600 J AHRE KIRCHE ST. N IKOLAUS UND ST. U LRICH N ÜRNBERG M ÖGELDORF M AI 201 6 KIRCHTURM EVANGELISCH LUTHERISCHE KIRCHENGEMEINDE ST. N IKOLAUS UND ST. U LRICH N ÜRNBERG M ÖGELDORF 2 Kommunikation im umfriedeten Raum Unsere Kirche feiert ihr 600jähriges Be stehen und der KIRCHTURM, unser Ge meindebrief, will auch einen bescheidenen Beitrag beisteuern. Zum neuen Kirchen jahr 1 949 (sprich: Dezember 1 948) er schien er zum ersten Mal. Untertitelt war er mit „Rundbrief der evangelischen Ge meinde NürnbergMögeldorf, herausge geben vom Männerwerk der Gemeinde“. Offensichtlich gab es damals so manche neue Publikation, weil die Schriftleitung darum bittet, das Heft erst zu lesen, bevor man es in den Papierkorb wandern lässt. Außerdem gab es ein Geleitwort von Pfr. Geyer auf der Titelseite sowie „Aus dem Kirchenvorstand“ und Veranstaltungs hinweise und die Gottesdienste. Man sieht, vieles hat sich über die Jahre be währt, manches hat sich geändert. Nach dem die frühen Ausgaben des KIRCHTURM vom Männerwerk kamen, übernahm später der 2. Pfarrer die Chef redaktion. Seit 2001 ruht die Erstellung unseres Gemeindebriefes in den Händen eines ehrenamtlichen Redaktionsteams, dem auch ein oder mehrere Pfarrer ange hören. So hatten die Wechsel der Ge meindepfarrer in den vergangenen Jahren praktisch keine Auswirkungen auf den Gemeindebrief. Als großen Vorteil sehen wir die Verteilung der Aufgaben im Team und die Veranke rung in der Gemeinde. Da wir uns nur in unserer Freizeit um den KIRCHTURM küm mern können, sind wir auf gute Zuarbeit aus der Gemeinde angewiesen. Neben den Impressum Titel der ersten Ausgabe Beiträgen unserer Pfarrerinnen und Pfar rern, des Kantors oder der Diakone freuen wir uns besonders über Artikel aus den Gemeindegruppen oder von Höhepunkten des Gemeindelebens. Nur mit dieser Un terstützung können wir einen interessan ten und attraktiven Gemeindebrief he rausgeben. Falls Sie einen Beitrag liefern oder mehr über unsere Arbeit erfahren möchten, können Sie uns ansprechen, di rekt oder per EMail (s. Impressum). Zum JubiläumsKIRCHTURM Initiiert vom Kirchenvorstand und unter stützt von unseren Pfarrerinnen und unserem Pfarrer hat sich ein erweitertes Redaktionsteam gefunden, um „600 Jahre umfriedeter Raum“ aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Unsere Kirche ist mehr als ein Gebäude. Sie bietet ver trauten Raum für uns Menschen, Raum für Besinnung und Gebet im Dialog mit Gott, bietet Schutz und Trost für unsere Sorgen und Ängste. So wollen wir nicht nur Historie beschrei ben, sondern auch die Auswirkungen auf die Menschen in dieser Gemeinde. Wir wünschen eine anregende Lektüre. Mathias Monse Herausgeber: Evang.Luth. Kirchengemeinde St. Nikolaus und St. Ulrich, NürnbergMögeldorf EMail: [email protected] ViSdP: Mathias Monse, Blütenstraße 23, 90480 Nürnberg Redaktion: Wolfgang Feurer, Mathias Monse, Steffi Puhlmann, Pfarrer Ulrich BauerMarks, Pfrin. Daniela Küster Druck: Druckwerk Offsetdruck, Nürnberg Einmalige Sonderausgabe zum Jubiläum „600 Jahre Kirche St. Nikolaus und St. Ulrich“, Auflage: 500 Redaktionsschluss ist der 1 . des Vormonats Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung des Verfassers wieder. In allen eingehenden Beiträgen behalten wir uns das Recht vor, drucktechnisch bedingte Kürzungen, wenn möglich nach telefonischer Rücksprache, vorzunehmen. Alle Angaben in diesem Gemeindebrief sind nur für kirchengemeindliche Zwecke bestimmt. 3 600 Jahre umfriedeter Raum Vergangenheit: Wurzeln haben un term Turm www.studiopfleiderer.de 600 Jahre Sankt Nikolaus und Sankt Ul rich – eine lange Geschichte. Wie viele Kinder sind in dieser Zeit an unserem Taufstein schon getauft worden? Wie viele Konfirmanden wurden vor unserem Altar eingesegnet? Wie viele Brautpaare haben sich unter diesem Dach das Ja Wort gegeben? Wie viele Verstorbene wurden hier betrauert und zur ihrer letzten Ruhestätte geleitet? Unzählig viele Gottesdienste sind hier gefeiert worden – am Anfang noch die lateini sche Messe, bevor die Reformation in der damals gut 1 00 Jahre alten Kirche te hineinnimmt und in der wir spürbar Teil einer großen Glaubensgemeinschaft sind, die viele Jahrhunderte umfasst. Die Zeit schreitet voran und das bringt Veränderungen mit sich, auch in der Kirche. Wir sind immer Kinder unserer Zeit, auch darin, wie wir Glauben leben und Gemeinde gestalten. Zugleich kann und soll die Kirche Stabilität und Ver lässlichkeit eröffnen, Heimat sein im Wandel der Zeiten. Seit 600 Jahren wird in unserer Kirche Jesus Christus verkün digt. Das verbindet die römischkatholi schen Anfänge mit unserer protestan tischen Gegenwart. Dieser Glaube hat Menschen in den vergangenen 600 Jah ren durch Höhen und Tiefen getragen und er wird uns auch in Zukunft tragen. Er ist das Fundament, auf dem unsere Kirche und wir als Gemeinde stehen. Denn „einen andern Grund kann nie mand legen als den, der gelegt ist, wel cher ist Jesus Christus.“ (1 . Kor 3,11 ) Gegenwart: Glauben leben – unterm Turm Einzug hielt. So viele Menschen haben in diesen Mauern Freude und Dank, Sorgen und Nöte im Gebet vor Gott gebracht. Wann immer wir heute unsere Kirche betreten – es ist eine lange Tradition, in die wir eintreten. Wir kommen mit un seren ganz persönlichen Lebensge schichten, mit dem, was uns bewegt im Hier und Jetzt. Bei Taufen und Konfir mationen, Trauungen und Beerdigungen begehen wir einmalige Ereignisse in un serem Leben. Wir tun das in einer Kirche, die uns in eine lange Glaubensgeschich Unterm Turm zu leben ist Zeichen be sonderer Sozialiät. Man könnte sagen, es ist Zeichen christlicher Gemeinschaft. Sozialität betont das Angewiesensein auf Führung, auf Unterstützung und Anerkennung und die Fähigkeit zu ge sellschaftlichem Handeln. Das ist der wesentliche Unterschied zu „im Tower arbeiten“ oder in den Kathe dralen des Konsums erlebnisshoppen. Alles gehört zu unserer Gegenwart und die Menschen „im Tower“ oder in den Konsumkathedralen haben auch etwas gemeinsam. Menschen, die „unterm Turm“ leben, haben aber keinen Zweck gemeinsam, sondern ein angenommenes Geschenk. Das Geschenk als gerechtfer tigte Menschen durch den Glauben an Gott leben zu können. Deswegen zählen auch die Menschen zu „Menschen unterm Turm“, die nicht in räumlicher Nähe zum Turm leben. Wir sind große, weltweite Christenheit „un term Turm“. Und wir sind hier in unserer 4 Kirchengemeinde und im Dekanatsbezirk miteinander unter den Kirchtürmen ver bunden. Sich so miteinander verbunden zu wissen, heißt gemeinsam zu vertrau en auf Gottes Gnade, gemeinsam sich etwas sagen zu lassen von Gottes weg weisendem Wort, gemeinsam sich rufen zu lassen in und für die Welt und das Quartier. „Unterm Turm“ leben heißt, sich leiten, sich tragen lassen von Gottes Wort, sich gegenseitig helfen und unter stützen. Glauben leben unterm Turm. lebten Glaubens über Jahrhunderte hin weg und drängt auf eine Zukunft hin, von der wir Christen glauben, dass sie gut wird. „Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuch tung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.