V. Testanwendung 1. Allgemeine Vorbemerkungen 206 2. „Tailored Testing“ 207 3. Item- und Geamttestbeurteilung 209 - 206 - 1. V. Testanwendung Allgemeine Vorbemerkungen Die Auswahl geeigneter Testaufgaben und Testbatterien muß immer im Zusammenhang mit Zielsetzung und Zielgruppe gesehen werden. Allgemeine sportmotorische Tests eignen sich gut für eine Grobdiagnose motorischer Leistungsfähigkeit, für eine Feindiagnose bedarf es differenzierterer Methoden. Für den Altersbereich der 6 - 40jährigen wurden im vorangehenden Kapitel Testaufgaben sowie hierfür Norm- und Vergleichswerte dargestellt. Um das Spektrum motorischer Leistungsfähigkeit adäquat abzubilden ist es sinnvoll, komplexe sportmotorische Testsysteme (vgl. Abb. 4) einzusetzen. Im weiteren werden altersspezifisch etablierte Testbatterien empfohlen, Tabelle 7 gibt eine Übersicht über Testaufgaben sowie Altersempfehlungen dieser Testbatterien. Tab. 7 Testaufgaben empfohlener Testbatterien Testbatterie IPPTP Alter AST 6 - 10 • Sprint, 20m • • • • • 11 - 17 18 - 40 PFT Zielwerfen Ball - Beine Wand Hindernislauf Medizinballstoß 6-Minuten Lauf • • • • • • Sprint, 20m Liegestütz, 30 sec Sit up, 30 sec Standweitsprung Medizinballwurf, 2kg 6-Minuten Lauf • • • • • Pendellauf, 4 x 9m Sit up, 40 sec Standweitsprung Liegstütz, 40 sec 12-Minuten Lauf Ebenso ist es möglich, sich selbständig aus den hier in Kap. IV dargestellten Tests ein Testsystem zusammenzustellen. Hierbei sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden: • Aktionsschnelligkeit immer zuerst testen, aerobe Ausdauer immer als letzte Testaufgabe • keine 2 Testaufgaben mit gleichem Meßinhalt (z.B. Kraftausdauer) hintereinander abtesten • ein Test zur Diagnose der aeroben Ausdauer sollte (aus gesundheitsorientierterr Sicht) immer Bestandteil eines Testsystems sein. V. Testanwendung 2. - 207 „Tailored Testing“ Für Jüngere ist die Anwendung sportmotorischer Tests in der Regel völlig unproblematisch. Für Ältere, Untrainierte sowie Risikopersonen ist eine differenzierte Zugehensweise notwendig. In Anlehnung an BÖS (1994, 27) zeigt Abbildung 16 ein Modell der sequientiellen Diagnose. Dargestellt sind neben unterschiedlichen Diagnoseverfahren auch mögliche Interventionsmaßnahmen, die aus einer negativen Bewältigung dieser Tests resultieren sollten. Interventionsmaßnahmen Alter der Testpersonen 6 - 18 19 - 30 31 - 40 Risikocheck ärztliche Untersuchung Funktionsdiagnose Fitneßtest Abb. 16 medizinische Therapie Bewegungstherapie Fitneßprogramme Sequientielles Diagnose- und Interventionsmodell Für Ältere wird als diagnostisches Verfahren neben einer (möglichen) ärztlichen Untersuchung ein „Risiko - Check“ sowie ein „Funktionstest“ empfohlen. Letztere sollen hier kurz dargestellt werden. - 208 - V. Testanwendung „Risiko - Check“ Zur Minimierung möglicher Risiken sollten Ältere vor Durchführung eines Fitneßtests oder sportlichen Trainings folgende Fragen für sich beantworten: Wenn Sie zur Zeit (in Ruhe oder bei Belastung) ... • Kreislauf oder Atembeschwerden • Schmerzen in den Gelenken oder am Bewegungsapparat, • Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen, • Übergewicht, • einen erhöhten Blutdruck haben, oder sind Sie sich bei der Beantwortung unsicher sind, Dann sollten Sie ohne vorherigen Besuch beim Arzt nicht Sport betreiben / keinen Fitneßtest durchführen. „Funktionstest“ Mittels einer Funktionsdiagnose wird