein, uns überraschen, einen Matria Markt aufbauen und erleben, den Verein und die neu gegründete Matria-Schule kennenlernen und einfach beisammen sein. Das detaillierte Feierprogramm und alles Wissenswerte findet Ihr unter www.matriaval.de. 56 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF 10 Jahre MatriaValMatriaVal-Verein Große Feier 24.-26. Juni 16 JdF im Bella Donna Haus Bad Oldesloe Ihr seid alle herzlich eingeladen. Kommt massenhaft. Freyatag, den 24. Juni 16 JdF 18.00h Abendessen im Mai Thai Restaurant des Bella Donna-Hauses 19.00h Ankommen Begrüßungstänze Geheimtipp PREVIEW: neuester matriarchaler Film ! Große Feier! Samstag, den 25. Juni 16 JdF 10.00h Werden und Wirken des MatriaVal-Vereins Begrüßung und Einführung Aufgaben des Verein Jahrzehntbericht Vorteile einer Mitgliedaschaft im Verein Neugegründete Matria-Schule u.a. 12.00h Erklärung des Planspiels 13.00h Mittagessen in der Stadt 14.00h Wir strömen in Gruppen in die Stadt aus. „Wir rematriieren Bad Oldeslohe!“ 16.30h Pause und Aufbau des Matria-Marktes 17.00h Matria-Markt 18.00h Abendessen bei gemeinsamem (Mitbring-)Buffet 19.00h Kindergeburtstag „Je länger wir Kind bleiben, desto älter werden wir.“ Beisammensein mit Open-End 57 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Sonntag, den 26. Juni 16 JdF 10.00h Vorstellung der neugegründeten Matria-Schule 11.00h kleine Kaffee/Tee-Pause 11.30h Vereinssitzung 13.00h Mittagessen bei den netten Wirtinnen des Mai Thai Restaurants. Zehn rote Rosen Ende Da es die Zeit der Mitsommersonne ist, könnten wir so viel Rot, wie möglich, zusammentragen, z.B. in Form von Kleidung oder anderen schönen Dingen. Und noch etwas: Für den Matria-Markt bringe eine jede mit, was sie dafür hat und für richtig hält. Er ist eine Chance für wunderschöne Dinge...keine Verpflichtung. Liebe Leserinnen, Bitte feiert fröhlich mit uns, egal, ob ihr Mitfrau seid oder nicht. Auch für Nicht-Mitfrauen wird es spannend sein, zu hören, was unser Verein alles auf die Beine stellt. Lasst uns wissen, ob ihr kommen wollt und bringt noch Fräundinnen mit. Der Eintritt ist frei! Um eine Unterkunft sollte eine jede sich selbst rechtzeitig kümmern. Wir fräuen uns auf Euch! MatriaVal e.V. Uschi Madeisky, Dagmar Margotsdotter, Daniela Parr 58 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Was bringt eine Mitgliedaschaft bei MatriaVal e.V.? Für eine jede selbst und für den Verein In diesem Jahr feiern wir unser 10jähriges Bestehen! So möchten wir allen vielmals danken, die den Verein bisher mitgetragen haben! Und wir möchten allen LeserInnen mitteilen, dass wir uns sehr über Zuwachs fräuen. Welche Vorteile haben Angehörige unseres Vereins? Fangen wir mit MatriaVox an, diese Newsletta wird 8 x im Jahr zu den 8 Jahreskreisfesten per E-Mail verschickt. Darin sind Termine von interessanten Veranstaltungen aufgeführt sowie kurze Berichte von MatriaVal-Projekten und von Projekten aus dem immer größer werdenden Matria-Netzwerk. Von Spiritualität bis Wissenschaft, von Kunst bis Marktgeschehen Ferner haben Mitfrauen einen speziellen Zugang zu unserem Archiv MatriaWis. Es existiert eine Excel-Liste vom gesamten Bestand, die für Nichtmitglieder nur als pdf zugänglich ist. Vereinsfrauen können damit nach Herzenslust und unkompliziert recherchieren. Sie können in dieser Liste nach AutorInnen, Titel, Themen und über Schlagwörter suchen und stöbern. Auf diese Weise sind auch all die wertvollen Aufsätze aus den MATRIAVAL-Zeitschriften leicht zu finden. Auch vor Ort können MatriaVal-Frauen im Archiv MatriaWis in Göttin-gen studieren und forschen. Dazu gehört eine kleine Wohnung, in der die Forscherin für etliche Tage einziehen kann. Bücher, die in der Bibliothek mindestens zweifach stehen, schicken wir auch überall hin, Mitfrauen zahlen kein Porto. Wer zum Verein gehört hat Anspruch auf Beratungen aller Art, Auskünfte und Gespräche übers Telefon. 59 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Was unterstütze ich, wenn ich den Verein unterstütze? -Die Zeitung Mutterlandbriefe, die bereits 700 Abonnentinnen hat und über alle möglichen Verbreitungsarten in verschiedene Kreise und damit in die Welt geht -Den Aufbau und den Betrieb unseres Archivs MatriaWis -Entwicklung des Godewegs, die Göttin in der Landschaft -Die matriarchalen Lehrgänge und Workshops -Hilfestellung bei der Gründung von MatriZirkeln -Vernetzung von Matriarchaten weltweit -Vernetzung der hiesigen Matriarchatszene -Matria-Markt Verbreitung von matriarchalen Mater-ialien -MatriaCon – Schule für matriarchales Bewusstsein i.Gr. - Kongresse und Konferenzen wie z.B.“Friedliche Gesellschaften stellen sich vor“ Schule für matriarchales Bewusstsein Bei Eintritt in den Verein erhältst Du ein Begrüßungsgeschenk!!! Wahlweise: Schild: Hier betreten sie Mutterland, 3 verschiedene MATRIAVAL-Hefte, eine DVD: „Gesellschaft in Balance“ oder „Ausrufung des Jahrtausends der Frau“.“ Elisabeth-Selbert-Preisverleihung“, Buch: „Dokumentation MutterGipfel 2008“ Schwarzes Brett Liebe Frauen, ich suche Frauen im Raum Bonn, die sich für matriarchale Themen interessieren, so dass frau sich mal austauschen könnte. Sonja Tappen Kontakt: [email protected] 60 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Das Beginenhaus Blaubeuren hat noch zwei Plä Plätze frei! Auf der Schwäbischen Alb bei Blaubeuren, in direkter Nachbarschaft des Frauenheilehauses, entsteht ein Beginenhaus, das Haus der Weisen Frauen, für 6-8 Frauen. Hier wird es eine lebendige Frauengemeinschaft geben. Mit unserer Lebenserfahrung und Lebensfreude werden wir miteinander kreativen Frauenraum gestalten. Unsere Basis ist die Verbundenheit und Liebe zu allem Leben und unsere weibliche Spiritualität, die in unserem Alltag lebendig sein wird. Eine lebendige Frauengemeinschaft Mit diesem Projekt wollen wir ein zukunftsweisendes Modell in die Welt bringen, wie Frauen in Würde und mit Übermut miteinander alt werden, sich gegenseitig unterstützen und positiv zum sozialen Wandel beitragen. Vorgesehen sind eine kleine Wohnung für jede Frau, Gemeinschaftsräume, eine Ferienwohnung, und wir können auch die Seminarräume des Frauenheilehauses nutzen. Unser Beginenhaus-Projekt plant, mit der Beginenstiftung Tübingen zu kooperieren, die garantiert, dass das von uns geschaffene Frauenhaus über die nächsten Generationen in Frauenhand bleibt und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellt. Der Einzug ist für Frühjahr 2018 geplant. 