TLZ Jena ZAJE1 Dienstag, 24. Mai 2016 13 G U T E N M O R G E N Schlaglochbremser? Ölige Begegnung an der Supermarktkasse VON THOMAS BEIER Über die Innovationskraft des Jenaer Einzelhandels wird bis weilen Klage geführt. Von we gen, in Jena gibt es doch eh überall das Gleiche ... Was natürlich Quatsch ist. So zeigt ein kleiner Supermarkt nahe dem Rathaus echten Mut, in dem er „Kopfgetriebeöl“ gleich bei der Kasse ver kauft. Das Zeug wird in schwarzen Plastikfla schen gehandelt, wie sie der Kraftfahrer von der Tankstelle kennt. Auch die Bezeichnung des Produktes „10T30“ erinnert stark an eine Motorenölspezifi kation. Tatsächlich soll es sich aber um einen NussKaramell Likör handeln, dessen Herstel ler sich offenbar einer öligen Formensprache bedient, um Motorradfahrer, Trucker oder Busbesitzer anzusprechen. Be vor das Jenaer KfzGe werbe hier einschreitet muss gesagt werden, dass sich auf den Be hältnissen ein Warnhin weis befindet: Nicht in den Motor schütten! So weit, so gut. Nur die Verunglimpfung von Leuten, die dieses Zeug nicht mögen, als „Schlaglochbrem ser“, das geht eindeutig zu weit! Im Jenaer Stadtzentrum brem sen derzeit alle immerzu. VO R 2 5 J A H R E N l Kurzarbeit steigt bei Zeiss Je- na: Noch im Mai 13 000 Menschen betroffen. l Schulnetz im Landkreis Jena:Kompromiss nach zähen Verhandlungen, Traditionelle bleiben/ einige neue Einzugsbereiche. l Späth: Technologieregion ohne Uni – undenkbar. VO R 1 0 0 J A H R E N l Den neuen Ehrenmitglie- dern des Stadtkirchenchors, Bruno Bohl und Ernst Wehner, die in dem Chor seit seinem Bestehen, also seit 50 Jahren, mitwirken, sind künstlerisch ausgeführte Diplome überreicht worden. Ebenso wurde die treueste Sängerin des Chors, Bertha Liebeskind, durch ein solches Diplom ausgezeichnet. D I E G U T E N AC H R I C H T „Pinocchio“ wird 50 Jahre alt: Feier mit Traumzauberbaum JENA . Die städtische Kinderta- gesstätte „Pinocchio“ feiert nächsten Monat 50. Geburtstag. Es gibt ein Festwoche, wobei zu den Feierlichkeiten am Ein Foto aus den Anfängen des Kindergartens „Pinocchio". Mittwoch, 22. Juni, auch die interessierte Öffentlichkeit in die Dammstraße 36 eingeladen ist. Aufgeführt wird am Nachmittag dieses Tages das Musical „Der Traumzauberbaum“. Am Freitag, 24. Juni, begrüßt „Pinocchio“ alle ehemaligen Mitarbeiter zu einem geselligen Nachmittag mit einem kleinen Kinderprogramm bei Kaffee und Kuchen mit anschließender Hausbesichtigung. „Pinocchio“ hat an vielen Projekten teilgenommen wie dem Projekt „Wissen in Kitas“ und wurde wiederholt als bewegungsfreundlicher Kindergarten“ ausgezeichnet. KO N TA KT Haben Sie ein Thema für uns? Telefon (03641) 59 09 142 Bereitschaft (01520) 938 16 13 Kopfüber unter der Stadtkirche schaukeln [email protected] Fax (03641) 59 09 140 EMail [email protected] Fragen zu Zustellung oder Abo? Telefon (03643) 55 81 00 EMail [email protected] Mo bis Fr 7–19, Sa 7–13 Uhr Internet www.tlz.de/leserservice Eine Anzeige aufgeben? Private Anzeigen (03643) 55 81 11; EMail [email protected] Geschäftl. Anzeigen (03643) 55 81 20; Internet www.tlz.de/anzeigen Der Stadtkirche ein Stück näher können sich Fahrgäste des Fahrgeschäftes „G Force“ derzeit fühlen. Der Betreiber wirbt mit der 3,5fachen Erdbeschleuni gung, die auf der Großschaukel spürbar sei. Routinierte Altstadtfestbesucher binden sich vor der Fahrt