Zur Problematik der Suche nach krebs wirksamen Substanzen (ШЕТ

Aas dem Zentralinstitut für Mikrobiologie
und Experimentelle Therapie, Jena,
der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin
(Direktor: Prof. Dr. med. habil. H. Knöll),
Bereich Experimentelle Therapie
(Leiter: Prof. Dr. med. habil. G. Bruns)
Zur Problematik der Suche
nach krebs wirksamen Substanzen
(ШЕТ 3393 - Cytostasan)
Von G. Bruns und H. Knöll
Die Beiträge dieses Heftes berichten über experimentelle Ergebnisse mit
einem neuentwickelten Zytostatikum mit klinisch bemerkenswerter spezifi­
scher Wirkung. Es erscheint uns nützlich, an seinem Beispiel einige Über­
legungen zur Suche nach krebswirksamen Substanzen vorzutragen.
ШЕТ 3393 1st ein Benzimidazol-Lost. Man .muß davon ausgehen, daß Loste
bei 70% aller therapierten bösartigen Geschwülste zum Einsatz kommen
(KARNOE3KY). Unter allen Kanzerostatika besitzen sie wohl die breiteste
therapeutische Effektivität und höchstwahrscheinlich mehr als nur den einen
bisher erkannten Wirkungsmechanismus (Alkylierung). Man kann die Frage
stellen, ob es sich Uberhaupt noch lohnt, auf dem Lostgebiet Neusynthesen
durchzuführen und damit nach besseren Präparaten zur Krebstherapie zu
suchen. Die Synthese (s. OZEGOWSKI, S.1013) konzipierte mit IMET 3393
einen multivalenten Antagonistentyp minimaler Toxizität, d. h. mit maximal
tolerierter Effektivdosis. Sie ließ sich durch Verlagerung der funktionellen >
Lostgruppe in die 5-Stellung des Benzimidazols realisieren. Wie man auch
die Intentionen des Chemikers charakterisieren will, wir würden sie mit
J. KENDREW als .sophistic" bezeichnen, wenn schon darauf Wert gelegt
wird, entscheidend ist doch wohl das Ergebnis.
17-Benzimidazol-Loste mit unterschiedlich substituierten Alkylkarbonsäureund Alanlnresten in 1.2 -Stellung wurden in parallel laufenden Heilversuchen
(Maus) amEAC einer ersten Auslese unterzogen. Die Auswertung erfolgte
nach möglichst fortlaufender täglicher Applikation mit Dosen, die entspre­
chend klinischen Verhältnissen der individuellen Verträglichkeit angepaßt
waren (sog. Mäuseklinik).
Anfang der 50er Jahre wurde von einem von uns (H.K.) ein Testsystem kon­
zipiert und experimentell entwickelt, das auf der Anwendung eines einzigen
Impftumors - EAC - nach dem Beispiel LETTRES basierte und versuchte,
im Grundtest, dem jede zu prüfende Substanz unterzogen wurde, mit einer
kleine (möglichen Tierzahl auszukommen. In einer Versuchsgruppe, die die
Testung mehrerer Substanzen umfaßt, wurde die Wirkung an je 3 mit EAC ge­
impften Tieren gegen eine Dreierkontrollgruppe und Substanzgruppe getestet.
Zbl. Pharm. 110 (1971) Heft 10
1009
Dieser Test mußte zu verschiedener Zeit und mit verschiedenen Einwaagen
der Substanz durch verschiedene Ausführende wiederholt werden. Als Krite­
rium dienten Lebenszeitverlängerung, Verlauf der Gewichtskurven und der
„klinische Eindruck", daher die Bezeichnung „Mäuseklinik*. Es wurde be­
wußt auf die statistische Auswertung verzichtet und von der Annahme aus­
gegangen, Substanzen besonderer Wirkung auch so in diesem Grundtest her­
ausfinden zu können, dem sich dann eingehende Untersuchungen anzuschließen
hatten.
unter den bislang synthetisierten Losten konnte H. KNÖLL 1963 nach Ver­
suchen mit W. JÜNGST AND und W. GUTS CHE die Substanz 3393 als poten­
tielles Zytostatikum mit geringer Toxizität und gutem therapeutischem Index
(TI) auswählen. Nach umfangreicheren Testen am EAC wurden pharmakolo­
gische Prüfungen eingeleitet und eine klinische Vorprüfung angeschlossen,
während der sich das Indikationsgebiet der 1. Reihe (Lymphadenosen, Lympho­
granulomatosen und Retikulosen) deutlich abzeichnete. Damit war die Ziel­
stellung prinzipiell erreicht (1966).
