Religionen - ausgedient und überflüssig

Religionen – ausgedient und
überflüssig
Eine (sehr) kritische Betrachtung
Jupp Müller
Vorwort:
Ausnahmslos alles, was hier niedergeschrieben wurde, entspricht
meinen rein persönlichen Ansichten und Schlussfolgerungen.
Auf gar keinen Fall ist beabsichtigt, die religiösen Gefühle Dritter zu
verletzen oder diese – in welcher Weise auch immer – zu
beeinflussen.
(Zu Risiken und Nebenwirkungen befrage man irgendeinen
der vom Allmächtigen persönlich berufenen
Seelenhirten – Konfession sekundär!)
Impressum
Copyright: © 2016 Jupp Müller
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
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Für Leser, die unter Zeitdruck stehen, könnte man den Inhalt
dieses Buches auch auf folgende Frage reduzieren:
„Wenn Gott allmächtig ist,
warum wird er dann bis heute nicht
mit dem Teufel fertig?“
Alle Namen wurden mangels Rücksicht auf noch lebende Personen
weder geändert noch erfunden. Etwaige Übereinstimmungen von
Personen, Orten, Erlebnissen und Vorkommnissen sind daher
gewollt und beabsichtigt.
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Inhalt
Genesis – der Anfang ......................................................................... 6
Wie Religionen tatsächlich entstanden ............................................ 24
Religion im Altertum ........................................................................ 30
Das schreckliche Alte Testament ..................................................... 34
Abraham ...................................................................................... 37
Noah ............................................................................................ 40
Moses .......................................................................................... 49
Der Turmbau zu Babel ................................................................. 54
Jeptha .......................................................................................... 55
Josua ............................................................................................ 56
Das chaotische Neue Testament ...................................................... 63
Jesus von Nazareth ...................................................................... 63
Die Evangelien ............................................................................. 74
Die Offenbarung .......................................................................... 76
Weihnachten ............................................................................... 82
Ostern .......................................................................................... 90
Weitere Propheten, Erlöser und Heilande ....................................... 95
Apollonios von Tyana .................................................................. 95
Simon Magus ............................................................................... 96
Simon bar Kochba........................................................................ 97
Seine (Schein)Heiligkeit – der Papst ................................................. 99
Die Katholische Kirche ....................................................................111
Die Evangelische Kirche..................................................................134
Die Neuapostolische Kirche ...........................................................139
Der Islam ........................................................................................145
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Das Judentum.................................................................................152
Der Hinduismus ..............................................................................158
Der Buddhismus .............................................................................161
Geschichten aus der Neuzeit .........................................................165
Weitere (Schein)Heilige .................................................................179
Nikolaus .....................................................................................179
Lourdes ......................................................................................182
Mutter Teresa ............................................................................186
Fátima ........................................................................................188
Die Kirche und der Nationalsozialismus .........................................196
Natürliche und menschliche Katastrophen ....................................204
Gottes absolutes Versagen ............................................................208
Zusammenfassung .........................................................................215
Schlussbemerkungen .....................................................................223
Nachwort: ......................................................................................230
Das Ganze noch mal, jetzt in Reimform .........................................231
Anhang ...........................................................................................236
Über den Autor ..............................................................................242
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Genesis – der Anfang
Am Anfang war das Nichts. Das heißt, nicht ganz, denn in dem Nichts
thronte seit unendlichen Zeiten Gott der Allmächtige – zumindest in
der Ausfertigung, wie ihn die Menschen vor sehr langer Zeit erfunden
haben. Nach deren Vorstellungen hockte er dort seit Abertrillionen
von Jahren und wachte über das Nichts und die absolute Dunkelheit.
Man kann durchaus verstehen, dass er sich nach Äonen von völlig ereignislosen Zeitaltern entsetzlich gelangweilt haben muss.
Aber irgendwann, genauer gesagt vor ca. sechstausend Jahren, oder
noch genauer, am 22. Oktober des Jahres 4004 vor der Geburt seines
designierten menschlichen Sohnes um Punkt sechs Uhr abends, so
jedenfalls hatte es der am 04. Januar 1581 in Dublin geborene Erzbischof von Armagh, James Ussher, genau berechnet, hatte Gott eine
zündende Idee: In einem erhabenen Schöpfungsakt erschuf er die
Welt. Dafür benötigte er gerade einmal sechs Tage zuzüglich eines
Ruhetages.
Am Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. Und die Erde war
wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe; und der Geist
Gottes schwebte über den Wassern. Und Gott sprach: Es werde
Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah das Licht, dass es gut war;
und Gott schied das Licht von der Finsternis.
Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht.
Und es ward Abend und es ward Morgen: erster Tag. (1. Mose 1,
1-5)
Bereits am ersten Tag machte Gott sich also mit viel Elan und überschwänglicher Begeisterung an die Arbeit und generierte mit donnernden Worten Himmel und Erde. Da er jedoch nach diesem außergewöhnlichen Krafttakt das selbst gesteckte Arbeitsziel noch nicht
ganz erreicht hatte, brachte er im späteren Verlauf des Tages noch
ein wenig Ordnung in die Angelegenheit und trennte den Tag von der
Nacht. Damit ließ er es fürs Erste gut sein.
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Und Gott sprach: „Es werde eine Ausdehnung inmitten der Wasser, und sie scheide die Wasser von den Wassern!“ Und Gott
machte die Ausdehnung und schied die Wasser, welche unterhalb
der Ausdehnung, von den Wassern, die oberhalb der Ausdehnung
sind. Und es ward also.
Und Gott nannte die Ausdehnung Himmel. Und es ward Abend
und es ward Morgen: zweiter Tag. (1. Mose 1, 6-8)
Der zweite Tag war auch wieder recht arbeitsintensiv, zumindest für
jemanden, dem solche ungewohnten Aktivitäten bis dahin fremd waren. Gott musste das in dem Durcheinander üppig vorhandene Wasser gerecht verteilen. Von dem kostbaren Nass zweigte er daher
große Teile ab, um daraus gewaltige Mengen von unterschiedlichsten
Wolken zu formen. Diese hat er sodann ein paar Etagen über der Unordnung am frisch geschaffenen Himmelsgewölbe dekorativ aufgehängt. Der neue Bereich gefiel Gott anscheinend so sehr, dass er
spontan beschloss, hier sein künftiges Domizil zu errichten. Jetzt
hatte er endlich einen festen Wohnsitz – sogar mit ausgezeichneter
und unverbaubarer Aussicht auf den unteren Bereich. Dieser war
zwar noch immer wüst und leer, aber er konnte ihn nunmehr in aller
Ruhe formen und ihn später dank fantastischer Rundumsicht bequem überwachen.
Und Gott sprach: „Es sammeln sich die Wasser unterhalb des
Himmels an einen Ort, und es werde sichtbar das Trockene!“ Und
es ward also. Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meere. Und Gott sah, dass es gut war.
Und Gott sprach: „Die Erde lasse Gras hervorsprossen, Kraut, das
Samen hervorbringe, Fruchtbäume, die Frucht tragen nach ihrer
Art, in welcher ihr Same ist nach ihrer Art.“
Und Gott sah, dass es gut war. Und es ward Abend und es ward
Morgen: dritter Tag. (1. Mose 1, 9-13)
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Gottvater war wohl aufgrund seines am Vortag bezogenen neuen
Heims am dritten Tag so beflügelt, dass seine Schaffenskraft jetzt ungeahnte Höhen erreichte. Nachdem er große Teile der Unordnung
trocken gelegt hatte, wurde das neu geschaffene Festland nunmehr
umfassend kultiviert. Er erzeugte geschwind Milliarden und Abermilliarden von Pflanzen – vom kleinsten Grashalm bis zum hundertfünfzig Meter hohen Riesenbaum. Diese Gewächse verteilte er sodann
mehr oder weniger gleichmäßig auf dem Trockenen. Dass einige der
Pflanzen sich spontan ins Wasser flüchteten, weil sie nur dort überleben konnten, hat er billigend – nobody is perfect – toleriert.
Und Gott sprach: „Es werden Lichter an der Ausdehnung des Himmels, um den Tag von der Nacht zu scheiden und sie seien zu Zeichen und zur Bestimmung von Zeiten und Tagen und Jahren; und
sie seien zu Lichtern an der Ausdehnung des Himmels, um auf die
Erde zu leuchten!“ Und es ward also. Und Gott machte die zwei
großen Lichter: das große Licht zur Beherrschung des Tages und
das kleine Licht zur Beherrschung der Nacht und die Sterne. Und
Gott setzte sie an die Ausdehnung des Himmels, um auf die Erde
zu leuchten, und um zu herrschen am Tage und in der Nacht und
das Licht von der Finsternis zu scheiden.
Und Gott sah, dass es gut war. Und es ward Abend und es ward
Morgen: vierter Tag. (1. Mose 1, 14-19)
An diesem vierten Tag hat der Allmächtige angesichts der mittlerweile kräftig voranschreitenden Ordnung am Himmelsgewölbe eine
aus heutiger Sicht – rein technisch betrachtet – überaus anspruchsvolle Beleuchtung installiert. Damit die neu geschaffenen Pflanzen
wachsen und gedeihen konnten, hat Gott ihnen eine wärmende und
Wuchs fördernde Sonne spendiert. Ob er sich bereits zu diesem Zeitpunkt auch schon mit Chlorophyll und Fotosynthese beschäftigt hat,
ist jedoch nicht überliefert.
Um die Finsternis der Nacht ein wenig abzumildern, schuf Gott den
Mond. Vermutlich hat er bei dieser Gelegenheit bereits an den nächs-
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ten Schaffenstag gedacht, denn, dass der Mond für bessere Sichtverhältnisse unter den Pflanzen sorgen sollte, ist eher unwahrscheinlich.
Am Schluss dieses Tages befestigte Gott am Himmelsgewölbe noch
Tausende von winzigen kleinen Lämpchen, die er Sterne nannte und
die wohl mangels Leuchtkraft hauptsächlich der Dekoration dienen
sollten.
Und Gott sprach: „Es wimmeln die Wasser vom Gewimmel lebendiger Wesen, und Gevögel fliege angesichts der Ausdehnung des
Himmels!“ Und Gott schuf die großen Seeungeheuer und jedes
sich regende, lebendige Wesen, wovon die Wasser wimmeln,
nach ihrer Art, und alles geflügelte Gevögel nach seiner Art.
Und Gott sah, dass es gut war. Und Gott segnete sie und sprach:
„Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Wasser in den
Meeren, und das Gevögel mehre sich auf der Erde!“ Und es ward
Abend und es ward Morgen: fünfter Tag. (1. Mose 1, 20-23)
Wie schon vermutet, wurde am fünften Tag klar, dass der Mond wohl
in erster Linie deshalb während der Nächte zu leuchten hatte, damit
sich nicht die Pflanzen, sondern die mit Augen ausgestatteten Tiere
besser orientieren konnten. Von einem Tag auf den anderen wimmelten Milliarden und Abermilliarden von Wassertieren fröhlich vor
sich hin, und in den Lüften schwirrte Gevögel in großer Zahl und aller
Art, dass es nur so eine Freude war. Und alle waren fruchtbar und
mehrten sich, als ob sie nie etwas anderes getan hätten.
Und Gott sprach: „Die Erde bringe hervor lebendige Wesen nach
ihrer Art: Vieh und Gewürm und Getier der Erde nach seiner Art.“
Und es ward also. Und Gott machte das Getier der Erde nach seiner Art und das Vieh nach seiner Art, und alles, was sich auf dem
Erdboden regt, nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.
Und Gott sprach: „Lasset uns Menschen machen in unserem
Bilde, nach unserem Gleichnis; und sie sollen herrschen über die
Fische des Meeres und über das Gevögel des Himmels und über
das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das sich
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auf der Erde regt!“ Und Gott schuf den Menschen in seinem Bilde,
im Bilde Gottes schuf er ihn; Mann und Weib schuf er sie. Und
Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: „Seid fruchtbar und
mehret euch, und füllet die Erde und machet sie euch untertan;
und herrschet über die Fische des Meeres und über das Gevögel
des Himmels und über alles Getier, das sich auf der Erde regt!“
Und Gott sprach: „Siehe, ich habe euch gegeben alles Samen bringende Kraut, das auf der Fläche der ganzen Erde ist, und jeden
Baum, an welchem Samen bringende Baumfrucht ist: Es soll euch
zur Speise sein; und allem Getier der Erde und allem Gevögel des
Himmels und allem, was sich auf der Erde regt, in welchem eine
lebendige Seele ist, habe ich alles grüne Kraut zur Speise gegeben.“
Und es ward also. Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und
siehe, es war sehr gut. Und es ward Abend und es ward Morgen:
sechster Tag. (1. Mose 1, 24-31)
Der absolute Höhepunkt der Schaffensperiode wurde also am sechsten Tag erreicht. Vormittags hatte Gott mit wenigen gezielt gesetzten
Worten wiederum Abermilliarden von Tieren zum Leben erweckt, die
er aber diesmal auf dem Trockenen verteilte. Nur kurze Zeit später,
vermutlich nach der Mittagspause, gelüstete ihn nach mehr. Er wollte
nun, dass auf der Erde jemand das Kommando übernahm – jemand,
der ungefähr so aussah, wie er selbst. Da so etwas Kompliziertes anscheinend mit einfachen Worten nicht zu machen war, fertigte er für
den zu konstruierenden Menschen extra eine Schablone aus Lehm
an.
