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TOURISTEN IM ATOMKRAFTWERK
Österreich hat sich in den 1970er Jahren gegen die Atomkraft entschieden. Zu dieser Zeit
war aber schon ein Atomkraftwerk gebaut worden, das dann allerdings nie in Betrieb ging.
Heute kommen viele Touristen in das Atomkraftwerk. Es ist das einzige auf der Welt, das
man ohne jede Gefahr besichtigen kann. Die Besucher sind von der großen Anlage
beeindruckt.
MANUSKRIPT
SPRECHERIN:
Ein Symbol für den Atomausstieg – das Kernkraftwerk Zwentendorf in der Nähe von
Wien. Vor fast 40 Jahren gebaut, ist es nie in Betrieb gewesen. Stattdessen zieht es
Touristen aus ganz Europa an. Wo sonst kann man sich ein Atomkraftwerk von innen
anschauen – ohne Sicherheitsauflagen und ohne Gefahr durch radioaktive Strahlung.
STEFAN ZACH (Sprecher Energieunternehmen EVN):
Ich versteh häufig nicht genau, ob …
SPRECHERIN:
Seit dem Reaktorunglück in Fukushima ist die Atomkraft umstritten wie nie. Die
Besucher können sich hier selbst ein Bild von der Technik machen. In die Reaktorhalle
könnte man in einem aktiven Atomkraftwerk nicht einfach so reinspazieren. Denn hier
findet normalerweise die Kernreaktion statt. Die großen Becken wären mit Wasser
geflutet, um die Brennstäbe zu kühlen. Eine halbe Milliarde Euro hat der Bau des
Kraftwerks gekostet. Als es fertig war, entschieden sich die Österreicher per
Volksentscheid gegen die Atomkraft. Blick in den geöffneten Reaktor – normalerweise
liegt er unter einer meterdicken Betonschicht.
FRAU:
Ja, nicht nachvollziehbar, diese Weite, diese Tiefe. Eher bedrohlich.
MANN 1:
Also, wenn man sich vorstellt, dass das alles verstrahlt ist, dann kann man sich vorstellen,
was da alles dranhängt, um sowas auch mal zurückzubauen dann.
SPRECHERIN:
Der Reaktor hier ist baugleich mit dem in Fukushima, hat jedoch nie Strom erzeugt - anders
als ein Kraftwerk, das am Netz ist.
STEFAN ZACH (Sprecher Energieunternehmen EVN):
Es ist hier eine erhöhte Strahlung im Normalbetrieb eines Kernkraftwerks vorhanden.
Würde man den Deckel, den Reaktordruckdeckel, öffnen, die Brennelemente wären
drinnen, dann wäre die Strahlung hier extrem hoch. Normalerweise wird das aber nur
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gemacht während der Revisionsarbeiten, wenn das Reaktorbecken mit Wasser gefüllt ist.
SPRECHERIN:
Neben dem Reaktor sind auch mehrere originale Uran-Brennstäbe zu sehen. Das
Atomkraftwerk sollte rund zwei Millionen Haushalte in der Region mit Strom versorgen.
Nach mehreren Schleusen gelangt man direkt unter die Brennstäbe des Reaktors. Auch
dieser Raum wäre in einem aktiven Kernkraftwerk geflutet. Staunen bei den Besuchern.
FÜHRER:
Also, wenn der Reaktorkern heruntergefahren ist, wenn das Stickstoff …
MANN 2:
Es ist unglaublich, was der Mensch im Stande ist zu schaffen eigentlich. Also, wenn ich
mir das so anschau' mit den Rohrensystemen, Verkabelungen, das ist beeindruckend,
ja. Und auf der anderen Seite auch wieder ein bisschen beängstigend, wenn man denkt,
okay, das ist das einzige Atomkraftwerk, wo man rein kann als Mensch – wahrscheinlich für
immer – und das ist halt wieder die Kehrseite von der Medaille.
SPRECHERIN:
Österreich gehört zu den EU-Ländern, die keine Atomkraft selbst erzeugen. Die Energie
kommt zu zwei Dritteln aus erneuerbaren Quellen, wie zum Beispiel Wasserkraft.
Obwohl die meisten Bürger Kernenergie ablehnen: Rund 15 Prozent des benötigten
Stroms muss importiert werden, auch Atomstrom aus Deutschland oder Tschechien.
Umweltschützer kritisieren das seit Langem.
REINHARD UHRIG (Mitarbeiter bei Global 2000):
Atomkraft ist eine gescheiterte Technologie der Vergangenheit, die nie
wettbewerbsfähig war, die nie marktfähig war und die zusätzlich diese ganzen
Sicherheits- und Atommüllprobleme hat. Das heißt, das ist einfach ein auslaufender
Dinosaurier der Vergangenheit, in den kein privater Investor ohne massive
Subventionierung durch die Steuerzahler noch Geld reinsteckt.
SPRECHERIN:
Im AKW Zwentendorf, das nie Atomstrom produziert hat, ist die Schaltzentrale eine Art
Technikmuseum. Computertechnologie aus den 80er Jahren und Telefone mit
Wählscheibe.
LEITER:
Dieses Loch gehört zur dritten Niederdruckturbine ...
SPRECHERIN:
Atomkraft ja oder nein – die Bürger in Österreich haben diese umstrittene Frage schon 1978
beantwortet. Ganz knapp gewannen die Gegner der Kernenergie.