Eingehende Vergleichsuntersuchungen mit Standardpräparaten verwandter
Strukturtypen wie ChlorambuzÜ (EVERETT), Melphalan (BERGEL und
STOCK) undSarkolysin (LARIONOV) oder Referenzsubstanzen des Indikations­
gebietes der 1. Reihe [Zyklophosphamid (BROCK) und Natulan (Bollag)] lagen
noch nicht vor.
Wegen dieses Nachholbedarfes und nach Übernahme der Leitung der Zytostatikatestung durch G. BRUNS stellten wir das Testsystem in Anlehnung an
den CCNSC um (SKIPPER). Es besteht aus einem 3-Stufen-Programm und
verwendet 4 Transplantationstumoren, die sich histologisch und in ihrer
chemotherapeutischen Sensibilität voneinander unterscheiden:
Karzinosarkom Walker Ca 256
- ausgeprägt Last-reaktiv
(ROSENOER);
Sarkom Sa (Gl) 180
- breite chemotherapeutische
Reagibilität, dient zur ToxWertbestimmung;
akute myeloische Leukämie LAJ 1
- gegen Antimetabolite und Loste
reaktiv;
akute lymphatische Leukämie L 1210 - gegen Antimetabolite hoch
reaktiv.
Als Ausleseprinzipien dienten in der
1. Stufe - ein primärer Effektivitätstest nach festen Annahmekriterien;
2. Stufe - ein Wiederholungstest zum Dosis-Wirkungs-Vergleich für die
Bestimmung des TI;
3. Stufe - ein Vergleichstest mit Standardsubstanzen verwandter Struk­
turtypen oder anderen der gleichen Tumorrelevanz.
Mit dem neuen Testschema ließ sich IMET 3393 nicht als Präferenzsubstanz
bestätigen (s. JUNGSTAND, S.1021, GUTSCHE, S.1033): Bei LAJ 1 zeigten
nur die Alanin-Derivate des Benzimidazol-Losts und Leukeran einen Hemm­
effekt, bei Walker Ca 256 alle 17 synthetisierten Benzimidazol-Loste die
gleiche Heilquote von annähernd 100% und übereinstimmende TI, Leukeran
dagegen einen dreifach höheren TI als IMET 3393, während sie sich bei Sa
(Gl) 180 nicht unterschieden. Sarkolysin war IMET 3393 eindeutig unterlegen.
1010
Zbl. Pharm. 110(1971) Heft 10
Die inzwischen erfolgte erweiterte klinische Prüfung ergab zusätzlich eine
prägnante Hemmwirkung auf Tumoren der Plasmozytomreihe (1968). Sie
dürfte IMET 3393 eine Spitzenstellung unter den Präferenzpräparaten einbrin­
gen. IMET 3393 hat also bisher trotz des unerwarteten Ausgangs im 3-StufenTest seine praktische Bewährungsprobe bestanden.
Hier anschließend seien einige kritische Bemerkungen erlaubt. Sie betreffen
die Fragwürdigkeit eines Vergleiches von experimentellen Ergebnissen ver­
schiedener Testsysteme; fragwürdig, well die ohnehin labile chemothera­
peutische Reagibilität der jeweils eingesetzten Tumormodelle praktisch von
unübersehbaren Umweltfaktoren abhängt. Dieses allgemeine Dilemma ließe
sich wahrscheinlich durch Verwendung eines normierten Testsystems (CCNSC)
und gleicher Tumorstämme aus einer internationalen Tumorbank eindämmen.
