Die Meinungen sind gemacht Eine Woche vor Abschluss der Urabstimmung der FMH über die Tarifrevision haben der VSAO Sektion St.Gallen Appenzell und die Ärztegesellschaft des Kantons St.Gallen ein Podium durchgeführt. Beide „Lager“ kamen zu Wort und ermöglichten den VSAO- und den KAeG-Mitgliedern, sich eine eigene Meinung zu bilden und noch offene Fragen zu stellen. Die Positionen schienen allerdings bereits bezogen zu sein. Den drei Befürwortern der Tarifrevision standen auf dem Podium fünf Gegner gegenüber. Die Gegner sich zwar im Nein einig; die Argumente liefen aber diametral auseinander. Immer den Konsens gesucht Einleitend hat Urs Stoffel, Mitglied des Zentralvorstandes der FMH und zuständig für das Departement ambulante Tarife, die Tarifrevision und ihre wichtigsten Punkte kurz vorgestellt. Über 200 Personen haben in den 26 Fachteams und Subgruppen an dieser Revision der Struktur des ambulanten Tarifs mitgearbeitet. Urs Stoffel betonte insbesondere, dass mit den Fachgesellschaften immer der Konsens gesucht worden sei, und auch immer eine Lösung gefunden worden sei, der die betroffenen Fachgesellschaften zustimmen konnten. Die neue Tarifstruktur sehe einen „lernenden Tarif“ vor, was bedeutet, dass der Tarif jährlich überarbeitet und nachgeführt wird. Diese Tarifpflege soll durch eine professionelle Organisation erfolgen, der je 2 Vertreter der FMH und von H+ sowie 3 Vertreter von Curafutura und ein Vertreter der MTK angehören werden. Ganz grosse Debatten hat bei der Podiumsdiskussion in St.Gallen - wie schon im Vorfeld der Revision - die Normierung verursacht. Damit soll die durch die Veränderung Tarifstruktur verursachten Kostenveränderungen für das Startjahr neutralisiert werden. Das bedeutet Kostenneutralität im Einführungsjahr. Neuen Tarif geschrieben statt alten revidiert Markus Trutmann, Generalsekretär der fmCH, stellte die Tarifrevision aus der Sicht der Gegner kurz vor. Sein wichtigstes Argument: „Man hat anstelle einer Revision einen völlig neuen Tarif geschrieben. Es geht nicht an, dass während des Spiels die Regeln verändert werden. Deshalb stimmen wir 7 x Nein.“ Das Nein richte sich auch gegen die IAV, weil Elemente dabei enthalten seien, die dazu führen könnten, dass Ärzte plötzlich einender Geld zuteilen müssten. Ihm mache der Systemwechsel Angst, sagte Trutmann, und betonte, dass insbesondere H+ Gewinnerin wäre. Nach fünf Jahren neubeginnen? Gegen die Revision machten sich folgende Ärztevertreter stark: Stefan Schumacher, Facharzt HNO, Ricardo Torriani, Hausärzte Zürich, Markus Trutmann, Generalsekretär fmCH, Gerry Weirich, Kantonale Ärztegesellschaft Schaffhausen, und Josef Widler, Präsident der Ärztegesellschaft des Kantons Zürich. Sie wehrten sich gegen den Druck des Bundes, die Revision nur dann akzeptiere, wenn die Normierung enthalten sei. Zudem opponierten mehrere Gegner der vorgesehenen Kostenneutralität. Bei den Taxpunktwerten gebe es Nachholbedarf. Unterschiedliche Meinungen unter den Gegnern zeichneten sich bei der Messgrösse ab: Was bisher die Dignitäten gewesen sind, soll neu der IAF bringen. Da der IAF die Jungen benachteilige, hat insbesondere der VSAO die Nein-Parole gefasst. Die Befürworter der Revision wehrten sich dagegen, dass der IAF als „Katze im Sack“ dargestellt werde. Es gebe nämlich weder eine Katze noch einen Sack. Der IAF werde erst später ausgehandelt, sagte Peter Wiedersheim als Präsident der FMH-Delegiertenversammlung, Co-Präsident der KKA und Präsident der K-OCH. Jürg Lymann, der neue Präsident der Ärztegesellschaft des Kantons St.Gallen warb dafür, „die Chance der Tarifrevision zu packen, sich innerhalb der Ärzteschaft zu einigen und damit die Tarifautonomie auch für die Zukunft zu sichern“. Die Gegner redeten einem Neustart das Wort und glauben, dass die Ärzteschaft einen „Schuss vor den Bug“ erhalten habe und jetzt motiviert sei, sich zusammenzuraufen. Den Befürwortern fehlt der Glaube, dass nun plötzlich in wenigen Monaten etwas ganz Neues auf die Beine gestellt werden kann, hinter dem die ganze Ärzteschaft stehen würde. Dies umso weniger, als nun nach fünfjähriger intensiver Arbeit ein einvernehmlich ausgearbeitetes Revisionspapier vorliege. Was nach einem Nein? Uneinig war sich das Podium, was nach einem Nein passieren würde. Urs Stoffel glaubt nicht an die verbreitete These, dass dann Bundesrat Berset die Normierung vornehmen werde. Er geht eher davon aus, dass sich Berset die Finger nicht verbrennen will und eher die Tarife senken werde. Etwas, das vor zwei Jahren schon einmal vorgekommen sei und unter der Ärzteschaft wenig Freude ausgelöst habe. Markus Trutmann geht dagegen davon aus, „dass Berset alle an einen Tisch bitten“ werde. Jürg Lymann hält es für gefährlich, den Ball der Politik zuzuspielen, weil den Ärzten eine wirklich starke Lobby in Bern fehle. Der schwache Besuch der Podiumsveranstaltung im „Einstein“ in St.Gallen hat den Glauben an einen effektvollen Neustart nicht gerade gefördert. Immerhin hat sie gezeigt, dass Information und Diskussion auch etwas bewegen kann: Sagten zu Beginn der Veranstaltung 5 Anwesende ja zur Revision und 12 nein (bei 4 Enthaltungen), waren es nach der Diskussion immerhin 8, die ja sagten. 12 blieben bei ihrem Nein (2 Enthaltungen). Allerdings passte fast die Hälfte der Anwesenden bei beiden Umfragen. Markus Löliger
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