Und Jahwe Gott bildete den Menschen, Staub von dem Erdboden,
und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens; und der Mensch
wurde eine lebendige Seele. (1. Mose 2, 7)
Dieser Mensch war also vom Herrn der Schöpfung dazu ausersehen,
über das gesamte Trockene, über alle Meere und über alle Kreaturen
zu herrschen.
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Interessant ist folgender Ausschnitt aus dem Text des sechsten Tages: Bei Moses heißt es im ersten Buch unter 1, Vers 30 (siehe oben):
„… u d alle , as si h auf de E de egt, i
dige Seele ist.….“.
el he
ei e le e -
Gott bestimmt also eindeutig, dass jedes Lebewesen über eine Seele
verfügt. Aber gerade das dementieren später sämtliche Religionsgemeinschaften der Welt aufs Schärfste. Eine Seele haben nach den
Lehren und dem Verständnis ihrer Päpste, Rabbiner, Imame usw.
zweifelsohne nur die Menschen. Damit unterscheiden sie sich von
den Tieren, die Gott ihrer Meinung nach ausschließlich zur Verpflegung (einige wohl auch zur Belustigung) der Menschen geschaffen
hat. Auch heute noch akzeptieren die wenigsten Erdenbürger, dass
sie, wie ausnahmslos alle anderen Lebewesen auch, nur evolutionsbedingte Zufallsprodukte sind.
So wurden vollendet der Himmel und die Erde und all ihr Heer.
Und Gott hatte am siebten Tag sein Werk vollendet, das er gemacht hatte; und er ruhte am siebten Tag von all seinem Werk,
das er gemacht hatte.
Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn; denn an demselben ruhte er von all seinem Werk, das Gott geschaffen hatte,
indem er es machte. (1. Mose 2, 1-3)
Dazu ist weiter nichts zu sagen. Jemand, der erstmals in seinem Leben arbeitet und das dann auch gleich sechs Tage am Stück, sollte
schon im Sinne körperlicher Gesundheit und geistigen Wohlbefindens regelmäßig einen Ruhetag einlegen.
Kommen wir noch einmal zurück auf den sechsten Tag, der es bei
analytischer Betrachtung in mehrfacher Hinsicht in sich hat. So lässt
zum Beispiel auch der Satz:
„Lasset u s Me s he
a he i u se e
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Bilde….“
erstens vermuten, dass zu diesem Zeitpunkt bereits Erzengel existierten und zweitens, dass diese wohl auch so ähnlich wie Gott ausgesehen haben müssen.
Weiterhin bestimmt der Allmächtige hier, dass alle Lebewesen
durchweg Vegetarier sein sollen:
„…u d alle , as si h auf de E de egt, i el he ei e le e dige Seele ist, ha e i h alles g ü e K aut zu Speise gege e .“
Ein gegenseitiges Auffressen war also ursprünglich nicht vorgesehen.
Der überwiegende Teil der Kreaturen des Wassers, des Landes und
der Luft hat sich an diese göttliche Vorgabe jedoch nicht lange gehalten. Das grüne Kraut wurde, wahrscheinlich mangels ausreichenden
Nährwertes, bereits nach kurzer Zeit verschmäht und die Nahrungsaufnahme zulasten kleinerer und schwächerer Geschöpfe auf proteinreiches Fleisch umgestellt. Unterstützung für die Futterrevolution fanden die Spitzenmitglieder der Nahrungskette dann auch
prompt in einem anderen, völlig konträren Bibelwort:
„U d die Fu ht u d de S h e ke o eu h sei auf alle Getie
der Erde und auf allem Gevögel des Himmels! Alles, was sich auf
dem Erdboden regt, und alle Fische des Meeres, in eure Hände
sind sie gegeben: alles, was sich regt, was da lebt, soll euch zur
Speise sei ; ie das g ü e K aut ge e i h es eu h alles.“ . Mose
9, 2-3)
Während Raubtiere jedoch die Tötung ihrer potenziellen Beutetiere
im Allgemeinen nur vornehmen, um ihren Hunger zu stillen, blieb es
de „K o e aller evolutionärer Irrtümer“ o ehalten, andere Lebewesen auch aus purem Vergnügen oder zur Besänftigung ihrer in vielen Kulturen auch heute noch zahlreich vorhandenen Götter umzubringen.
Gottvater, der die ersten fünf Tage ohne Assistenten ausgekommen
war, hat sich dann zur Unterstützung für sein weiteres Vorhaben –
wahrscheinlich in der Nacht zum sechsten Tag – weitere Hilfskräfte
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angeschafft, die er Engel nannte. Wie er das gemacht hat, wird in der
Bibel zwar mit keinem Wort erklärt, aber vermutlich reichten ihm
auch dafür einige wenige Worte. Die Frage ist nur: Warum braucht
jemand, der allmächtig ist und der in Bruchteilen von Sekunden ein
ganzes Universum herstellen kann, plötzlich Handlanger? Wie dem
auch sei – jedenfalls verfügt Gott seit dieser Zeit über eine unendlich
große Anzahl von unterschiedlichsten Engeln, die streng militärisch
geordnet und hierarchisch klar strukturiert sind.
Alle Engel sind aus Licht geschaffen und trotz der bisweilen niedlich
erotischen Darstellungen in kirchlichen Gipsfiguren oder auf religiösen Heiligenbildchen absolut geschlechtslos. Die Himmelsboten können fliegen und sich jederzeit transformieren. Sie essen nichts, sie
trinken nichts und sie sind unfähig, etwas Böses zu tun, da sie nur die
Aufgaben ausführen können, die Gott ihnen persönlich auferlegt hat.
Deshalb wissen Engel auch nur das, was der Allmächtige ihnen an
Wissen gegeben hat, und damit eben gerade so viel, wie zur Erfüllung
ihrer Aufgaben unbedingt erforderlich ist.
Sämtliche Engel verfügen – zur Unterscheidung von den Menschen –
wie Gott und die übrigen Heiligen über einen sehr schönen, leicht fluoreszierenden Glorienschein und, sozusagen als Sonderausstattung,
über ein optisch und technisch ausgereiftes Paar Flügel. Während die
besonders privilegierten Erzengel im Wesentlichen nichts anderes
tun, als den ganzen Tag hochmütig umherzuschreiten und die ihnen
untergeordneten übrigen Paradieswächter zu schikanieren, sind von
diesen wiederum einige im Himmel für die Unterhaltung der Heiligen
zuständig. Mit Unmengen musikalischen Talents gesegnet, entlocken
sie ihren Harfen herrliche sphärische Klänge, frohlocken dazu ohne
Unterlass und singen von morgens bis abends im steten Wechsel
„Hosia a“ u d „Halleluja“.
Die speziell ausgebildeten Schutzengel hingegen sind immer auf dem
Sprung, weil sie für die Verhütung von Unglücken auf der Erde zuständig sind. Trotz aller Bemühungen und ungezählten Überstunden
sind sie jedoch leider nicht sehr erfolgreich – sie kommen fast immer
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zu spät. Sie haben zwar wunderschöne Flügel, aber diese sind inzwischen doch reichlich antiquiert und haben im heutigen modernen
Zeitalter als Antriebskraft für einen schnellen Einsatz in Notfällen im
Grunde längst ausgedient. Ein Schutzengel, der mehrmals täglich bei
Wind und Wetter die doch recht große Distanz vom Himmel bis zur
Erde, flatternd wie ein Pelikan, zurücklegen muss, hat es ja auch nicht
leicht. Genau aus diesem Grunde werden auch nur wenige Menschen
und andere Kreaturen durch Schutzengel gerettet, während der weitaus größere Teil bei Unglücken aller Art verletzt oder gar getötet
wird.
Der Überlieferung nach hatte sich Luzifer als einer der sieben Erzengel gegen Gott aufgelehnt, weil er nicht damit einverstanden war,
dass dieser Wesen auf der Erde schaffen wollte, die so ähnlich aussahen, wie sein Vorgesetzter und wie er selbst. Wie aber so ein
Treuebruch überhaupt möglich war, ist ein bis heute ungelöstes Rätsel. Gott hatte doch bei der Herstellung der Engel strengstens darauf
geachtet, dass es ihnen unmöglich war, etwas Böses zu denken oder
gar zu tun. Sie konnten doch angeblich nur das ausführen, was er
ihnen persönlich auferlegt hat! Irgendwie hatte Gott wohl bei der
P og a
ie u g de „Ve halte s-Soft a e fü E ze gel“ geschlampt. Vielleicht hatte sich aber auch nur ein Virus oder ein Trojaner heimtückisch selbst installiert, weil sein Betriebssystem (Microsoft®?) nicht auf dem neuesten Stand war, oder weil er ein Update
der Firewall nicht rechtzeitig vorgenommen hatte. Jedenfalls hat er
daraufhin den wahrscheinlich mit Viren verseuchten Luzifer degradiert und ihn anschließend mit grober Gewalt vom Himmel auf die
Erde hinab geschmettert. Luzifer überlebte den Absturz relativ unbeschadet und zog sich grollend in das Erdinnere zurück. Seitdem wetteifern er und der Allmächtige darum, wer wohl die meisten Menschenseelen einfangen kann. Warum sie so etwas Unproduktives, Absurdes und vollkommen Sinnloses tun, bleibt menschlichen, respektive religiösen Fantastereien vorbehalten.
Luzifer jedenfalls, der anfänglich schönste und von Gott am meisten
geliebte Erzengel, verwandelte sich nach dem temperamentvollen
Einschlag auf dem frisch geschaffenen Trockenen in den abgrundtief
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hässlichen Teufel – den nach Schwefel stinkenden Satan mit Hörnern,
Kuhschwanz und Pferdefuß. Kein Wunder, erlitt doch sein vom
HERRN verliehener Heiligenschein bei der gewalttätigen Suspendierung einen irreparablen Totalschaden.
Den Eingang zur Hölle, also den durch Luzifers Absturz verursachten
Einschlagkrater, wollten die Menschen später natürlich unbedingt
und möglichst exakt lokalisieren. Lange verdächtigte man große Erdspalten, tiefe Höhlen oder auch rauchende Vulkane, wie beispielsweise den Vesuv.
Gemäß Galileo Galilei, einem 1564 in Pisa geborenen italienischen
Mathematiker, Physiker und Astronom, führt irgendwo auf der Erde
ein Trichter in deren heißen Mittelpunkt. Und dort wartet er voller
Ungeduld, der zweitausend Ellen (gut 1,5 Kilometer) große Teufel,
raffgierig und zähnefletschend auf die verlorenen Seelen. Dass ein
angeblich allmächtiger Gott bis heute nicht mit ihm fertig wird, beweist zwangsläufig, dass er diesem Attribut nicht gerecht wird und
dass es ihn daher, zumindest in der biblisch überlieferten Version, gar
nicht geben kann. Der Gott der Bibel ist weder allmächtig noch existent, sondern lediglich ein von reichlich engstirnigen und aufgeblasenen Menschen (gemeint sind natürlich im Prinzip nur die mit Piephahn) erfundenes Konstrukt.
Bemerkenswert ist weiterhin die Tatsache, dass der Allmächtige für
die Herstellung des Menschen eine Schablone aus Lehm benötigte,
während er die Abertrillionen Tiere des Meeres, des Landes und der
Luft sozusage „e passa t“ fa izie te. Da e de Me s hen als Abbild seiner selbst sowie seiner Erzengel in Form eines männlichen Individuums herstellte, machte er ein für alle Mal klar, dass die himmlische Gesellschaft bis auf wenige Ausnahmen selbstverständlich
ebenfalls männlicher Natur sei.
Als Gott und seine Erzengel – inzwischen ohne den abtrünnigen Luzifer – sich den gerade gefertigten Erdenbürger so angesehen haben,
kamen sie zu dem Schluss, dass dieser allein wohl kaum über die
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ganze Erde herrschen könne, und dass es auch mit der angestrebten
Vermehrung Probleme geben könnte.
Und Jahwe Gott sprach: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein
sei; ich will ihm eine Hilfe machen, seines Gleichen.“ Und Jahwe
Gott ließ einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, und er entschlief. Und er nahm eine von seinen Rippen und verschloss die
Stelle mit Fleisch; und Jahwe Gott baute aus der Rippe, die er von
dem Menschen genommen hatte, ein Weib, und er brachte sie zu
dem Menschen.“ (1. Mose 2, 18, 21-22)
Gott stuft also den zuerst erschaffenen Mann mehrmals als Mensch
ein, bezeichnet das peripher zusammengebastelte Weib aber lediglich als Hilfe für den Menschen.
Bezeichnenderweise benötigte Gott für Eva trotz der doch im Prinzip
komplett anderen Bauweise keine Matrize, sondern stellte sie einfach aus einem Teil des Menschen her. Zu diesem frühestmöglichen
Zeitpunkt wurde also bereits der Grundstein dafür gelegt, dass
Frauen gemäß den Auslegungen der Bibel als Menschen zweiter
Klasse einzustufen waren – was sich in vielen Ländern auch bis heute
nicht geändert hat.