Die oft geäußerte Annahme, daß ausgezeichnete experimentelle Testergeb­
nisse schon der halbe Gewinn sind, ist wissenschaftspolitisch ein folgenschwe­
rer Irrtum. Die klinische Prüfung 1st das entscheidende Terrain für den Stan­
dardvergleich, z.B. zwischen IMET 3393 und Zyklophosphamid, dessen ex­
perimentell geringere Toxizität durch späte Giftung bei chronischen Heilver­
suchen in ihr Gegenteil umschlägt (s. HARTL, S. 1057). Auch könnte der kli­
nische Versuch erst die letzte Entscheidung über die wirkliche Präferenz­
substanz unter den Benzimidazol-Losten fällen. Unter dem gleichen Dilemma
leiden auch Neuentwicklungen aus „logischen* Synthesen. Die Logik einer
Synthesekonzeption ist ein Aspekt, ein anderer ihre praktikable Lösung. Es
erscheint uns wahrscheinlich, daß Asparaginase, die wohl logisch überzeu­
gendste Entdeckung der modernen Chemotherapie, ohne großen praktischen
Wert bleiben wird (SCOTT). Wir halten eine Synthesekonzeption wissenschaft­
lich dann für interessant, wenn sie eine Systemlösung mit mehreren Rück­
kopplungen erkennen läßt, wie z.B. IMET 3393, das gegenüber Zyklophospha­
mid und anderen Losten u.a. den Vorteil hat, nur das immunologische
.memory" zu inhibieren (s. ZSCHIESCHE, S.1049) und geringere embryo­
toxische und teratologische Nebenwirkungen zu besitzen (s. HEINECKE,
S.1067).
Zusammenfas sung
Die Auffindung neuer krebswirksamer Substanzen mit spezifischer Wirkung
ist aussichtsreich. Entscheidend ist der klinische Versuch. Ihm muß sich die
Aufklärung der Spezifitätsbedingungen anschließen. Bei der zunehmenden Be­
deutung der Stelgerung Immunbiologischer Abwehrmechanismen in der Krebs therapie ist auf die Verbindung - die Kombinierbarkeit - immunologischer
und chemotherapeutischer Therapiefaktoren besonderes Gewicht zu legen.
Für die experimenteUe Therapie ist es eine wesentliche Aufgabe, hierzu tier­
experimentelle Modelle zu erarbeiten.
Summary
G. Bruns and H. Knöll:
Problems in the search for new cytostatics (ΠdŒT 3393 - Cytostasan).
The development of new, specifically acting cancerostatic agents seems tobe
successful. The decision can be made only by clinical experiments, followed
by the determination of the conditions of specificity. Depending upon the
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1011
increasing importance of improving immunobiological defence mechanisms in
cytostatic therapy, the synthesis between, in form of a combination of, immunologically and chemotherapeutically acting factors is thought to be extremely
desirable. One important requirement for experimental therapeutics is the
elaboration of experimental animal models.
Резюме
Г. Брунс м Г. Кнэлл:
К проблему искания новых цитостаткческих средств /ШШГ 3393 Цитостазан/.
Выделение новых цитостатиче ских средств специфического воздейст­
вия весьма перспективно. Клиническое испытание решающий фактор.
После того необходимо выяснение специфических условий. При осо­
бенно значительном повышении иммунобиологических защитных меха­
низмов а цжтоетатической терапия комбинирование иммунобиологи­
ческих и химиотерапевтических факторов играет важную роль. Для
экспериментальной терапии важная задача изготовление эксперимен­
тальных моделей животных.
Manuskripteingang: 30.6.1971
Anschrift:
Prof. Dr. med. habil. H. Knöll und Prof. Dr. med. habil. G. Bruns,
69 Jena, Beuthenbergstraße 11
Aus dem Zentralinstitut für Mikrobiologie und
Experimentelle Therapie, Jena,
der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin
(Direktor: Prof. Dr. med. habil. H. Knöll),
Bereich Experimentelle Therapie
(Leiter: Prof. Dr. med. habil. G. Bruns)
BIET 3393,
/ - [1 -Methyl-5 -bis - (ß-chloräthyl) -amino benzimidazolyl-(2)] -buttersäurehydrochlorid,
ein neues Zytostatikum
aus der Reihe der Benzimidazol-Loste
Von W. Ozegowski und D. Krebs
Im Verlauf von Untersuchungen zur Synthese zytostatisch wirksamer Ver­
bindungen wurden von uns Benzimidazol-Lost-Verbindungen dargestellt (1, 2).
Verbindungen, die den Benzimidazolring in Verbindung mit einer N-Lostgruppe aufweisen, waren als Zytostatika bereits bekannt. So haben HIRSCHBERG und Mitarb. (3) und unabhängig hiervon KNOBLOCH (4) 2-[Bis-(ßchloräthyl)-aminomethyl] -benzimidazol (I) synthetisiert und seine zytosta­
tische Wirksamkeit testen lassen (5, 6, 7).