61 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Unsere Projektgruppe besteht bisher aus 5 Beginen und 2 unterstützenden Nachbarinnen, wir treffen uns monatlich seit 1 ½ Jahren. Und das ist jetzt unsere wichtigste Botschaft: Wir suchen noch zwei Mitfrauen, die zu uns passen. Sie sollten eine Einlage von € 50.000 mitbringen (bei Auszug zurück) und mit ihren monatlichen Einkünf-ten eine gesicherte Mietzahlung leisten können. Zuwachs erwünscht! Bei Interesse schicken wir gern einen ausführlicheren Flyer zu. Bitte nehmt Kontakt auf mit: Ursa Illgen, Tel: 07344-3981, [email protected] oder Sirilya v. Gagern, Tel: 08807-9498793, [email protected] Ursa Ilgen, Sirilya von Gagern Evolution der Frauen Gesehen im Landesmuseum in Gottorf Schloss Gottorf in Schleswig ist Sitz zweier Landesmuseen. Die Sammlungen der Kunst und Kulturgeschichte reichen vom Mittelalter bis zur Kunst der Gegenwart. Sehr erstaunt und fräudig überrascht waren wir über die zeitgemäße Darstellung der Evolution des Menschen. Daniela Parr 62 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Veröffentlicht in „101 Frauenorte“ von Sabine Börchers im SocietätsVerlag 63 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF 64 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Ein Wettbewerb mit einer Prä Prämie Aufruf Preisausschreiben Auch wir sind ein bisschen ratlos, wie eine respektvolle und/aber auch angemessene Bezeichnung für den Mann, der an der Entstehung eines Kindes beteiligt war, lauten kann. Wir rufen Euch dazu auf, Euch Gedanken zu machen und uns Vorschläge zuzuschicken. Alle eingeschickten Begriffe werden in den Mutterlandbriefen veröffentlicht. Dann stimmen die Leserinnen ab, welcher Begriff Ihnen am besten gefällt. Schickt uns Eure Ideen! Die Einsenderin des Gewinnerinnenbeitrags erhält das Buch „Familie als Beginn“. Ein weiteres Buch wird unter allen Einsendungen verlost. Fliegen wie ein Vogel... Vogel...… … ...über den Wolken 65 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Das Liebesregime der HippieHippie-Affen Ein Vorbild für uns? Bonobo-Affen haben sieben Mal häufiger Sex als ihre nächsten Artverwandten. Der Grund dafür könnte auch menschliche Alphatiere zum Umdenken bewegen. Der Weltfrieden läge in greifbarer Nähe, könnten sich all die kleinen Männer mit den dicken Eiern und den Weltherrschaftsphantasien nur ein einziges Mal zu einem gemeinsamen Besuch im Affenhaus eines beliebigen Zoos treffen. Genauer gesagt vor den Gehegen unserer genetisch nächsten Artverwandten – den Schimpansen und den Bonobos. Zu 99 Prozent gleicht das menschliche Erbgut diesen beiden Affentypen, die sich untereinander optisch so gut wie gar nicht unterscheiden, dafür aber in komplett unterschiedlichen Sozialstrukturen leben: Bei den Schimpansen haben die Männchen das Sagen, während die Bonobos Matriarchate bilden. Am Schimpansengehege könnten also die menschlichen Alphatiere wunderbar ihre eigenen Machtstrategien beobachten: Schimpansenverbände werden von einzelnen Alphamännchen dominiert, die eine ziemliche Show abziehen, um ihre Untertanen zu beeindrucken und Seilschaften knüpfen, um sich ihre Macht zu sichern. Männliche Jungtiere schließen sich zu Gangs zusammen, die sehr aggressiv werden können: Sie töten einander im Kampf um Territorien, verhalten sich extrem fremdenfeindlich, foltern ihre Gegner, vergewaltigen die Weibchen und töten häufig die Nachkommen anderer Artgenossen. Dazu haben Schimpansen funktionalen Sex, der vorrangig der Fortpflanzung dient. Bonoboweibchen verbünden sich, um den Unruhestifter zur Räson zu rufen Ganz anders die Bonobos: Sie führen ein frauendominiertes Hippieleben in Reinkultur. Bonobofrauen bilden Verbände ohne allzu starre Hierarchien, meistens hat schlicht die Älteste das Sagen. Sollten Bonobomännchen innerhalb der Gruppe aufmucken, verbünden sich Bonoboweibchen, um den Unruhestifter zur Räson zu rufen. Sie gehen friedlich mit ihren Nachbarn um, Kindstötungen sind eine absolute Seltenheit, sie teilen sich Nahrung und andere Ressourcen freundschaftlich. 66 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Vor allem aber: Sie haben unentwegt Sex. Sieben Mal häufiger als Schimpansen und auch völlig losgelöst von ihrer Empfängnisbereitschaft. Innige Umarmungen, Zungenküsse, gegenseitige orale und manuelle Stimulation, ekstatisches Aneinanderreiben der Geschlechtsteile ist für Bonobos fester Bestandteil sozialer Interaktion – und zwar homo- wie heterosexuell. »Sex ist für Bonobos wie Händeschütteln«, sagt der berühmte Primatenforscher Frans de Waal. Er dient den Bonobos zum Vergnügen und vor allem: zum Spannungsabbau und zur Förderung des Gemeinschaftsgefühls. Bonobos hauen sich nicht gegenseitig die Schädel ein, wenn sie schlechte Laune oder Streit haben, sondern vögeln miteinander. Make love, not war. Und das übrigens – im Tierreich eher ungewöhnlich – meist mit einander zugewandten Gesichtern und innigem Blickkontakt. Bonobomännchen pflegen lebenslang ein inniges Verhältnis zu ihrer Mutter Kein Wunder also, dass Bonobomännchen deutlich weniger Stress haben als männliche Schimpansen. Sie leben länger und gesünder und pflegen lebenslänglich ein inniges Verhältnis zu ihrer Mutter. Da stehen jetzt also Baschar al-Assad, Kim Jong Un, Donald Trump, Wladimir Putin und noch ein paar Silberrücken und Alphamännchen vorm Bonobogehege und plötzlich geht ihnen ein Licht auf. »Scheiß auf Atomkrieg, Jungs! Lasst uns hinschmeißen und den Frauen die Macht überlassen. Viel weniger Stress für uns, viel mehr Sex und wir müssen auch nie bei Mutti ausziehen.