Missverständnisse im interkulturellen Kontext

Interkulturelles Miteinander:
Missverständnisse im interkulturellen Kontext
Workshop im Rahmen des 2. Integrationsnetz Niedersachsens der Niedersächsischen LottoSport-Stiftung, Thema: Flüchtlinge ehrenamtlich begleiten: Impulse und Perspektiven
Referentinnen:
Rebekka Cöster
M.A. Interkulturalität und Integration
Kontakt: [email protected]
Marianne Leubner
Interkulturelle Mentorin an der Universität Osnabrück
Kontakt: [email protected]
Fallbeispiel: „Eine Brücke über den Öresund“
→ Schwedisch-Dänische Missverständnisse
Konfliktlage
Seit 2000 verbindet eine Brücke über den Öresund Schweden und Dänemark.
Zuvor durch einen 16 km breiten Meeresarm getrennt, rückten Kopenhagen und Malmö einander
näher. In den letzten zwei Jahren wurde das Öresundprojekt zu einem wichtigen Prototyp
interkultureller Verständigung. Modellhaft sollten die Grenzregionen zusammen wachsen,
Universitäten vernetzt, Unternehmen fusioniert, übergreifende Verwaltungseinheiten gebildet und
Zeitungen gemeinsam herausgegeben werden.
Die Voraussetzungen sind dafür optimal, da beide Länder wirtschaftlich etwa gleich stark sind, die
Sprachen sich ähneln (in beiden Sprachen wird beispielsweise das Wort „roligt“ verwendet) und die
Menschen als wesensverwandt gelten, denn in der Vergangenheit gehörte Südschweden fast 900
Jahre lang zu Dänemark.
Trotz oder vielleicht auch durch die hohen Erwartungen kann es zu Missverständnissen und
Konflikten kommen. Hier einige Beispiel:
•
Dänische Sportreporter warfen der schwedischen Volleyballmannschaft Unhöflichkeit und
Arroganz vor.
•
Schweden fühlten sich bei Besuchen von den dänischen Gastgebern schlecht behandelt und
beklagten mangelnde Gastfreundschaft.
•
Schwedische Pädagogen und schwedische Arbeitgeber warfen bei einem
Lehrlingsaustauschprogramm ihren dänischen Kollegen mangelndes Verantwortungsgefühl
vor. Die 16-jährigen Jugendlichen seien nicht angemessen beaufsichtigt worden.
•
Dänische Vorgesetzte wurden von schwedischen Mitarbeitern als autoritär kritisiert
Fallbeispiel: „Eine Brücke über den Öresund“
→ Schwedisch-Dänische Missverständnisse
Konflikthintergründe
Dänemark
Schweden
Alkohol darf ab 15 Jahren gekauft werden.
Alkoholwerbung ist erlaubt. Folge: 32% der
dänischen Jugendlichen trinken auf Partys Bier
oder Wein.
Alkohol darf ab 18 Jahren gekauft werden.
Alkoholwerbung ist verboten. Folge: 18% der
jugendlichen Schweden trinken auf Partys Bier
oder Wein.
Oberster Wert in der Kindererziehung:
Selbstentfaltung. Den Mittagsimbiss bringt
jedes Kind für sich selbst in die Schule mit.
Oberster Wert in der Kindererziehung:
Anpassung an die Gesellschaft. In der Schule
gibt es für alle ein gemeinsames Mittagessen.
Die als locker geltenden Dänen sind im
Berufsleben eher hierarchisch organisiert.
Die als konventionell geltenden Schweden
bevorzugen im Berufsleben demokratische
Prinzipien und arbeiten teamorientiert.
Bei Besuchern ist es üblich, die Wohnung zu
betreten, sich selbst einen Platz zu suchen, an
dem man sich aufhalten möchte und sich auch
am Kühlschrank selbst zu bedienen.
Eine Wohnung oder auch einzelne Zimmer in
der Wohnung werden nur betreten, wenn man
ausdrücklich hereingebeten wurde. Getränke
werden angeboten.
„Roligt“ bedeutet: Total langweilig!
„Roligt“ bedeutet: Super! Macht Spaß!
Bevorzugtes Freizeitverhalten:
Partykultur, Spaß
Bevorzugtes Freizeitverhalten:
fitnessorientiert, Sport
Vgl. Handschuk, Sabine; Klawe, Willy (2010): Interkulturelle Verständigung in der Sozialen Arbeit. Ein
Erfahrungs-, Lern- und Übungsprogramm zum Erwerb interkultureller Kompetenz. Weinheim und
München: Juventa Verlag, S. 251ff.