Bei I ist die N-Lostgruppe Uber eine CB^-Gruppe mit dem heteroaromati­
schen Ringsystem verknüpft. Infolge dieser Struktur wird die Basizität des
Stickstoffatoms der N-Lostgruppe durch den Benzimidazolring nicht beein­
flußt. Da aber die Basizität des Stickstoffatoms der Lostgruppe mit der zyto­
statischen Wirksamkeit und der Toxizität der Gesamtverbindung in engem
Zusammenhang steht - je ausgeprägter nämlich der basische Charakter des
Stickstoffatoms der Lostgruppe ist, um so stärker sind Im allgemeinen auch
die zytostatische Aktivität und die Toxizität - so 1st zwar von vornherein eine
alkylier ende Wirkung von I anzunehmen, aber andererseits kann auch Infolge
dieser Struktur-Verknüpfung der N-Lostgruppe über eine aliphatische CHgGruppe mit dem Ringsystem eine hohe Toxizität erwartet werden.
Weiterhin wurde von GINZBURG und Mitarb. (8) eine Benzimidazolverbindung beschrieben, bei der sich die N-Lostgruppe am aromatischen Teil des
Benzimidazolringes in der 5-Stellung und eine Methylgruppe in der 2-Stellung
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1013
befindet. Angaben über die zytostatische Wirksamkeit des beschriebenen
2-Methyl-5-bis-(ß-chloräthyl)-amin6benzimidazols liegen jedoch nicht vor.
Wir stellten uns die Aufgabe, В enzlmidazolverbindungen zu synthetisieren,
bei denen sich die N-Lostgruppe in der 5-Stellung, d.h. im aromatischen
Teil des Benzimidazoliinges befindet, die 1-Stellung mit einer Methyl-,
Äthyl-, Benzyl- oder Phenyl-Gruppe substituiert bzw. unsubstituiert ist und
die 2-Stellung einen hydrophilen Rest wie z.B. Alkankarbonsäure oder Alanin
trägt. Es 1st in unserem Fall infolge der Verknüpfung der Stickstofflostgruppe
mit der 5-Stelhing des Benzimidazolringes eine gegenüber I verminderte Toxi­
zität der resultierenden Verbindung zu erwarten, da die Basizität des Stick­
stoffatoms der Lostgruppe infolge des vom aromatischen Ring ausgehenden
Elektronensogs stark erniedrigt wird.
Derartige Verbindungen mit herabgesetzter Toxizität bedeuten aber einen
Vorzug, wenn sie in ihrer Antikrebswirksamkeit mit der von I übereinstim­
men bzw. sie noch übertreffen.
Substituierte Benzimidazole stellen nach KÜHNAU (9) das Beispiel eines
multivalenten Antagonistentyps dar: Als Purinantagonisten hemmen sie die
Synthese von Nukleotiden und Nukleinsäuren, als Aminosäureantlmetaboliten
die Eiweiß- und Enzymsynthese. Es ist bekannt, daß stark proliferierendes
Gewebe einen hohen Bedarf an Aminosäuren besitzt. Aus diesem Grunde kann
für das Krebsgewebe eine erhöhte Einbaurate an Aminosäuren angenommen
werden. Aminosäureantagonisten sind Infolge ihrer Fähigkeit, das Wachstum
von Krebszellen negativ zu beeinflussen, zur Behandlung von Tumoren geeig­
net.
Benzimidazolylalkankarbonsäuren können als potentielle Aminosäure- und
Purinantagonisten angesehen werden; es kann von ihnen ein hemmender Ein­
fluß auf das Wachstum von Krebszellen erwartet werden. Weiterhin war be­
absichtigt, die Antikrebswirksamkeit des Grundkörpers durch die Einführung
der Stickstofflostgruppe In 5-Stellung des Benzimidazolringes noch wesentlich
zu verstärken, wobei jedoch die Toxizität der Gesamtverbindung niedrig blei­
ben sollte. Wie sich In der späteren Testung gezeigt hat, 1st die zytostatische
Wirksamkeit der lostfrelen Verbindungen gering und die Anwesenheit der
N-Lostgruppe für die zytostatische Aktivität der Verbindungen von wesentli­
cher Bedeutung.