Warum Gott zuerst den Mann erschuf? Ist doch klar: damit die
Frau ihm nicht dreinreden konnte.
Das Weib war demzufolge von Anfang an ganz eindeutig das Eigentum ihres Mannes. Jeder Ehemann konnte unter Berufung auf die
Heilige Schrift über sie verfügen, sie verstoßen, sie als Handelsware
einsetzen, sie in die Sklaverei verkaufen oder sie notfalls auch umbringen – ganz wie es ihm beliebte. So war es von Gott gewollt und
festgeschrieben. Nachzulesen wie folgt:
„Ih Wei e , [seid u te ürfig] euren eigenen Männern, als dem
Herrn. Denn der Mann ist das Haupt des Weibes, wie auch der
Christus das Haupt der Versammlung ist; er ist des Leibes Heiland.
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Aber gleichwie die Versammlung dem Christus unterworfen ist,
also auch die Weiber ihren Männe i alle .“ Ephese , -24)
„Ei Wei le e i de Stille i alle U te ü figkeit. I h e lau e
aber einem Weibe nicht, zu lehren, noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein, denn Adam wurde zuerst gebildet,
danach Eva; und Adam wurde nicht betrogen, das Weib aber
u de et oge u d fiel i Ü e t etu g.“ . Ti otheus , -14)
„Fall i ht he ei auf die S hö heit ei e F au, egeh e i ht, as
sie besitzt. Von einer Frau nahm die Sünde ihren Anfang, ihretwege
üsse i alle ste e .“ (Sirach 25, 21, 24)
Nicht zuletzt wegen dieser bei den Männern überaus willkommenen
„göttli he Vo lage" a die Stellu g de F au au h i de Sta
esgesellschaft auf der Arabischen Halbinsel in den damaligen Zeiten
gleich die eines Sklaven, und es wurde nicht selten als Schande angesehen, wenn eine Frau ein Mädchen zur Welt brachte. Um dieser
Schande zu entgehen, wurden neugeborene Mädchen oftmals in die
Wüste gebracht und dort bei lebendigem Leibe verscharrt.
Nun – Eva passte jedenfalls mit der Art ihrer abhängigen Herstellung
hervorragend in das Konzept der Männer, da Gott eindeutig klarstellte, dass Frauen lediglich Hilfskräfte für die Geschöpfe sind, die er
Menschen nannte. Das Weib hatte sich also von Anfang an den Wünschen der Menschen mehr oder weniger bedingungslos unterzuordnen.
Nachdem Gott Mann und Frau erschaffen hatte, betrachtete er
sei We k. )ue st fiel sei Bli k auf de Ma u d e sagte: „Also,
ich muss mich selbst loben. Diese wunderbare Gestalt, die wohlgelungenen Proportionen, die vollendete Ästhetik – ein perfektes
We k!“ Da a h sah e die F au a u d ei te a hselzu ke d: „Na
ja – du usst di h halt s h i ke !“
Das rabbinische Judentum fasst die Auslegung von religiösen Texten
u te a de e i soge a te „Mid as h“ zusa
e . Na h dieser
Lehre erschuf Gott nach Adam allerdings nicht Eva zuerst, sondern
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Lilith – und zwar nicht aus Adams Rippe, sondern aus dem gleichen
Lehm! Lilith war also demgemäß als absolut gleichberechtigte Partnerin Adams anzusehen. So hat sie sich wohl auch selbst wahrgenommen, denn als Gott sie noch vor der ersten Nacht zu sich holte und zu
ihr sagte, dass sie Adam untertan sein solle, begehrte sie auf. Da sie
nicht zweite Wahl sein wollte, stritt sie sich mit Adam, ging hinaus in
die Wüste und ließ Adam im Paradies allein. In der Einöde verkehrte
Lilith sodann jeden Tag mit tausend Mischwesen (weiß der Teufel, wo
die plötzlich herkamen) und brachte täglich tausend Kinder zur Welt.
Der verlassene Adam jedoch beklagte sich bei Gott bitterlich über
seine Einsamkeit. Da der Allmächtige ein Einsehen hatte, erschuf er
sodann Eva – diesmal allerdings nicht aus Lehm, sondern aus einer
Rippe Adams. Lilith aber, die nie die verbotene Frucht vom Baum der
Erkenntnis gegessen hatte, ist seither unsterblich.
Dass die Geschichte von Lilith nicht Bestandteil der Bibel werden
konnte, ist klar. Für ein Weib, welches aufbegehrte, welches sich dem
Manne widersetzte und sogar Ansprüche auf Gleichberechtigung
stellte, war hier kein Platz. So wird Lilith auch nur ein einziges Mal in
der Bibel erwähnt – natürlich negativ. Im Buch Jesaja heißt es in einer
die Verwüstung des Landes Edom schildernden prophetischen Rede,
dass auf seinen Ruinen Tiere und andere Wesen hausen werden –
darunter auch Lilith:
„U d Wüste tie e t effe
it wilden Hunden zusammen, und Böcke begegnen einander; ja, dort rastet die Lilith und findet einen
Ruheplatz fü si h.“ Jesaja ,
Zurück zum ersten Menschen und seiner biblischen Hilfskraft. Adam
und Eva hatten das große Los gezogen. Sie lebten im Paradies, in einem Land, in dem alles im Überfluss vorhanden war, in dem sie keine
Kleidung benötigten und in dem die Produktion von Milch und Honig
nicht von Kühen und Bienen abhängig war, da im Garten Eden ganze
Bäche mit derart nahrhaften Flüssigkeiten gefüllt waren. Kurz, die
Nackedeis hatten alles, was das Herz begehrte, und sie brauchten
nichts dafür zu tun. Die einzige von Gott auferlegte Bedingung für ihr
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unbeschwertes und sorgenfreies Leben war, dass sie auf gar keinen
Fall die Äpfel eines ganz bestimmten Baumes essen durften.
Nun sollte man meinen, dass diese unbedeutende Einschränkung angesichts des Überflusses an weiteren köstlichen Nahrungsmitteln
leicht zu beachten gewesen wäre. Aber – weit gefehlt! Vielleicht
hatte Gott für die Herstellung des Weibes bei Adam die falsche Rippe
ausgewählt, oder er kannte sich damals einfach noch nicht mit den
nur in den seltensten Fällen vorhersehbaren Reaktionen von Frauen
aus. Jedenfalls lief die Sache total aus dem Ruder. Eva, das dumme
Luder, fiel doch tatsächlich auf die Überredungskünste einer
Schlange herein!
Zu ihrer Entlastung könnte man allerdings anführen, dass sie damals natürlich noch nicht wissen konnte, dass sich hinter der
Schlange (die zu dieser Zeit übrigens noch richtige Beine hatte)
der abgefeimte Beelzebub persönlich verbarg.
Gott der Allmächtige hatte offensichtlich nicht nur bei Luzifer, sondern auch bei der Fabrikation der Frau geschludert. Ihm war wiederum ein zwar kleiner, dafür aber gentechnisch betrachtet umso bedeutsamerer Fehler unterlaufen: Die aus Adams Rippe Erschaffene
war neugierig – woran sich bis heute ja auch nicht viel geändert hat.
Jedenfalls vertraute Eva auf die listigen Worte der Schlange, pflückte,
ohne groß nachzudenken, den Apfel von dem verbotenen Baum und
veranlasste ihren Lebensgefährten, die Frucht gemeinsam mit ihr zu
vertilgen.
Gott war außer sich! Wie konnten sie es wagen? Die Strafe folgte auf
dem Fuß: Adam und Eva wurden auf der Stelle aus dem Garten Eden
vertrieben und mit der herrlichen Bequemlichkeit war es ein für alle
Mal vorbei. Von Stund an hatte Eva die Leiden der Kindsgeburt zu
ertragen und Adam musste zwecks Nahrungssicherung harte und
mühselige Arbeiten auf dem Acker verrichten. Dass er das wohl eini-
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germaßen unbeschadet überstanden hat, lässt die biblische Überlieferung vermuten, demgemäß er immerhin neunhundertdreißig Jahre
alt wurde.
„U d Ada le te hu de td eißig Jah e u d zeugte ei e Soh i
seinem Gleichnis, nach seinem Bilde, und gab ihm den Namen
Seth. Und die Tage Adams, nachdem er Seth gezeugt hatte, waren achthundert Jahre, und er zeugte Söhne und Töchter. Und alle
Tage Adams, die er lebte, waren neunhundertdreißig Jahre, und
er starb. (1. Mose 5, 3-5)
Gott bestrafte das erste Menschenpaar also überaus drakonisch,
wenn man bedenkt, dass es ihm nur einen Apfel entwendet hatte.
Die Schlange, die seines Erachtens an der ganzen Misere eine gehörige Portion Mitschuld trug, bekam auch ihr Fett weg. Er beraubte sie
ihrer Beine – was aus rein optischen Gründen aber eher eine Verbesserung darstellte.
Damit sollte es eigentlich genug sein, aber der von den Menschen erfundene Gott war sehr nachtragend und äußerst rachsüchtig. Wenn
James Ussher Recht hatte und die Erde 4004 v. Chr. entstanden ist,
muss Gott wohl sehr lange darüber nachgedacht haben, wie er die
Schuld des ersten Menschenpaares sühnen könnte. Erst nach mehr
als viertausend Jahren quälender und verzweifelter Suche, zeichnete
sich langsam die rettende Lösung des Konflikts ab.
Den vor langer Zeit von Adam und Eva begangenen Frevel einfach zu
vergeben, kam für ihn natürlich nicht infrage. Also gelangte er zu der
Überzeugung, dass die endgültige Tilgung dieser menschlichen Ursünde, die ihm tausende Jahre schlafloser Nächte bereitet hatte, nur
machbar sei, wenn möglichst ein Mitglied seiner eigenen Familie hingerichtet würde – sinnvollerweise durch die seinerzeit von ihm selbst
aufwändig modellierten menschlichen Geschöpfe. Die göttliche Idee
war jedoch wider Erwarten nicht so richtig ausgereift, denn – eine
eigene Familie hatte der Allmächtige leider nicht. Er konnte weder
auf Vater und Mutter noch auf Geschwister oder eigene Kinder zurückblicken, und zu allem Überfluss war er auch noch Single. Wie
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sollte unter diesen Voraussetzungen ein Familienmitglied für die
fürchterlichen Vergehen des ersten Menschenpaares einstehen? Die
Lösung dieses Dilemmas war aber schnell gefunden: Um den Obstdiebstahl ungeachtet dessen wieder aus der Welt schaffen zu können, wollte Gott nunmehr höchstpersönlich mit einer menschlichen
Jungfrau einen Sohn zeugen, der später für das ungeheuerliche, verabscheuungswürdige und über alle Maßen entsetzlich schreckliche
Apfelklau-Verbrechen unsäglich büßen sollte.
Davon, dass ein omnipotenter Gott sich zwecks Fortpflanzung explizit einer menschlichen Jungfrau bedienen musste, war ja eigentlich nicht unbedingt auszugehen. Möglicherweise hatte den
Allmächtigen aber die o ih sel st e fu de e „te h is he Ausfüh u g“ de Rep oduktio , die eka termaßen bei sämtlichen
von ihm geschaffenen Kreaturen auf begeisterte Zustimmung
stieß, so inspiriert, dass er sie unbedingt persönlich ausprobieren
wollte. Natürlich könnte ihm aber auch der Lehm für die Herstellung einer neuerlichen Schablone ausgegangen sein.
Das Bußkonzept jedenfalls war im Nachhinein betrachtet einfach brillant – auf so etwas muss man erst einmal kommen! Irgendein Dieb
klaut einem Großgrundbesitzer einen Apfel, und zur Strafe dafür lässt
der Eigentümer der Obstplantage seinen eigenen Sohn umbringen.
Das ist überragend! Eine derart souveräne Inspiration ist einfach genial, erfrischend innovativ und eindeutig kaum zu übertreffen. Es gehört haufenweise logisches Denkvermögen und unglaublich viel
Sachverstand dazu, einen kleinen Dieb mehr oder weniger unbestraft
zu lassen und stattdessen ein Mitglied seiner eigenen Familie zu massakrieren. Auch wenn sich diese seltsame Logik nicht jedem erschließt, sind religiöse Fanatiker seit nunmehr ca. zweitausend Jahren bereit, dieses mit Sicherheit nicht göttliche, sondern eher bodenlos teuflische Verhalten vorbehaltlos gutzuheißen – auch wenn die
damalige Aktion an Abartigkeit und Perversion kaum zu überbieten
ist.
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Aber auch das reichte Gott noch nicht aus. Um den Effekt zu verstärken, sollte der über alles geliebte Sohn vor Vollstreckung der Todesstrafe auch noch möglichst brutal und bestialisch gefoltert werden.
Und so kam es dann auch, aber darüber später mehr.