überprüft, ob gravierende funktionelle „Störungen“ vorliegen, die im Alltag keinerlei Bedeutung haben, für sportliche Betätigung aber ein gewisses Risiko bergen. Wenn Sie ohne Mühe ... • aus der Sitzposition auf einem Stuhl durch nach vorne beugen mit den Händen nicht den Boden berühren • aus der Sitzposition auf einem Stuhl nicht mit einem Bein aufstehen (dabei sind die Arme vor dem Körper verschränkt), • im Stand nicht 20 sec auf einem Bein das Gleichgewicht halten können, Dann sollten Sie gezielte Bewegungstherapie zur Aufarbeitung dieser Defizite betreiben. V. Testanwendung 3. - 209 Item- und Gesamttestbeurteilung Die Normierung der einzelnen Testaufgaben basierte jeweils auf den Verteilungskennwerten Mittelwert und Varianz bzw. Standardabweichung. Daher wurde bei der verbalen Beurteilung hierauf Bezug genommen, so ist ein Punktwert von „2“ dem Z Wert Bereich „96 - 105“ zuzuordnen. Dies entspricht dem Mittelwert ± ½ Standardabweichung, daher „durchschnittlich“. Tab. 8 Beurteilungskategorien der Testaufgaben Punktwert Z - Wert Prozentrang Beurteilung 4 > 115 > 92 weit überdurchschnittlich 3 106 - 115 69 - 92 überdurchschnittlich 2 96 - 105 32 - 68 durchschnittlich 1 86 - 95 8 - 31 unterdurchschnittlich 0 < 86 <8 weit unterdurchschnittlich Als Globalmaß einer Leistungsbeurteilung eignet sich der Summenscore aller Testaufgaben, er nivelliert aber individuelle Stärken und Schwächen. Wünschenswert ist daher als zweiter Schritt eine individuelle Profilauswertung. Tabelle 9 zeigt die fiktiven Testergebnisse eines 23jährigen Mannes im „PFT“. Tab. 9 Testergebnisse Hans Mustermann, 23 Jahre im „Physical Fitness Test“ Testaufgabe Pendellauf, 4 x 9m Sit up, 40 sec Standweitsprung Liegestütz, 40 sec 12 - Minuten Lauf Gesamtergebnis Meßwert Punktwert 8.2 26 220 17 2650 Beurteilung 4 1 3 1 2 weit überdurchschnittlich unterdurchschnitttlich überdurchschnittlich unterdurchschnittlich durchschnittlich 11 befriedigend Insgesamt verfügt Hans Mustermann nach Tabelle 9 über eine „befriedigende“ Leistungsfähigkeit, Diese Gesamtbeurteilung nivelliert aber seine gravierenden - 210 - V. Testanwendung Schwächen im Bereich Kraftausdauer und seine ausgeprägte Stärke im Bereich Aktionsschnelligkeit. Die Profilanalyse zeigt, daß Hans Mustermann im 12 - Minuten Lauf „durchschnittliche“, im Pendellauf und beim Standweitsprung „über-“ bzw „weit überdurchschnittliche“ Testergebnisse erzielt. Bei den Sit up und Liegstützen ist seine Testleistung „unterdurchschnittlich“. Auf der Grundlage vorliegender Rohdaten wurden für die 3 vorgeschlagenen Testbatterien Gesamttestauswertungen berechnet. Der Gesamttestwert ergab sich aus der Addition der Punktwerte (0 - 4 Punkte). Auf dieser Basis wurden Beurteilungskategorien für den Gesamttestwert gebildet, zusätzlich wurde als Mindestkriterium des „Bestehens“ des Tests das Erreichen vom 1 Punkt festgelegt. Eine Person hat somit den Test nicht bestanden, wenn in einer Testaufgabe kein Punkt erzielt wird. Für die einzelnen Tests leiten sich entsprechend dieser Formulierung folgende Beurteilungskategorien ab. Tab. 10 Beurteilungskategorien des Gesamttestwerts von AST, IPPTP und PFT Testbatterie Beurteilung AST IPPTP PFT sehr gut > 15 > 15 > 14 gut 13 - 15 13 - 15 12 - 14 befriedigend 10 - 12 10 - 12 9 - 11 ausreichend 7-9 7-9 6-8 mangelhaft <7 <6 5 nicht bestanden 1x0 1x0 1x0
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