Kundenbeziehung als Kooperationsbeziehung: Sind zufriedene Kunden bessere Kunden? Beziehungspflege durch Begeisterung Monika Stampfli Zufriedene Kunden von heute sind weniger berechenbar und nicht zu vergleichen mit zufriedenen Kunden von gestern. Worin liegt der Unterschied und wie können Unternehmen Einfluss auf dieses Phänomen nehmen? Die Zeiten haben sich geändert Geben wir es doch zu: zu Zeiten des Anbietermarktes, wo der Kunde froh war, wenn er überhaupt seine Bedürfnisse gestillt bekam, waren die Kunden schneller zufrieden als heute. Und zufriedene Kunden bedeuteten dannzumal treue, wiederkehrende Kunden. Spätestens seit der Globalisierung und dem Aufkommen des Internets ist mit diesen berechenbaren Kunden nicht mehr zu rechnen. Denn heute gilt in allen Branchen das Gleiche: kann ich mich nicht massgeblich von meinen Mitbewerbern abheben, bin ich austauschbar. Kundentreue ist nicht mehr en vogue Lange Zeit war für alle klar, dass zufriedene Kunden loyale Kunden sind. Doch was, wenn Kundentreue trotz Kundenzufriedenheit plötzlich ausbleibt? Was sagt die Psychologie dazu? Namhafte Psychologen setzen sich immer wieder mit dem Thema der Kundenzufriedenheit und der Kundenloyalität auseinander. Die anschliessenden, nicht abschliessend aufgeführten Theorien sollen eine kleine Einsicht in die verschiedenen Facetten der Wahrnehmung von Zufriedenheit geben. Wie Zufriedenheit entsteht Psychologen gehen auf Basis des Confirmation-DisconfirmationModells davon aus, dass der Mensch laufend die durch ihn subjektiv wahrgenommene Leistung mit seinen persönlichen Erwartungen vergleicht. Aus diesem Vergleich können drei Resultate entstehen: denstamm zu halten oder auszubauen. Eine weitere Theorie geht davon aus, dass Kunden begeistert werden wollen. Doch wie soll das gehen? 1. Es besteht keine erhebliche Diskrepanz = der Kunde ist indifferent, er hat bekommen, was er erwartet hat. Begeisterung pur 2. Es besteht eine negative Diskrepanz = der Kunde ist unzufrieden, hat nicht bekommen, was er erwartet hat. 3. Es besteht eine positive Diskrepanz = der Kunde ist zufrieden, die erwartete Leistung wurde übertroffen. Nun wären aber diese drei Resultate zu einfach, um die Psyche des Menschen zu beschreiben. Zusätzlich zu diesem Modell gibt es Theorien und Konzepte, welche auf die Wahrnehmung und Bedürfnisse des Menschen im Zusammenhang mit Zufriedenheit eingehen. Denn der Mensch liebt es während dem Vergleichen zu assimilieren, kontrastieren, ist risikoavers und macht Attributionsfehler. Zufriedenheit ist variabel Wussten Sie zum Beispiel, dass unzufriedene Kunden, nach Behebung der Unzufriedenheit, zufriedener sein können als die ursprünglich zufriedenen Kunden? Fragen Sie sich selber: Wenn Sie in Ihrem Lieblingsrestaurant ausnahmsweise mal nicht die erwartete Qualität erhalten und dies der Wirt bei der Abschlussrechnung mit dem Offerieren der Getränke versucht wieder gut zu machen. Fühlen Sie sich da nicht auch zufriedener, als nach ihren früheren Besuchen? Diese Phänomen hat den Namen „Beschwerdeparadox“ und zeigt auf, dass wir, wenn wir unzufriedene Kunden als Chance erkennen, sehr viel dazu beitragen können, noch zufriedenere Kunden zu haben. Nun hilft aber Zufriedenheit in der heutigen Zeit nicht mehr, den Kun- Das Kano-Modell der Kundenzufriedenheit ist eine weitere Methode , welche erklärt, wie sich Kundenzufriedenheit zusammensetzt. Dazu werden zunächst die Kundenanforderungen in drei Gruppen