Diakon Mathias Wolf, Oberursel Übrigens in hr4 am Montag, 23.5.2016 Gespräche zwischen Brunnen Heute geht das Oberurseler Brunnenfest zu Ende. Am Wochenende nach Pfingsten wird es jedes Jahr groß gefeiert, zwischen den Brunnen der Altstadt von Oberursel. Alt und Jung sind auf den Beinen. Auch mir gefällt das lebendige Treiben an den vielen Ständen. Man trifft sich, hält ein Schwätzchen und kehrt ein. Beim Brunnenfest treffe ich Leute, die ich sonst oft nur im Vorbeigehen flüchtig grüßen kann. Oberursel ist eine Stadt des Wassers und der Brunnen. An vielen Stellen stehen in der Altstadt Brunnen. Sie geben der Stadt ein besonderes Flair. Das Wasser von den Taunushängen war früher die Lebensader der Stadt. Selbst im Sommer waren die Bäche gut gefüllt, und viele Mühlen wurden mit der Kraft des Wassers angetrieben. Heute kommt das kühle Nass aus der Leitung. Aber die sprudelnden Wasser der Brunnen auf den Straßen und Plätzen beleben noch immer die Stadt und ihre Menschen. Wasser hat auf Menschen schon immer eine besondere Faszination ausgeübt. Wo Wasser sprudelt, da spüren Menschen eine besondere Kraft. Sie kommen zusammen und schöpfen das kühle, erfrischende Nass. In der Bibel erzählen davon viele Geschichten. In einer heißt es: Jesus kommt in der Hitze des Mittags an den alten Brunnen des Jakob und trifft dort eine fremde Frau. Die Frau stammt aus Samarien. Als Mann durfte Jesus mit dieser Ausländerin eigentlich gar keinen Kontakt haben. Und trotzdem spricht er sie an und bittet um Wasser. Denn er hat selbst nichts zum Wasserschöpfen dabei hat. Die beiden kommen miteinander ins Gespräch. Erst geht es ums Wasser und den Durst, aber dann wird das Gespräch immer intensiver. Das Lebensschicksal der Frau wird Thema, und schließlich unterhalten sich beide auch noch über Gott. Am Brunnen reden die Samariterin und Jesus über Gott und die Welt. Die beiden halten aber nicht nur einen netten Plausch. Das Gespräch verändert auch beide. Die Frau erkennt im Fremden den ersehnten Messias und Retter. Und Jesus überwindet seine Scheu und Distanz zu dem fremden Volk der Samariter. Er lässt sich im Anschluss sogar von ihnen für einige Tage als Gast einladen. Für mich ist diese Begegnung am Brunnen aus der Bibel faszinierend: Denn es ist eine Verwandlungsgeschichte. Jesus und die Frau werden durch ihre Begegnung andere Menschen. Sie teilen miteinander ihre Gedanken und ihr Leben. Das lebendig sprudelnde Wasser des Brunnens lässt Grenzen des Fremden fließen. Beim Brunnenfest in Oberursels Altstadtgassen beobachte ich das immer wieder: Menschen kommen zwischen den Brunnen miteinander ins Gespräch. Die Scheu vor dem Fremden schwindet.
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