noch mal die Schuhe zu und essen vor dem Start nur Astronautennahrung. Diese jungen Be sucherinnen geben sich durch Halten der Hände zusätzlichen Halt. Foto: Thomas Beier Kultur-Grenze: Zaun statt Konzert Konzert im Kreuzgewölbe storniert: Die Band „Strömkarlen“ spielt dennoch – in der Kirche Schöngleina, auch für Flüchtlinge VON JÖRDIS BACHMANN SCHÖNGLEINA . Nervlich nimmt sie die Angelegenheit ziemlich mit. Die Geschichte, die sich gerade ereignet, geht nicht spurlos an den drei Musikern vorbei. Aber beginnen wir am Anfang: „Strömkarlen“ heißt die Dresdner Band, die im Kreuzgewölbe Schöngleina auftreten sollte. Bereits zweimal waren Christina Lutter, Stefan Johansson und Guido Richarts in dem alten Gut in Schöngleina zu Gast und musizierten. Jörg Tonndorf hat das historische Gebäude in jahrelanger Arbeit saniert und zu einem Kulturort etabliert. Regelmäßig werden hier Konzerte und Ausstellungen veranstaltet. Jörg Tonndorf ist außerdem Sprecher der Initiative „Pro Schöngleina“, die sich gegen eine Unterbringung von minderjährigen, unbegleiteten Jugendlichen in Schöngleina stark macht. Jeden Montag versammelt sich eine kleine Gruppe zu einer Mahnwache auf der Straße vor der so genannten Clearingstelle, in der derzeit etwa 20 jugendliche Flüchtlinge von Mitarbeitern des DRK betreut werden. Guido Richarts von „Strömkarlen“ sagt: „Bereits auf früheren Veranstaltungen hatte wir sehr gute Erfahrungen damit gemacht, Flüchtlinge aus naheliegenden Unterkünften explizit einzuladen, um ihnen und allen Beteiligten eine Begegnung in positiver Atmosphäre zu ermöglichen – nicht zuletzt in der Hoffnung, natürliche Ängste und Vorbehalte auf allen Seiten abzubauen. In Schöngleina bot sich das an, da die Clearingstelle direkt neben dem Kreuzgewölbe liegt. Also fragten wir bei Jörg Tonndorf an, ob er zehn Karten für die Flüchtlinge in seiner Nachbarschaft reservieren könnte. Er zeigte sich bedauerlicherweise nicht begeistert und weigerte sich schlicht die Karten zu reservieren, obwohl der volle Eintrittspreis bezahlt worden wäre.“ „Die Kirche ist ein Ort der offenen Türen.” Pfarrer Stephan Elsässer Kurze Zeit später stornierte Tonndorf das Konzert völlig. „Er begründete die Absage mit zu wenigen Reservierungen. Etwa zwei Wochen vor dem Konzert habe es erst 20 Vorbestellungen gegeben. Auch bei den vergangenen Auftritten hatten wir nur etwa 40 Gäste, mit mehr hatte niemand gerechnet. Aus meiner Sicht ist Tonndorfs Begründung ein Vorwand.“ Mittlerweile ist auf der Internetseite des Kreuzgewölbes Schöngleina zu lesen, dass Konzerte erst ab 18 besucht werden dürfen, Ausnahmen gebe es nur nach vorheriger Absprache. Damit sind die Geflüchteten aus der Clearingstelle Schöngleina prinzipiell ausgeschlossen, da sie minderjährig sind. „Diese Einschränkung gab es vorher nicht“, sagt Richards. Er betont, auch, dass es durchaus legitime Gründe gebe, gegen eine Flüchtlingsunterkunft zu sein, das müsse nicht immer etwas mit Fremdenhass zu tun haben. Er könne sich auch vorstellen, dass sich einige Schöngleinaer vom Land überrumpelt oder bevormundet fühlen. Die Flüchtlinge könnten dafür jedoch nichts. „Die Initiative ‚Pro Schöngleina‘ schreibt auf ihrer Internetseite, sie würde sich von Fremdenhass und rechtem Gedankengut distanzieren. Tonndorf hätte Gelegenheit gehabt, das zu unterstreichen, indem er die