Es mutet höchst seltsam an, dass Gott damals auf die naheliegende Idee, Adam und Eva als Verursacher des unfassbaren Verbrechens kurzerhand zu liquidieren und sodann ein neues Menschenpaar zu schaffen, einfach nicht gekommen ist. Wäre das
nicht einleuchtender und gerechter gewesen, als vor ca. zweitausend Jahren ausgerechnet auf unserem Mückenschiss von Planeten einen menschlichen Sohn zu zeugen, ihn dann als halluzinierenden Frömmler durch die Lande zu schicken und ihn anschließend ans Kreuz nageln zu lassen?
Zu der Zeit, als die Genesis niedergeschrieben wurde, bestand für die
Menschen die Welt nur aus dem von ihnen besiedelten Land, dem
Wasser in Flüssen und Meeren, den Pflanzen und Tieren des Wassers,
des Landes und der Luft sowie den großen und den kleinen am Himmelsgewölbe anmutig drapierten Leuchten und Lämpchen. Nur diese
sichtbaren Dinge deuteten sie als das, was Gott je geschaffen hatte.
Mehr war für sie unvorstellbar. Von der Größe der Erde, den riesigen
Ausmaßen unserer Milchstraße, den Milliarden Galaxien mit ihren jeweils mehreren hundert Milliarden Sternen und Planetensystemen,
sowie den unvorstellbaren Dimensionen des wohl endlosen Universums, hatten sie natürlich keinen blassen Schimmer. Für sie hatte der
Allmächtige nur das geschaffen, was sie sahen bzw. interpretierten,
und daher konnte die Schöpfungsgeschichte zwangsläufig auch nur
in dieser Form Bestandteil der biblischen Aufzeichnungen werden –
weil sie eben nicht von Gott, sondern von reichlich albernen und einfältigen menschlichen Narren geschrieben wurde.
Wer aber nun meint, dass das bisher Geschilderte lediglich in der antiken Welt ernst genommen wurde, liegt gewaltig daneben. Dieser
gesammelte Schwachsinn ist Status quo und wird demgemäß auch
heute noch von Milliarden Menschen für die reine und unumstößliche Wahrheit gehalten. Dabei ist schon aus den ersten Kapiteln der
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Bibel klar ersichtlich, dass sie nicht von dem Gott verfasst wurde, den
uns die verschiedenen Religionen aufs Auge drücken wollen, sondern
dass sie mit zweifelsfreier Sicherheit von irgendwelchen stumpfsinnigen und vernagelten Quacksalbern geschrieben wurde, deren Fantasievorstellungen damals noch nicht mit den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu widerlegen waren.
Unverständlich ist jedoch, dass es in unserem aufgeklärten Zeitalter
immer noch Unmengen von Menschen gibt, die zum Beispiel die Bibel, die Thora oder den Koran buchstäblich wörtlich nehmen und die
dort von Gott geforderten, bluttriefenden Gewaltanwendungen mit
kaum noch zu übertreffendem Enthusiasmus bis zum Exzess in die
Tat umsetzen. Na ja, Verstand ist halt das Einzige, was man verlieren
kann, ohne es je besessen zu haben.
Mediziner haben festgestellt, dass für religiöse Verblendungen
höchstwahrscheinlich unterversorgte Bereiche im Stirnlappen des
menschlichen Gehirns zuständig sind. Bei Christen können solche
neuronalen Anomalitäten durchaus Marienerscheinungen auslösen. Im Nahen Osten auch Sprengungen!
Ein Mann möchte seinen toten Hund auf dem Friedhof begraben.
Der katholische Priester lehnt das Ansinnen ab, weil der Friedhof
nur gläubigen Katholiken vorbehalten sei. Er sagt zu dem Mann:
„Ve su he Sie es do h ei den Evangelischen – für Geld machen
die ja fast alles!“ De Ma : „I O d u g. Noch eine Frage: Glauben Sie, dass für die Beerdigung des Tieres zweitausend Euro reihe ?“ Da auf de P ieste : „Mo e t mal – einen Augenblick
bitte! Warum sagen Sie denn nicht gleich, dass der Hund katholisch war!
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Wie Religionen tatsächlich entstanden
Wenn man die Schöpfungsgeschichte in der aus heutiger Sicht unbeschreiblich anmaßenden, zynischen und arroganten Bibeldarstellung
nicht so ernst nimmt, wie haben sich Religionen dann tatsächlich entwickelt?
Irgendwann in grauen Vorzeiten, jedenfalls vor mehr als einer Million
Jahren, gelang es einem Lebewesen auf dem Planeten Erde Verstand
auszubilden. Es wurde während seiner evolutionsbedingt fortschreitenden Entwicklung zum bis heute einzigen Lebewesen, welches sich
seines Lebens – und somit auch seines Todes – bewusst wurde. Aufgrund dieser Erkenntnis erhob es sich über alle anderen Lebewesen
und nannte sich fortan Mensch. Dass auch er nur ein Säugetier von
vielen ist, kam ihm nicht in den Sinn. Die klare Abgrenzung zu anderen Lebensformen, die er Tiere und Pflanzen nannte, war für ihn unabdingbar, weil er sich durch seine eingebildete Ausnahmeerscheinung für etwas ganz Besonderes hielt. Voller Hochmut und Anmaßung kam er zu der Überzeugung, dass er aufgrund seines einzigartigen Bewusstseins mit zweifelsfreier Si he heit die „K o e de S höpfu g“ sei. In Wahrheit jedoch, sind auch die heute lebenden Menschen nur die Neandertaler von morgen.
Verstand ist nicht gleichzusetzen mit Intelligenz oder Instinkt. Natürlich gibt es sehr viele Tiere mit ausgeprägtem Instinkt und mit erstaunlicher bis sensationeller Intelligenz, aber – „Ve sta d“ ha e sie
nicht. Hier einige Beispiele:

Wenn Vögel in einer Höhe von ca. einem Meter über die Straße
fliegen, sind sie intelligent genug, um den dort heranbrausenden Fahrzeugen mit akrobatischen und atemberaubenden
Flugmanövern auszuweichen. Bis auf die, die trotz aller Vorsicht
und Schnelligkeit an die Windschutzscheibe des nächstbesten
Autos klatschen. Hätten die Tiere Verstand, würden sie längst
erfasst haben, dass sie jede Straße völlig relaxt und gefahrlos
überqueren könnten, wenn sie dabei eine Mindesthöhe von ca.
drei bis vier Metern einhalten würden.
24

In Kenia fließt durch den Massai-Mara-Nationalpark der Mara
River. Dieser wird zweimal im Jahr von riesigen Tierherden, die
aus jeweils Tausenden von Gnus und Zebras bestehen, überquert – ausgerechnet an einer Stelle mit extrem unzugänglichen Steilufern. Zwar sind die Tiere intelligent genug, um durch
den Fluss zu schwimmen, weil sie nur auf der anderen Seite frisches Futter finden, aber – Verstand haben auch sie nicht. Sie
könnten nahezu gefahrlos das gegenüberliegende Ufer erreichen, wenn sie nur ein paar Hundert Meter entfernt den Fluss
überqueren würden. Dort gibt es keine Steilufer, in denen sich
fatalerweise einige dieser Tiere die Beine brechen und es gibt
auch kaum Krokodile, die ihnen nach dem Leben trachten. Doch
sie zwängen sich ohne Rücksicht auf eigene Verluste in einem
irrsinnigen Gedränge durch dieses nur wenige Meter breite Nadelöhr – ohne Sinn und Verstand. Sie können nicht anders, weil
sie es schon seit Jahrtausenden so gemacht haben.

Ein Rudel Löwen verfolgt eine Herde Büffel, die aus mehreren
Hundert Tieren besteht. Die Büffel fliehen instinktiv und so
schnell wie möglich. Warum? Weil auch sie das schon immer so
gemacht haben – ebenfalls seit Tausenden von Jahren. Hätten
sie Verstand, dann wären sie sich ihrer gigantischen Kräfte, die
die der Löwen um ein Vielfaches übersteigen, bewusst. Statt tatenlos zuzusehen, wie diese genüsslich einen ihrer Artgenossen
verspeisen, würden sie den Spieß einfach umdrehen und ihrerseits in geschlossener Formation die Löwen jagen. So wäre auch
durchaus denkbar, dass sich mehrere Bullen zusammenschließen, weil sie nur zu ihrem Privatvergnügen oder auch aus purer
Langeweile gerne ein paar Löwen (die nicht einmal auf der Jagd
nach ihnen sind) aufmischen möchten. Wahrscheinlich müssten sich die chancenlosen Raubkatzen infolge ihrer traumatischen Erlebnisse anschließend in psychiatrische Behandlung
begeben.

Affen, deren Gene zu immerhin ca. 98 % mit denen von Menschen übereinstimmen, würde man noch am ehesten Verstand
zutrauen. Obwohl diese Tiere überaus intelligent und äußerst
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gewitzt sind, trifft diese Aussage aber auch hier nicht zu. In dem
ielfa h ausgezei h ete Doku e ta fil „Die lustige Welt de
Tiere“ i d u te a de e gezeigt, ie ei af ika is he Bus hmann einen Affen fängt. Dieser soll ihm später verraten, wo sich
ihm bekannte Wasserstellen befinden. Der Buschmann bohrt in
das weiche Gestein eines Hügels ein kleines Loch, welches er in
der Tiefe etwas erweitert. In dieser Mulde deponiert er anschließend einige schmackhafte Nüsse. Er achtet sehr darauf,
dass der in einiger Entfernung sitzende Affe jede seiner Bewegungen genau verfolgen kann. Dann entfernt er sich und beobachtet das Tier aus einem Versteck. Der äußerst neugierige
Affe muss jetzt natürlich unbedingt wissen, was sich in dem
Loch befindet. Er greift in die Öffnung, die gerade so groß ist,
dass sein Arm hindurch passt, und nimmt sich die Nüsse. Das
Problem ist nur, dass die jetzt zur Faust geballte Hand des Tieres
nicht mehr durch die kleine Öffnung passt. Als der Buschmann
sich ihm nähert, zieht und zerrt der Affe verzweifelt an seinem
Arm und schreit vor lauter Angst wie am Spieß. Er hätte mehr
als ausreichend Zeit, um zu fliehen, aber auf die Idee, die Nüsse
einfach loszulassen, kommt er nicht. So wird der Affe ganz
leicht gefangen, weil auch er mangels Verstandes die physikalisch kausalen Zusammenhänge nicht begreift.
Wie aber ging das Lebewesen Mensch mit der Erkenntnis um, dass es
endlich ist, dass es irgendwann stirbt? Während Tiere und Pflanzen
darüber mangels Bewusstseins nicht nachdenken, war dieser Gedanke für den Menschen unerträglich. Dass von ihm am Ende seiner
Tage nichts mehr bleiben sollte, machte ihn fast wahnsinnig. So etwas war für ihn unvorstellbar – das konnte er einfach nicht akzeptieren. Aus diesem Grunde hat er vor vielen Tausend Jahren die Religion
erfunden, auch wenn sie damals natürlich noch nicht so genannt
wurde. Nur mit der Flucht in das Übersinnliche konnte er den Tod
überlisten, um sich durch die ersonnene Wiedergeburt und das
Ewige Leben ein wie auch immer geartetes Überleben zu sichern.
In den Anfängen glaubten unsere geistig noch nicht so fortgeschrittenen Vorfahren, dass die Menschen sich nach ihrem Ableben in
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Bäume, Berge oder Tiere verwandeln und deren magische Kräfte
übernehmen würden.
Der Glaube an die Übertragung magischer Tierkräfte trifft leider
zum Teil auch heute noch zu. Wenn man manche Praktiken, zum
Beispiel die des Homo sapiens vorwiegend asiatischer Abstammung, analysiert, stellen sich doch erhebliche Zweifel an der fortwährend positiven Entwicklung des menschlichen Verstandes ein.
Wie viele Tiere auch heute noch auf zum Teil bestialische Weise
verstümmelt oder umgebracht werden, nur um beispielsweise
Haifischflossen, Tigerhoden oder Rhinozeroshörner zum Aufpolieren der nachlassenden Libido zu verspeisen, ist in höchstem Maße
dekadent und einfach nur widerlich.
Mit der Zeit wurden die Ansprüche aber größer. Jetzt wurden Himmelserscheinungen favorisiert, die man über lange Zeiträume hinweg
beobachtet und ehrfürchtig bewundert hatte. Wer wollte jetzt schon
als Baum wiedergeboren werden, wenn er auch ein Komet, ein Planet, oder gar ein Stern sein konnte? Die Mächtigen jener Zeit maßten
sich sogar an, nach ihrem Tod den Platz der Sonne einzunehmen, von
der man damals noch nicht wusste, dass sie ein ganz normaler und
eher durchschnittlicher Stern ist.
Da alle Religionen – inklusive ihrer Vorläufer – nicht auf Tatsachen,
sondern auf Glauben beruhen, konnten deren Erfinder zu jeder Zeit
und nach freiem Ermessen irgendwelche Behauptungen aufstellen,
die ihre fassungslosen und verblüfften Anhänger natürlich auf gar
keinen Fall durchschauen durften. Damit sicherten sie ihren Wohlstand, der anfangs wohl nur darin bestand, sich möglichst ohne körperliche Arbeit regelmäßige Nahrung zu sichern.