« Gesagt, getan. Und fortan ward Frieden auf Erden. Gefunden in der Süddeutschen Zeitung 67 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Frauenportrait Jane Goodall Eine weltbekannte Primatenforscha Die 1934 in Großbritannien geborene Jane Goodall folgte schon im zarten Alter von vier Jahren einer Henne in den Hühnerstall, um zu erforschen, wo die Eier herkamen. Sie wollte herausfinden, welche Öffnung bei der Henne groß genug war, um ein Ei herauszulassen. Doch, die Henne floh unter großem Zetern vor ihr. Im nächsten Anlauf tarnte sie sich mit Stroh und saß still in einer Ecke, bis die Henne hereinkam. Das Mädchen beobachtete, wie die Henne sich ein wenig erhob und etwas Weißes zwischen den Federn an ihren Beinen herunterfiel. Die kleine Jane wurde natürlich zwischenzeitlich von ihren Verwandten und sogar der Polizei gesucht. Über ihre Mutter sagt sie heute, dass sie nicht mit ihr geschimpft hat, sondern sich daran freute, wie die Augen ihrer Tochter bei der Erzählung ihrer Nachforschungen leuchteten. : Nach dem Abitur konnte sich Janes alleinerziehende Mutter die teuren Studiengebühren nicht leisten. So wurde Jane erst einmal zur Sekretärin ausgebildet. Als Kellnerin verdiente sie sich nebenbei ein wenig Geld, da sie auf eine Schiffsreise nach Afrika sparte. Seit ihrer frühsten Kindheit, in der sie an ihrem zweiten Geburtstag einen Plüschschimpansen geschenkt bekommen hatte, träumte sie davon, nach Afrika zu gehen und dort mit Tieren zu forschen. Ihre Mutter fräute sich über ihre Nachforschungen Im Alter von 22 Jahren hatte Jane endlich das Geld beisammen, um in die Heimat der Schimpansen zu reisen. Bei einem Treffen mit Louis Leakey überzeugte sie ihn von ihrer Faszination für Tiere. Er stellte sie als Assistentin an. Jane konnte stundenlang geduldig ausharren und die Schimpansen beobachten. Sie hielt sich teilweise tage- und wochenlang bei den Tieren auf. Dabei überlässt sie es den intelligenten Schimpansen, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Bereits in ihrem ersten Jahr beobachtet Jane einen Schimpansen, der Termiten mit Fanginstrumente aus Zweigen und Halmen aus einem Bau 68 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF herausholte. Sie bewies damit, dass Schimpansen Werkzeuge benutzen. Dies wurde bis zu diesem Zeitpunkt nur dem Menschen zugestanden. Jane Goodall ist heute 68 Jahre alt und reist um die Welt, um für den Erhalt der letzten Reservate zu kämpfen, in denen freie Menschenaffen leben. Auch setzt sie sich für Primaten in Versuchslaboren ein. Sie lehrte mich, an mich selbst zu glauben Als sie gefragt wird, woher sie die Kraft dafür nimmt, antwortet sie: "Ich hatte eine Mutter, die meine Leidenschaft für Tiere nicht nur tolerierte, sondern mich darin unterstützte. Und die mich, was noch wichtiger war, lehrte, an mich selbst zu glauben." Ihre Autobiographie "Grund zur Hoffnung" hat sie ihrer Mutter Vanne gewidmet. Daniela Parr 69 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Ein Frauenleben Meret Eva Windele Ich bin die Tochter einer Flüchtlingsfrau, meine Mutter gebar mich Mitte der 50er Jahre in Oberbayern. Zusammen mit meiner Großmutter floh sie als 17-jährige aus dem Sudetenland. Sie mussten alles zurücklassen: Haus und Garten, einen Teil der Familie, einen geliebten Beruf. Großmutter war Lehrerin gewesen. Gemeinsam mit ihrem Mann unterrichtete sie an einer Grundschule, damals ungewöhnlich für eine Frau. Großmutter lebte in einem Zimmer neben der winzigen elterlichen Wohnung. Sie erzählte mir Märchen, zeigte mir Pflanzen und lehrte mich lesen. Als ich vier Jahre alt war, starb sie. Wie tief mich ihr freiheitsliebender und hinterfragender Geist damals geprägt hat, habe ich allerdings erst viele Jahrzehnte später verstanden… : : Ich wuchs in einer katholisch orientierten Familie auf. Schon als Teenager sehnte ich mich nach einer Spiritualität, die sich „echt“ anfühlt – oder anders gesagt: die ich fühlen kann. Die Vorgaben in Schule und Elternhaus stimmten mich eher skeptisch: ein Altes Testament voller Grausamkeiten, ein Vatergott, der seiner Sohn opfert! Und warum sollte die Stammesgeschichte des israelischen Volkes für mich wichtig sein, während ich kaum etwas über unsere eigenen alteuropäischen Ahnen in Erfahrung bringen konnte? Damals in den 60er und 70er Jahren war unser spirituelles Erbe unter dem Trauma von Hitler-Deutschland verborgen. Über all den Themen lag ein Tabu, das ich zwar spürte aber damals nicht verstand. Ich sehnte mich nach einer Spiritualitat, die ich fuhlen kann Dennoch fand ich interessante Bücher und bald auch Kurse, die mir nach und nach den tieferen Zusammenhang zwischen patriarchaler Kulturgeschichte – Weiblichkeit – und verlorener Spiritualität aufzeigten. Als junge Frau war ich in vielen alternativen Szenen aktiv. Sehr oft vermisste ich den Naturbezug, der mir selber so wichtig war. Ich war begeistert von wilder Natur, unternahm lange und herausfordernde Bergtouren, schlief im Freien und badete in wilden Flüssen. Karriere oder Erfolg in einer patriarchal-kapitalistischen Arbeitswelt lockte mich nicht im geringsten. Lieber suchte ich mir Nischen, in denen ich meine Werte leben konnte z.B. Frauenzentrum, alternatives Cafe, Naturheilpraxis. Ich hatte früh 70 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF gelernt, mit wenig Geld auszukommen und gleichzeitig ein gutes Leben zu führen. Mit mehreren Freunden teilte ich ein Auto, wir tauschten Kleider und Nahrungsmittel, Möbel und andere Bedarfsgegenstände gab es Second Hand. Nähen, Restaurieren und Gärtnern verband die Freude mit dem Nutzen. Diesen Lebensstil habe ich bis heute beibehalten. In den 80er Jahren entdeckte ich Tantra, wenig später die Geomantie. So wuchs allmählich Fleisch an mein Erkenntnis-Gerippe. Die Hochachtung des Weiblichen im Tantra und die Landschaft als Tempel der Göttin in der Geomantie, das passte für mich gut zusammen. Ein weiterer wichtiger Erkenntnisschritt folgte in den 90er Jahren durch die moderne Matriarchatsforschung und die Begegnung mit Heide Göttner-Abendroth. Plötzlich passten alle Erfahrungen und Erkenntnisse, die ich bis dahin gemacht hatte, wie ein Puzzle-Spiel zusammen. Ein Jahr lang durfte ich an den Matriarchalen Mysterienspielen teilnehmen. Dann ging die Reise alleine und zusammen mit gleichgesinnten Frauen weiter. Wir fanden uns zu dritt zusammen, sprachen unsere Freundinnen an. Das Feiern der Jahreszeitenfeste wurde für mich zur spirituellen Praxis. Zusammen mit den anderen Frauen machte es mir Fraeude, in ihre Gestaltung meine Fähigkeiten und meine Themen einzubringen. Die Feste ließen uns eine natürliche Zeiteinteilung erleben. Ich kam mir selbst immer näher. Lernte, dass meine Stimmungen und Gefühle – auch und gerade die dunklen – eng mit dem Vegetationsrhythmus verbunden sind. Zwei Jahre war der Kreis „open but unbroken“. Es bildeten sich wertvolle Freundschaften und Bekanntschaften, die ich z.T. bis heute pflege. Leider schlich sich in unsere Festgruppe ein patriarchöser Virus ein, und so zerfiel der Kreis und es kam zu einer Pause, die ich zuerst als sehr schmerzhaft erlebte, dann aber kreativ nutzen konnte: Ich nahm mir all meine Aufzeichnungen vor und gestaltete daraus ein Buch. Daniela Parr, die ich über den Festkreis kennengelernt hatte, gab mir wertvolle Anregungen, sie wurde zu meiner Lektorin und hat das gesamte Buch begleitet. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich sehr herzlich bei Daniela für diese Arbeit bedanken. Jahreskreisfeste wurden zu meiner spirituellen Praxis „Jahreszeiten, Magie, Heilung“ erschien 2008 als ein Handbuch zum Selber-feiern. Gleichzeitig bin ich ins Allgäu umgezogen. Und so hielt ich in den nächsten Jahren viele Vorträge und gestaltete auf Wunsch die Feste in verschieden Zusammenhängen hier im Allgäu, z.B. bei Treffen der Transition-Initiative, bei den PermakulturFreunden, auf einem Erlebnis Hof oder auch im Rahmen von Gemeinschaftsbildung. 71 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mittlerweile feiere ich die Feste wieder eher privat. Mit Familie, Partner, Freundinnen, so erlebe ich mehr Tiefe und intimes Teilen. Es ist mir nicht so wichtig die Feste anzuleiten, sondern das Wissen darüber lebendig zu halten. Und das geschieht mittlerweile an vielen Orten! Seit 5 oder 6 Jahren formt sich meine Arbeit in Richtung Gemeinschaftsbildung und Achtsamkeitspraxis. Das hat für mich mit der Essenz der Feste zu tun. Denn die Feste kultivieren Eigenschaften wie die kollektive Gestaltung, Respekt, Würde, An-nehmen aller Gefühle, Für-Sorge, gemeinschaftlichen Genuss, teilen und schenken. Diese Eigenschaften und Werte betrachte ich zugleich als matriarchale Werte. Sie sind gemeinschaftsbildend und friedenssichernd. Gleichzeitig berührt mich das Erleben, wie leicht Gemeinschaft zerstört wird oder gar nicht erst zustande kommt. Ich sehe patriarchöse Strukturen wie Eifersucht, Konkurrenz, Achtlosigkeit, Rechthaben-wollen und Dominanz-Gehabe auch in vielen alternativen Kreisen. Da wir leider alle solche Prägungen in uns tragen – mehr oder weniger bewusst, mehr oder weniger stark – halte ich ein Erleben und Einüben von lebenserhaltenden Eigenschaften und Werten für sinnvoll. Das ist Ziel und Zweck meiner Gruppen und Workshops. Für mich selber strebe ich ein clan-artiges Zusammenleben in einer kleinen Gruppe (4 -7 Menschen) an, mit viel Fräude an Natur, Stille, Gemüseanbau und -verwertung, Brotbacken, schreiben, singen, feiern, wenig elektrische Maschinen und vor allem wenig elektronische Medien. (Ich selber nutze kein Handy, mein Telefon ist verkabelt ebenso der Internetzugang). Eine solche Lebensgemeinschaft könnte über ein Netzwerk andere inspirieren! Matriarchale Werte sind gemeinschaftsbildend und friedensstiftend Bis es soweit ist, lebe ich mit meinem Gefährten Raimund und Kater Kailash in Mini-Sangha. Raimund ist 30 Jahre jünger, wir werden meist für Mutter und Sohn gehalten. Die Umgebung nimmt das als Sonderfall wahr, denn die (patriarchale) Sicht findet es „normal“, wenn ein älterer Mann eine junge oder sehr junge Frau hat. Doch der umgekehrte Fall, reife Frau und Sohn-Geliebter…auch für meine Eltern war das schwer zu akzeptieren. Ich bin sehr interessiert an patriarchatskritischen Gemeinschafts-, Lebensund Beziehungsformen und freue mich an diesbezüglichen Verbindungen! Dabei finde ich es nicht so wichtig, ob ein patriarchatskritisches Bewusstsein ausgedrückt werden kann. Auf die Lebensweise kommt es doch an, viele Menschen leben intuitiv matriarchale Werte, weil sie damit ihr Leben als sinn-voller und fraeud-voller wahrnehmen. Gelebte – gewagte! – Veränderungen haben sehr viel Kraft in Richtung friedensliebende und fräud-volle Gesellschaft. Darin sehe ich die „Göttinnen-Morgenröte der Zukunft! Meret Eva Windele www.jahreszeiten-magie-heilung.de 72 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Frauenportrait Diana Monson Meine Geschichte Es war einmal eine eisige Winternacht im Januar 1949. Klirrend kalt, so, wie wir es nur aus Erzählungen kennen, erzählte meine Mutter. Kalt war auch die Schlafstube. Unruhig wälzte sich die Schwangere im Bett. Sie war nicht zimperlich, denn das Leben, der gerade überstandene Krieg hatten ihr schon viel abverlangt. Doch irgendwann weckte sie ihren Mann. “Du musst die Hebamme holen gehen. Es ist soweit.” Im Krieg hatte ihr Mann ein Bein verloren, und sie wusste, was es für ihn bedeutete durch Eis und Schnee in den Nachbarort gehen zu müssen. Doch die Wehen beschäftigten sie so sehr, dass sie gar keine Zeit hatte weiter darüber nachzudenken. Und plötzlich war das Baby schon da. “Es war einfach so herausgeflutscht”, erzählte sie später. Ja, das war ich. Ich konnte es wohl nicht erwarten, in diese Welt zu kommen. So lag ich dann noch fast eine halbe Stunde durch die Nabelschnur mit meiner Mutter verbunden, von ihr in Sorge umhegt, bis die Hebamme uns trennte. Ich war das dritte und letzte Kind, das die Familie füllte. Wir waren arm. Mit seinem einen Bein und einer verletzten Schulter, fand mein Vater in der Nachkriegszeit keine Arbeit. Eine Invalidenrente, gab es noch nicht. “Tausend“ Tanten und Onkel Wir waren arm, doch in meinem Erinnern ist meine Kindheit ein Juwel. Aufgewachsen in einem kleinen Heidedorf, mit “1000” Tanten und Onkeln, Oma und Opa, väterlicherseits, um mich herum. Die Eltern meiner Mutter aus der großen Stadt kamen selten. Ich sei ein sehr, sehr stilles Baby gewesen, erzählte man mir. Dieses Sprachversäumnis holte ich wohl später nach, denn als Kleinkind war ich sehr lebendig. Wir spielten mit allem, was wir in der Schönheit und Weite der Natur fanden, denn Spielsachen, hatten wir nicht. Unsere Fantasie war grenzenlos ein von unseren kleinen Bächlein blank gewaschenes Stück Holz beseelten wir, und es bekam seine Funktion. Wir bauten Reiche für die Marienkäfer, beweinten aus tiefster Seele einen verstorbenen Vogel und beerdigten ihn mit großen Zeremonien. 