“ (2.Kor.4,6) Zukunft: Hoffnung wagen unterm Turm Die Kirchengemeinde Mögeldorf mit ih rer 600 Jahre alten, würdigen Kirche St. Nikolaus und St. Ulrich ist eine Kirchen gemeinde wie viele: gemeinschaftlich orientiert, differenziert im Angebot, in dividualisiert, mit diakonischem Schwer punkt und begeisternder Kirchenmusik. Aber es gibt etwas, was uns hier in Mö geldorf „unterm Turm“ besonders ist: Es ist in der Tat unser Kirchenraum, der uns „viel schenkt“. So hat es jemand vor eini gen Tagen zusammengefasst: „Die Mö geldorfer Kirche schenkt viel“. Das, was wir Einzelne mitbringen, das, was uns als Gemeinschaft zusammenfügt, das wird noch beschenkt, durch das, was hier ge prägt hat und was hier verheißen ist. Gegenwart braucht Vergangenheit und drängt in die Zukunft. So kann man für unsere Gegenwart wohl konstatieren, dass sie verände rungsintensiv ist und uns Christen in be sonderer Weise fordert. Aber unsere Gegenwart steht auf den Schultern ge www.studiopfleiderer.de Wolfram Steckbeck Viele Menschen haben um diesen Turm herum gelebt. In schweren Zeiten, in Kriegszeiten, in Krisenzeiten aber auch in Zeiten großen Glücks. Die letzten 600 Jahre haben auch in dieser Kirche Spu ren hinterlassen, nicht nur die Toten schilde erzählen davon, auch die Stif tungen und Schenkungen. Sie erzählen davon, dass Menschen dankbar sind für das, was ihnen im Leben geschenkt Wolfram Steckbeck 5 wurde. Ja, für das Leben an sich. Aber auch davon, dass Menschen sich in dem Raum eingefunden haben, um ihren Frieden zu finden. Ein Raum der Fürbitte, des Dankes, des Gebetes – ein durchbe teter Raum! Der christliche Glaube hat über lange Jahrhunderte unsere Region alleine ge prägt. Ja, in Mögeldorf kann man zuge spitzt sagen, der evangelische Glaube. Wir leben in einer Zeit, die sich diffe renziert. Da wohnen (wieder!?) Men schen mit anderem Glauben auch in unserem Stadtteil. Für die Zukunft wird das in unserem Land noch verstärkt kommen. Das heißt aber für uns, die wir den Turm und damit den evangelischen Glauben als unser Zentrum sehen: Wir sollen unseren Glauben bewusst wahr nehmen und leben. Nicht in Abspaltung, Abgrenzung, sondern als das, was er sein will: Orientierung, Trost, Hoffnung, Zu sage und Offenheit. Wenn die Gesellschaft sich differenziert, dann heißt das auch sich selbst klarer zu werden, was die eigenen Wurzeln einem bedeuten. Da gilt es darauf zu schauen, dass unser Glaube helfen will: „Seid al lezeit bereit zur Verantwortung vor je dermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.“ (1 . Petr 3,1 5) So heißt eine konzen trierte Zusammenfassung der Aufgabe von Christinnen und Christen. 600 Jahre umfriedeter Raum: Es ist un ser Bekenntnis, dass Gott die Welt er schaffen hat und trägt, uns in Jesus Christus befreit hat und im Geist beglei tet. Er schenke auch in Zukunft, dass sich Menschen zu dem Glauben beken nen. Er schenke es, dass Menschen erle ben, dass diese Kirche geistlicher Raum des Gebetes ist, der der Region, der Ge meinde und dem eigenen Herzen Frie den schenkt. Der Dreieinige Gott schenke, dass auch in den nächsten Jahrhunderten Frieden von diesem Raum ausgehen möge – Frieden für je den einzelnen, die Gemeinschaft der Glaubenden und weit darüber hinaus. Für diese Hoffnung soll der Turm stehen! MögeldorfA.D. 2016 Pfarrerin Daniela Küster Dekanin Christine Schürmann Pfarrer Ulrich BauerMarks 6 Der König, der Amtmann und die Folgen Ein königlicher Besuch 1 025 auf dem Kirchenberg führt uns zu den heute be kannten Anfängen zurück: Damals be suchte König Konrad II. auf dem Weg von Beratzhausen nach Bamberg den Amtssitz seines Verwalters an der Au ßenstelle des Königshofes von Altdorf auf dem Kirchenberg in Mögeldorf. Das altdeutsche Straßennetz führte hier vor bei, eine Furt über die Pegnitz, im heutigen Erlenstegen, verband das Stra ßennetz von Süd nach Nord und von Ost nach West miteinander. Hier nächtigte der vielbeschäftigte König und unter zeichnete eine Urkunde, die noch heute im Staatsarchiv zu finden ist. Diese Ur kunde gilt als ältester Beleg von Mögel dorf. Bis in die jüngste Vergangenheit galt Mögeldorf als älter als die spätere Reichsstadt Nürnberg. Dies ist der Ur sprung auch der Kirche auf dem Kir chenberg. Es gab bereits um 1 300 eine kleine Wallfahrtskirche dort, die den Na men des Täufers Johannes führte. Ver mutlich sollte sie eine klare Markierung des Einflussbereiches des Bischofs von Eichstätt darstellen, zu dessen Lasten ein Teil des Bistums von Bamberg 1 007 er richtet worden war. Ursprünglich befand sich also die Mö geldorfer Kirche mit einer ganzen Reihe von weiteren Kirchen im Nürnberger Umland im Besitz des Deutschen Kö nigshauses, gelangte nach Pommern, im 1 4. Jahrhundert an die Pfalzgrafen und diente bis 1 525 der Finanzierung der Universität Heidelberg. Dann erwarb die Freie Reichstadt Nürnberg diesen „Kir chensatz“ und seitdem war Nürnberg für Unterhalt und Leben in der Kirche ver antwortlich. Mit dem Ende der freien Reichstadt Nürnberg 1 806 gehörte auch die Mögeldorfer Kirche in den Verant wortungsbereich des Bayerischen Kö nigreiches. Das hat Folgen bis heute: Noch heute ist die Regierung von Mit telfranken als zuständige Behörde des Freistaates zuständig für den Bauunter halt der Kirche und des Pfarrhauses. Der Neubau des Langhauses Im Jahre 1 400 müssen schon die Vorbe reitungen für den Neubau bzw. Vergrö ßerung der vorhandenen Johanniska pelle getroffen worden sein. Am 1 7. Martha Monse 600 Jahre St. Nikolaus und St. Ulrich in Mögeldorf Dezember 1 400 wurde ein Vertrag des Pfarrers mit den Gotteshauspflegern in der Gemeinde geschlossen. Der Nürn berger Patrizier Udalrich (Ulrich) Groland (†1 404) auf Oberbürg erhielt ein Hoch grab in der Kirche – infolgedessen muss er wohl als ein Stifter angesehen wer den. Es ist heute an der Nordostseite im Innenraum der Kirche zu sehen. Viel leicht hatte er eine Kapitalstiftung er richtet, die dann ein Jahrzehnt später zum Neubau verwendet wurde. Die go tische Kapelle des 1 . Baues blieb erhalten und bildet noch heute den Altarraum unserer Kirche. Ob es schon zur Zeit der Johanniskapelle ein kleines Langhaus gab, ist unsicher. Ein neues Langhaus wurde 1 41 4/1 6 in Sandstein ausgeführt. Es muss ein gotisches Gewölbe einge fügt gewesen sein. Bei dem alten Turm wurden das III.–V. Geschoß jetzt erhöht. Die erste Weihe des Chors fand am 29. Dezember 1 41 5, dem Sonntag nach 7 Nöte und Veränderungen Schon bald nach der Weihe der Kirche brachte der erste Markgrafenkrieg 1 449 Zerstörung und Not ins Land. Die Mö geldorfer Kirche wurde stark in Mitlei denschaft gezogen, das gotische Gewölbe stürzte ein und wurde durch eine flache Holzdecke ersetzt. Krieg und Notzeiten gingen im Laufe der Jahrhun derte immer wieder über den Kirchen berg hinweg. Dazu einige wenige Erinnerungen. Im II. Markgrafenkrieg 1 552/53 zwischen dem Markgrafen Albrecht Alcibiades von BrandenburgKulmbach (1 541 –1 557) und Nürnberg wurde das Dorf Mögel dorf weitgehend zerstört. Die Kirche blieb unversehrt. Auch in der Kirche St. Nikolaus und St. Ulrich wurde 1 525 wie in ganz Nürnberg die Reform des Gottesdienstes und Gemeindelebens nach lutherischer Lehre eingeführt. Ein Epitaph an der Südwand der Kirche in der Nähe des Portals führt alle Evangeli schen Pfarrer seit der Reformation in der Kirche auf. Die neuen Bedürfnisse des gottesdienstlichen Lebens führten 1 591 dazu, dass Seitenemporen im Kirchen schiff eingefügt wurden. Sie waren bis zur großen Restaurierung 1 901 –1 907 vorhanden. Endlich erfolgte in