Die Tabelle gibt einen Überblick der von uns dargestellten Substanzen.
Unter den In der Tabelle aufgeführten Verbindungen hat sich besonders das
Präparat „IMET 3393» bei der Prüfung an experimentellen Tiertumoren aus­
gezeichnet (10, 11). Bei einer klinischen Prüfung an Lymphadenosen, Lympho­
granulomatosen, Retikulosen und besonders beim Plasmozytom wurde diese
kanzerostatische Wirksamkeit bestätigt (12, 13, 14).
ШЕТ 3393 stellt chemisch f-[l-Methyl-5-bis-(ß-chloräthyl)-amlnobenzimidazolyl-(2)J -butters äurehydrochlorid mit folgender Struktur dar:
1014
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Die Verbindung ist in Alkohol, DMF, Äthylenglykol und warmem Wasser
leichtlöslich, in kaltem Wasser löslich. In isotonischer Natriumchloridlösung ist sie auf Grund des gleichionigen Zusatzes schwerer als in Wasser bei
gleicher Temperatur löslich. IMET 3393 stellt eine weiße, feinkristalline
und geruchlose Substanz von bitterem Geschmack dar. Beim Trocknen ver­
liert sie ihr Kristallwasser, das sie beim Liegen an der Luft leicht wieder
aufnimmt. Sie weist in ihrer Struktur Ähnlichkeit mit dem Chlorambuzil,
/•-{p-[Bis-(ß-chloräthyl)-aminoJ-phenyl}-buttersäure CH), auf.
Es ist im Fall des Chlorambuzils die N-Lostgruppe an den Benzolring gebun­
den, der Buttersäurerest befindet sich in p-Stellung zur Lostgruppe. Wegen
der ausgesprochen schwachen Basizität des Stickstoffatoms der N-Lostgruppe
ist die Verbindung nur in stark salzsaurer Lösung in der Lage, ein Eydrochlorid zu bilden. In wäßriger Lösung ist daher Chlorambuzil - im Gegen­
satz zu ШЕТ 3393 - sehr schwer löslich. Außerdem sind wir der Meinung,
daß der Benzimidazolring im Fall von IMET 3393 einen wesentlichen Bestand­
teil für die kanzerostattsche Wirksamkeit der Gesamtverbindung darstellt.
Zur Darstellung von IMET 3393, die in ihren Einzelheiten bereits beschrie­
ben ist (2), gingen wir vom 2.4-Dinitrochlorbenzol aus, das mit Methylamin
zum N -Methyl-2.4-dinitroamlin umgesetzt wurde. Durch eine partielle Re­
duktion mit Natriumhydrogensulfid wurde daraus N* -Methyl-4-nitrophenylendiamin-(1.2) hergestellt, das bei der Umsetzung mit Glutarsäureanhydrid
zum Glutarsäure-2-methylamino-5-nitromonoanilid führte. Letzteres wurde
zur / - [ 1 -Methyl-5-nitrobenzimidazolyl-{2)] -buttersäure zyklisiert und in
den Äthylester Uber geführt. Bei der Behandlung mit Wasserstoff in Gegen­
wart von Katalysatoren wurde daraus /-(l-Methyl-5-aminobenzimidazolyl(2)] -buttersäureäthylester gewonnen, der mit Äthylenoxid weiter umgesetzt
wurde. Die so dargestellte 5 -B is - (ß -hydr oxyäthy1) -ami no -Verbindung wurde
mit anorganischen Säurechloriden und anschließend mit konzentrierter Salz­
säure behandelt. Es entstand hierbei als Reaktionsprodukt IMET 3393.
1
Das Verfahren zur Herstellung von / - [ l -Methyl-5-bis-(ß-chloräthyl)-aminobenzimidazolyl-(2)] -buttersäure wurde in der DDR-Patentschrift WP 34727
(Erfinder Dr. Krebs, W. Ozegowski, W. Gutsche, H. Heinecke, W. Jung­
stand, H. KnöU, H. Wiangke) niedergelegt und ist seit dem 28.12.1964 patent­
rechtlich geschützt.