Flüchtlinge einlädt. Weshalb er diese Gelegenheit nicht ergriffen hat, wissen wir nicht“, sagt Richarts. Was gewesen wäre, wenn „Strömkarlen“ die Flüchtlinge ohne Reservierung eingeladen hätten? „Keine Ahnung. Vielleicht wäre es zum Eklat gekommen. Wenn die Flüchtlinge vor der Tür gestanden hätten und nicht reingelassen worden wären, dann hätten wir nicht gespielt“, sagt Richarts. Lange habe man darüber nachgedacht, ob man die ganze Geschichte nicht des lieben Frieden willens ruhen lassen soll: „Aber mit der schweigenden Masse hat es schon immer begonnen“, sagt Richarts. „Wir mussten einfach reagieren.“ Die Band wollte ein Ausweichkonzert in der Clearingstelle veranstalten. Jan Hartmann vom DRK befürwortete dies zwar, mache den Musikern jedoch klar, dass die Räumlichkeiten sich dafür nicht wirklich eignen. Er schlug die Kirche als Veranstaltungsort vor. Pfarrer Stephan Elsässer war der Idee gegenüber aufgeschlossen. „Die Kirche ist ein Ort der offenen Türen, der Begegnung. Wo sonst lassen sich so gut Grenzen aufbrechen. In unserer Gemeinde herrscht ein Klima der Aufgeschlossenheit, und es gibt viele Hilfsprojekte, beispielsweise in Rumänien. Die Kirche ist es, die sich für diejenigen ohne Lobby einsetzt“, sagt Elsässer. Nun also wird am Freitag, 27. Mai, in der Kirche Schöngleina, die in direkter Nachbarschaft der Clearingsstelle und des Kreuzgewölbes liegt, das „Strömkarlen“-Konzert doch noch stattfinden. Jörg Tonndorf hält die Darstellung der Angelegenheit für nicht gerechtfertigt. Ein schlecht besuchtes Konzert sei weder für die Band noch für den Veranstalter sinnvoll. Die Stornierung des Konzerts habe nichts mit den Flüchtlingen zu tun gehabt, das gehe auch ganz klar aus dem E-Mail-Verkehr hervor, sagt Tonndorf. Er beschäftigt sich unterdessen mit anderen Projekten: Tonndorf hat einen Zaun um sein Grundstück gebaut. In einer Art politischem Imagefilm, der im Internet zu finden ist, spricht er stolz über die neue Abgrenzung seines „Kulturbereiches“. Die Thüringer Landgesellschaft als Besitzer der Immobilie, in der nun die Flüchtlinge untergebracht sind, sowie das DRK als Betreiber der Einrichtung, hätten es innerhalb von Monaten nicht geschafft, einen Zaun zu errichten. Obwohl dies zu einem Sicherheitskonzept gehöre. Also wurde Tonndorf selbst tätig. Der Zaun entstand mit Hilfe von „Ein Prozent“ – einer Bürgerinitiative, gegen die „Flüchtlingsinvasion“, wie es auf der Internetseite zu lesen ist. Zum Konzert in der Schöngleinaer Kirche ist Jörg Tonndorf herzlich eingeladen, genau wie alle anderen Interessierten, die Lust auf Musik und Gemeinsamkeit haben. „Strömkarlen“ wird mit dem Programm „EddaSånger“ zu erleben sein, in dem sie altisländische Götter- und Heldengedichte vertont haben. l Freitag, 27. Mai, 20 Uhr, Kirche Schöngleina Christina Lutter, Stefan Johansson und Guido Richarts (rechts) sind „Strömkarlen“ und wollen am Freitag auch Flüchtlinge zum Konzert bitten. Mit Geige, Gitarre, Kontrabass, Bodhrán und Tin Whistle zeleb rieren sie Weisen aus Skandinavien. Foto: Strömkarlen Ab sofort mit Mecker-Radar Aktion „Stadtradeln“ startet am Mittwochnachmittag auf dem Frühlingsmarkt – Ziel: Radeln populärer machen VON THOMAS BEIER JENA . Bei der bundesweiten Los geht‘s beim „Stadtradeln“! Jenas größte FahrradAbstellanlage ist die am AbbeCampus. Mittlerweile wird dort