Aber die gerissenen Schlitzohren wurden mit diesem Sonderstatus
auch von Jahr zu Jahr mächtiger. Die Medizinmänner, Zauberer,
Wahrsager und Propheten früherer Kulturen, die zum Beispiel als
erste Sterndeuter eine Sonnenfinsternis vorhersagen konnten, waren hoch angesehene Männer, die ihr Halbwissen schamlos dazu
nutzten, ihre Mitmenschen zu betrügen und skrupellos einzuseifen.
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Zur Not half auch etwas Hokuspokus und alle Zweifler erstarrten vor
Ehrfurcht. Die Scharlatane jener Zeit mussten nie etwas beweisen,
sondern nur ihre Anhänger bei Laune halten – mit allen Mitteln.
Keine Frage, dass diese ungeahnten Möglichkeiten reichlich genutzt
wurden. Das ist auch heute nicht anders, als vor Tausenden von Jahren:
Das Geschäft mit der Religion blüht!
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Der Allmächtige fliegt gutgelaunt über Afrika. In seiner euphorischen Stimmung beschließt er spontan, einhundert schwarzen Afrikanern einen beliebigen Wunsch zu erfüllen.
Er lässt die hundert auserwählten Schwarzen in einer Reihe antreten und f agt de e ste : „Di
i d ein Wunsch erfüllt. Was
ü s hst du di a seh li hste ?“
De S h a ze: „I h ö hte ge e eiß sei .“
Gott erfüllt ihm den Wunsch und sagt zu dem nächsten Schwarzen:
„Au h du hast einen Wunsch frei. Was darf es sein?“
De S h a ze: „Ich möchte auch weiß sei .“
Das war für Gott natürlich kein Problem. Es wunderte ihn nur, dass
alle Schwarzen, die in der Reihe noch folgten, denselben Wunsch
äußerten. Jeder wollte weiß sein! Dann bemerkte er, dass der
Letzte in der Warteschlange feixte und sich anscheinend tierisch
amüsierte. Als die Reihe an ihn kam, fragte Gott:
„U d, mein Sohn? Möchtest du ebenfalls eiß sei ?“
„Nei “, g i st de S h a ze, „i h ö hte, dass alle in der Reihe
iede s h a z e de .“
Ein Mann kommt in die Hölle und wundert sich, dass er dort nur
fröhliche Menschen sieht. Es gibt reichlich Alkohol und Zigaretten,
u d a feie t ilde O gie . F agt e de Teufel: „Was ist de
hie los? Kei Feue , kei e S h e ze , kei e Hölle uale ?“ )eigt
der Satan ihm einen anderen Teil der Hölle, in dem die Menschen
im lodernden Feuer schmoren und entsetzlich gequält werden. Auf
de f age de Bli k des Ma es sagt de Teufel: „Hie le e u
die Christen – die olle das so!“
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Religion im Altertum
Das staatlich verordnete, strenggläubige Christentum präsentierte
sich seinerzeit als brandneue Offenbarung. Doch verknüpft man eine
Verbindung zum Altertum, erscheint es in einem völlig anderen Licht.
Bereits Tausende Jahre vor dem Christentum verkörperte im Alten
Ägypten jeder Pharao den Sohn von Osiris, also den Sohn Gottes. Von
Alexander dem Großen weiß man, dass er im damaligen griechischen
Reich die gesamte mediterrane Welt zwangsvereinte. Seine Mutter
war eine Eingeweihte des Dionysoskultes und sie bestärkte Alexander in der Illusion, er allein verkörpere zeit seines Lebens die von Gott
gewollte Vollkommenheit. Auch Julius Cäsar war seinerzeit der Sohn
einer Gottheit; eine göttliche Abstammung, auf die sich alle späteren
Kaiser beriefen.
In der Antike war die Vorstellung göttlicher Herkunft weit verbreitet.
Viele der damals Strenggläubigen bezeichneten sich selbst als Sohn
Gottes. Dieser Ausdruck hatte zu jener Zeit eine ähnliche Bedeutung,
wie heute zum Beispiel der Titel Dr. der Theologie. Ein Sohn Gottes
war also jemand, der göttliche Erkenntnis erlangt und auch danach
gelebt hat. Diese Bezeichnung war lediglich eine Metapher, ein bildhaftes Gleichnis, welches speziell in der römischen Welt weit verbreitet war.
Der Begriff Sohn Gottes war damals aber nicht nur ein Ehrentitel für
Gläubige und Wissende, sondern durchaus auch für mächtige Herrscher. Wie bereits erwähnt, nahm jeder Kaiser seinerzeit diese Bezeichnung wie selbstverständlich für sich in Anspruch. Der spätere
Religionsstifter Jesus von Nazareth jedoch war keinesfalls der eingeborene Sohn Gottes. Er hat sich selbst auch nie so bezeichnet. Glaubt
man dem Markusevangelium, sah Jesus sich selbst als Sohn der Menschen.
Versprochen sind in der christlichen Religion die Erlösung von allem
Übel und ein ewiges Leben nach dem weltlichen Tod. Jesus von Nazareth hat jedoch nie die Auferstehung als Offenbarung verkündet –
ganz im Gegenteil. Diese Einschätzung trifft viel eher auf die Alten
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Ägypter zu, die sich damals um das Ewige Leben ihres Körpers große
Sorgen machten.
Lange vor der Herrschaft der Pharaonen und Tausende Jahre vor dem
Christentum, bescherte Gott Osiris den Ägyptern Wissen und Zivilisation. Nachdem ihm böse Kräfte den Tod brachten, lebte er unsterblich im Sternbild des Orion fort. Doch der Osirismythos ist nicht der
einzige Vorläufer für die spätere Konzeption des Christentums. Nehmen wir Dionysos, den Sohn von Zeus. Wörtlich übersetzt bedeutet
Dionysos Gottes Sohn. Auch dieser griechische Gott wurde als Erlöser
verehrt. Auch ihm wurde mit Brot und Wein gehuldigt, um an sein
Opfer für die Menschheit und an seinen grausamen Tod am Kreuz zu
erinnern. Er ist als die griechische Version des ägyptischen Gottes Osiris auferstanden und gen Himmel gefahren – lange vor dem biblischen Christus.
Der Fairness halber muss man hier allerdings anmerken, dass die
Schilderungen des Ablebens von Dionysos in den römischen bzw.
griechischen Mythologien sehr stark voneinander abweichen.
Von den Heiden wurde einst der Licht- und Sonnengott Mithra, eine
Gottheit persischen Ursprungs, als Erlöser verehrt. Er war der Weitschauende, immer Wachende, der jedes Unrecht sah. Mit dem späteren biblischen Christus hatte Mithra gemeinsam, dass auch er vom
Gott des Himmels ausgesandt wurde, um das Böse zu besiegen. Mit
dem Christentum gemeinsam hatte der Mithrakult eine Art Abendmahl, das aus Brot, Wasser und Wein bestand, den Glauben an das
Jüngste Gericht, die Akzeptanz von Himmel und Hölle und die Taufe.
Mithra wurde genau wie Christus am 25. Dezember, also zum Zeitpunkt der Wintersonnenwende, als Sohn Gottes von einer Jungfrau
geboren. Ihm folgten zwölf Jünger und er war, wie Christus, die Wiedergeburt Gottes und der Sohn einer sterblichen Frau. Auch er vollbrachte Wunder und verwandelte bei einer Hochzeit Wasser in Wein.
Seinen Anhängern predigte er:
„We
i ht o
ei e
Blute t i kt, e fäh t kei e E lösu g“.
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Er starb zu Ostern, wiederauferstand aus einem Felsengrab nach drei
Tagen, fuhr gen Himmel und versprach seine Wiederkehr zum Jüngsten Gericht, um über die auferstandene Menschheit zu richten. Der
Mithrakult entstand in Kleinasien im 14. Jahrhundert vor Christus.
Aus dem iranischen Gott Mithra ging später die römische Göttergestalt Mithras hervor, die in etwa zeitgleich neben dem frühen Christentum existierte und die von den damaligen römischen Soldaten
überaus verehrt wurde. Mithras weist jedoch große Unterschiede zu
Mithra auf, sodass die beiden Götter trotz des gemeinsamen Ursprungs nicht gleichgesetzt werden können – sie stehen nur in indirekter Beziehung zueinander.
In der modernen Forschung wird die These vertreten, dass der
wesentlich später anzusiedelnde römische Mithraskult im Prinzip
eine Neuschöpfung war, die von der iranischen Mithrakultur nur
peripher beeinflusst wurde. Angeblich hat ein unbekannter Stifter
im ersten Jahrhundert nach Christus diese Kultur unter Rückgriff
auf einige orientalische Elemente ins Leben gerufen.
Der heidnische Glaube war jedenfalls seinerzeit hoch entwickelt und
weit verbreitet. Vieles, was man später dem Christentum zuschrieb,
entstammte ursprünglich heidnischer Philosophie. Diese Religionen
waren sehr kultiviert und alles andere als primitive Götzenverehrung,
wie uns das Christentum heute glauben machen will. Viele der Begebenheiten, die wir Christus zuschreiben, existierten bereits in den Geschichten von Osiris, Mithras und Dionysos. Die Juden haben die
meisten dieser Geschehnisse einfach auf Josua (Jesus) als ihren Messias übertragen und ihn damit ebenfalls in einen wiederauferstandenen Gottmenschen verwandelt. Das Christentum hat bei diesen und
vielen anderen Kulturen seine Anleihen genommen, indem der Mythos einfach geringfügig angepasst und dann übertragen wurde. Man
könnte es auch deutlicher sagen: Die Jesusgeschichte ist eine triviale,
anspruchslose Imitation. Sie ist lediglich ein billiger Abklatsch von
vorgetäuschten Begebenheiten, die vertrauensseligen Trotteln schon
Hunderte Jahre zuvor ebenfalls als göttliche Wahrheit verkauft wurden.
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Ein Arzt, der seinen Patienten gründlich untersucht hat, ist mit
dem Ergebnis sehr zufrieden. Zum Abschluss fragt er ihn:
„U d it de Se ist au h o h alles i O d u g?“
A t o tet de Ma : „Do h – sicher! So zweimal pro Monat geht
es s ho .“
Meint de A zt: „Na – bei Ihrer Konstitution sollte es aber mindeste s z ei al p o Wo he klappe .“
Sagt de Patie t: „Wü de es ja auch, aber als katholischer Priester
auf dem La d ist das i ht so ei fa h!“
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Das schreckliche Alte Testament
In der damaligen Zeit, als schriftliche Aufzeichnungen so gut wie unbekannt waren, regierten die Geschichten- und Märchenerzähler, die
bekanntermaßen gerade in den orientalischen Gebieten schon immer Hochkonjunktur hatten. Die meist etwas betagten Publizisten
hatten ja auch den ganzen Tag Muße, um ihren Fantasien freien Lauf
zu lassen und sich die abenteuerlichsten Geschehnisse auszudenken.
Mit der Zeit glaubten sie auch selbst an ihre Geschichten, die sich
meist aus wenigen tatsächlichen Ereignissen, dafür aber umso mehr
aus Unmengen hinzugedichteter Begebenheiten zusammensetzten.
Diese Geschichten, die zwangsläufig fast immer nur auf Hörensagen
beruhten und die Tag für Tag über Monate, Jahre und Generationen
hinweg weitererzählt wurden, hat man dann dem gemeinen Volk als
Wahrheit verkauft.
Die widersprüchlichen Aussagen von Augenzeugen führen auch
heute noch regelmäßig zu ungeahnten Fehlinterpretationen. Auch
grundsätzlich ehrliche, glaubhafte und eigentlich über alle Zweifel erhabene Menschen neigen dazu, das zu sehen, was sie sehen wollen
und nicht das, was sich wirklich zuträgt. Davon kann jeder Kriminalbeamte, der die Einzelvernehmung von sogenannten Augenzeugen
durchführt, ein Lied singen. Es kommt nicht selten vor, dass der eine
oder andere Beobachter eine vollkommen diametrale Darstellung
von dem schildert, was seine ebenfalls präsenten Mitmenschen gesehen haben – oder gesehen haben wollen. Diese Versionen weichen
oftmals in einem derart signifikanten Maße voneinander ab, dass es
einem schlicht die Sprache verschlägt. Und trotzdem ist jeder der Augenzeugen bereit, die Richtigkeit seiner Version notfalls auch zu beeiden.
Wie gesagt – dieses Verhalten ist absolut menschlich, und eine böswillige Absicht sollte man bei einer eventuellen Fehleinschätzung niemandem unterstellen. Heute werden natürlich alle Aussagen, die
man Polizeibeamten gegenüber macht, peinlich genau protokolliert
und anschließend auf ihren Wahrheitsgehalt hin untersucht. Das war
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früher, als noch kaum ein Mensch lesen und schreiben konnte, natürlich ganz anders. Eine wahre Begebenheit – oder auch nur ein Gerücht – verbreitete sich auch damals schon rasend schnell. Und damals wie heute wurde ein Ereignis, unabhängig davon, ob es sich tatsächlich zugetragen hatte, fast genauso rasend schnell verfälscht. Jemand, der sich im Nachbarort morgens leicht verletzt hatte, war gemäß bestens informierten Mitmenschen gegen Mittag schon todkrank, lag nachmittags im Sterben und weilte spätestens am frühen
Abend nicht mehr unter den Lebenden. Und so konnte es auch passieren, dass ein Dritter, der einige Tage später in eben diesem Nachbarort den inzwischen Genesenen kreuzfidel und putzmunter erlebt
hatte, davon ausging, dass er wohl vom Tode auferstanden war.
