Polizeistatistik: Vorurteile abgebaut?

Polizeistatistik: Vorurteile
abgebaut?
Man möge doch das wichtigste Vorurteil
erkennen, das da lautet: Vorurteile
haben immer nur die anderen. So steht es
in Beschränktes Denken – Unsere kleine
Welt (Deutschlandfunk 3.4.): "Ausländer
raus" rufen die einen, die anderen "Tod
den Ungläubigen" oder "Zerstört das
Schweinesystem".
Pegida-Anhänger,
Islamisten oder Autonome haben jeweils
ihre eigene kleine Welt im Kopf. Ihre
Überzeugungen vertreten sie absolut,
Diskussionen unerwünscht. Von außen erst
einmal schwer nachzuvollziehen. Doch Theorien zu Vorurteilen
und Verschwörungstheorien zeigen: Extreme Ansichten entstehen
aus ganz normalen psychischen Verarbeitungsprozessen.
Aktuell gibt es die Polizeiliche Kriminalstatistik 2015 (Bild:
geralt, pixabay). Die Zahlen sollten sich eignen, um
Vorurteile abzubauen – aber das gestaltet sich durchaus
schwierig. Am Beispiel der 555.820 nichtdeutschen
Tatverdächtigen (ohne ausländerrechtliche Verstöße) errechnet
man gegenüber den 1.456.078 deutschen Tatverdächtigen einen
Ausländeranteil von 27,6% (Seite 10). Bei 10% Ausländeranteil
ist das erklärungsbedürftig, auch wenn bei den Ausländern die
straftatrelevanten Jahrgänge stärker vertreten sind. Nach
Nationalitäten sind es 13,3% Türken, 9,4% Rumänen, 8,0% Polen
usw. Der überproportionale Anteil der Rumänen gibt auch zu
denken, die Anteile an der Bevölkerung sind 17,4% Türken,
geschätzt 7% Rumänen und 9,9% Polen. Ob das was mit den
Wohnungseinbrüchen zu tun hat, wo nur noch 15,2% aufgeklärt
werden und von den 17.670 Tatverdächtigen 7.096 Nichtdeutsche
sind?
Die richtigen Probleme tauchen aber erst bei der
Interpretation der Politisch Motivierten Kriminalität im Jahr
2015 – Bundesweite Fallzahlen auf.
Das geht damit los, dass bei der PMK nach der
Eingangsstatistik
gezählt
wird
(also
nach
Anfangsverdacht, die Straftaten werden bereits am Beginn
des Verfahrens zugeordnet).
Dann ist die Statistik von links her stark verzerrt,
weil
da
zahlreiche
nichtstrafbare
passive
Widerstandshandlungen als Gewaltdelikte erfasst werden.
Nur ein Teil dieser vorgeworfenen Delikte endet in
Verurteilungen, und nur ein Bruchteil der medial nach
links zugeschriebenen Fälle ist tatsächlich politisch
motiviert. So steht es im Antifaschistischen info-Blatt
(2010).
Auch nach rechts ist der Verzerrer tätig. Von den
erfassten 22.960 Taten sind 53% Propagandadelikte und
18,3% Volksverhetzungen. Bleiben netto 6.948 andere
Straftaten von rechts. Die verbalen Straftaten sind
quasi für rechts reserviert und tauchen woanders
(zumindest in dem PMK-Zahlenmaterial) nicht auf. Wenn
Ausländer verlautbaren, was sie in der Koranschule usw.
gelernt haben, ist das gewiss auch strafbar, nur
versteht es die Polizei nicht.
Die Tabelle der politisch motivierten Kriminalität sieht dann
für 2015 so aus:
1
Gesamt
netto
Gewalttaten
Asyl2
rechts
22.960
6.948
1.485
9233
links
9.605
4.0001
2.246
501
Ausländer4
2.025
2.025
345
501
: geschätzt, 2: Gewalt gegen Asylunterkünfte, 3:
aufgeschlüsselt nach Sachbeschädigung 385, Propaganda 208,
Volksverhetzung
109,
Brandstiftung
94,
Nötigung
33,
Beleidigung 35, Hausfriedensbruch 29, 4: politisch motivierte
Ausländerkriminalität sind alle Delikte im Zusammenhang mit
ausländischen politischen Gruppen, wobei Herkunft und
Staatsbürgerschaft des Täters irrelevant sind. Also auch die
Straftat eines Deutschen ohne Migrationshintergrund ist
politisch motivierte Ausländerkriminalität, wenn sie mit
Sympathien etwa für islamistische Gruppen zu tun hat.