Zbl. Pharm. 110 (1971) Heft 10
Ю17
Zusammenfassung
Es werden die Überlegungen kurz umrissen, die zur Synthese von N-LostVerb indungen des Benzimidazols geführt haben, wobei auf die Unterschiede
speziell in der Toxizität hingewiesen wurde, bei bei Substitution durch eine
Lostgruppe im aromatischen Ring des Benzimidazols einerseits oder an einer
aliphatischen Seitenkette andererseits auftreten. Die für die klinische Prü­
fung aus einer Reihe ähnlich gebauter Benzimidazolverbindungen ausgewählte
S übe tanz „IMET 3393" wird in ihren Eigenschaften beschrieben und der Ver­
lauf der Synthese kurz erläutert.
Summary
W. Ozegowski andD. Krebs:
ШЕТ 3393, ^-Cl-methyl-5-bis-(ß-chloroethyl)-aminobenzimidazolo-(2j] butyryl chloride, a new cytostatic agent of the group of benzimidazole nitrogen
mustards.
A short report is given about the ideas leading to the synthesis of nitrogen
mustard compounds of benzimidazole, particularly describing the differences
In the toxicity. These differences can be produced by the substitution of hy­
drogen in the aromatic ring of the benzimidazole by a nitrogen mustard group
and an aliphatic side chain. The properties of the substance IMET 3393,
selected for clinical tests from a group of benzimidazole compounds with a
similar structure, are described in connection with a short explanation of the
synthesis.
Резине
В. Оцеговский и I t Кребс:
ИМЕТ 3393, V тил-г- 5- бис-/В —хлор з Т1£я/-аиин об ан з имида а опил/2/}-бутирохлоркд; - новое цктоотатическое средство из ряда 5енаиивдазолодихлордиэтилсульфидов.
Описывается причина синтеза Н-дихлордиэтилсульфидных производных
бензимидазола, показал разницы токсичности, происходящие из за­
мечания одной дихлордиз талсульфидной группой или в ароматическом
ядре бензимидазола или в одной алифатической побочной цепи. Опи­
сываются методы синтеза ИМЕТА 3393 и его свойства; это вещество
выделено для клинического испытания из ряда подобнопостроенных
производных бензимидазола.
е
Literatur
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SCHE, H. GRIMM und S. FRITS CH: Actabiol. med. germ. 19 (1967) S. 543.
(12) G. ANGER, P. HESSE, P. KÖHLER und H. BAUFELD: T5tsch. Gesundheitswes. 22 (1967) S.1099. (13) G. ANGER, P. HESSE, P. KÖHLER und
H. BAUFET3): Z. ges. inn. Med. 23 (1968) S.242. (14) G. ANGER, P. HES­
SE und H. BAUFELD: Dtsch. med. Wschr. 94 (1969) S.2495.
Manuskripteingang: 5. 3.1971
Anschrift:
Dr. W. Ozegowski und D. Krebs,
69 Jena, Beuthenbergstraße 11
Die Struktur b i o l o g i s c h wichtiger Moleküle.
Sine Einführung für Naturwissenschaftier und Mediziner.
Von J.M. Barry und E.H. Barry (Oxford),
Ubersetzt von Dipl.-Chem. Helga Schneider (Tübingen).
V, 19? Selten mit 17 Abbildungen.
Stuttgart 1971, Georg-Thierae-Verlag. Preis f l e x . Taschenbuch DM 8 , 8 0 .