diesen Jahren eine umfassende Renovierung der Kirche, für die sich energisch der damalige Pfarrer Lauter einsetzte. Diese umfangreichen Restaurierungsarbeiten waren dringend nötig. Im Königreich Bayern hatte man andere Sorgen als die um evangelische alte Kirchen. Pfr. Thiermann, Nachfolger von Pfr. Lauter, bemerkte dazu: „Die wiederholt ungenügend restau rierte, im Laufe der Jahrhunderte im mer mehr herunter gekommene Kirche bedurfte besonders im Innern dringend einer gründlichen Erneue rung. Das drängende Bedürfnis führte zu bescheidenen Versuchen und An fängen unter Pfarrer Bechmann. Indes wurde unter ihm 1 882 der schadhaft gewordene Kirchturm re stauriert und ein neuer Dachstuhl auf demselben errichtet (Zimmermeister: Konrad Braun). Auch was unter Bechmanns Nachfolger, Pfarrer Herr mann, 1 885 bis 1 891 im Innern neu geschaffen wurde, nicht ohne Kos tenaufwand, wie die neuen Stühle unter Aufhebung der alten Kirchen stuhlvermietung, Pflasterung mit Ze mentplatten statt des alten Sand steinpflasters, Renovierungen am al ten Altar und selbst eine neu gebaute Orgel, hat völlig weichen müssen dem Einheitlicheren und künstlerisch Wertvolleren, das die großzügige Re staurierung der Kirche gebracht hat, die unter Pfarrer Fritz Lauter 1 901 bzw. 1 907 erfolgt ist." Grit Monse Weihnachten, statt. Die eigentliche Wei he der Kirche erfolgte am 3. Pfingstfei ertag, dem 9. Juni 1 41 6. Diese Weihe zu Ehren der Hl. Nikolaus und Udalrich (Ul rich) vollzog der Generalvikar und Weih bischof Frater Albert O. S. Fr. von Eich stätt (1 41 0–1 438). So manifestiert un sere Kirche immer wieder auch den Einfluss des Bistums Eichstätt. Hier erfahren wir also auch etwas über das Gestühl in der Kirche. Unsere Kirche bekam damals im We sentlichen ihre heutige Gestaltung im Innenbereich, allerdings gab es noch immer eine doppelte Bankreihe mit Mittelgang (die heutige Bahnanordnung gibt es erst seit 1 967). Freilich bedeute 8 Stifter und Patrizier Es sind vor allem die Totenschilde im Westchor unserer Kirche, die die intensi ve Verbundenheit der alten Mögeldorfer Kirche mit den Nürnberger Patrizierfa milien und zu den Schlössern des Peg nitztales eindrücklich bezeugen. Aber auch die Gestaltung des barocken Alta res und der schönen Kanzel, nicht zu letzt der kostbare Khevenhüller Kelch (eine Stiftung der Familie Khevenhüller, die als Flüchtlinge aus Ungarn/Rumäni en nach Oberbürg kamen) bezeugen die Verbundenheit mit der Herrschaft von Oberbürg. Der barocke Aufbau des Altares von 1 702 ist eine Stiftung der Gräfin Margareta Susanna von und zu Pohlheim, geb. Grä fin von Zinzendorf und Pottendorf (1 660–1 721 ), die im Herrensitz Oberbürg wohnte. Die Stifterin war eine Verwandte des Grafen Nikolaus Ludwig von Zinzen dorf, des Stifters und Gründers von Her rnhut in der Oberlausitz (Herrnhuter Brüdergemeine). Das Werk, das über 1 00 Taler gekostet hatte, wurde zum 1 . Pfingsttag, dem 4. Juni 1 702 aufgestellt. In den Jahren 1 902–1 963 war der Altar von seiner alten Stelle entfernt und im neuen Westchor aufgestellt. Die wohl 1 902 erfolgte braune Beizung der Archi tekturteile wirkte entstellend. 1 963 kam der Altar wieder in den Ostchor zurück. Die Kanzel wurde ebenfalls von der Grä fin Margareta Susanna von und zu Pohlheim 1 71 5 gestiftet. Im Jahre 1 826 wurden der Altar und die Kanzel mit blauer Ölfarbe angestrichen. 1 902 wurde die Kanzel dann überarbeitet und in braunem Ton gestaltet. Der Treppenlauf war zuerst gerundet und die Kanzel war nur von der Sakristei aus betretbar.1 963 wurde die Form der Treppe geändert und der Lauf gerade gerichtet. Das Konfessionsbild Eine bemerkenswerte Besonderheit stellt das sog. Konfessionsbild an der West wand unserer Kirche dar. Auch dieses große Bild ist eine Stiftung, diesmal aus Unterbürg. Die Gattung der Konfessionsbilder ge hört in eine relativ kurze Zeitepoche am Ende des 1 6. und zu Beginn des 1 7. www.studiopfleiderer.de ten beide Weltkriege, vor allem aber die Bombardierung und Kriegsschäden zwi schen 1 943 und 1 945, schwerste Prü fungen für Gemeinde, Gemeindeverant wortliche und Bürger des Stadtteiles, wovon noch ausführlicher die Rede sein soll. Doch zunächst noch ein ergänzen der Blick in das Innere der Kirche und auf ihre reiche Ausstattung. Jahrhunderts. Sie sind also in einer Zeit heftiger konfessioneller Auseinander setzungen in Deutschland entstanden, sozusagen am Vorabend des großen Konfessionskrieges, des sog. 30jährigen Krieges. Und: Sie sind ursprünglich – nicht ausschließlich, aber vorwiegend – im fränkischen Raum zu finden. Dieser Bildtypus hat nur ein Thema, das 9 Ordnung in der Kirche zu sorgen und nicht lutherisch bekennende Besucher abzuweisen haben. Auch ein Hinweis auf die konfessionellen Spannungen inner halb der Reformationskirchen. Die schlimmen Jahre: 1 91 6 bis 1 945 In schwieriger Notzeit des 1 . Weltkrieges begeht die Mögeldorfer Gemeinde vor 1 00 Jahren das 500jährige Jubiläum der Weihe der Kirche St. Nikolaus und St. Ulrich. Der Vorort Nürnbergs ist damals noch stark ländlich geprägt. Die große Grit Monse durchaus unterschiedlich künstlerisch dargestellt wird: Die Geburtsstunde der Evangelischen Kirche als eigener, rechtlich anerkannter Konfession auf dem Reichstag zu Augs burg am 25. Juni 1 530 mit der Übergabe der Bekenntnisschrift „Confessio Augu stana“. Dabei zeigt der Künstler in seiner Darstellung selbst ein hohes Maß an deutlicher Sympathie für die lutherische Sache. So zeigt sich bei einem der im Vordergrund dargestellten Kürfürsten ein Pferdefuß, ein anderer besitzt ein pelzartiges Hinterteil. Als Konfessionsbild kann das Gemälde auch deshalb bezeichnet werden, weil das Bild die Ereignisse voller Symbolik darstellt. Nur wenige Details entspre chen den historischen Ereignissen. So wird auf dem Bild des damals bekannten Malers Andreas Herneisen der sächsische Kurfürst Johann der Beständige als Überbringer der beiden wichtigsten Be kenntnisschriften der Lutheraner darge stellt. Historisch betrachtet war das anders: Die deutsche Version der „Con fessio Augustana“ wurde an diesem Tag Kaiser Karl V. und den Kurfürsten des Reiches vom sächsischen Kanzler und Rechtsgelehrten Christian Beyer in der Kapitelstube des bischöflichen Palastes vorgetragen. Desweiteren aber findet sich auf dem Gemälde in der 2. Bildhälfte, mehr im Hintergrund, eine Darstellung des evan gelischen gottesdienstlichen und geistli chen Lebens in Kirche und Gemeinde. Die zentrale Bedeutung der evangeli schen Abendmahlsfeier in beiderlei Ge stalt (Brot und Kelch) wird ausdrücklich hervorgehoben. Die Bedeutung der Tau fe, aber auch der Beichte, Katechismus unterricht, sogar die Bedeutung des Gemeindegesangs – leider nur klein und nur schwer im rechten Hintergrund zu erkennen – weisen auf den besonderen evangelischen Charakter des Gemeinde lebens hin. Desweiteren sind ganz im Hintergrund die bewaffneten Wächter samt einem Hund dargestellt, die für Straßenachse der Ostendstraße gab es als durchgängige Magistrale noch nicht, die Mögeldorfer Hauptstraße bildete die Hauptverkehrsachse durch den Ort. Welche Entwicklung und Veränderungen haben Ortsgemeinde und Kirchenge meinde seit dem Ende des 2. Weltkrieges vor 70 Jahren genommen! Man kann es etwas besser ermessen, wenn man sich die schwierigen Jahre für Menschen, Kirchengemeinde und Ortsgemeinde zwischen 1 91 6 und 1 946 vor Augen hält. In einer zeitgenössischen Schilderung der Jubiläumsfeierlichkeiten 1 91 6 kann man lesen: „Vor dem uralten kleinen Kirchlein mit dem zierlichen Turm und dem Steil dach am Eingang des schmalen grünüberlaubten Weges, der zum Kirchlein und zum dasselbe umge benden Kirchhof führt, eine Ehren pforte aus schlichten Holzstäben mit Guirlanden aus Tannenreis und einer Tafel, auf welcher die biblischen 10 und Malers, an das wieder zu erinnern ist. Die Jahre 1 923–1 945 Mit Respekt und Dankbarkeit ist des Pfarrers Heinrich Bammessel zu geden ken, der die Geschicke der Gemeinde in den schwierigen Jahren 1 923 bis 1 943 mit großer Umsicht und Tatkraft lenkte. Grit Monse Worte prangen: ‚Gehet zu seinen To ren ein mit Danken, zu seinen Vorhö fen mit Loben!