Vortrag beim Christustag am 26. Mai 2016 in Ludwigsburg Jesus - unser Friede... für unser Herz Johannes 14,27 Volker Teich, Schorndorf Liebe Schwestern, liebe Brüder, vom großen amerikanischen Dichter Mark Twain stammt der Satz: „Die meisten Menschen haben Schwierigkeiten mit den Bibelstellen, die sie nicht verstehen. Ich für meinen Teil muss zugeben, dass mich gerade diejenigen Bibelstellen beunruhigen, die ich verstehe.“ Ein anderer Satz von ihm, der zum heutigen Thema passt, heißt: „Man vergisst vielleicht, wo man die Friedenspfeife vergraben hat, aber man vergisst niemals, wo das Beil liegt“. Heute hören wir auf das Wort Jesu vom Frieden: Johannes 14, 27: „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch, nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht!“ I. Den Frieden lasse ich euch Den Frieden lasse ich euch, sagt Jesus. Haben Sie heute Morgen schon einmal Gott gedankt? „Wozu?“, fragen Sie sich jetzt. Ich möchte Ihnen sechs Gründe nennen, warum ich heute Morgen schon Gott gedankt habe. • Ich habe herrlich in einem sauberen Bett geschlafen... • ... und hatte ein dichtes Dach über dem Kopf. Nirgends hat es reingeregnet, und kein Wind durch die Ritzen gepfiffen. • Und dann war da sauberes Wasser zum Duschen da. Herrliches, sauberes Wasser kam aus der Leitung. • Ordentliche Kleidung, ohne Löcher und Flicken lag für mich bereit • Und dann bekam ich ein kräftiges Frühstück • Ich darf in einem Land leben, in dem kein Krieg herrscht. Kein Schuss, keine Bombe, keine Granate, nichts war heute Morgen zu hören. Und das in unserem Teil der Erde seit über 70 Jahren! Haben Sie es bemerkt? Was ich aufgezählt habe, das sind Grundbedürfnisse menschlichen Lebens. Frieden hängt von diesen Bedürfnissen ab, ob sie erfüllt werden oder nicht. Dass ich genügend zu essen und zu trinken habe, dass ich mich kleiden kann und gut und sicher wohne, das ist für den Frieden wichtig. Der soziale Friede, der wirtschaftliche Friede sind Voraussetzungen, dass kein Krieg tobt, sondern Friede herrscht. In wie vielen Ländern dieser Erde sind genau diese Bedürfnisse in Frage gestellt und damit auch der Friede?! Was für ein Vorrecht, dass wir in einer Gegend auf dieser Erde leben dürfen, in der diese Bedürfnisse fast selbstverständlich erfüllt werden! Einmal ganz ehrlich: Ich kann die Euroskepsis unserer Tage nicht verstehen! Wenn Morgen Abstimmung über Europa wäre, müssten wir dann nicht allein aus diesem Grund, dass wir all dies schon viele Jahrzehnte haben und unsere Lebensbedürfnisse so gestillt sind für Europa stimmen? 70 Jahre Seite 1 von 4 Frieden und bei uns in Deutschland ein noch nie dagewesener Wohlstand. Was für ein Vorrecht und was für eine Verpflichtung! „Den Frieden lasse ich euch“, sagt Jesus. Jesus macht diesen Frieden nicht klein! „Den Frieden lasse ich euch“. Dieser Frieden ist der Rahmen, in dem wir als Christen in Europa leben dürfen und unendlich viele Chancen haben. Die Frage ist nur: Nutzen wir dies auch? Ein erster Ansatz wäre: mehr Dankbarkeit! Dankbarkeit gegenüber Gott für diese wahrlich historische Friedenszeit! II. Meinen Frieden gebe ich euch „Meinen Frieden gebe ich euch“, sagt Jesus. Es war am Pfingstsonntag nach dem Gottesdienst. Ich hatte noch meinen Talar an und ging bewusst noch einmal zum Altar. George kam zu mir. George ist ein orthodoxer Christ aus Syrien, der über 8 Monate jetzt bei uns in Schorndorf lebte. Fast jeden Sonntag war er im Gottesdienst, obwohl er auch nach 8 Monaten so gut wie kein Deutsch verstand. George war nach Deutschland geflohen, weil für ihn in Syrien das Leben schwierig geworden war, vor allem aber wollte er von uns Hilfe, die wir ihm nicht geben konnten. Seine Frau in Syrien war schwer krebskrank. Sie blieb mit den vier minderjährigen Kindern in Syrien. Die Hoffnung von George war, dass er seine Familie schnell nachholen könnte und seiner Frau hier in Deutschland geholfen werden könnte. Nun verging Monat um Monat, nichts geschah, seine Papiere blieben hängen, unbearbeitet. Nun ist vor wenigen Wochen seine Frau gestorben. Die vier minderjährigen Kinder sind allein in Syrien. George zog verzweifelt die Konsequenzen. Auch wenn alle ihm dringend rieten, in Deutschland zu bleiben, er wollte zurück zu seinen Kindern. Am Pfingstmontag ging sein Flug. So stand er jetzt vor mir, ein gebrochener Mann, ein Bruder der zurück nach Syrien will und keiner weiß, ob er dies überleben wird. Ich segnete ihn und dann nahmen wir Abschied vor dem Altar unter dem gekreuzigten Jesus Christus. „Meinen Frieden gebe ich euch“, sagt Jesus. Diesen Frieden sprach ich ihm zu. „Meinen Frieden gebe ich euch!