73 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Altersgemäß erkletterte ich Bäume und betrachtete die Weite der Welt von oben. Und die Bäume waren es, die mir immer wieder Trost und Kraft gaben - in meinen jungen Kindertagen und darüber hinaus. Natürlich veränderte die Schulpflicht meine damals kindliche Unbegrenztheit. Der zweite große Schicksalsschlag ereignete sich, als wir in den größeren Nachbarort zogen, da mein Vater dort eine Arbeit bekam. Damals war ich 8 Jahre. Für mich wurde dieser Ort nie zu meiner neuen Heimat. Jeden Tag, bei Wind und Wetter, machte ich mich nach der Erledigung der Hausaufgaben und anderer Pflichten, auf den drei km langen Weg zu „meinem Heimatort“ und meinen dortigen Freunden. Mittlerweile bauten wir keine Hütten und Reiche mehr für die Käfer, sondern für uns. So zogen meine Kinderjahre glücklich ins Land. Bis irgendwann die Pubertät auch in mein Leben eingriff. Die Kinderfreunde mauserten sich zu Jugendfreunden und wir waren eine zusammen geschworene Clique. Die ersten Discos, alle vier Wochen im Landgasthaus, wurden von uns regelmäßig besucht und belärmt. Die heutigen Oldies waren “in“. Der ältere Bruder eines Jugendfreundes wurde der Erwählte und er begleitete mich lange auf meinem Lebensweg. Die 68 Jahre gingen auch an mir - die ich dann in Kiel Sozialpädagogik studierte - nicht spurlos vorüber. Ich liebte das Diskutieren in verrauchten Kneipen - ich trug damals ja selbst dazu bei - das Erfinden von lebenswerten Gesellschaftsvisionen. Doch noch mehr liebte ich es, wenn wir nach dem Diskutieren alle zusammen ans Meer fuhren, besonders natürlich in den Sommermonaten. Das Schönste war dann für mich, der aufgehenden Sonne entgegen zu schwimmen. Frei wie ein Vogel Mein Band zu Mutter Erde war schon immer fest geknüpft, nur wusste ich damals nichts davon. Ich flatterte frei wie ein junger Vogel durchs Leben. Ich liebte diese Freiheit aus tiefstem Herzen. Besonders in den Semesterferien, um dann mit dem Rucksack durch die Welt zu ziehen. Diese Neugierde, dieses Suchen hat mein Leben entscheidend geprägt. Dieses Suchen nach politischen, menschlicheren, lebensbejahenden Utopien führte mich weiter zum Feminismus, zum Analysieren der herrschenden Strukturen, der Raster und Klischees, die uns einzwängten. Die Unterdrückung der Frauen, und das „Sich – Dagegenzurwehrsetzen“ wurde mein Thema - während ich mich beruflich als Redakteurin für neue, vorschulische Medien einsetzte. 74 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Das Suchen nach Frauenvorbildern in der Geschichte führte mich im Laufe der Jahre weiter, weiter, weiter zurück in unsere Vorzeit, die jedoch in keinem Geschichtsbuch zu finden ist. Eine Zeit, die viele Spuren hinterlassen hat, die jedoch als nicht existent erachtet und totgeschwiegen wurden. Stück für Stück begann für mich eine Spurensuche auf alten, matriarchalen Wegen, eine Spurensuche, die mein Innerstes tief berührte. Anerzogene Glaubenswerte ließ ich hinter mir. Das tief in uns ruhende Wissen, dass wir alle zurückgehen auf eine Urmutter, die nicht die Erde beherrscht, sondern lebensbejahend auf allen Ebenen das Leben wertschätzt, nahm von mir Raum. Wie in vielen alten Kulturen bekam die Urmutter auch bei mir ihren Namen: SIE, die Göttin. SIE, der tausend Namen gegeben wurde, SIE, die uns unser Leben gibt und zu der wir wieder zurückgehen. SIE, als junge Weiße, als Jungfrau, die die Welt erkundet um dann als Rote, lebensbejahend und lebenserhaltend zu wirken, um in der Reife des Alters, der Weisheit und Weitsichtigkeit, als Schwarze, wieder heimzukehren in IHRE Seinsform. Alles ist ein ewiges Kommen und Wiedervergehen, so, wie es uns das Jahr, in seinem Zyklus, immer und ewig vorlebt, ganz gleich, was wir Menschen auch tun. Wir brauchen die Erde Die Erde braucht uns nicht, doch wir, wir brauchen die Erde. Sie trägt uns und sie nährt uns. Sie ist unsere Mutter, die Terra mater. Immer wieder, im Wald bei Spaziergängen oder einfach nur auf der Erde sitzend spüre ich diese tiefe und tragende Verbindung. Es war daher nicht von ungefähr, dass sich auf meinem “matriarchalen Nährboden” eine altneue Spiritualität breit machen konnte “Die Weisheit der Weisen Frauen”. In dieser Tradition ließ ich mich in Stuttgart durch das ARKUNA, Frauenforschungs- und Bildungszentrum, ausbilden, und ihr bin ich immer noch verbunden. 75 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Beruflich leitete ich über 30 Jahre eine Grundschulförderklasse in Stuttgart und erfreute mich an dieser Arbeit. Mit Kindern und deren Eltern feierte ich auch über viele Jahre die Jahreskreisfeste. Heute zelebriere ich diese nur noch mit Frauen. Doch immer mehr kristallisierte es sich für mich heraus, dass mein Anliegen auf der spirituellen Ebene die Kinder sind. Und so war es fast naheliegend, dass meine Bücher „Winterlicht “ (10 Auflagen), „Frühlingsreigen“ (6 Auflagen) und „Ernte-Sommer“ (3 Auflagen) entstehen mussten. Der große Erfolg dieser Bücher, alle wurden auch ins Holländische übersetzt, bestätigte mein Anliegen. Als die 3 Bücher „un-schön“ vom Markt genommen wurden, bekam ich soooo viele Emails und Anrufe, die mich bestärkten, hier weiter zu machen. So wurde bei der Frankfurter Buchmesse 2009 „Lebenslustig, mit Kindern durch den Jahreskreis“ geboren. Im Jahre 2012 folgte „Kräuterkundig, mit Kindern durch das Gartenjahr“, das ich mit meiner Freundin Maia Pfrombeck machte, die eine fantastische Kräuterfachfrau ist. Von der Göttin gesegnet Möge auch dieses Buch von der Göttin gesegnet sein und der hier ausgestreute Same wachsen, wirken und bewirken.... Mittlerweile hatte ich meine Fähigkeit des Märchenerzählens ausgebildet und erzählte (und erzähle) in vielen Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene diese alten verschlüsselten Botschaften, z. T. mit musikalischer Begleitung auf der Konzertharfe oder auf der Gitarre. Nicht nur das Fotografieren ist eine große Ambition von mir – in „Lebenslustig“ und „Kräuterkundig“ sind die Fotos ja vorwiegend eigene. „Mit viel Freude belebe ich die uralten Göttinnen fotografisch und setze sie als spielerische Annährung an die Urmütter auf Postkarten, Spiele usw. in Szene. Siehe www.matrimarkt.de Auch die Malerei will ihre Zeit von mir – schon zu sehen (nächste Seite). 76 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Aufbruch gemalt von Diana Monson 77 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Nach Aquarell und Tempera fand ich zum Malen mit Pflanzenfarben, die ich auch selbst herstellte. An verschiedenen Orten waren meine Bilder schon zu sehen. 