‘ Und auf den Wegen nach dem kleinen Kirchlein eine fest lich geschmückte Menschenmenge.“ So also beginnt die liebevolle Schilde rung der Nordbayerischen Zeitung vom 1 3. Juni 1 91 6 anlässlich Festlichkeiten zum 500. Jubiläum der Kirche in Nürn berg–Mögeldorf. Den Höhepunkt der Ju biläumsfeierlichkeiten von 1 91 6 stellt ohne Zweifel die Festpredigt des damali gen Oberkonsistorialpräsidenten Dr. von Bezzel dar, dem damals höchsten Vertre ter der Protestanten im Königreich Bay ern. Ohne jedes patriotische Pathos, aber liebevoll, väterlich und tröstlich, ver suchte er die Gemeinde in schwerer Zeit auf ihrem Weg zu stärken. Immerhin finden sich in dieser langen, uns heute recht erbaulich anmutenden Predigt zum Thema: „Singt dem Herrn ein neues Lied“ deutliche, im Nachhinein geradezu prophetisch zu nennende Worte wie diese: „Wer aber den Herrn verwirft, der be gibt sich in Abhängigkeit von vielen Herren, Gebietern, Despoten und Ty rannen, und wer den heiligen Geist nicht anerkennt, wird der Sklave des Zeitgeistes …“ Wie rasch sollte eben solcher Zeitgeist zur beherrschenden Macht werden! Das Kriegsende brachte neben großer wirtschaftlicher Not und politischer Un sicherheit das Ende des bayerischen Kö nigtums und damit auch das des königlichbayerischen Kirchenregiments für die Protestanten. Durch diese Übergangszeit begleitete Pfr. Thiermann die Gemeinde, der aller dings eher künstlerisch veranlagt war, wovon die beiden großen Portraitbilder in der nördlichen und südlichen Empo renwand von Martin Luther und Philipp Melanchthon Zeugnis geben. Er verließ im Jahr 1 923 die Gemeinde. Die Bilder wurden erst 1 923 fertigge stellt und gehören gewissermaßen zum Vermächtnis dieses Mögeldorfer Pfarrers Damals gab es weder die uns heute ge läufigen Räumlichkeiten für Gemeinde und Diakonie, noch eine moderne Form der heute geläufigen Gemeinde, Ju gend und diakonischen Arbeit. Die Dia konissen der Station des Gemeinde vereins verfügten bis 1 937 nicht einmal über ein Fahrrad. Als großes Ereignis wurde die Einrichtung eines Fernspre chers 1 938 gefeiert. Die Schwestern gingen also von ihrer Station im damals sogenannten Gemeindehaus Ziegen straße 31 , ehedem Mögeldorfer Schul haus, zu Fuß durch die Gemeinde. Sie betreuten den „Kinderhort“, der ehemals vom Luitpoldverein begründet wurde, ebenso die Armen, Kranken und Ju gendpflege. Die mit der Diakonissenan stalt Neuendettelsau vereinbarte monatliche Erstattung für den Einsatz der Schwester war ein steter Anlass zur Sorge und der Verhandlung. Der Betrag konnte kaum mehr aufgebracht werden. Daneben war es eine jahrelange Sorge des Ortspfarrers, ein Grundstück für den Bau eines größeren Gemeindesaales zu erwerben. Auch das heutige Haus der Gemeinde gab es nicht, nicht einmal das Grundstück war im Besitz der Gemeinde. 11 ausgeübt. Doch gelang es auch hier, gu te Kontinuität zu wahren. Im Oktober 1 934 schließlich versuchte die Reichsregierung die gewaltsame Gleichschaltung der letzten Landeskir chen in Württemberg und Bayern. Der Landeskirchenrat in München wurde Grit Monse Laufamholz und Zerzabelshof gehörten damals zur Pfarrei Mögeldorf. Dann kam das Schicksalsjahr 1 933! Die Schwierigkeiten, zu denen die Machtergreifung der Nationalsozialisten in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens führte, bekam auch die Mögel dorfer Kirchengemeinde zu spüren: „Die evangelische, kirchliche Jugendarbeit ist, wie vorauszusehen war, nur noch an den 6–1 0 Jährigen möglich gewesen. Es sammelten sich 20–30 Mädchen am Mittwoch, 1 4 ½ bis 1 7 Uhr, um Mo natsspruch, biblische Geschichten und kirchliches Lied“, so Schwester Maria Himmelseher in ihrem Bericht von der Diakonie–Station im Januar 1 941 . Zwar musste im September 1 933 einerseits die Gleichschaltung des Gemeindever eins mit dem „Kampfbund für Deutsche Kultur“ auf Druck der NSDAP vollzogen werden, gleichzeitig aber blieb Bammes sel weiterhin Vorsitzender des Vereins. Überdies gelang es ihm 1 934, den Verein dem „Führerrat der Inneren Mission“ und damit faktisch dem Landesbischof zu unterstellen. Das gab dem Verein Rück halt in seiner weiterhin kirchlichenga gierten Arbeit auch mit Jugendlichen. Die innergemeindlichen Auseinanderset zungen ließen nicht auf sich warten. Im Kirchenvorstand gab es mehrere Rück tritte und Auseinandersetzungen über den Kurs der Gemeinde. Es wurde schwierig, die vorgegebene Anzahl von Kirchenvorstehern zu erreichen. Trotzdem gehörte die Mögeldorfer Ge meinde zu den Gemeinden der „Be kenntnisfront“ mit klarer Abgrenzung gegen die DCGemeinden (Gemeinden, die den sogenannten „Deutschen Chris ten“ nahstanden). Der Organist, von Be ruf Lehrer, musste auf Druck der Partei kündigen, rasch war aber Ersatz gefun den. Im Juli 1 934 musste auf Druck der Reichsregierung und der sogenannten Reichskirchenleitung die Kirchenvor stände auch in der Bayerischen Landes kirche neu gewählt werden. Auch dabei wurde Druck auf die Kandidatenauswahl gewaltsam besetzt, Landesbischof Mei ser geriet in Hausarrest. Eine große Auf regung bemächtigte sich der Gemeinde, eine überwältigende Welle der Solidari sierung brach los. Doch trotz vorsichti ger Zurückhaltung spürte man in der Mögeldorfer Öffentlichkeit sehr wohl die kirchliche Einstellung des Pfarrers der Gemeinde. Anfeindungen blieben nicht aus, wovon etwa das Spottgedicht einen Eindruck vermittelt, das in einem der Monatsblätter der Ortsgruppe Mögel dorf der NSDAP abgedruckt wurde: Im bildlichen Vergleich mit herbstlichen Vögeln werden Landesbischof Meiser (Meise) und der Ortspfarrer von Mögel dorf (Dompfaff) in vagen Andeutungen (z. B. mit Dachau) spürbar scharf atta ckiert. Darin heißt es: Wieso, denk ich, gehen Dompfaff und auch Meise nicht auch nach Süden jetzund auf die Reise, zu schmücken in Jerusalem die Land schaft? Sie meucheln lieber ihren Bruder Abel und mästen sich an Speck und Schweinenabel! Werden im Schwatzen sich nicht bald ermüden Dachau – liegt auch im Süden ... 