sogar in der dritten Reihe geparkt. Foto: Thomas Beier Kampagne „Stadtradeln“ will Jena in die erste Reihe fahren. Morgen fällt 17.30 Uhr beim Frühlingsmarkt der Startschuss. Bürger radeln drei Wochen für den Klimaschutz und sammeln die ersten Kilometer im bundesweiten Wettbewerb. Bisher haben sich mehr als 50 Teams angemeldet: Darunter ganz große mit zweistelligen Radlerzahlen wie das Universitätsklinikum Jena, die „Loeffler FLIzzer“ oder Freunde von Carl Zeiss, außerdem mehrere Sportvereine und ganz viele Zweierteams. „Alle Bürger sind eingeladen, drei Wochen lang beruflich und privat möglichst viele Wege mit dem Fahrrad zurückzule- gen“, sagt Jenas Radverkehrsbeauftragte Ulrike Zimmermann. Die Kilometer werden erfasst und die Kohledioxid-Ersparnis berechnet. Den engagiertesten Teilnehmern und Teams in Jena winken Auszeichnungen. Radler können sich auch nach dem 25. Mai noch anmelden. Muss Spaß machen und komfortabel sein Lutz Jakob, der Vorsitzende des Beirats für Radverkehr beim Stadtrat, würdigt die Aktion als Versuch, mehr Menschen für das umweltfreundliche Verkehrsmittel zu begeistern. Letztlich gewinne eine Stadt dann viele Menschen fürs Fahrrad, wenn Radfahren Spaß mache und komfortabel sei! Gerade um den Fahrkomfort zu steigern, ist ins „Stadtradeln“ jetzt eine Art Meckerbriefkasten integriert, in dem jedermann Problemstellen des Radverkehres benennen kann. Auf der Internetseite der Kommune finden sich aus Jena etwa Meldungen wie die vom Carl-Zeiss-Platz 12, wo ein Radweg permanent zugeparkte wird. Es wird die große Gefährlichkeit der Karl-Liebknecht-Straße stadtauswärts im Bereich der einspurigen Straßenbahn benannt oder Kritik geäußert an der Einbahnstraßenregelung in der Fregestraße. Zu einigen Meldungen sind Kommentare der Kommune zu lesen: etwa zum Löbdergraben 9 (nähe „Capitol“): „Die Proble- matik ist bekannt. Leider konnten wir bisher nicht erreichen, dass die Borde abgesenkt werden. Es gibt Sicherheitsbedenken wegen des Straßenbahnverkehrs.“ Im Mittelpunkt der Kampagne „Stadtradeln“ stehen die Imageförderung des Radverkehrs und die Bewusstseinsbildung zum Klimaschutz. Die Hälfte aller mit dem Auto zurückgelegten Wege ist kürzer als fünf Kilometer – dort soll angesetzt werden. Seit 2008 findet das „Stadtradeln“ statt. Derzeit sind mehr als 420 Kommunen angemeldet. Jena nimmt in diesem Jahr bereits das fünfte Mal teil. Apropos komfortables und bequemes Radeln: Als besondere Motivation soll es Sonntag, 5. Juni, zur Halbzeit des Jenaer Stadtradelns, eine gemeinsame Ausfahrt zum Kleinod Plinzmühle geben: Start ist 11 Uhr an der Stadtkirche. Da die Strecke mit 25 Kilometern etwas anspruchsvoller ist, besteht die Möglichkeit, am Nachmittag mit dem Zug nach Jena zurückzukehren. Die Bahn-Kilometer fließen natürlich nicht in die Statistik ein. l Informationen zum Stadtra deln können bei der Radver kehrsbeauftragten Ulrike Zim mermann Telefon (03641) 49 53 28 oder auf www.stadtra deln.de/jena.2016.html eingeholt werden. Dort ist auch die Melde plattform „RADar!“ zu finden für störende oder gefährliche Stel len im Radwegeverlauf. Dieses Dokument ist lizenziert für Mediengruppe Thüringen Verlag GmbH, uB47938y. Alle Rechte vorbehalten. © Thüringische Landeszeitung. Download vom 24.05.2016 16:38 von www.genios.de.
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