2014 gestaltete ich fotografisch das Wildkräuterbuch „Ach du grüne Neune! – Wildkräuter nicht nur zum Kochen“ von meiner Lebenspartnerin Maia Pfrombeck. Das Neue lockt mich immer wieder, und so schrieb ich 2014 auch einen Roman „Es ist nie zu spät“, für den ich aber noch einen Verlag suche. Ein Netz, das die Herzen berührt Maia Pfrombeck und Diana Monson bei einer Demonstration für die Rechte von Mutter Erde Im Sommer 2015 erschien „Verbundensein – Jahreskreisfeste mit allen Sinnen feiern“, ein praktisches Handbuch für Frauen, die ohne Vorkenntnisse, die Jahreskreisfeste feiern möchten. Dazu gebe ich u. a. für jedes Jahreskreisfest als Anregung zwei Ritualvorschläge in der alten Göttinnen-Tradition die Feste zu feiern, mit allem Drum und Dran, sogar mit den Liedern samt Noten. Ich wünsche mir, dass das Feiern der Jahreskreisfeste und das Ehren von Mutter Erde, ein Netz entstehen lässt, das die Herzen berührt und verändert. Diana Monson www.diana-monson.de 78 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Matriarchale Reisen Prinzessin Beatriz zu Hohenlohe Ich werde versuchen, meine Lebensgeschichte zu erzählen. Ich bin in der Tschechoslowakei geboren. Im Schloss Rothenhaus hatten wir mit meinen Eltern ein wundervolles Leben mit Pferden, Schnee, Schlitten – unbeschreiblich schöne Zeiten. Bis der 2. Weltkrieg begann. General Patton, ein Freund meines Vaters, empfahl meinem Vater, mit seiner Familie zurück nach Spanien zu gehen. Meine Mutter war Spanierin, deshalb war das eine gute Idee. Also gingen wir mitten im Krieg, zwischen den Bomben….nach Spanien. Wir siedelten um nach Spanien in das Schloss meiner Mutter: El Quexigal, mein neues Zuhause. Wir verbrachten die Sommer in Marbella, wo mein Bruder Alfonso das berühmte Marbella Clubhotel gründete. Dies wurde zum Treffpunkt interessanter Leute aus aller Welt. In meinen frühen zwanziger Jahren heiratete ich Gonzalo Arión. Duke of Arión und Olympia-Segler. Wir hatten drei Kinder und lebten im Schloss Malpica. In Toledo besuchte uns Slim Aaron, der der bekannteste Fotograf seiner Zeit war. Er fotografierte für LIFE und TOWN&COUNTRY. Er kam zu uns, um eine Reportage für uns zu machen. Ich war so fasziniert, wie so etwas vor sich geht, dass er, als er uns verließ, mir all seine Kameras schenkte. Das war der Anfang meines umfangreichen Werkes. Bei Vollmond im September Meine Geschichte als Fotografin begann im Hohen Atlas, in Imilchil, Marokko. Im Vollmond im September kommen die Stämme zusammen, um sich einander zu treffen und einen zukünftigen Freund oder Ehemann auszuwählen. Die Heirat wird in einer animistischen Zeremonie vollzogen und die Frau nimmt ihren Ehemann mit nach Hause. Dort verbringen sie das Jahr miteinander, arbeiten zusammen und so weiter, aber wenn es nicht funktioniert, ändern sie es nächstes Jahr. Sie gehen wieder zu diesem Treffen hin und wählen einen Neuen. Das ist nicht etwa ein gesellschaftlicher Skandal. 79 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF China. China war ein Ziel, auf das ich schon lange hingestrebt hatte. Schließlich bekam ich Kontakt nach Lijiang und von dort hinauf zum Lugu-See. In Lijiang besuchten wir das berühmte „Älteste Orchester der Welt“: Jeder der Musiker war über 90 Jahre alt. Der Direktor gab mir seinen Flötisten als Dolmetscher mit und wir verließen sie am nächsten Morgen in einem sehr alten Fahrzeug - hinauf und hinauf und hinauf, Stunden um Stunden, weil die tibetischen Straßen sehr schwierig sind. Wir erreichten Lugu-See (…) Schauen Sie, es scheint, als liege er in der Luft. Am nächsten Morgen trafen wir am Seeufer die Frauen in ihren traditionellen Kleidern. Es schien, als seien sie immer so gekleidet. Wir sahen am Abend ihre Tänze – sie tanzten um einen Wok herum, junge Frauen und Männer – und wie in Marokko wählen die Frauen ihre Liebhaber, welche sie mit nach Hause in ihre Blumenzimmer nehmen. Das ist ihr Raum, ihr Reich. Der junge Mann hat am nächsten Morgen wieder nach Hause zu gehen, zurück zum Mutterhaus. Er kann nicht dort bleiben. Und die Familien wachsen, die Frauen bekommen ihre Kinder. Sie wissen, wer deren Vater ist, aber das ist nicht die „enge“ Familie. Sich um die Familie zu kümmern, ist hier die Aufgabe des ältesten Bruders. Viele Menschen haben diese Gesellschaft bereits erforscht. Es leben rund 5000 Mosuo in diesem Gebiet, welche auf diese Weise leben: absolut pur matriarchal. Die Liebhaber werden ins Blumenzimmer eingeladen Kalkutta. Während einer meiner ersten Reisen nach Indien traf ich Mutter Teresa. Das war ein Wendepunkt in meinem spirituellen Leben. Sie lehrte mich, Menschen zu spüren, von Herz zu Herz, mit einem Lächeln und einer Menge Lachen. Und das half mir ein Leben lang bei meinen Forschungen und Reisen, mit Menschen in Kontakt zu kommen. Ich hatte nie ein Problem damit, weil die Menschen mich spüren konnten. So öffneten sie immer auch ihr Herz mir gegenüber. Das machte mich sehr glücklich. Dadurch konnte ich so viele unglaublich schwierige Situationen mit Stämmen bewältigen, die es nicht gewohnt waren, mit Leute wie mir umzugehen: allein reisend in der Mitte ihres Landes mit Kameras. Sie öffneten ihren Geist und ihre Herzen mir gegenüber - einfach wundervoll. Dank an Mutter Teresa: Sie wird für immer in meinem Herzen bleiben. 80 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF West Sumatra ist sehr interessant. Dort lebt das Volk der Minangkabau. Sie sind matriarchal, obgleich sie Muslims sind. Ich hatte die Gelegenheit von Pagan zur Professorin Vidal hoch in den Bergen zu gehen, dort, wo sie ihr Haus hat. Ich erlebte drei Hochzeiten mit – Hochzeiten in verschiedenen sozialen Schichten. Sie geben für diesen Tag alles aus, was sie haben, für wundervolle Kostüme, prächtigen Haarschmuck aus Silber und großartigem Buffet mit hunderten von Köstlichkeiten, zauberhaften Tänzen, schöner Musik und fantastischen Choreographien. BURMA. Im Jahre 1992 reisten wir nach Burma, ein schwieriges Unterfangen aufgrund der politischen Situation - absolut erstaunlich und für mich ein Augenöffner. Die Farbenpracht, das Land der tausend Pagoden, die Art, wie sie sich bewegen, die Schönheit der Frauen – ich hatte eine sehr glückliche Zeit als Fotografin. Speziell das „Bananenmädchen“: Sie war der Höhepunkt der Ausstellung in Paris bei der UNESCO (2012). NAMIBIA. Namibia ist ein wundervolles Land. Riesig. Dort fand ich die Herero. Sie kleiden sich wunderschön in Seidengewänder in Rot und Blau und eigenartigen Hüten, die an Hörner erinnern. Sie kopieren die ersten Siedler, deutsche Siedlerfrauen, die im 19. Jahrhundert dort