“ Jesus sagt dies seinen Jüngern beim Abschiednehmen. Er muss erhöht werden. Er muss ans Kreuz. Er muss sterben für seine Jünger und für uns. Nur so ist sein Frieden möglich. Das ist die Bedingung seines Friedens. Nur so wird der Weg zum Vater frei und wir haben Zugang zum Vater. Jesus nimmt Abschied von seinen Jüngern und sagt ihnen seinen Frieden zu und den Heiligen Geist, der als Anwalt, als Tröster kommen wird und sie in alle Wahrheit leiten wird. Es war am Abend an Ostern. Die Jünger waren wieder zusammen. Sie hatten die Türen verrammelt und die Fenster geschlossen. Sie hatten Angst. Sie waren tief verunsichert. Plötzlich stand Jesus, der auferstandene Herr, mitten unter ihnen. Das erste, was er ihnen sagte, war der Gruß: „Friede sei mit euch!“ Friede, Schalom! Im hebräischen Schalom wird Friede als eine Beziehung gesehen, in der Friede und Gerechtigkeit herrschen. „Friede sei mit euch!“, sagt Jesus. Und dann zeigte er ihnen seine Wunden und Nägelmale. Der Auferstandene ist der Gekreuzigte, der für uns Gekreuzigte, der für uns Gerechtigkeit geschaffen hat. Und dann heißt es so schlicht: „als das die Jünger sahen, wurden sie froh“. Nein, Jesus ist nicht der Gescheiterte. Sie sind keinem Irrtum aufgesessen. Es hat seinen Sinn. Das Kreuz, dieser schreckliche Tod hat seinen Sinn. Da ist Jetzt Friede und Gerechtigkeit! Es gibt Vergebung, es gibt Frieden, Frieden mit Gott! Da spricht Jesus es ihnen noch einmal zu: „Friede sei mit euch!“ Kein Tadel, keine Vorwürfe, nichts! Er spricht ihnen den Frieden zu und sendet sie als seine Jünger in diese Welt. „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“. „Ihr dürft jetzt weitertragen, was ich begonnen habe. Ihr dürft meine Zeugen Seite 2 von 4 sein bis ans Ende der Erde“. Und dann rüstet er sie aus. Er blies sie an und sprach: „Nehmt hin den heiligen Geist, welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.!“ Was für eine Vollmacht! Was für einen Auftrag! Sünden erlassen, Schuld erlassen! Das ist doch wirklich Frieden stiften! Die Jünger haben es erfahren, wie dies ist. Sie hatten Jesus verlassen, Petrus hatte ihn verleugnet. Jesus spricht ihn unglaublich direkt und doch unendlich sensibel an. Er stellt ihm drei Mal die Frage: „Hast du mich lieb“? Dreimal hatte er ihn verleugnet. Dreimal wird er nun gefragt: „Hast du mich lieb?“ Da geschieht Vergebung, da geschieht Heilung. Da wächst Frieden. Wo Menschen einander vergeben, entsteht Friede. Wie oft erleben wir dies in Gemeinden. Es dümpelt so hin. Es ist schon recht, Falsches geschieht nicht. Aber es ist alles so mit angezogener Handbremse. Da bremst etwas. Man redet miteinander, aber eher oberflächlich. Keiner will das Problem, den Konflikt angehen. Und plötzlich passiert es. Einer hat den Mut. Einer sagt: „Hört her, ich kann in unserer Gemeinde so nicht weitermachen. Wir reden, ja wir reden aber übereinander und nicht miteinander. Mich stört dies und mich stört auch der Umgang miteinander, da ist keine Liebe mehr zu spüren, nur noch Kälte. Mir tut das weh. Ich will es anders“. Großartig! Einer hat den Mut. Einer sagt: „Ich will es anders!“ Wie oft ist das der Anstoß, dass Gott wirken kann. Wenn jetzt Vergebung geschieht, wenn jetzt miteinander geredet wird, das kalte Verhältnis bereinigt wird und dann noch das Abendmahl gefeiert wird, dann kann Frieden einziehen. Wo Menschen einander vergeben, da zieht der Friede Gottes ein. “Meinen Frieden gebe ich Euch!“ III. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht „Gnade sei mit euch und Frieden“, so steht es oft als Gruß am Anfang und am Ende der Briefe des Apostel Paulus und nicht nur bei ihm. Dies scheint unter den ersten Christen der Gruß gewesen zu sein, den sie über Ihre Briefe und unter ihre Briefe schrieben. Ganz ausführlich und vollständig: „Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus.“ Diese Briefe wurden oft in Situationen geschrieben, die überhaupt nicht gnädig oder friedlich waren. Es war die Zeit der ersten Christenverfolgungen. Wie viele hatten Angst? „Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht“, sagt Jesus. Und so gilt der Zuspruch seines Friedens gerade auch in schwierigen Situationen. Gerade dort kann sich sein Friede in unseren Herzen ausbreiten. „Gnade sei mit euch und Friede“! Es war in den letzten Lebenstagen von Martin Luther. Er war in Eisleben, um dort Streit zu schlichten und Frieden zu schließen. Er war angeschlagen. Er war krank. Er hatte angina pectoris. Es ging ihm nicht gut. Seine Frau Käthe machte sich in Wittenberg mit Recht Sorgen. Und das schrieb sie ihm auch, eindrücklich. Genau so eindrücklich schrieb er zurück: „Meiner lieben Hausfrau Katherin Ludherin, Doktorin, Saumarkterin zu Wittenberg, meiner gnädigen Frau zu Händen und zu Füßen“. Allein diese Anrede ist voller Originalität, auch voller Humor. Und dann schreibt er ihr: „Denn du willst sorgen für Deinen Gott, gerade als wäre er nicht allmächtig, der da könne zehn Doktor Martinus schaffen, wenn der einzige alte ersöffe in der Saale oder im Ofenloch oder auf Wolfs Vogelherd. (Tatsächlich war in der Saale Hochwasser, und einen Ofenbrand hatte es auch gegeben.) Lass mich zufrieden mit deiner Sorge; ich habe einen besseren Sorger, denn Du und alle Engel sind, der liegt in der Krippen und hängt an einer Jungfraun Zitzen, aber sitzet gleichwohl zur Rechten Hand Gottes des allmächtigen Vaters; darum sei zufrieden. Amen.“ Da ist Luther und hat nicht mehr viel Kraft. Er ist krank. Das weiß er auch. Aber er ist tief geborgen. Er hat einen tiefen inneren Frieden, weil er sich mit Jesus verbunden weiß. Dieses Schauen auf Jesus, diese Abhängigkeit von ihm, die schenkt dem Herzen Ruhe und Geborgenheit. Seite 3 von 4 „Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht“. Beim Propheten Jesaja kann man das erschrockene Herz studieren. Im 7. Kapitel heißt es vom Haus David und von Juda: „Da bebte ihm das Herz und das Herz seines Volkes, wie die Bäume im Walde beben vom Winde“. Wer bei einem Sturm einmal im Wald war, der weiß, wie das ist, wie alles ächzt und stöhnt und wie gefährlich dies ist. Ach, ja, wir kennen die bebenden Herzen und wissen, wie Angst ist. Viele von uns wissen dies. Da gibt es so viele Lebenssituationen, wo plötzlich der fest geglaubte Boden unter einem wankt und alles bebt. Da kann es sein, dass der Arzt sich meldet und sagt: „Sie haben einen Tumor“. Was hält dann? Da ist plötzlich die Nachricht vom Tod eines Angehörigen oder eines Freundes. Was hält dann? Da beginnt alles zu beben und zu wanken. Wie schön ist dann, wenn einem einfach ein Wort der Bibel einfällt: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln!“ und das Jesuswort: „Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und niemand kann sie aus meiner Hand reißen“. Da kann es dann sein, dass alles wackeln will und da ist dann dieses Wort der Bibel. Es ist wie ein Strahl durch die Tür des Paradieses hindurch. Und wir spüren in allem Wanken ganz tiefen Frieden. Da sind wir noch nicht geheilt. Und der geliebte Mensch ist auch nicht wieder lebendig. Nein, Aber wir wissen um den Arzt, der heilen kann. Und wir wissen um den, der seinen Frieden für uns bereithält, den Frieden, wo aller Streit, aller Jammer, alles Geschrei ein Ende hat. Und dann werden wir unseren Herrn sehen, wie er ist und werden nur noch staunen und uns an ihm freuen. Dann, dann ist wirklicher Friede! Amen Quelle: www.christustag.de Bitte beachten Sie: Es gilt das gesprochene Wort. Dieser Text ist ausschließlich für den privaten Gebrauch bestimmt. Wenn Sie diesen Text in einem anderen Zusammenhang veröffentlichen oder kommerziell verwenden möchten, wenden Sie sich an die jeweiligen Autorinnen und Autoren. 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