Es 1st s i c h e r l i c h u n b e s t r i t t e n , daß die Kenntnis der Struktur biologisch
vichtiger Moleküle für den Naturwissenschaftler und den Mediziner heute
топ erheblicher Bedeutung, ihre Vermittlung aber mit dem Vorhandensein
organisch-chemischer Grundkenntnisse verbunden i s t . In dem vorliegenden
Büchlein setzen die Verfasser einen nicht unbedeutenden Teil von ihnen
mehr oder weniger s t i l l s c h w e i g e n d voraus, um s i c h sofort den e i g e n t l i chen Fragen ihres Themas zuwenden zu kö'nnen. In diesem Sinne werden die
Strukturen, Eigenschaften und charakteristischen Reaktionen nur der Kohlenhydrate, der Proteine, der Nukleinsäuren und Kukleoside sowie der Lipoide und kurz weniger anderer Gruppen (Isoprenolde, Steroide,Porphyrine
und Chlorine) behandelt. Dazu t r e t e n zwei Kapitel "Einige Strukturprinzipien" sowie "MalekUldissymmetrie". Berechtigterweise wenden die Verfasser betont und g l e i c h z e i t i g didaktisch einprägsam ihre Aufmerksamkeit den
räumlichen Problemen zu ( B i l d der Bandschuhpaare bei der Besprechung der
optischen Antipoden sowie der Diastereomerenbildung). Im Zusammenhange
mit der Dissymmetric werden geschickt aus der Biologie gewählte Beispiele angefahrt ( r e c h t s bzw. l i n k s gewundene Spirale des Gehäuses einer
Schnecke, Burner der rechten und linken Kopfseite eines T i e r e s ) , und die
historische Fehldeutung eines Reaktionsechrittes im Zitronensäurezyklus
gibt den Autoren die Möglichkeit, die Vorstellungen der Unterscheidungsoöglichkeit sogenannter identischer Gruppen durch ein Enzym nach Ogsten
zu charakterisieren.
Zbl. Pharm. 110 (1971) Heft 10
1019
Dli» Behandlung der biochemisch herausragenden, b e r e i t s genannten ehemischen Substanzklassen bringt a l l e s Wesentliche und Wissenswerte i n g e drängter, aber klarer Form und mit v i e l e n Abbildungen. Die Bedeutung der
Konformation t r i t t an mehreren S t e l l e n , ihre Änderung besonders bei den
Proteinen auch im Hinblick auf den a l l o s t e r i s c h e n Effekt Uberzeugend
hervor. Didaktisch recht geschickt wirkt die eingehendere Darstellung
der Strukturaufklärung des I n s u l i n s i n ihren s a c h l i c h a u f g e g l i e d e r t e n
einzelnen Analysenstufen mit den i n den Untersuchungen von Sanger wirkl i c h aufgetretenen Problemen und Lösungen, die für den Empfänglichen immer etwas Fesselndes haben werden. Auch den w i c h t i g s t e n Methoden der
Strukturbestiamung widmen die Verfasser ihre Aufmerksamkeit, zuweilen
(wie bei der Analyse der Aminosäuresequenz e i n e s Proteins) mit schon
ins Einzelne gehenden Arbeitsvorschriften.
Sachliche Fehler wurden nur wenige f e s t g e s t e l l t , z . B . die Aldehyd- s t a t t
der Karboxylgruppe bei der Formulierung der Reduktion der Brenztraubensäure (S.52) oder die Bezeichnung Slucosamine (wahrscheinlich e i n Übersetzungsfehler für Glykosylamine) b e i der Glykosidbesprechung und der
Hinweis auf Adenosin ( S . 7 5 ) .
Das Büchlein bringt a l s o i n gedrängter und didaktisch o f t interessanter
Weise und auf modernster Grundlage a l l e s Wissenswerte s e i n e s Themas, und
die Verfasser haben s i c h e r l i c h Recht mit i h r e r Aussage im Vorwort, daß
auch Studierende der organischen Chemie hier Informationen finden werden,
"die anderweitig weniger bequem zu finden sind". Die Anfänger des Biologiestudiums, für die die Verfasser ihre Ausführungen bestimmt und mit
denen s i e auch schon mit diesem Büchlein g e a r b e i t e t haben, werden Jedoch
nicht unerhebliche Arbeit aufwenden müssen, um d i e s e vorgeschrittene organische Chemie gesichert in sich aufzunehmen. Verbunden mit Seminaren,
wird dieses Büchlein dann aber eine gute Grundlage dazu b i l d e n .
H. Bräuniger (Rostock)
Der Beruf des pharmazeutisch-technischen A s s i s t e n t e n .
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Von Dr. jur. H. Klingshirn und K. Paintner.