12 nattreffer im Hof, alle gingen in den Keller. Kein Strom mehr." Es ist immer wieder von Maria die Rede, der ältesten Tochter der Familie, die mit dem Vater im Pfarrhaus geblieben ist, während die Mutter mit den jüngeren Kindern evakuiert wurde. Weiterhin werden 1 7 Soldaten und 5 Hausbewoh ner erwähnt. Außerdem ist von einem Kleinen die Rede, der sich in Simmels dorf aufhält. Pfr. Geyer fährt fort: „Sie heben Schützenlöcher vor der Friedhofsmauer in Richtung Plat nersberg aus. Ansonsten ist es ruhig. Abendessen auf dem Mäuerle am Friedhof sitzend. Sie gehen den Kir chenberg in Abständen hinab. Grit Monse Mit Beginn des Krieges verschärfte sich die kirchliche Lage weiter. Plakate durften nicht mehr gedruckt werden. Im Jahre 1 943 trafen Luftangriffe auch den östli chen Teil Nürnbergs: Kirche und Pfarr haus wurden stark beschädigt. Pfr. Bammessels Gesundheitszustand ver schlechterte sich, er musste zur Kur, zu nächst nach Bad Mergentheim, danach lebte er noch einige Wochen in Winds heim, wo er bei seiner Tochter Hildegard im Pfarrhaus wohnte. Dort verstarb er am 8. September 1 943 „kurz vor Mitter nacht…, nach langer schwerer Krankheit“. Schwer war es, für den verstorbenen Pfarrer Ersatz zu finden. Pfr. Hermann Schreiber, Pfarrer an der Diakonissenan stalt Neuendettelsau, seit 1 941 Kriegs vertretung in der Bayerischen Landes kirche, wurde ab 6. August 1 943 in die Vertretung der Pfarrstelle Mögeldorf be rufen. Ihm verdanken wir die Aufzeich nungen über den schweren Bombenan griff auf Nürnberg 1 943, der auch in Mögeldorf und an unserer Kirche und Pfarrhaus schwere Schäden verursachte: In seiner „Kriegschronik“ schildert er die se, aber auch die große Hilfsbereitschaft der Mögeldorfer Bürger, die schlimmsten Schäden an Kirche und Pfarrhaus zu be seitigen bzw. das Gotteshaus mit be scheidenen Mitteln wieder funktions fähig zu machen. Pfr. Geyer konnte schließlich im Herbst 1 944 formell die Nachfolge von Pfr. Bammessel antreten. Er wirkte in Mö geldorf bis 1 953 – seelsorgerliche Nähe und humorvolle Menschlichkeit zeich neten ihn aus. Aus seinen handschriftli chen Aufzeichnungen zu den letzten Kriegstaten im April 1 945 seien noch Eindrücke über die Dramatik dieser letz ten Kriegstage in Mögeldorf – teilweise stichwortartig – zitiert: „Zurückflutende Truppen, Panzer auf dem Weg nach Nürnberg. Granate in Ebensee, verletzte Frau, Nachts Ge räusche von Panzern. 1 7. April: Ruhiger Morgen, es hatten Soldaten im Haus übernachtet. Gra Dann aber spitzt sich die Situation wie der offen zu, MGFeuer sei zu hören, Leuchtspurmunition. Weiter schreibt Pfr. Geyer: „Herr Übler und die Schreiberin sitzen noch am Tisch, dann gehen auch sie ins Haus. Man wagte sich nicht mehr hinaus zu dem gedeckten Tisch. Man ging in den Keller und wartete auf die Amerikaner. ... Ich zog mich anständig an mit Amtsrock … Starkes MGFeuer, Haus von Stadtrat Plank wirkte wie Mittelpunkt des Geschehens. Man hatte Waffen gefunden, offenbar die Amerikaner. Familie Oertel und Planks hatten viel zu leiden, die Panzersperren waren zerschossen, Brückenkämpfe. Brand im Gemeindehaus wird gemeldet, alle eilen hin." 13 Der Bericht bricht dann ab. Nach diesen schwierigen, dramatischen Jahren erleb te die Mögeldorfer Gemeinde mit ihrer traditionsreichen Kirche eine neue Blü Zukunft für den umfriedeten Raum Dazu, wie ein Mögeldorfer vor 600 Jah ren in und mit seiner Gemeinde gelebt hat, kann ein Historiker vielleicht Hin weise aus den Kirchenbüchern und Ar chiven finden, aber Zeitzeugenberichte von einfachen Leuten gibt es vermutlich kaum. Doch ich kann mir vorstellen, wie es den Leuten gegangen ist, als im drei ßigjährigen Krieg nicht nur die Kirche geplündert wurde. Deshalb bin ich über aus dankbar, dass wir heute mit unseren katholischen Brüdern und Schwestern nicht nur friedlich im Stadtteil zusam menleben, sondern auch in vielen Berei chen gemeinsam unseren christlichen Glauben zeigen. Und ich bin auch froh, dass wir bei der Gemeindeleitung wieder eine Form haben, die an die Urgemein den erinnert. Schon in der Frühzeit wur den die christlichen Gemeinden durch ein gewähltes Gremium, die „Ältesten“ (Presbyter) geleitet (Apostelgeschichte 1 6). Im Laufe der Zeit verlor sich aber diese Form und die Gemeinden hatten nur noch einen „Hirten“, den Priester. Zur Reformationszeit wurde das „Pries tertum aller Gläubigen“ wieder entdeckt, denn Martin Luther widersprach der „Pfaffenkirche“. Lange Zeit hielt sich aber noch eine obrigkeitliche Kirchenverfas sung und der politische Machthaber war Oberhaupt der Kirche. Er redete bei allen Angelegenheiten der Gemeinden mit, bestimmte die Pfarrer und regelte ihre finanzielle Ausstattung. Erst mit den po litischen Reformen Anfang des 1 9. Jahr hunderts kamen die Presbyterien auf. 1 850 gab es in Mögeldorf erste Kirchen vorsteher und die Gemeinde wurde vom Pfarrer und den Ehrenamtlichen ge tezeit, auf die wir angesichts der Nöte der vorangegangenen Jahre mit großer Dankbarkeit zurückblicken dürfen. Pfr. i.R. Dr. Hans Birkel meinsam geleitet. Natürlich müssen die Kirchenvorsteher nicht wirklich alt sein. Ab dem 1 8. Lebensjahr darf man sich zur Wahl stellen. Aber es ist nicht einfach, junge Menschen für die Wahl zu gewin nen und es ist für sie nicht einfach, ge wählt zu werden. Der Kirchenvorstand sollte – wie vor 600 Jahren der „Gotteshauspfleger“ – dafür Sorge tragen, dass die Kirche in gutem Zustand bleibt. Deswegen wird sie jetzt auch restauriert. Aber, wir müssen uns heute viel mehr als früher darum küm mern, dass unsere christliche Gemein schaft lebendig ist und bleibt – und auch ausstrahlt. War es früher selbst verständlich, dass man zu der Gemeinde, in die man hineingeboren wurde, auch dazugehört, müssen wir heute zeigen, warum dieses Dazugehören sich lohnt und ein Gottesgeschenk ist. Deshalb wünsche ich mir für unsere Gemeinde, dass es uns gelingt, junge Menschen und junge Familien für die Gemeinde zu begeistern, und dass der Kirchenvor stand jünger wird. Ute Steckbeck 14 In jedem Leben ist es gut, Räume zu ha ben, die einem Menschen das Zusich Kommen, das Nachdenken, das Träumen, das Loslassen ermöglichen. Und für viele Menschen ist das Medium Musik etwas, das ihnen so einen Raum eröffnen kann. Da können dann Emotionen wahrge nommen werden und fließen, Nach denkliches meditiert, Freudiges und Trauriges erlebt werden und das Ganze eine Art Katharsis, eine Seelenreinigung sein. Auch die Religion weiß um die wunder samen Kräfte der Musik, denn diese kann Lebenshilfe sein, aber auch Aus druck für Lob und Dank, für Klage, für Aktivität oder Ruhe. Und gerade in ei nem Kirchenraum wirkt sie besonders anrührend. Aus diesem Grund wird in der Kirche musiziert. In einem Gottesdienst bilden freie Kompositionen einen Klangrahmen festlicher Andersartigkeit, Vorspiele stimmen auf Ausdruck und Gehalt von Chorälen ein und ein gemeinsamer Ge sang vermag das Innere nach Außen zu tragen und das Gefühl von Gemein schaft zu vertiefen. So redet im Gottes dienst nicht nur Gott mit uns, sondern wir antworten ihm mit Gebet und Lob gesang. Auch in Konzerten finden wir so einen umfriedeten Raum. Aufgeschriebene oder improvisierte Musik erreicht dabei unsere Herzen, transportiert einen bib lischreligiösen Text oder schafft einen Klangraum für eigene Gedanken und Gefühle. Danach kann es gestärkt wieder in den Alltag gehen. In der Wirkungsweise sind selbst er zeugte Musik und rezipierte Musik gleich wichtig. Es ist schön, sich musikalisch in ein Gan zes einzubringen, sei es mit der Stimme im Chor oder mit einem Instrument in einer Gruppe. Das tut dem Menschen ganzheitlich gut. Er wird Teil einer Ge meinschaft, die sich in einem Entwick lungsprozess um ein Gemeinsames bemüht, das dann nach mancherlei Aufwand als Endergebnis in einem selbsterschaffenen Raum