ankamen. Die Frauen der sieben Dörfer MEXIKO besitzt ganz speziell mein Herz wegen der vielen Reisen, die ich dorthin unternahm und der verschiedenen Familientypen, die es dort gibt. Ich entdeckte in Juchitan die Tehuantepec, diese kraftvollen Frauen, die den Handel und alles andere in ihren Händen halten. Sie sind frei und investieren den größten Teil ihres Geldes in Gold. Sie lieben es, Gold zu tragen. Meine Reise nach Oaxaca war besonders erfolgreich, weil ich die „Frauen der sieben Dörfer“ treffen konnte. Diese Frauen arbeiten in einer Gemeinschaft, die dafür sorgt, dass sie ihre Familien allein erhalten können. Sie haben nur sehr wenig Geld, das sie in Garn und andere farbige Materialien investieren können, aber das verwandeln sie in wunderschöne Dinge. Außerdem halten sie Hühner und bauen Gemüse an. Sie leben alle allein und ziehen auf diese Weise ihre Kinder groß. Die Ehemänner sind in den USA und arbeiten dort. Sie kommen meistens nie mehr zurück. 81 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Auf meiner Reise nach Venezuela besuchte ich die Wayúu in Guajira und ich fand ganz ungewöhnliche Ähnlichkeiten: Sie tanzen doch tatsächlich genauso wie die Berber im Hohen Altas. MIGUEL DE LA QUADRA-SALCEDO, Abenteurer und Journalist, erzählt: „ Am 12.Februar 1542 ging Francisco de Orellana den Amazonas herunter, um ihn zu erforschen. Im Fluss Maranon, etwas weiter flussaufwärts, ungefähr im Juni, entdeckte er den Stamm der Amazonen. Sie wurden von einer Armee von Frauen, Amazonen, angegriffen. Sie wunderten sich, wo diese herkamen. Sie sagten: Von dort oben, aus den Bergen. Und da ist tatsächlich ein Stamm, den ich gesehen habe, der ursprünglich ein Matriarchat war: die Chachapoya. Das sind große, blonde Menschen, die den Fluss Maranon entlang wohnen, genau gesagt am Fluss Tapajos, Abkömmlinge der Amazonen. Alle 20 Jahre (???) nehmen die Frauen die Rolle der Männer ein, ziehen sich Männerkleider an und – das ist besonders wichtig – erinnern an solche Matriarchate, die wir dank Beatriz gerade dabei sind kennen zu lernen. Danke dir sehr, Beatriz.“ Prinzessin Beatriz von Hohenlohe und Uscha Madeisky Sie führen ein Leben in Balance Ich liebe es, in meinem Gemüsegarten zu arbeiten und meine eigene Nahrung anzubauen. Es erinnert mich an all diese wundervollen und farbenfrohen Märkte, die ich rund um die Welt gesehen habe. Ich sammle und unterstütze Handarbeit, so dass die Stämme ihre Ökonomie aufrecht erhalten können. Nach den vielen Jahren, in denen ich rund um die Welt gereist bin, habe ich von den matriarchalen Gesellschaften wichtige Werte gelernt: Sie sind friedlich und lehnen Gewalt ab. Ich liebe diese Gesellschaften, weil sie keine Kriminalität und keine Scheidung kennen. Ältere Mitglieder einer Familie werden dadurch, dass sie die Führung übernehmen und die Richtung angeben, von den Jüngeren geachtet. Und sie führen ein Leben in Balance zwischen Männern und Frauen. Prinzessin Beatriz zu Hohenlohe beatrizhohenlohe.com 82 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Darkmoon Arts Schwarzmond-Künstlerin Darkmoon heißt Schwarzmond und begleitet mich seit vielen Jahren als Name für meine Kunst. Einerseits, weil ich mich seit meiner Kindheit mit Magie, anderen Kulturen und später mit Matriarchatsforschung und intensiv mit der Großen Göttin befasse und so zur Göttinnenspiritualität kam. Andererseits, weil ich blind bin und dadurch mit dem sensitiven Empfinden meiner Hände arbeite. Am Computer lese ich mit der sog. Braillezeile, die mir Texte in Punktschrift anzeigt und mit einer Sprachsoftware, die mir auch vorliest. So kann ich die weite Welt der Bücher und des Internets erfahren – wenn auch manche Seiten leider noch nicht völlig barrierefrei sind! Im Alltag nutze ich meinen Sehrest ebenso, wie das gut geschulte Gehör und natürlich die in jahrelangem geistigen Training ausgebildeten Wahrnehmungen! Ich bezeichne meinen Kunst-Stil als spirituelle Kunst. Seit nunmehr einem Jahr habe ich einen Onlineshop bei DaWanda, wo jede die Göttinnenfiguren bewundern kann, die aus lufttrocknendem Ton gefertigt sind, verziert mit Edelsteinen, Perlmutt, Muscheln, Kauris und Federn. Doch es gibt viele andere magische Kostbarkeiten bei mir zu finden: Die Ritual- und Wunschboote aus biologisch abbaubaren Palmblättern, Segensbeutel, magische Glückstaler und vieles mehr. Göttinnen als spirituelle Kunst Ich lade Sie herzlich ein, den Spuren meiner Kunst zu folgen. Lassen Sie sich verzaubern von alter/neuer Kunst, inspiriert aus vielen Jahrtausenden! Die Getreide-Füllungen der Rasseln aus Ton stammen ausschließlich aus dem Fairtrade- oder Bioladen. Die Figuren können voneinander abweichen und variieren in Größe, Farbe und Gestaltung. Alle meine Produkte sind handgefertigt! 83 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Es gibt auch einen monatlichen Newsletter, in dem ihr mehr über mich lesen könnt. Jeden Monat bekommt ihr eine Monats-Ahnin, eine Rune, die die Kräfte des Monats beschreibt, matriarchale Lyrik mit eigenen Gedichten und Liedern und viele alte und neue Hexengeheimnisse! Den Newsletter könnt ihr gerne per Mail anfordern. Zudem bin ich seit Jahren mit den Runen vertraut und stelle Runenorakel auf der Basis matriarchalen Wissens. Jedes Thema wird ausführlich behandelt und es gibt zusätzlich eine Göttinnenkarte, die als Patinnenkraft die Situation nochmal aus einer anderen Perspektive zeigt. Wer dieses Mit Hilfe der Runen „Orakel der blinden Seherin“ Einmal gerne ausprobieren möchte, kann sich gerne mit mir in Verbindung setzen. Meine Produkte sind auch bei www.matriamarkt.de zu finden. Katrin Schuster [email protected] Mutterlandbriefe auch fü für Blinde Jetzt neu eingerichtet Von Katrin Schuster, der Autorin des obigen Beitrags, erhielten wir eine Anfrage ob wir die Inhalte der Zeitung als txt-Datei zum Herunterladen bereitstellen könnten. Dies würde es Blinden ermöglichen, die Zeitung zu lesen. Gesagt getan: ab Ausgabe 4 haben wir die Mutterlandbriefe als txt-Format auf unserer Homepage zum Download eingestellt. Unsere Zeitung kann nun mit einer sogenannten Braille-Zeile am PC gelesen werden. 