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GLOSSAR
Atomkraftwerk, -e (n.) – das Kernkraftwerk; ein Kraftwerk, in dem Strom durch
Kernenergie hergestellt wird
Atomausstieg (m., nur Singular) – die Tatsache, dass ein Land keinen Atomstrom mehr
herstellt
jemanden an|ziehen – hier: jemanden locken; dafür sorgen, dass jemand irgendwohin
kommt/etwas besucht
Auflage, -n (f.) – hier: die Regel; die gesetzliche Bestimmung
radioaktiv – so, dass etwas Kernenergie abgibt, die Menschen, Tieren und Pflanzen
schadet
Strahlung (f., nur Singular) – hier: Kernenergie, die Menschen, Tieren und Pflanzen
schadet
Reaktor, -en (m.) – eine technische Anlage, die Strom durch Atomenergie/Kernkraft
herstellt
umstritten – so, dass es verschiedene Meinungen über etwas gibt
sich ein Bild von etwas machen – sich etwas ansehen und sich dann eine Meinung
darüber bilden
rein|spazieren – hier: etwas betreten; in etwas hineingehen
Kernreaktion, -en (f.) – ein physikalischer Prozess, bei dem Atomstrom gewonnen wird
Becken, - (n.) – hier: ein großes, künstliches Loch im Boden, das mit Wasser gefüllt wird
etwas fluten – etwas mit Wasser füllen
Brennstab, -stäbe (m.) – ein langer Stab aus Metall, der Uran oder Plutonium enthält
etwas kühlen – dafür sorgen, dass etwas kalt bleibt
Volksentscheid, -e (m.) – die Entscheidung über eine wichtige politische Fragen durch
das Volk
Betonschicht, -en (f.) – eine Ebene aus einem Material (aus Zement, Sand, Kies, Wasser),
das im trockenen Zustand sehr hart und fest ist
nachvollziehbar – so, dass man etwas gut verstehen kann
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bedrohlich – so, dass einem etwas Angst macht
verstrahlt – hier: stark durch Kernenergie verändert und geschädigt
dran|hängen – hier: dazugehören
etwas zurück|bauen – hier: ein Gebäude, das nicht mehr gebraucht wird, abbauen und
entfernen
am Netz sein – hier: in Betrieb sein
Deckel, - (m.) – etwas, mit dem man einen Behälter (z. B. eine Dose, einen Topf, eine
Kiste) verschließt
Reaktordruckdeckel, - (m.) – etwas, womit im Kernkraftwerk der Bereich, in dem die
Atomenergie hergestellt wird, eingeschlossen wird
Brennelement, -e (n.) – die Teile, mit denen in einem Kernkraftwerk Energie gewonnen
wird
Revisionsarbeit, -en (f.) – die Arbeit, bei der man etwas kontrolliert und überprüft
Uran (n., nur Singular) – ein radioaktives Material
Haushalt, -e (m.) – hier: die Familie; die Personen, die zusammenwohnen
Schleuse, -n (f.) – hier: ein Raum, der dicht abgeschlossen ist und in dem man gereinigt
wird, bevor man in den nächsten Raum weitergeht
gelangen – hier: an einen Ort kommen
Staunen (n., nur Singular) – hier: die Tatsache, dass man beeindruckt ist (Verb: staunen)
im Stande sein, etwas zu tun – etwas tun können; in der Lage sein, etwas zu tun
Rohrsystem, -e (n.) – mehrere lange, runde und hohle Gegenstände, durch die man
Flüssigkeiten oder Gase leitet und die miteinander verbunden sind
Verkabelung, -en (f.) – hier: viele Schnüre aus Drähten und Plastik, durch die Strom
fließen kann
beängstigend – hier: so, dass einem etwas Angst macht
die Kehrseite von der Medaille sein – umgangssprachlich für: der Nachteil von etwas
sein
etwas erzeugen – hier: etwas herstellen
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erneuerbare Quelle, -n (f.) – etwas, aus dem umweltfreundlich Strom hergestellt werden
kann und das immer vorhanden ist (z. B. Sonne, Wind oder Wasser)
etwas ab|lehnen – einer Sache nicht zustimmen; etwas nicht akzeptieren
scheitern – etwas nicht schaffen; keinen Erfolg bei etwas haben
wettbewerbsfähig – so, dass man mit etwas Gewinn machen und mit anderen Anbietern
konkurrieren kann
marktfähig – so, dass etwas geeignet ist, auf den Markt zu kommen
Atommüll (m., nur Singular) – der gefährliche Abfall, der in Kernkraftwerken entsteht
auslaufend – hier: so, dass es von etwas immer weniger gibt und etwas bald gar nicht
mehr existieren wird
Dinosaurier, - (m.) – ein Tier, das vor vielen Millionen Jahren auf der Erde gelebt hat;
hier: eine veraltete Technik
Investor, -en/Investorin, -nen – jemand, der mit seinem Geld etwas (z. B. ein
Unternehmen) finanziert
massiv – hier: sehr stark
Subventionierung, -en (f.) – die staatliche finanzielle Unterstützung für Unternehmen
AKW, -s (n.) – Kurzform für: das Atomkraftwerk
Schaltzentrale, -n (f.) – der Ort in einer großen, technischen Anlage, von dem aus alles
gesteuert wird
Wählscheibe, -n (f.) – eine kreisförmige Scheibe mit Löchern auf einem Telefon, mit
deren Hilfe eine Telefonnummer gewählt wird
Autoren: Claudia Laszczak/Benjamin Wirtz
Redaktion: Suzanne Cords
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