friedvoller Schönheit seine Verwirklichung findet. Genauso schön ist es aber, den Klängen, die andere erzeugen, zu lauschen, sich ergreifen und berühren zu lassen und damit etwas von dem großen Geheimnis des Lebens und Gottes zu erahnen. Welch ein Geschenk ist die Musik, die uns diesen umfriedeten Raum bereitzu stellen weiß! Markus Nickel Wolfgang Feurer Musik als umfriedeter Raum [GFDL, CCBYSA2.0], via Wikimedia Commons 15 Gelebte Ökumene der Frauen Interview mit Frau Wolfmar Seit dem sogenannten Blutsonntag im nordirischen Derry, dem 30. Januar 1972, tobte in Nordirland ein Bürgerkrieg. In Mögeldorf haben sich im Herbst 1983 Frauen aus der evangelischen und der katholischen Gemeinde zusammengefunden, um hiergegen ein Zeichen zu setzen. Was waren der Anlass und das Ziel dieser Aktion? In jenen schrecklichen Jahren waren die Menschen bewegt von dem Morden und Bomben in Nordirland. In unseren Mö geldorfer Gemeinden ging es uns gut – auch finanziell. Wir waren motiviert, et was Gutes zu tun, das auch noch inter essant erschien: eine ökumenische Arbeit in einem anderen Land! Unser Ziel war es, Begegnungen zwischen in Bel fast lebenden Personen – klassifiziert als die Katholiken und die Protestanten – zu schaffen. Auch wir haben einige Zeit ge braucht, um zu erkennen, dass es nicht um religiösen Hass ging sondern um viel tiefer sitzende und jahrhundertealte Verletzungen und Trennungen innerhalb Irlands, innerhalb zweier gesellschaftli cher Gruppen: Gruppen der englischen Tradition (protestantisch) und der iri schen Tradition (katholisch). Wir wollten Mütter zusammenbringen, es sollten ge mischte Frauengruppen sein aus armen Stadtteilen im WestBelfast, die wir ein laden wollten in Familien aus der katho lischen und der evangelischen Gemeinde Mögeldorfs. Haben Sie und die anderen Mögel dorfer Frauen spüren können, dass die Aktion den Frauen in Belfast et was gebracht hat? Es waren in erster Linie fröhliche Ur laubstage für die jeweiligen Gruppen – es kamen meist etwa zehn Frauen. Ein Tor in einer Friedenslinie im Larnak Way, WestBelfast erster Urlaub, unbeschwert, kostenlos und weit weg vom Bürgerkrieg. Die Mütter waren glücklich und begeistert; man konnte nicht merken, von welcher traditionellen „Seite" (s.o.) sie jeweils kamen. Von daheim aus Belfast kannten sie sich nicht, obwohl sie oft nur wenige Meter oder Straßenecken voneinander wohnten. Hier haben sie festgestellt, wie ähnlich sie sich doch sind: „Wir kennen und singen die gleichen Lieder, wir la chen und weinen zusammen und haben auf beiden Seiten die gleichen Sorgen um unsere Kinder" nämlich zum Bei spiel die Sorge, dass Kinder von der IrischRepublikanischen Armee (IRA) angeheuert wurden oder in ein Bom benattentat geraten könnten und abends nicht mehr nach Hause kämen... Welche Kontakte haben Sie und die anderen Frauen aus Mögeldorf heute noch nach Nordirland? Jede von uns hat wunderbare Erinne rungen an das, was wir gemeinsam er lebt haben – auch in Mögeldorf. Es sind Freundschaften entstanden. Diese wur den und werden unterschiedlich gut gepflegt. Aus Nürnberg sind immer wie der einzelne Frauen oder kleine Gruppen nach Belfast gefahren. Da kamen die Belfaster Freundinnen dann wieder mit den fränkischen Besucherinnen zusam 16 men. Einzelne der damaligen Gäste schreiben regelmäßig Gratulationskarten zu Weihnachten oder zum St. Patrick’s Tag. Gerade in diesem Jahr erst besuchte eine unserer Teilnehmerinnen mit Toch ter und Enkeltochter vier Tage lang Nürnberg. Wann und warum wurde die Aktion dann beendet? Nach 1 4 Jahren Austausch, in denen Belfaster Mütter nach Nürnberg und Mögeldorfer Gastgeberinnen zum Ge genbesuch nach Belfast reisten, konnte man merken, dass es in Nordirland all gemein besser ging. Die – wenn auch sehr zähen – politischen Verhandlungen fingen an zu fruchten. Die EUGelder zeigten Wirkung. Die Armut war nicht mehr so groß und die Arbeitslosenzahlen sanken. Im ganzen Land ging es besser, es wurde viel gebaut, Wohnungen ent standen und auch riesige Supermärkte. Die ersten aus dem Kreise unserer Freundinnen konnten auch schon mal einen Urlaub außer Landes buchen. 1 998 fand das letzte Treffen dieser Art in Nordirland statt. Wir hatten beim Rück blick ein gutes Gewissen. Vorausschau end merken wir, dass sich allerorten der Blick auf die Nöte im Osten Europas richtete. Wir würden Sie es jetzt beurteilen, hat sich etwas stabilisiert in Belfast? Mein letzter Besuch in Belfast war vor zweieinhalb Jahren. Ich fühlte mich wie in einer üblichen größeren europäischen Stadt. Kein Militär auf den Straßen. Da für viele geschäftige Einkäufer. Es war vier Wochen vor Weihnachten und die Aktivitäten aller Orten waren enorm. Ich wurde zum Mittagessen in ein Lokal ein geladen, ich wurde privat eingeladen und außerdem fand auch das übliche Treffen mit den „Ehemaligen" statt. Wir machten zu dritt eine Stadtrundfahrt und ich sah neue, saubere, ansprechende Stadtviertel. Aber auch noch Altes, das ich von früher kannte: die alte „Peace Line" – die Trennlinie – eine Straße, die die Stadtteile zerschnitt. Ich sah auch noch viele der politischen Wandmale reien an den Häusern beider Seiten. Mir wurde erzählt, dass auch noch die klei nen WellblechGassen bestünden und diese kleinen Wege abends immer noch zugesperrt würden. Konnten Sie erfahren, dass in Mö geldorf evangelische und katholi sche Frauen zusammenarbeiten, um den Müttern in Belfast etwas Gutes zu tun? Wir haben in Belfast gelernt, wie groß der Unterschied ist zwischen den beiden Gesellschaftsgruppen: zwischen der ka tholischen und der protestantischen „community" (Gemeinschaft). Die reine Religionszugehörigkeit ist es in Nordir land nicht, die das Miteinander so schwer macht. Es ist die Zugehörigkeit zu einer Tradition, einer Kultur: Entwe der der englischen Tradition oder der irischen Tradition; die Differenzen sind viele hundert Jahre alt. Auch die politi schen Parteien unterscheiden sich ja in dieser Weise (die englischen Republika ner und die irischen Nationalisten). Nur vereinfacht ist „Englisch = protestan tisch" und „Irisch = katholisch"; das wurde dann zur Gewohnheit. Wir kön nen das nicht übertragen auf die kirch lichen Verhältnisse in Mögeldorf, Nürnberg oder anderswo. Wir hätten es gern gesehen, wenn sich unsere Arbeit irgendwie in Belfast fort gesetzt hätte, regelmäßig und nachhal tig auf dem Boden des gemeinsam Erlebten. Dazu hätte es aber eines Men schen bedurft – entweder aus den Rei hen der Frauen selbst oder einer Mitarbeiterin aus den vielen christlichen oder auch neutralen Belfaster Friedens gruppen. Das alles ließ sich jedoch leider nicht verwirklichen. Wir danken Ihnen sehr herzlich für das Gespräch! Wolfram Steckbeck 17 Eine Pfarrfamilie gibt Zuflucht. Alles begann mit folgender EMail, die Kuno Hauck, Pfarrer in NürnbergMö geldorf und Ausländerbeauftragter im Dekanat Nürnberg, am 1 6. Mai 2011 er hielt: Sehr geehrter Herr Hauck, wir betreuen hier in der Wohngruppe Bahia 11 unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge. Einer von ihnen kommt aus Somalia. Er kam auf dem Seeweg nach Italien, flüchtete dann weiter nach Schweden und landete nach Schweden in Deutschland. Nun droht ihm die Rückschiebung nach Italien… Der Jugendliche war auf seiner Flucht aus Somalia unter anderem auch in