strukturiert (Basisanforderungen / Leistungsanforderungen / Begeisterungsanforderungen). Beim Nichterfüllen von Basisanforderungen wird beim Kunden Unzufriedenheit ausgelöst. Das Erfüllen von Basisanforderungen hingegen löst beim Kunden höchstens Indifferenz aus, da diese Anforderungen dem Kunden wenig bewusst sind und erst auffallen, wenn sie nicht erfüllt werden. Die blosse Erfüllung der Leistungsanforderung, welche vom Kunden ausdrücklich verlangt wird, führt zu einer moderaten Zufriedenheit. Mit dem Übertreffen der Leistungsanforderung steigt die Zufriedenheit des Kunden. Das Nichterfüllen von Leistungsanforderungen führt ganz klar zu Unzufriedenheit. Auf die Überraschung kommt es an Einzig unterwartete, positive Überraschungen lösen beim Kunden Begeisterung aus. Das schöne am KanoModell ist, dass Begeisterungsanforderungen keine Unzufriedenheit auslösen können, da ja der Kunde überrascht werden muss und somit keine Chance hat, die Zusatzleistung zu erwarten und entsprechend enttäuscht zu werden. Denn Begeisterungsmerkmale sind Nutzen stiftende Merkmale, mit denen der Kunde nicht unbedingt rechnet. Sie zeichnen das Produkt oder die Leistung gegenüber der Konkurrenz aus und rufen Begeisterung hervor. Mit der Zeit wird alles besser? Der Haken am Kano-Modell beziehungsweise an der Psyche des Mensche ist, dass die Kundenanforderungen einer gewissen zeitlichen Dynamik unterliegten. Meist werden Begeisterungsmerkmale über die Zeit zu Leistungs- und noch etwas später zu Basismerkmalen. Dass damit die Begeisterung verloren gehen kann, leuchtet ein. Kennen Sie die Erwartungshaltung und Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter schon? Falls nein, wäre es höchste Zeit, diese in Erfahrung zu bringen. Denn auch Mitarbeiterbeziehungen sind Kooperationsbeziehungen. Vertiefungsliteratur Gouthier, M.H.J. (2016): Kundenzufriedenheit ist nicht gleich Kundenbegeisterung, in: Gouthier, M.H.J./Moll, A./Kohler, G. (Hrsg.): Management der Kundenbegeisterung, Düsseldorf (in Vorbereitung). Fazit Kein einziges Unternehmen möchte unzufriedene Kunden. Und genau deshalb reicht Kundenzufriedenheit heutzutage nicht mehr aus, um erfolgreich im umkämpften Markt zu bestehen. Erfolgreiche Unternehmen müssen begeistern. Denn zufriedene UND begeisterte Kunden sind erwiesenermassen loyalere Kunden. Sie verdanken dies durch Weiterempfehlung und überdurchschnittliche Treue in einer Zeit, wo Treue nicht mehr wirklich modern ist. Unternehmen sind somit gefordert, laufend die sich wandelnden Bedürfnisse ihrer Zielgruppe zu erkennen. Sei dies durch die Messung der Erwartungshaltung ihrer Kunden mittels strukturierter Interviews oder durch Erhebung relevanter demographischer Merkmale, welche Zusammenhänge zwischen den Erwartungen und möglichen Begeisterungsmerkmalen aufzeigen können. Die Schlüsselaufgabe beim Erfassen der Erwartungshaltung Ihrer Kunden liegt einmal mehr auch bei Ihren Mitarbeitenden. Im direkten Kundenkontakt haben sie die Chance Bedürfnisse abzufragen und Trends zu erkennen. Und was für die Begeisterung Ihrer Kunden gilt, gilt übrigens auch für Ihre Mitarbeitenden. Denn nur überzeugte und begeisterte Mitarbeitende bringen täglich die Höchstleistung zustande, sich in den Kunden hineinzufühlen und das kleine bisschen mehr zu leisten, welches den Kunden überraschen lässt. Autorin: Stampfli, Monika Betriebsökonomin FH, MAS Business Psychology
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