Auch wenn die Geschichte später mit hoher Wahrscheinlichkeit revidiert wurde, war es durchaus an der Tagesordnung, dass einige Menschen das nicht mitbekommen hatten. Zum Beispiel, weil sie sehr abgeschieden wohnten, oder weil sie inzwischen weitergezogen waren.
Diese Menschen gingen daher mangels besseren Wissens noch immer davon aus, dass es da irgendjemandem gelungen war, den Tod
zu überlisten. Und so wurde die Geschichte dann auch weitererzählt.
Eine landesweite Berichtigung der falsch interpretierten Ereignisse
war damals natürlich wegen der noch nicht erfundenen Berichterstattung durch Print- oder Fernsehmedien nicht möglich. Jetzt kann
man sich leicht ausmalen, was aus so einer Geschichte wurde, wenn
sie nicht nur über Monate und Jahre, sondern sogar über viele Generationen weitererzählt wurde.
Besonders beliebt bei den unterdrückten Völkern, von denen es damals eine Menge gab, waren die Geschichten von der heiß ersehnten
Befreiung ihres besetzten Landes bzw. ihres versklavten Volkes. In
den alttestamentarischen Prophezeiungen war dafür immer ein heroischer Held mit übermenschlichen Fähigkeiten bzw. ein von Gott
gesandter Erlöser oder Heiland zuständig. So erwartete auch das Volk
der von den Römern geknebelten Juden sehnsüchtig einen Messias –
einen Garanten für die Freiheit, der gemäß den uralten Überlieferungen irgendwann aus dem Hause König Davids hervorgehen würde.
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Die Befreiung durch einen Volkshelden, der für seine rechtlosen Mitmenschen trotz erheblicher Beeinträchtigungen unter Einsatz seines
Lebens gegen die Obrigkeit kämpfte, war noch bis in das späte Mittelalter sehr populär. Jedes Land, in dem große Teile der Bevölkerung
von einer herrschenden Minderheit geknechtet, gedemütigt und ausgenutzt wurden, hat zu allen Zeiten solche Helden hervorgebracht.
Diesen wurden von Jahr zu Jahr, auch wenn es sie nie gegeben hatte,
oder sie schon längst nicht mehr unter den Lebenden weilten, die
tollkühnsten Fähigkeiten angedichtet, und diese wurden sodann in
schöner Regelmäßigkeit immer mehr ausgeschmückt und weitererzählt. Die couragiertesten Handlungen der Haudegen wurden in den
ihnen gewidmeten Balladen fortwährend hinzuerfunden, umgedichtet, weiterentwickelt und miteinander verschmolzen.
So hatten die Engländer ihren Robin Hood, der die Witwen und Waisen beschützte und der als Rächer der Enterbten bekannt geworden
war, die Schweizer ihren Armbrust-Scharfschützen Wilhelm Tell und
die Norddeutschen ihren Freibeuter Klaus Störtebeker.
Das war übrigens der, der nach seiner Enthauptung zwar kopflos,
aber immer noch aufrecht gehend, an elf seiner Gefährten vorbeiging, um diese vor der Hinrichtung zu bewahren. Was letztlich
aber vergeblich war, da anschließend trotz gegenteiliger Abmachung auch seine Anhänger geköpft wurden.
Dann gab es noch Johannes Bückler, besser bekannt unter dem Namen Schinderhannes, dem nach einem räuberischen Leben die Guillotine zum Verhängnis wurde und den Freiheitskämpfer Andreas
Hofer, der seine Tiroler gleich dreimal siegreich im Kampf gegen die
Truppen Napoleons anführte und später, nachdem er von seinem
Landsmann Franz Raffl gegen eine Belohnung von tausendfünfhundert Gulden verraten wurde, von einem Erschießungskommando liquidiert wurde. Nachdem er von der ersten Exekutionssalve der nicht
sehr zielsicheren Soldaten nur verletzt wurde, soll er angeblich ausge ufe ha e : „A h, ih F a zose s hießt so s hle ht!“
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Das sind nur einige wenige Beispiele. Es gibt Unmengen von weiteren
Erlösern, Rettern und Heilanden, die zu allen Zeiten gegen das Unrecht eingeschritten sind, und alle haben sie eines gemeinsam, nämlich den erlittenen, märtyrerhaften Heldentod.
Der gewaltsame Tod eines Befreiers war schon immer unabdingbare
Voraussetzung dafür, dass dieser im Volksglauben ewig weiterlebte,
und das war bei Jesus von Nazareth nicht anders. Die Menschen erwarteten sehnsüchtig einen Messias, einen Gesalbten, der das Ende
der Unterdrückung durch die Römer einläuten sollte. Es schlug damals die große Stunde der Revolutionäre, der Propheten und wohl
sicher auch der Scharlatane. Wissenschaftler haben einmal genau
nachgezählt: Neun Propheten, sieben Rebellen und fünf Erlösergestalten sind in dieser Zeit historisch belegt. Und zu allen späteren Zeiten sind ihnen weitere nachgefolgt – bis heute.
So verwundert sicher nicht weiter, dass auch die Kapitel des Alten
Testaments keinesfalls zeitgenössische Aufzeichnungen sind. Die Geschichten von Abraham, Moses, Noah usw. wurden Generationen
nach den Ereignissen, die sich angeblich auf so wundersame Weise
zugetragen hatten, niedergeschrieben, und zwar von Männern, die
mit Sicherheit die angeblich göttlichen Inspirationen überproportional ausgelebt hatten. Zu einer Zeit, als nur ein verschwindend geringer Teil der Menschen lesen und schreiben konnte, wurden die verfassten Texte, die oftmals einen kaum zu ertragenden Grad von naiver Dummheit und einfältiger Geistlosigkeit erreichten, zum Gesetz.
Und das eigentlich Unvorstellbare ist: Diese Gesetze gelten heute
noch!
Abraham
Abraham, Sohn des Tharah aus Ur in Chaläa, dem Süden des heutigen
Irak, und Urvater des Menschengeschlechts, schließt im Alter von
neunundneunzig Jahren mit Gott einen Bund. Dieser fordert von ihm
und von seinen Nachkommen fortan das Zeichen der Beschneidung.
Was diese, angeblich von Gott geforderte, entsetzliche und ekelhafte
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genitale Verstümmelung den Menschen weltweit angetan hat und
auch heute noch antut, ist kaum zu beschreiben.
„Dies ist mein Bund, den ihr halten sollt zwischen mir und euch
und deinem Samen nach dir: Alles Männliche werde bei euch beschnitten; und ihr sollt das Fleisch eurer Vorhaut beschneiden.
Und das soll das Zeichen des Bundes sein zwischen mir und euch.
Und acht Tage alt soll alles Männliche bei euch beschnitten werden nach euren Geschlechtern, der Hausgeborene und der für
Geld Erkaufte [Sklave], von allen Fremden, die nicht von deinem
Samen sind; es soll gewisslich beschnitten werden dein Hausgeborener und der für dein Geld Erkaufte. Und mein Bund soll an
eurem Fleische sein als ein ewiger Bund. Und der unbeschnittene
Männliche, der am Fleische seiner Vorhaut nicht beschnitten
wird, selbige Seele soll ausgerottet werden aus ihrem Volke; meinen Bund hat er gebrochen!“ . Mose , -14)
Diese widerliche und grauenhafte Praxis, die auf vorchristliche und
vorislamische Zeiten zurückgeht, wurde später auch für Mädchen
eingeführt – hauptsächlich von asiatischen und orientalischen Muslimen, äthiopischen Juden und Anhängern von weiteren traditionellen
Religionen. In Ländern, in denen auch die Beschneidung von Mädchen üblich ist, gehen ungebildete Menschen einfach davon aus, sie
sei religiös vorgeschrieben. Dass hat man ihnen eingebläut, und darum glauben sie es auch. Warum aber Gott diese abscheuliche und
bestialische Vorschrift eingefordert hat, wird in der Bibel mit keinem
Wort begründet. Trotzdem wird die Einhaltung dieser angeblich göttlichen Richtlinien von schwachsinnigen und geisteskranken Religionsführern ohne jegliches Zugeständnis abverlangt, und niemand fragt
sich, warum der von ihnen angebetete Allmächtige bei der Herstellung des Menschen Männer mit Vorhaut und Frauen mit Klitoris ausgestattet hat.
Gott jedenfalls segnete Abraham und teilt ihm (dem Neunundneunzigjährigen!) mit, dass er der Vater vieler Völker sein wird und dass
aus diesen Völkern Könige hervorgehen werden.
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Ob bei dem Gespräch mit Gott noch jemand zugegen war? Natürlich nicht! Die alten Männer der Bibel waren immer allein,
wenn ihnen Gott oder einer seiner Engel persönlich erschienen ist.
Das macht die Heilige Schrift ja auch so glaubhaft – jedenfalls für
die vergeistigten Haubentaucher und für die vertrauensseligen
Amen-Sager.
Um den Glauben Abrahams auf die Probe zu stellen, erhält dieser irgendwann von Gott den Befehl, seinen über alles geliebten Sohn
Isaak – bei den Muslimen war es natürlich der mit seiner Sklavin
Hagar gezeugte Ismael – als Brandopfer darzubringen.
Abraham baut daraufhin einen Altar, schichtet Brennholz auf und
bindet Isaak darauf fest. Erst als er das Messer zum tödlichen Stoß
bereits erhoben hatte, erscheint in letzter Sekunde ein Engel, der ihm
e i htet, dass Gott u „Spaß“ ge a ht ha e, eil e sei e Loyalität
prüfen wollte. Jetzt kann man sich allerdings fragen, wie hat Isaak
diese widerwärtige Geschichte überstanden? Wie wurde dieses Kind
mit einem derart traumatischen Erlebnis fertig? Sollte man angesi hts diese „spaßige “ Solida itätsp üfu g i ht die geistige Zurechnungsfähigkeit Gottes infrage stellen? Bezeichnend ist, dass einige
durchgeknallte Theologen sogar in diesem Drama noch etwas Positives sehen: Hat Gott nicht in seiner unermesslichen Güte durch die
Vermittlung eines Engels Isaak das Leben geschenkt?
Abraham, auf den sich bis heute alle monotheistischen Religionen
berufen, war an die hundert Jahre alt, als seine Frau Sara Isaak geboren hat. Bald darauf verstarb Sara im Alter von hundertsiebenundzwanzig Jahren. Abraham suchte für sie pflichtgetreu eine geeignete
Begräbnisstätte, die er auch in einer Höhle nahe der im Westjordanland gelegenen Stadt Hebron fand. Er zeugte nach Saras Tod noch
sechs weitere Kinder, erreichte das stolze Alter von hundertfünfundsiebzig Jahren und wurde nach seinem Ableben in der gleichen Höhle
neben Sara bestattet.
Weil religiöse Fanatiker bis heute auf die ausschließlichen Besitzrechte an diesem (nicht einmal eindeutig identifizierten!) Loch in
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dem Berg bei Hebron pochen, bringen sie sich gegenseitig mit wachsender Begeisterung um. So wurden zum Beispiel bei der arabischen
Revolte im Jahre 1929 in einem schrecklichen Massaker siebenundsechzig Juden wie Vieh abgeschlachtet.
Ob Abraham überhaupt jemals gelebt hat, ist indes mehr als fraglich.
Historisch belegte Nachweise dafür gibt es nicht. Einzig die biblischen
Erzählungen und einige davon abhängige Traditionen, denen man
mit viel Vorsicht begegnen sollte, berichten von Abrahams angeblicher Existenz.
Noah
Ein weiteres Beispiel aus dem Alten Testament ist der Mythos von
der Arche Noah. Weil Gott von den Menschen nichts mehr wissen
wollte, ließ er sie (mit Ausnahme einer einzigen Familie!) einfach infolge eines vierzig Tage und vierzig Nächte andauernden Regens ertrinken – und zwar inklusive ihrer sündenfreien Kinder. Damit nicht
genug, wurde auch noch das Leben von Abermilliarden unschuldigen
Tieren, die Gott ja ursprünglich ebenfalls mit unbändigem Enthusiasmus entworfen und alsdann prunkvoll fabriziert hatte, rigoros und
unerbittlich ausgelöscht.
Und Jahwe sah, dass des Menschen Bosheit groß war auf Erden
und alles Gebilde der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag. Und es reute Jahwe, dass er den Menschen gemacht
hatte auf der Erde, und es schmerzte ihn in sein Herz hinein. Und
Jahwe sprach: „Ich will den Menschen, den ich geschaffen habe,
von der Fläche des Erdbodens vertilgen, vom Menschen bis zum
Vieh, bis zum Gewürm und bis zum Gevögel des Himmels; denn
es reut mich, dass ich sie gemacht habe.“ Noah aber fand Gnade
in den Augen Jahwes.