84 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Die Stä Stärken der Mü Mütter Ein Mütter stärkendes Buch Auf Grund der großen Nachfrage nach dem Buch „Die Stärken der Mütter“ hier eine ausführliche Inhaltsangabe. Es gibt eine Fülle von Ratgebern für Mutter und Kind, die längst zu einer unüberschaubaren Flut angewachsen ist. Doch keines konzentriert sich dermaßen auf die wirklichen Bedürfnisse und Probleme, denen Mütter in dieser Gesellschaft gerecht werden müssen. In einer Abfolge von drei Schritten zeigt die Autorin den Weg auf, wie Mütter zu ihrer eigenen Stärke gelangen können: Erster Schritt: Die Situation von Mutter und Kind wahrnehmen. Das kann unter Umständen bedeuten, sich zuerst einmal den Schmerz und die Enttäuschungen bewusst zu machen, die Muttersein in unserer Zeit und Gesellschaft mit sich bringt. Hier ist ein Erwachen aus unrealistischen Träumereien unabdingbar. Dazu verhilft ihnen die Autorin, indem sie jene Fallen aufzeigt, in die Mütter nur allzu leicht hinein tappen. Das Buch kann für 5 Euro beim Verein bestellt werden. Zweiter Schritt: Erfahren, was mütterliches Verhalten wirklich ist. Statt männliche Mediziner oder Psychologen zu Wort kommen zu lassen, beschreibt die Autorin, die selber Mutter ist, was Muttersein und mütterliche Kompetenz eigentlich bedeuten. Hierzu ein wichtiges Zitat: "Zur Liebe einer Mutter gehört, dass sie ihrem Kind die Zuwendung und Zeit geben will, die es altersgemäß von ihr braucht. Dies in einer Gesellschaft zu schaffen, die eine starke Mutter-Kind-Bindung abwertet oder verhindern will, stellt eine große Belastung dar. Nicht das Kind und seine Versorgung erschöpfen eine Mutter, sondern die Umstände und die Mitmenschen." Dritter Schritt: Mit den im ersten und zweiten Durchgang gewonnenen Erkenntnissen eröffnen sich nunmehr praxisnahe Wege, so dass Mütter neue Lebensmodelle für sich entwickeln können. Ein Buch von Ursula Fassbender 85 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Ein Leserinnenbrief Auf Grund eines Artikels in der Frankfurter Rundschau Betr.: Magazin vom Samstag/Sonntag 30. April 2016 „Wo die Wolken wohnen“ Ein mutterzentrierter Clan Ein Artikel über die matriarchalen Khasi in Indien – darüber habe ich mich sehr gefreut. Beim Lesen hatte ich allerdings den Eindruck, dass der Text an manchen Stellen widersprüchlich ist. Zwar schreibt die Autorin wahrheitsgetreu über die matrilineare Erbfolge, über die wichtige Rolle der Töchter, vor allem der jüngsten Tochter und der Achtung vor den Frauen. Völlig im Widerspruch dazu steht meiner Meinung nach die Beschreibung eines Ehemannes, der seine kranke Frau aus dem Bett zerrt, wenn das Frühstück nicht fertig ist oder die Feststellung, dass Frauen nicht gleichberechtigt seien, weil die Männer das Geld verdienen. Von Frauen, die regelmäßig die Khasi besuchen und auch aus der Fachliteratur ist mir bekannt, dass es außer persönlichem Schmuck keinen Privatbesitz bei den Khasi gibt, dass das weibliche Clanoberhaupt Grundbesitz und Vermögen verwaltet und für alle sorgt, Männer aber keinesfalls unterdrückt sind. Außer ihrer Tätigkeit im Haus und in der Landwirtschaft haben sie administrative, repräsentative und diplomatische Aufgaben und vertreten den Clan nach außen. Als ältester Bruder und Beschützer seiner Schwestern ist der Mann der soziale Vater seiner Schwesterkinder, er spielt ebenfalls eine wichtige Rolle in familiären Angelegenheiten und genießt hohes Ansehen. Auch wenn – wie in dem Artikel ausgeführt – die jüngste Tochter davon träumt zu studieren, sollte doch erwähnt werden, dass nicht wenige Khasi-Frauen das tun und anspruchsvollen Berufen nachgehen, wobei die Bindung an den heimatlichen Clan nie abreißt. Trotz der Christianisierung und gibt es in der Bevölkerung ja eine starke Bewegung, die alten Werte zurück zu holen. Tradition ist bei den Khasi die Ahnenverehrung, die Verehrung einer großen Urmutter und die Heiligung der Erde. Außer in Europa gibt es weltweit noch zahlreiche matriarchale Gesellschaften. Auch wenn die alten Traditionen manchmal nicht mehr voll erhalten sind, sind bei ihnen allein erziehende Mütter, Scheidungswaisen, einsame alte Menschen und sexualisierte Gewalt in der Regel unbekannt. Seit Jahrtausenden kennen sie keinen Krieg und leben in Frieden, was christliche und andere patriarchale Völker zu keiner Zeit geschafft haben. Wir können viel von ihnen lernen. Männer sind nicht unterdrückt im Matriarchat Barbara Obermüller Darmstadt Der Text wurde mit leichten Kürzungen in der Frankfurter Rundschau als Leserinnen-Brief veröffentlicht. 86 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Grüss Göttin Daniela, mit Freude teile ich dir mit, dass jetzt auch in Graz, in der steirischen Landeshauptstadt ein Grüss Göttinschild aufgestellt werden konnte. Es handelt sich um die kleine pinke Schwester des langjährigen (6,5 Jahre) Autobahnprojektes am Eingang Tirol, das jetzt im Jänner leider abgelaufen ist und in Zukunft in Innsbruck aufgestellt werden sollte. Ein geeigneter Platz ist noch nicht gefunden worden. Es gibt, wie du dir vorstellen kannst, immer wieder Gegner, die die Aufstellung in der Landeshauptstadt verhindern. Aber Innsbrucks Bürgermeisterin ist zuversichtlich einen geeigneten Platz in nächster Zukunft zu finden. Wenn es soweit ist gebe ich dir Bescheid. Um so erfreulicher ist die Tatsache, dass jetzt in Graz eine kleine Tafel die kleine, pinke Schwester der A 12 Tafel – für eine kurze Zeit aufgestellt werden konnte. Ina Mastnak vom Verein „Lost Space?“ ein Frauennetzwerk, mit ihr bin ich schon einige Jahre in Kontakt, hat sich in Graz darum bemüht und nach zähen Verhandlungen mit der Stadt jetzt für 2 Monate (1.4. bis 1.6. 2016) die Genehmigung am Grazer Hauptbahnhof erhalten. Sie wird sich vor Ort auch um eine Verlängerung bemühen. Wir werden sehen. Göttin sei Dank! Ich halte dich weiterhin auf dem Laufenden. Herzliche Grüße Ursula Beiler 87 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Die Themen beim nächsten Mal Schenkö Schenkökonomie •10 10 Jahre MatriaVal e.V. Schickt uns Eure Artikel ! * Impressum Medieninhaberin und Herausgeberin: MatriaVal e.V., Im Klingenfeld 37, 60435 Frankfurt [email protected] Redaktion: Uscha Madeisky, Dagmar Margotsdotter, Daniela Parr Layout: Daniela Parr * Handschriftliche oder zu spät eingeschickte Manuskripte können wir leider nicht berücksichtigen Erscheinungsart: vier-jahreszeitlich 88 Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF Mutterlandbriefe – Ausgabe 6 – Sommer 16JdF
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