haftiert. Jetzt schlägt er hier in Nürn berg endlich Wurzeln und befindet sich in einem recht stabilen Zustand. Wir wollen verhindern, dass er nach Italien rückgeführt wird, die Zustände dort sind hinlänglich bekannt! Kön nen Sie uns/ihm weiterhelfen? Im Jahr 2011 hatte man in Nürnberg seit über 1 5 Jahren kein Kirchenasyl mehr angeboten und niemand wusste, wie die Behörden in so einem Fall reagieren würden. Die früheren Erfahrungen mit Kirchen asylen in Bayern sprachen einerseits da gegen, da sie aufgrund der langen Dauer, zu sehr großen Belastungen für die jeweiligen Pfarrfamilien geführt hatten. Andererseits konnten wir aus der Presse entnehmen, dass in Coburg gera de ein Kirchenasyl glücklich ausgegan gen war. Nachdem der Kirchenvorstand in Mö geldorf zugestimmt hatte und die Pfarrfamilie gern dazu bereit war, den jungen Mann aufzunehmen und sich um ihn zu kümmern, war es dann Mitte September 2011 soweit und die Tür des Pfarrhauses stand offen für Ahmed aus Somalia. In den knapp 6 Wochen des Kirchenasyls lebte Ahmed in unserer Familie wie ein guter Freund, fast wie ein weiteres Kind. Kuno Hauck Kirchenasyl Mögeldorf 18 Die besondere Nähe ergab sich natürlich dadurch, dass Ahmed in all der Zeit Haus und Garten nicht verlassen konnte und wir deshalb viel Zeit miteinander ver brachten, gemeinsam kochten, zusam men aßen, Fernsehen schauten und Gesellschaftsspiele machten. In der gesamten Zeit achteten wir dar auf, dass er nie allein im Haus war, da wir, zumindest in den ersten 3 Wochen, eine Abschiebung nicht ausschließen konnten. Es war sehr wichtig, dass es einen Un terstützerkreis außerhalb der Gemeinde gab, der uns als Pfarrfamilie nicht alleine ließ. Es kamen immer wieder Besucher, insbesondere aus der Wohngruppe Ba hia, die Abwechslung brachten und über die sich Ahmed sehr freute. Die größte Unterstützung bekamen wir aber von unseren erwachsenen Kindern, die altersmäßig einfach näher dran wa ren und Ahmed wie einen guten Freund aufnahmen, sich oft mit ihm unterhiel ten, auch über sein Heimatland Somalia und über seine Familie, die nach wie vor in Mogadischu lebt. Natürlich brachten sie ihm auch einige Worte auf fränkisch bei, z. B. das berühmte „bassd scho“ hat er schnell gelernt. Im Gegenzug lernten auch wir einige Worte auf somalisch, was für uns bedeutend schwieriger war. Es war für uns als Familie eine intensive und wertvolle Zeit, in der uns Ahmed, ein intelligenter und liebenswerter jun ger Mann, sehr ans Herz gewachsen ist. Dass er nach schlimmen Erfahrungen und einer dramatischen Fluchtgeschich Verleih uns Frieden gnädiglich ⁄ Russischen SS20 Raketen standen amerikanische PershingRaketen gegen über – das Schussfeld dieser Mittelstre ckenwaffen war Europa. Das Bedro hungspotential in den Jahren des Kalten Krieges war durchaus real und mancher te noch so ansteckend lachen konnte, war besonders schön. An eine Situation erinnern wir uns ganz besonders. Wir saßen vor dem Fernseher und schauten gespannt auf die Ergeb nisse der Berlinwahl. Ahmed konnte nicht fassen, dass es tatsächlich eine Partei gibt, die sich „Piratenpartei“ nennt. Er hat mehrmals nachgefragt, um dann immer noch ungläubig zu sagen, dass es in Somalia auch Piraten gibt, die aber etwas ganz anderes im Sinn haben und dass einige seiner Schulfreunde auch Piraten wurden, was er ganz schlimm fand. Während es 2011 in ganz Bayern nur ei ne Handvoll Kirchenasyle gab, haben in zwischen viele Kirchengemeinden durch das Angebot von Kirchenasyl zahlreiche Menschen vor der Abschiebung in un menschliche Lebensbedingungen ge schützt und ihnen dadurch ermöglicht, nach Ablauf der Überstellungsfrist des DublinVerfahrens, einen regulären Asylantrag in Deutschland zu stellen. Die aktuelle europäische Abschottungs politik wird in den nächsten Monaten zu einer massiven Zunahme von Abschie bungen führen und Kirchengemeinden sind mehr denn je gefragt, Kirchenasyle anzubieten, um menschenrechtswidri gen Handlungsweisen entgegenzutreten. „Wer ein Menschenleben rettet, der rettet die ganze Welt.“ Anne und Kuno Hauck von 2001 bis 2014 in Mögeldorf plante schon die Auswanderung nach Südamerika. Im Herbst 1 982 fanden sich Ehrenamtliche aus der Mögeldorfer Ge meinde mit Pfarrer Gerhard Schorr zu sammen, um ein Zeichen zu setzen und eine Möglichkeit für Besinnung und Ge bet zu schaffen. Einmal im Monat an ei nem Montagabend sollte ein Friedens thema in Texten, Liedern und Gebeten bedacht werden. 30 Jahre hat der Ar beitskreis Frieden das durchgehalten und 19 Die Abstimmung mit den Füßen führte dazu, dass im Herbst 201 2 das letzte Friedensgebet stattfand. Wolfram Steckbeck Wolfram Steckbeck in jedem Jahr auch den Gottesdienst in der Friedensdekade gestaltet. Es gab in dieser Zeit auch einige positive Wendungen, für die wir danken konn ten: Die Öffnung der innerdeutschen Grenze 1 989 und in deren Folge der Ab bau der Mittelstreckenraketen und das Ende des Kalten Krieges, die Friedens und Autonomieverhandlungen zwischen Israel und der PLO in den 90erJahren, das Ende der Apartheid in Südafrika 1 994 und des NordirlandKonflikts mit dem Karfreitagsabkommen 1 998. Doch das Friedensgebet wurde leider niemals überflüssig: Der 2. Golfkrieg führte im Januar 1 991 dazu, dass das Friedensgebet für einige Wochen sogar wöchentlich stattfand. – Der Jugosla wienkonflikt belastete vor allem wegen des Dilemmas zwischen Friedensan spruch und Nothilfe für bedrohte Men schen. – Die Massaker in Ruanda ließen uns fassungslos und ohnmächtig zurück. – Bürgerkrieg im Südsudan und in So malia … die Aufzählung kann nicht an nähernd vollständig sein. Und selbst die oben genannten Wen dungen entwickelten sich leider nicht so wie erhofft: Der Rassismus in den neuen Bundesländern verstörte, der Frieden zwischen Israel und den Palästinensern war und ist brüchig und sogar der Nordirlandkonflikt brach wieder auf. Na türlich gab es auch immer wieder neue Hoffnungszeichen: Das Ende des Koso vokrieges 1 999 und der zweiten Intifada 2005. Doch mit den Anschlägen vom 11 . Sep tember 2001 und den folgenden Kriegen in Afghanistan und Irak mit ihren mas senhaften Menschenrechtsverletzungen begann eine neue Dimension des Un friedens und des Konflikts zwischen den abrahamitischen Religionen. Der Zusam menprall der Kulturen und der alltägli che Rassismus bei uns wurde in der Folgezeit immer wieder auch Thema der Friedensgebete. Doch es kam auch die Erkenntnis, dass das Format nicht mehr zeitgemäß war: Wir haben Mitglieder des Friedenskreises gefragt, warum ihnen das Friedensgebet wichtig war: „Weil wir, wenn uns schlimme Ereignisse die Sprache verschlagen hatten, dies zur Sprache bringen, am Evangelium spiegeln und im Gebet vor Gott bringen konnten." Heidemarie und Gerhard Schorr „Weil wir mit dem Friedensgebet ein Format hatten, mit dem wir in unserer Kirche schnell auf erschreckende Nachrichten eingehen konnten.“ Ute Steckbeck „Weil wir mit der Gebetskette die Möglichkeit hatten, unserer Hilflosigkeit angesichts von Kriegen und anderen Katastrophen Ausdruck zu verleihen.“ Konstanze Heß „Weil wir nicht nur den Frieden in unserem Umfeld im Blick hatten, sondern auch unsere Mitmenschen in Afrika, Asien und Amerika in unser Gebet um Frieden aufgenommen haben.