Und Gott sprach zu Noah: „Das Ende alles Fleisches ist vor mich
gekommen; denn die Erde ist voll Gewalttat durch sie; und siehe,
ich will sie verderben mit der Erde. Denn ich, siehe, ich bringe die
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Wasserflut über die Erde, um alles Fleisch unter dem Himmel zu
verderben, in welchem ein Hauch des Lebens ist; alles, was auf
de E de ist, soll e s heide .“ . Mose , -8, 13, 17)
Wer glaubt, dass sich diese Geschichte tatsächlich zugetragen hat,
glaubt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch an den Räuber Hotzenplotz und an das Sandmännchen.
Noah – zu diesem Zeitpunkt sechshundert Jahre alt! – baut nach
Rücksprache mit Gott (zum zweiten Mal: Nein, Zeugen gab es nicht!)
ein Schiff aus Holz, um der zu erwartenden Sintflut zu entgehen.
Um den Fortbestand der Menschen und Tiere zu sichern, nimmt er
auf Anraten Gottes außer seiner Frau, seinen Söhnen sowie deren
Frauen ausnahmslos sämtliche Tiere jeglicher Art mit. Von den reinen
(koscheren) Tieren und den Vögeln des Himmels jeweils sieben
männliche und sieben weibliche, von den übrigen (unreinen) Tieren
jeweils nur ein männliches und ein weibliches Exemplar.
Schon rein mathematisch gesehen hätte das Schiff so riesengroß sein
müssen, dass ein heutiger doppelwandiger Supertanker im maßstäblichen Verhältnis locker auf die Wasseroberfläche eines Regentropfens passen würde.
Wissenschaftler schätzen, dass es auf der Erde derzeit mehr als
fünfzehn Millionen Tierarten gibt – allein im Jahre 2007 wurden
ca. zwanzigtausend neue Tierarten entdeckt – und dass bis heute
bereits sage und schreibe ca. fünfhundert Millionen Tierarten
ausgestorben sind.
Nach biblischen Angaben gab es jedoch zu dieser Zeit insgesamt nur
130 Tierarten, und deshalb war ein Schiff mit einer Länge von 300
Ellen (131 m), einer Breite von 50 Ellen (22 m) und einer Höhe von 30
Ellen (13 m) völlig ausreichend, um alle zu retten.
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Frage: Hat man damals die Größe der Arche an die Menge der zu
rettenden Tiere angepasst, oder wurde die Anzahl der in Wahrheit existenten Millionen von Tierarten solange herunter gerechnet, bis alle in die Arche passten?
Natürlich waren die Bibelschreiber gezwungen, die Anzahl der Tiere
im Hinblick auf die doch sehr begrenzten technischen Möglichkeiten
der damaligen Baumeister so weit zu reduzieren, bis es wenigstens
einigermaßen glaubhaft war. Aber jetzt stellt sich natürlich die Frage,
wenn tatsächlich sämtliche Tierarten Zuflucht in der Arche gefunden
hätten, wie sollte das überhaupt möglich gewesen sein? Wie hätten
zum Beispiel Elefanten aus Afrika, Eisbären aus Grönland, Tiger aus
Indien, Lamas aus Südamerika oder Kängurus aus Australien den Weg
zu dieser Arche finden können? Tiere aus Ländern und Erdteilen, die
für Noah zu diesem Zeitpunkt gar nicht existent waren – von denen
er nie zuvor gehört hatte!
Weiterhin wäre wohl der größte Teil aller Kreaturen überhaupt nicht
in der Lage gewesen, die riesige Distanz bis zum Trockendock der Arche jemals zu überbrücken. Wie hätten zum Beispiel einige der südamerikanischen Ausgaben aus der Gattung der Mollusken, gemeinhin auch als Schnecken bezeichnet, die gewaltigen Entfernungen
überwinden können? Um ihre Errettungschancen zu wahren, hätten
diese sich doch bereits Jahrzehnte oder Jahrhunderte vor dem Ereignis auf den Weg machen müssen! Und wie hätte Noah während der
Sintflut über ein Jahr lang seine Familienmitglieder, die ja zwecks Arterhaltung nicht einmal die unreinen Tiere schlachten durften, und die
Abermillionen von Tieren versorgen sollen? Wie hätten diese Tiere
alle überleben können, wo doch viele von ihnen auch das natürliche
Futter der anderen darstellten? Zu klären wäre auch, wie zum Beispiel die bekanntermaßen äußerst kurzlebigen Eintagsfliegen, die
ebenfalls mit nur einem Paar vertreten waren, mehr als ein Jahr lang
unbeschadet überdauern konnten.
Gott müsste doch eigentlich bezüglich der von ihm geschaffenen
Tiere sowieso vor einem Dilemma stehen. Er hat zum Beispiel
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prächtige Raubtiere mit ungeheurer Kraft und Schnelligkeit ausgestattet, damit diese ihre bevorzugten Beutetiere fangen und
fressen können. Und er hat prächtige Beutetiere mit ungeheurer
Kraft und Schnelligkeit ausgestattet, damit diese ihren Fressfeinden entkommen können. In jedem Einzelfall kann aber immer nur
eines der beiden Tiere überleben. Entweder verhungert das
prächtige Raubtier, weil es das prächtige Beutetier nicht fangen
konnte, oder das prächtige Beutetier wird gefressen, weil das
prächtige Raubtier es doch erbeuten konnte. Die Frage ist nur:
Auf welcher Seite steht Gott?
Wie dem auch sei – unmittelbar nach der erfolgreich überstandenen
Sintflut fordert Gott zur Krönung des Ganzen Noah auf, ihm ein Großteil der zuvor mühsam geretteten Tiere zum Dank für den glücklichen
Ausgang der Rettungsaktion als Brandopfer darzubringen.
Und Noah baute Jahwe einen Altar; und er nahm von allem reinen
Vieh und von allem reinen Gevögel und opferte Brandopfer auf
dem Altar. Und Jahwe roch den lieblichen Geruch [der brennenden Kadaver]. Und Gott segnete Noah und seine Söhne [wohlgemerkt: nur ihn und seine Söhne, nicht deren Frauen!] und sprach
zu ihnen: „Seid f u ht a u d eh et eu h u d füllet die E de.“
(1. Mose 8, 20-21; 9, 1)
Mit folgerichtiger Logik, göttlicher Vernunft oder auch nur einigermaßen gesundem Menschenverstand hatte diese Vorgehensweise ja
wohl kaum etwas zu tun. Zuerst verlangt Gott von Noah, für die Arterhaltung sämtlicher Tiere zu sorgen, und nachdem dies unter größten Strapazen gelungen war, lässt er von allen reinen Tieren mindestens ein Paar einfach verbrutzeln. Hätte er nicht gleich anordnen können, dass Noah von den koscheren Tieren nur jeweils sechs statt sieben Paare retten soll?
Was soll`s – alle nicht geopferten Tiere wurden jedenfalls nach der
glücklich überstandenen Sintflut zunächst in die wohlverdiente Freiheit entlassen. Der Haken war nur, die Arche strandete, wie nicht anders zu erwarten, auf der Bergspitze, die nach dem Rückgang des
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Hochwassers als Erste aus dem Wasser ragte. Dieser Gipfel gehörte
zu dem im heutigen Anatolien gelegenen Berg Ararat und der ist immerhin majestätische 5.137 Meter hoch. Wie die Mitglieder der Familie Noah dort im ewigen Schnee und Eis ohne Sauerstoffgeräte
überleben konnten, ist ein weiteres unerklärliches Phänomen.
Und die Wasser nahmen gar sehr überhand auf der Erde, und es
wurden bedeckt alle hohen Berge, die unter dem ganzen Himmel
sind. Fünfzehn Ellen [ca. 6 ½ m] darüber nahmen die Wasser
überhand, und die Berge wurden bedeckt. (1. Mose 7, 19-20)
Da zu dieser vorchristlichen Zeit auch bereits der 8.848 Meter hohe
Mount Everest, von dem Noah natürlich noch nie etwas gehört hatte,
existierte, muss die gesamte Erde sogar mehr als achttausendachthundertvierundfünfzig Meter unter Wasser gestanden haben. Jetzt
muss man allerdings wissen, dass die Temperatur auf dem Mount
Everest auch im Juli, dem wärmsten Monat im Jahr, durchschnittlich
nur minus 19°C beträgt und in den übrigen Monaten Spitzenwerte
von bis zu minus 60°C erreicht werden. Bei diesen Temperaturen
wäre die gesamte Wasserfläche, die sogar für den Mount Everest
„La d u te “ edeutet hätte, in kürzester Zeit zu einer mehrere kilometerdicken Eisfläche erstarrt. Da diese Eisfläche während der restlichen Existenzdauer unseres Planeten wohl nie mehr aufgetaut
wäre, würde Noah und seine Familie mit Sicherheit noch heute und
bis in alle Ewigkeit tiefgefroren und bestens konserviert in der Arche
sitzen. Da sogar der gigantische Ararat noch ca. 3.700 Meter unter
diesem Eismantel gelegen hätte, wäre es mit dem von Gott ersonnenen neuen Menschengeschlecht wohl nichts geworden.
Wider jegliche Logik ist die Arche der Familie Noah nicht im Himalaya,
sondern auf dem Ararat gestrandet. Aber auch in dieser, ebenfalls
noch absolut menschenfeindlichen Höhe, mussten die Insassen sodann gezwungenermaßen sehr lange ausharren, denn das ehemalige
Trockene bildete ja nunmehr den Grund eines unvorstellbar riesigen
und mindestens fünftausend Meter tiefen Meeres. Aus diesem, die
gesamte Erde bedeckenden gewaltigen Ozean, ragte zunächst nur
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der Gipfel des höchsten Berges (also der Ararat, weil der Mount Everest ja noch völlig unbekannt war) hervor, und auch dieser erst, nachdem die tobenden Wasser zurückgegangen waren.
Jetzt fragt man sich aber: Wenn zum damaligen Zeitpunkt die Landmassen der gesamten Erde mindestens fünftausend Meter unter –
seltsamerweise flüssigem – Wasser lagen, wohin ist dieses Wasser
dann nach der Sintflut abgeflossen? Mangels irdischer oder auch außerplanetarischer Auffangbecken könnte logischerweise nur eine
Verdunstung des Wassers den Konflikt gelöst haben. Was andererseits aber bedeuten würde, dass das Trockene in der vorher bekannten Form erst nach Jahrmillionen wieder aufgetaucht wäre. Dass die
Familie Noah unter diesen Umständen trotzdem ein neues Menschengeschlecht hervorgebracht hat, verdient höchste Anerkennung.
Irgendwie hatten sie, allen Naturgesetzen zum Trotz, mit der Hilfe
Gottes sämtliche Barrikaden überwunden, denn die Wasser gingen
erstaunlich schnell zurück – wohin auch immer.
Und die Wasser hatten überhand auf der Erde hundertfünfzig
Tage. Und Gott gedachte des Noah und allen Getieres und allen
Viehes, das mit ihm in der Arche war; und Gott ließ einen Wind
über die Erde fahren, und die Wasser sanken. Und im siebten Monat, am siebzehnten Tage des Monats, ruhte die Arche auf dem
Gebirge Ararat. Und die Wasser nahmen fort und fort ab bis zum
zehnten Monat; im zehnten Monat, am Ersten des Monats, wurden die Spitzen der Berge sichtbar. Und im zweiten Monat, am
siebenundzwanzigsten Tage des Monats, war die Erde trocken.
(1. Mose, 7, 24 – 1. Mose 8, 1, 4-5, 14)
Den Kletteramateuren ist es sogar gelungen, aus dem eigentlich nur
von bestausgerüsteten Extrembergsteigern zu bezwingenden Hochgebirge abzusteigen. Das gelang auch dem sechshundertjährigen
Noah und seiner sicher nicht viel jüngeren Ehefrau. Da kann man nur
tief beeindruckt und ergriffen konstatieren: Respekt!
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Die Abermillionen Tiere haben ebenfalls alle überlebt und sind wohlbehalten – die bereits beispielhaft erwähnten Schnecken wahrscheinlich erst nach etlichen Jahrzehnten – in der Ebene angekommen. Das gilt erstaunlicherweise auch für die wechselwarmen Kreaturen, die damals wohl konditionell besser drauf waren, als ihre aktuellen Nachkommen. Würde man heute zum Beispiel eine Eidechse
in fünftausend Meter Höhe aussetzen, würde sie mit Sicherheit augenblicklich einen Kälteschock erleiden, tiefgefrieren und nie mehr
auftauen.