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der BRD neu geschaffenen Beruf des pharmazeutisch-technischen A s s i s t e n ten und der dadurch erforderlichen Ausbildungs- und Prüfungsordnung Erläuterungen zur Zulassung zum Beruf sowie zu Fragen der Ausbildung und
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Pharmazie,
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Inhalt:
Oftginalar betten
G. BRÜNS, H. KNÖLL:
Zur Problematik d e r S u c h e nach k r e b s w i r k s a m e n Substanzen
(ШЕТ 3393 - Cytostasan)
P r o b l e m s in t h e s e a r c h for new cytostatics
(ШЕТ 3393 - Cytostasan)
W. OZEGOWSKI, D . K R E B S :
IMET 3393, f - [ l - M e t h y l - 5 - b i s - ( ß - c h l o r ä t h y l ) - a m i n o b e n z i m i d a z o l y l - ( 2 ) J buttersaurehydrochlorid, ein n e u e s Zytostatikum a u s d e r R e i h e der
Benzimidazol-Loste
IMET 3393, j f - [ l - m e t h y l - 5 - b i s - ( ß - c h l o r o e t h y l ) - a m i n o b e n z i m i o a z o l o (2)] -butyryl c h l o r i d e , a new cytostatic agent of the g r o u p of
benzimidazole n i t r o g e n m u s t a r d s
W. JUNGSTAND, W . GUTS CHE, K. WOHLRABE, W . OZEGOWSKI:
Wirkung v e r s c h i e d e n e r B e n z i m i d a z o l - L o s t e auf T r a n s p l a n t a t i o n s t u m o r e n
unter b e s o n d e r e r B e r ü c k s i c h t i g u n g von IMET 3393
The effect of different b e n z i m i d a z o l e nitrogen m u s t a r d s upon
transplantation t u m o u r s , with s p e c i a l r e f e r e n c e t o I M E T 3393
W. GUTS CHE, W . JUNGSTAND, К . WOHLRABE:
Vergleich der W i r k u n g von I M E T 3393 m i t Chlorambuzil a n e i n e r R e i h e
von Transplantationstumoren
Comparison of the a c t i v i t y of IMET 3393 with r e f e r e n c e to chlorambucil
in different t r a n s p l a n t a t i o n t u m o u r s
K. WOHLRABE, W. JUNGSTAND, W. GUTS CHE:
Prüfung von IMET 3393 auf z y t o s t a t i s c h e W i r k s a m k e i t
bei o r a l e r Applikation
T r i a l on t h e c y t o s t a t i c a c t i v i t y of IMET 3393 in o r a l a d m i n i s t r a t i o n
W. ZSCHŒSCHE, I . E B E N H U T H , H. HEINECKE, W. KUCHLER:
Experimentelle U n t e r s u c h u n g e n z u r i m m u n s u p p r e s s i v e n Wirkung
von IMET 3393
Experimental i n v e s t i g a t i o n s into t h e i m m u n o s u p p r e s s i v e effect
of Ш Е Т 3393
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A . HÄRTL, H . G . HILLESHEIM, E . KIRCHNER:
P h a r m a k o l o g i s c h e Untersuchung e i n e s neuen, z y t o s t a t i s c h w i r k s a m e n
P r ä p a r a t e s , IMET 3393
P h a r m a c o l o g i c a l t e s t s with a new, cytcβtaticaUy a c t i n g a g e n t , I M E T 3393
H . HEINECKE, S. KLAUS:
Z u r embryotOJdschen und teratogenen Wirkung d e r N - L o s t - D e r i v a t e I M E T 3393
und IMET 3106 b e i d e r Maus
On the e m b r y o t ω d c and t e r a t o g e n i c a c t i o n of the n i t r o g e n m u s t a r d
derivatives Ш Е Т 3393 and IMET 3106 in m i c e
H. HEINECKE, J . GÜTTNER:
Z u r mutagenen Wirkung des N - L o s t - D e r i v a t e s Ш Е Т 3393
The mutagenic activity of t h e nitrogen m u s t a r d d e r i v a t i v e I M E T 3393
1057
1067
Ю79
G. HESSE:
Z u r chemisch-analytischen C h a r a k t e r i s i e r u n g von I M E T 3393
On t h e analytical chemistry of I M E T 3393
Ю87
K. KRAMARCZYK, W. JUNGSTAND:
Vergleichende Untersuchungen z u r a l k y l i e r e n d e n Reaktivität von I M E T 3393
in Blut und Leberhomogenaten d e r Maus nach i v . Applikation
Comparative investigations into t h e alkylatlng activity of ί . v . Ш Е Т 3393
in blood a n d l i v e r homogenates of m i c e
1099
Mittellungen zum A r z n e i m i t t e l s o r t i m e n t
Cytosiasan
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Buchbesprechungen
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