Auch bei den rechten Straftaten gegen Asylunterkünfte ist 1/3
Propagandadelikte und Volksverhetzungen, also keine Gewalt.
Wenn die Medien voll von der Nazi-Gewalt gegen die Asylanten
sind, dann relativiert sich das doch erheblich; vor allem im
Hinblick auf die Gewalttaten insgesamt. Da haben die Rechten
das vierfache Aufkommen der Ausländer. Die Linken haben real
wahrscheinlich nur das gleiche oder das Doppelte oder so.
Je nach Wertung kommt Faktor 5 bis 10 raus, was dem
Ausländeranteil einigermaßen entspricht. Wenn das Alter
einkalkuliert wird, ergibt sich ein mäßiges Übergewicht von
Gewaltstraftaten der Inländer gegenüber denen der Ausländer.
Redlicherweise kann nicht behauptet werden, dass mörderische
Nazis die exklusiven Übeltäter sind. Alle teilen aus, mit gar
nicht so großen Unterschieden.
Allerdings sind die polizeilichen Kriminalstatistiken
altmodische Täterstatistiken, in denen die Täter feinsortiert
nach Alter, Ort, Motiv und Tat aufgedröselt werden. Aus den
heutigen Möglichkeiten kann man mehr machen. Man könnte die
Eckdaten jeweils aktuell rauslassen. Man könnte die wirklich
interessanten Daten herausziehen: Welchen Status haben die
Täter? Wie werden sie verurteilt? Wieviele Inländer sind bei
der Ausländerkriminalität erfasst? Nach der Diskussion um die
freiwillige Selbstzensur, die den Schleier der Correctness
über Täter und Opfer legte, ist nun Klarheit gefordert (siehe
auch Zeitung im Wandel).
Vor allem fehlt eins: eine Opferstatistik. Außer der Gewalt
gegen Asylunterkünfte liefern nur die Konfrontationsstraftaten
im Asylzusammenhang Aufschluss über die Opfer (Polizisten und
politische Gegner), sonst fehlt jede Spur von bevorzugt
heimgesuchten Opfern (z.B. junge Frauen?). So muss man das
Bild hinnehmen, das die vorgegebenen Kategorien erzeugen, ohne
es nachprüfen zu können.
Als Fazit darf man davon ausgehen, dass die Täter annähernd
gleichverteilt sind, aber die Opfer nicht. Die kriminelle
politische Gewalt trifft vor allem Asylanten. Vielleicht auch
Polizisten, Gegendemonstranten, junge Frauen, Juden? Darüber
wird man im unklaren gelassen.
Wenn man entsprechende Artikel z.B. in der Süddeutschen
Zeitung liest, wird nicht differenziert. Aktuell hat die SZ
den Artikel Kriminalität – Immer mehr Gewalt gegen
Flüchtlingsheime zu bieten (23.5.): Die Polizei registrierte
im vergangenen Jahr so viele politische Straftaten wie nie
zuvor. Ziel sind immer öfter Asylbewerber. Doch Täter gibt es
nicht nur unter Rechtsextremisten.
Wer den Artikel liest, gewinnt den Eindruck, es gäbe nur
deutsche Täter, und die Ausländer wären nur Opfer. Man wird
regelrecht desinformiert. So werden keine Vorurteile abgebaut.
Aber dafür gibt's ja wissenbloggt, dass einer nachrechnet und
die Zahlen checkt.
Ach ja, es gibt auch was Positives aus der SZ. In den
Leserbriefen steht der Rat: Was tun, wenn frau von einem
Gewalttäter attackiert wird? Kratzen! Dann zur PolizeiSpurensicherung und die DNA-Probe unterm Fingernagel
analysieren lassen. Damit kann frau den Täter besser
identifizieren als bei einer Gegenüberstellung.
Link dazu: Kriminelle Statistik