“ Peter Heß „Die Friedensgebete waren für uns der Weg gegen den Kalten Krieg in Europa, gegen den Krieg in vielen Krisengebieten dieser Welt, gegen den geplanten Bau der Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf.“ Gerda & Wigand Melzl 20 Sterben und Tod gehören zum Leben ei nes jeden Menschen. Die Zeit und das Geschehen sind dabei ganz persönlich und individuell. Wie die meisten Men schen wünsche ich mir diesen Lebensab schnitt begleitet und behütet. In unserer Gemeinde bringen Kirche und Diakonie ihre Unterstützung dafür ein. Über hundert Jahre lang sind dabei in Mögeldorf die Men schen und Familien in ihren Wohnungen ge pflegt und seelsorger lich begleitet worden. Seit 1 . November 1 997 ergänzt das stationäre Hospiz im Mathilden haus dieses Angebot und bietet eine Art „ErsatzZuhause“ an, wenn das Sterben in der eigenen Wohnung nicht möglich ist. „Begleitet und behü tet“ stehen hier für Raum in 1 2 Einzel zimmern, Zeit geben, sorgsame Pflege, Me dizin und Achtsamkeit in der Begleitung für das ganze Menschsein mit Körper, Geist und Seele. In Frieden gehen dürfen liegt im inners ten des Menschen selbst; was er für sich mitbringt, hofft und glaubt. Pfarrerinnen und Pfarrer können in der Seelsorge be gleiten, trösten, das Verzeihen ausspre chen und die Gedanken auf das Kommende im Glauben stärken. In Frieden gehen dürfen kann gesche hen, wenn die äußeren Umstände Frie den und Ruhe vermitteln. Der Sterbende und seine Familie und Nahestehenden erfahren das Hospiz als Schutzraum. Sie müssen nicht mehr für alles zuständig sein. Sie wissen und erfahren, dass das Angebot der Hilfe und Pflege rund um die Uhr besteht. Der Stress ist vermin dert und das tut gut In Frieden gehen dürfen heißt auch: Das Leben darf in seinem persönlichen, na türlichen Prozess zu Ende gehen und das Sterben ist akzeptiert. Ein Sterbender befindet sich in seiner letzten, allumfassenden LebensAufgabe. Dabei begleitet und behütet zu sein ist wunderbar. Gott sei Dank. Das Gedicht von Rainer Maria Rilke kann ich gut auf die Hospizarbeit beziehen: www.diakoniemoegeldorf.de/hospiz In Frieden gehen dürfen Rast Gast sein einmal, nicht immer selbst seine Wünsche bewirten mit kläglicher Kost, nicht immer feindlich nach allem fassen, einmal sich alles geschehen lassen und wissen: Was geschieht ist gut. Gerlinde Heckel 21 Ein Kalender zum Geburtstag Im Zuge der Vorüberlegungen zur Feier des 600. Jahrestags der Weihe unserer Kirche entstand schon früh – im Jahr 201 3 – die Idee, die Jubilarin in einem Kalender in Sze ne zu setzen. In unserer Gemeinde gibt es einige begeisterte Fotografen, die bis dahin schon das eine oder andere Foto im KIRCH TURM veröffentlicht hatten. Diese waren von der Idee, einen Kalender mit Bildern von der Kirche zu erstellen, sofort begeistert und fingen an, die Kirche und ihr Inventar aus allen möglichen Perspektiven abzulich ten. Im Laufe der Zeit entstanden mehrere hundert Bilder, die unsere Kirche von außen und von innen in unterschiedlichsten Be leuchtungen und zu allen Jahreszeiten zei gen. Im Frühjahr 201 5 war es soweit: Es galt, die schönsten und geeignetsten Bilder auszuwählen und ein Layout für den Kalen der zu entwerfen. So setzten sich die Fami lien Monse, Steckbeck und Feurer zusam men, um gemeinsam an der Gestaltung des Kalenders zu arbeiten. Schnell war klar, dass ein großformatiger Kalender enstehen soll te, der auf der Vorderseite jedes Blatts ein farbiges Bild und ein Kalendarium trägt. Die Rückseiten sollten mit SchwarzWeißBil dern und Sprüchen – überwiegend aus der Bibel –, die zum jeweiligen Monat passen, bedruckt werden. Im Kalendarium wurden die Tage, an denen Veranstaltungen zum Kirchenjubiläum stattfinden, farbig hervor gehoben. Der Titel der jweiligen Veranstal tung wurde unter dem Kalendarium platziert, eine kurze Beschreibung findet sich auf der zum Monat gehörenden Rück seite. Für den Druck konnte die Firma Druckwerk gewonnen werden, die jeden Monat unsere KirchturmAusgaben zu Pa pier bringt, aber auch große Erfahrung in der Herstellung farbiger Drucksachen und Kalender hat. In Zusammenarbeit mit Ge schäftsführer Albert Sterr konnten die letz ten kleinen Ungereimtheiten im Layout beseitigt werden, so dass am Ende ein aus gesprochen hochwertiger Kalender ent stand. Der Verkaufsstart war, wie geplant, beim Martinsmarkt in der Mögeldorfer Oa se. Anschließend wurde der Vertrieb von verschiedenen Mögeldorfer Einzelhandels geschäften und vom Pfarramt übernom men. Der Verkaufserlös kam der Renovie rung der Kirche zugute. Wolfgang Feurer 22 Unsere Veranstaltungen im Jubiläumsjahr „Ein Gang durch die Jahrhunderte“ Dr. Ralf Schürer (Sammlungsleiter am Germanischen Nationalmuseum Nürn berg) und Dr. Hans Birkel (Dekan i. R. und ehemaliger Pfarrer in Mögeldorf) präsen tierten uns ausgewählte Kunstwerke der Kirche. Die musikalische Präsentation ge staltete KMD Markus Nickel (Kantor in Mögeldorf) mit Chor, Solistin und Orgel. Samstag, 30.01 .201 6 Stadtteilführungen zur Entstehungs zeit der Kirche Elfriede Schaller (Bürger und Ge schichtsverein Mögeldorf e. V.) und Peter Scharrer (Kirchenführer in der Gemeinde Mögeldorf) führten uns in und um die Kirche St. Nikolaus und St. Ulrich und ließen die Entstehungszeit und die sechs Jahrhunderte ihres Bestehens lebendig werden. Samstag, 05.03.201 6 und Sonntag, 06.03.201 6 Festgottesdienste Sonntag, 1 5.05.201 6, um 1 0 Uhr Jubi läumsgottesdienst mit Regionalbischof Dr. Stefan Ark Nitsche in der Kirche und anschließend Jubiläumsfeier rund um die Kirche. Das Programm wird im Kirchturm und durch Aushänge veröf fentlicht. Montag, 1 6.05.201 6, um 1 0.30 Uhr Ökumenischer Gottesdienst zur Kirch weih im Festzelt auf dem Kirchweih platz. „Der Ackermann und der Tod“ Szenische Lesung des Prosadialogs von Johannes von Tepl mit Musik des 1 5. Jahrhunderts In dem kurz nach 1 400 entstandenen Streitgespräch verklagt ein Ackermann den Tod, ihm seine Frau viel zu früh ent rissen zu haben. Mit kühler Rechtfertigung lässt dieser sich auf das Wortgefecht ein, Argumente über die Hinfälligkeit des Lebens und die Erhabenheit der Schöpfung prallen aufein ander. Am Ende treten beide vor Gottes Thron, er soll Recht sprechen ... Sprecher: Wolf von der Burg, Achim Hofmann Musiker: Sabine Kreuzberger, Verena Kronseder, Walter Waidosch u.a. Textbearbeitung: Klaus Martius Samstag, 25.06.201 6, um 1 9 Uhr in der Kirche und auf dem Kirchhof Ökumenisches Gemeindefest mit verschiedenen Anklängen zum Kir chenjubiläum Der Auftakt wird mit einem Ökumeni schen Gottesdienst gefeiert. Das Pro gramm wird im Kirchturm und durch Aushänge veröffentlicht. Sonntag, 03.07.201 6, ab 11 Uhr am Haus der Gemeinde „Kirche entdecken“ für Kinder/Ju gendliche Kinder und Jugendliche verbringen eine Nacht in der Kirche, um ihr so näher zu kommen. Begleitet werden sie dabei von Mitarbeitern aus der Jugendarbeit/dem CVJM. Freitag, 23.09., auf Samstag, 24.9.201 6 Kirchenkonzert „St. Nikolaus und St. Ulrich“ Jubiläumsoratorium von KMD Markus Nickel (auch unter Verwendung von Mu sik alter Meister) mit der Mögeldorfer Kantorei, dem Mögeldorfer Kammermu sikkreis, Solisten, Blechbläserquartett, Blockflötenquartett, Klavier, Orgel und Erzählern. Sonntag, 23.1 0.201 6, um 1 7 Uhr in der Kirche Ute Steckbeck 23 Es lt Ze der rza Po be sau lsh ne of n c ho spi e r 24
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