Die biblische Arche-Erzählung hält schon lange nicht mehr einem
naturalistischen Kontext stand. Bereits im siebzehnten Jahrhundert wurde es notwendig, den neuen Kontinent Amerika mit seinen menschlichen und tierischen Bewohnern, sowie die neu entdeckten Kreaturen Asiens und Afrikas mit der wörtlichen BibelInterpretation zu vereinen. Weiterhin gab es Erklärungsbedarf für
die Neuverteilung der Tierwelt, die sich ja nach der Sintflut zunächst auf einem Punkt konzentrierte. Dieses Dilemma hat die
Kirche den Skeptikern wie folgt zu erklären versucht: Nach der
Zerstörung des Turmes von Babel [davon später mehr] hat Gott
die Menschen über die gesamte Erde vertrieben, wobei jedes Volk
„sei e“ Tie e it ah i ei e eue Hei at. Diese a e teue li he
Darstellung wurde aber bereits im Jahr 1646 von Sir Thomas
Browne klassisch gekontert, als er fragte: „Wa u
ah e da
die Eingeborenen Nordamerikas Klapperschlangen mit, und keine
Pfe de?“
Wie die glücklich und wohlbehalten im Tal angekommenen Tiere dort
sodann auch weiterhin überleben konnten, ist wiederum nur durch
ein Wunder zu erklären. Zwischen den Raubtieren und ihren potenziellen Beutetieren muss es wohl ein Friedensabkommen, also eine
A t „Ni hta g iffspakt“ gege e ha e , de die Beutetie e, zumindest die, von denen es nur jeweils ein Paar gab, durften von den
Raubtieren natürlich im Hinblick auf die Erhaltung der Art nicht gefressen werden. Andererseits hatten die Beutetiere sicher ebenfalls
i hts zu la he , da ih e das „g ü e K aut“, das ja ollstä dig de
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Naturkatastrophe zum Opfer gefallen war, auch für sehr lange Zeit
fehlte.
Es ist wohl anzunehmen, dass zum Beispiel die eine oder andere
Raubkatze unter Missachtung des Gebotes der Stunde trotzdem eine
Antilope gerissen hat. Erstens, weil sie sonst verhungert wäre und
zweitens, weil es ganz einfach ihrem Charakter entsprach. Die Vorstellung eines lammfrommen Löwen, der seine potenziellen Beutetiere trotz eines vor Hunger rebellierenden Magens gnädig verschont, ist einfach absurd. Viele Pflanzenfresser wiederum, die irgendwie den Raubkatzen entkommen konnten, werden andererseits
mit höchster Wahrscheinlichkeit gleichfalls dem fehlenden Nahrungsangebot zum Opfer gefallen sein. Sie hätten natürlich alles gefundene Grünzeug fressen dürfen – wenn es denn welches gegeben
hätte!
Wenn aber ein Raubtier ein Beutetier gerissen hatte, oder ein Grasfresser mangels Nahrungsangebot eingegangen war, wie haben sich
dann die übrig gebliebenen Exemplare der jeweiligen Gattung ohne
ihre gemeuchelten bzw. dahingesiechten Partner vermehrt? Der Heilige Geist kann ja wohl nicht ausgeholfen haben, denn den hatte man
zu dieser vorchristlichen Zeit noch gar nicht erfunden. Und wie haben
Noah und seine Familie, die immerhin aus acht Personen, nämlich
Noah, seiner Ehefrau Naama, den Söhnen Sem, Ham und Jafet sowie
deren Ehefrauen bestand, überlebt? Auch für sie war in der nun verwüsteten Natur auf lange Zeit nichts zu holen, und die wenigen essbaren (koscheren) Tiere gingen, wenn man ihrer in der nunmehr ja
äußerst dünn besiedelten Landschaft überhaupt habhaft werden
konnte, wohl auch mit rasanter Schnelligkeit zur Neige.
Koschere Tiere sind gemäß des Talmuds übrigens nur: Landsäugetiere, die gespaltenen Hufe haben und Wiederkäuer sind, Geflügel (bis auf 21 nicht koschere Vogelarten), Fisch und Meeresfrüchte, aber nur, wenn sie Flossen und Schuppen haben und das,
was von koscheren Tieren stammt – also Milch nur von koscheren
Säugetieren und Eier nur von koscheren Vögeln. Göttliche Vorschrift – es heue te geht’s i ht!
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Wie dem auch sei – irgendwie muss es wohl doch machbar gewesen
sein, denn Noah, der seine Söhne erst im Alter von fünfhundert Jahren gezeugt hatte, wurde nach biblischer Überlieferung immerhin
stolze neunhundertfünfzig Jahre alt.
„U d Noah le te a h de Flut d eihu de tfü fzig Jah e; u d alle
Tage Noahs a e eu hu de tfü fzig Jah e, u d e sta .“ (1.
Mose 9, 28-29)
Deukalion war im 14. Jahrhundert v. Chr. der König von Thessalien.
Er ist in der griechischen Mythologie der Sohn von Prometheus. Wegen der Verderbtheit der Menschen beschloss Zeus als oberster Gott
de g ie his he M thologie, das „Ehe e )eitalte “ it ei e g oße
Flut zu beenden. Prometheus hatte seinem Sohn befohlen, ein Schiff
zu bauen und dieses mit Beginn des großen Regens zusammen mit
seiner Ehefrau zu besteigen. Ganz Griechenland wurde überschwemmt und erst nach neun Tagen und neun Nächten, als die Flut
abgelaufen war, landete das Paar auf dem Parnassos. Der gerechte
Deukalion und seine Frau Pyrrha waren die einzigen Überlebenden.
Die Parallelen zum biblischen Noah sind unübersehbar.
Utnapischtim ist de „Noah“ de sumerisch-babylonischen Kulturen
des altorientalischen Mesopotamien. Die Übersetzung des um 1200
v. Chr. auf Tontafeln zusammengestellten Epos berichtet von
Gilgamesch, dem König der mesopotamischen Stadt Uruk, aus der
Zeit um 2650 v. Chr. Sie enthält Passagen, die das Christentum eigentlich in seinen Grundfesten erschüttern müssten. Hier steht zum
Beispiel: „Gott E lil s hickte wegen des Lärms der Menschen die Sintflut, u das e ste Me s he ges hle ht zu e i hte .“ Weite hi :
„Ei u alte Ma
Ut apis hti u d sei e F au ü e le te als Ei zige die St afe de Götte , die g oße Flut“. U d auf de
. To tafel:
„Als de siebente Tag anbrach, holte ich eine Taube hervor und ließ
sie frei. Die Taube flog, doch kam sie zurück. Ich holte eine Schwalbe
hervor und ließ sie frei, doch kam auch sie zurück. Ich holte einen
Raben hervor – e flog u d ka
i ht iede zu ü k.“
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Teilweise wörtlich nimmt das Gilgameschepos die Geschichte von der
Sintflut aus dem Alten Testament vorweg. Utnapischtim und seine
Frau überlebten, weil sie auf Geheiß der Götter eine Arche bauten,
die nach der sechs Tage und sieben Nächte andauernden Flut auf einem Berg strandete, nachdem die Wasser zurückgegangen waren.
Sie wurden zu Stammeltern des neuen Menschengeschlechts, welches durch ein Opfer des Stammvaters wieder mit den Göttern versöhnt wurde. Die Übereinstimmung der Texte mit der biblischen Geschichte von der Sintflut wirft anlässlich der Übersetzung der Tontafeln im Jahre 1872 in der Öffentlichkeit die Vermutung (lies: Gewissheit) auf, dass das Wort Gottes aus dem Gilgameschepos abgeschrieben wurde!
Moses
Moses ist auch so ein Kandidat. In den Tagen, die er auf dem Berg
Sinai mit Gott verbringt (zum dritten Mal: Nein, Zeugen gab es nicht!),
de ih die i Stei ge eißelte „)eh Ge ote“ ü e ei ht, aut das
vom Allmächtigen auserwählte Volk nach Anweisung seines Bruders
Aaron ein Goldenes Kalb. Dieses sollte als Ersatz für Gott dienen, weil
man ja nicht wusste, ob Moses jemals aus dem Gebirge zurückkehren
würde. Gott der Allwissende hatte das selbstverständlich mitbekommen, und solche Faxen konnte er natürlich nicht dulden. Er wies Moses an, seine Reputation unverzüglich wieder herzustellen, koste es,
was es wolle. Moses, außer sich vor Zorn, verbrennt nach seiner
Rückkehr das Goldene Kalb und zwingt seine Leute, die mit Wasser
vermischte Asche zu schlucken. Damit nicht genug weist er die Angehörigen des Priesterstammes Levi, die sich an der ruchlosen Tat nicht
beteiligt hatten, an, möglichst viele Menschen seines Stammes, am
Ende waren es dreitausend, mit dem Schwert zu massakrieren. Die
wenigen Übriggebliebenen bestraft Gott in seinem Eifersuchtsanfall
anschließend auch noch mit einer Plage.
Also spricht Jahwe, der Gott Israels: „Leget ein jeder sein Schwert
an seine Hüfte, gehet hin und wieder, von Tor zu Tor im Lager und
erschlaget ein jeder seinen Bruder und ein jeder seinen Freund
49
und ein jeder seinen Nachbarn.“ Und die Söhne Levi taten nach
dem Worte Moses; und es fielen von dem Volke an selbigem Tage
bei dreitausend Mann. (2. Mose 32, 27-28)
Das e ste Ge ot auf de Stei tafel lautete: „I h i de Herr, dein
Gott, du sollst kei e a de e Götte e e
i ha e “, u d das
fü fte Ge ot: „Du sollt i ht töte “. Die o Gott gege e e Ge ote
wurden jedoch von ihm selbst schon unmittelbar nach der Übergabe
an Moses wieder außer Kraft gesetzt. Da das von ihm persönlich auserwählte Volk inzwischen bereits gegen das erste Gebot verstoßen
hatte, ließ er trotz seines ebenfalls brandneuen fünften Gebotes
noch am gleichen Tage durch Moses dreitausend Menschen seines
eigenen Stammes hinrichten. Der Jähzorn des Allmächtigen siegte
über die Vernunft. So wurde eines der jungfräulichen, göttlichen Gebote bereits am Tage der Erstauflage dreitausendfach gebrochen –
durch Gottvater selbst.
Die Zehn Gebote (Exodus 20, 2 – 17)
1.
2.
3.
Ich bin Jahwe, dein Gott, der ich dich herausgeführt habe aus
dem Lande Ägypten, aus dem Hause der Knechtschaft. Du sollst
keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein geschnitztes Bild machen, noch irgendein Gleichnis dessen, was
oben im Himmel und was unten auf der Erde und was in den Wassern unter der Erde ist. Du sollst dich nicht vor ihnen niederbeugen und ihnen nicht dienen; denn ich, Jahwe, dein Gott, bin ein
eifernder Gott, der die Ungerechtigkeit der Väter heimsucht an
den Kindern, am dritten und am vierten Gliede derer, die mich
hassen; und der Güte erweist, auf Tausende hin, an denen, die
mich lieben und meine Gebote beobachten.
Du sollst den Namen Jahwes, deines Gottes, nicht zu Eitlem aussprechen; denn Jahwe wird den nicht für schuldlos halten, der seinen Namen zu Eitlem ausspricht.
Gedenke des Sabbattages, ihn zu heiligen. Sechs Tage sollst du
arbeiten und all dein Werk tun; aber der siebte Tag ist Sabbat
dem Jahwe, deinem Gott: Du sollst keinerlei Werk tun, du und
dein Sohn und deine Tochter, dein Knecht und deine Magd, und
50
dein Vieh, und dein Fremdling, der in deinen Toren ist. Denn in
sechs Tagen hat Jahwe den Himmel und die Erde gemacht, das
Meer und alles, was in ihnen ist, und er ruhte am siebten Tage;
darum segnete Jahwe den Sabbattag und heiligte ihn.
4. Ehre deinen Vater und deine Mutter, auf dass deine Tage verlängert werden in dem Lande, das Jahwe, dein Gott, dir gibt.
5. Du sollst nicht töten.
6. Du sollst nicht ehebrechen.
7. Du sollst nicht stehlen.
8. Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen wider deinen Nächsten.
9. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.
10. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, noch seinen
Knecht, noch seine Magd, noch sein Rind, noch seinen Esel, noch
alles, was dein Nächster hat.
Dass diese christlichen Gebote menschengemachte Heucheleien
sind, erkennt man ganz leicht daran, dass Gott in den ersten drei Geboten primär seine Vormachtstellung und seine Ausschließlichkeit
manifestiert und auch nicht vergisst, ausdrücklich auf seine grenzenlose Rache hinzuweisen. Er legt also zunächst verbindlich fest, dass
er der einzige Gott ist, dass er die Anfertigung von Götzenbildern sowie den Missbrauch seines Namens verbietet und dass er bei Nichtbeachtung die Missetaten der Väter heimsuchen wird bis ins dritte
und vierte Glied an den Kindern.
Gott hält es also für legitim, dass er unschuldige Kinder für die
Sünden ihrer längst verblichenen Ahnen bestraft, obwohl sie
diese nie kennengelernt haben. Was für ein einfältiger und unglaubwürdiger Irrsinn.
Das dritte Gebot fordert die bedingungslose Einhaltung des Heiligen
Sabbats, wonach es allen Gläubigen sowie deren Dienern und Sklaven bei Strafe verboten ist, an diesem Tag irgendeiner Arbeit nachzugehen – also die scharfe Ermahnung, fleißig zu arbeiten und nur zu
ruhen, wenn es der Herrscher befielt. Danach folgen die Gebote,
nach denen Vater und Mutter zu ehren sind, die Verbote von Mord,
Ehebruch, Diebstahl und Falschaussage sowie das Verbot, seines
51
Ende der Leseprobe von:
Religionen - ausgedient und überflüssig
- Eine (sehr) kritische Betrachtung
Josef Müller
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