SÜDWESTRUNDFUNK Anstalt des öffentlichen Rechts Radio Fernsehen Internet PRESSE Information Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD), Stellvertretender Parteivorsitzender, gab heute, 20.05.16, dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema: „SPD weiter im Umfragetief“. Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Rudolf Geissler. Mit freundlichen Grüßen Zentrale Information Chefredaktion Hörfunk Zentrale Information SWR Tagesgespräch Postadresse 76522 Baden-Baden Hausadresse Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden Telefon Telefax 07221/929-23981 07221/929-22050 Internet www.swr2.de Datum: 20.05.2016 Schäfer-Gümbel (SPD): Steinmeiers Umfrage-Standing keine Überraschung Baden-Baden: Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel hält die Favoritenrolle von Frank-Walter Steinmeier bei der Kanzlerkandidaten-Frage im Deutschlandtrend für "keine große Überraschung". Im Südwestrundfunk (SWR) sagte SchäferGümbel, in Deutschland sei es die Regel, dass "Außenminister immer eine hohe Reputation in Umfragen" hätten. Die SPD werde an Hand dieses und anderer Befunde "im Laufe des nächsten Halbjahres" darüber entscheiden, wer dann wirklich bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr antrete. Parteiinterne Forderungen, die SPD solle deutlich vor der Wahl noch die Große Koalition verlassen, seien falsch. Eine "Chaos-Strategie" werde weder dem Land gut tun noch von den Wählerinnen und Wählern honoriert, sagte Schäfer-Gümbel. Allerdings müssten die Sozialdemokraten vor allem in Fragen der Steuergerechtigkeit jetzt schon stärker den Streit mit ihrem Berliner Koalitionspartner suchen. Die SPD dürfe nicht länger ignorieren, dass inzwischen 40 Prozent der Haushalte in Deutschland "kein Vermögen mehr" hätten. Wortlaut des Live-Gesprächs: Geissler: 21 Prozent, wenn Sie die Fehlermarge einrechnen, könnte auch stimmen, was Forsa ermittelt hat am Donnerstag: Dort heißt es, 19 Prozent für die SPD, das wäre der schlechteste Wert seit 2009. Was oder wer ist schuld, dass es nicht wirklich aufwärts geht mit der Sympathie? Schäfer-Gümbel: Ich glaube, man muss am Anfang erst einmal festhalten, dass es keine einfache Antwort und keine einfache Lösung für unsere Gesamtsituation gibt. Ich glaube, dass viele Sachen da mit reinspielen. Deswegen habe ich in den letzten Tagen immer und immer wieder gesagt, übrigens nicht zum ersten Mal, sondern sage ich das schon sehr, sehr lange, dass unsere Erkennbarkeit bei der Kernfrage des sozialen Zusammenhalts in der sozialen Gerechtigkeit erkennbarer sein muss. Ich glaube, dass wir gute Arbeit in der Regierung machen, dass wir versuchen, in kleinen Schritten vieles besser zu machen, aber dass dabei eben die große Linie nur schwer erkennbar ist. Das, glaube ich, ist eines der Kernprobleme. Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Geissler: Nun ist allerdings doch schon seit einiger Zeit signalisiert worden, dass die SPD und auch ihr Parteichef wieder mehr nach links zu rücken gedenken - das Profil der Gerechtigkeitspartei schärfen wollen, in der Steuerpolitik, bei der Rente. Wenn dieses Profil Aufschwung verspricht, Herr Schäfer-Gümbel, müsste dann nicht längst schon das auch in den Umfragen zu spüren sein? Schäfer-Gümbel: Nein, wenn Sie sich ganz - ich bin ja Politikwissenschaftler - insofern gucke ich ja sehr analytisch auf solche Fragen, wenn Sie sich anschauen, dass wir ganz offensichtlich einen Vertrauensverlust in dieser Frage erfahren haben, das hat ja der Deutschland-Trend und auch der letzte deutlich gezeigt, dann ist das keine Frage, die Sie in wenigen Wochen zurückholen, sondern es muss auf der langen Linie erkennbar sein, dass wir das sehr ernst meinen. Dabei haben wir einen Kompromiss machen müssen, beim Eintritt in die Große Koalition mit der Union, der es schwer macht in dieser Frage. Es geht um die Frage der Steuergerechtigkeit. Da musste man akzeptieren in der Koalition, dass es dort keine Fortschritte gibt und das ist etwas, was uns nach wie vor nachhängt. Geissler: Es ist ja nicht nur die Koalition. Inder Tat ist so ein markanter Schwenk nicht leicht vermittelbar etwa bei der Abgeltungssteuer, die Sie wieder abschaffen wollen, wo sie doch Ihr Genosse Steinbrück eingeführt hat, oder beim Rentenniveau… Schäfer-Gümbel: Damals war das Problem, dass wir an die Daten nicht rangekommen sind, deswegen war die Begründung für die Abgeltungssteuer damals dezidiert, dasseine Pauschale von wenig besser ist als Viel von gar nichts. Mit der OECD haben wir verabredet, dass die Daten kommen, und deswegen können wir jetzt Kapital und Arbeit wieder gleichmäßig besteuern, deswegen ist es auch richtig, zu korrigieren. Geissler: Bei diesem Beispiel o.k.. Beim Rentenniveau ist es so, das wollen Sie wiederanheben, wo es doch absichtsvoll von Ihrem Genossen Schröder abgesenkt wurde. Reicht es da nur, das alles in ein neues Wahlprogramm zu schreiben? Schäfer-Gümbel: Nein, natürlich nicht, Papier ist geduldig. Man muss sehen, dass wir das leben, dass wir dort Neuaufrüstung vornehmen, wir sitzen in den unterschiedlichsten Runden zusammen, um das zu diskutieren, wie wir, sage ich mal, uns auch inhaltlich dort aufstellen. Wir arbeiten intensiv derzeit an einem neuen Regierungsprogramm, das wir sehr breit aufgestellt haben. Geissler: Gremien gut und schön, ja. Sie wissen, dass es in Ihrer Partei viele Stimmen gibt, die dazu raten, in der Großen Koalition auf Konfrontation umzuschalten, weil man das glaubwürdig nicht sozusagen erst am Tag vor der Bundestagswahl machen kann. Unterstützen Sie das? Schäfer-Gümbel: Ich bin der Auffassung, dass wir gerade auch in den Fragen der Steuergerechtigkeit mit unserem Koalitionspartner deutlich stärker auch streiten müssen, und zwar Streit in der Sache. Nicht weil man sich mit dem Koalitionspartner streitet. Aber wir haben ein Gerechtigkeitsthema, wir haben zunehmende Ungleichheit. 40 Prozent der Haushalte haben kein Vermögen mehr. Das ist eine Situation, die wir nicht ignorieren dürfen, auch nicht in der Großen Koalition. Geissler: Der Befund ist schon klar. Aber lassen Sie uns einfach in die Praxis schauen. Die AfD liegt inzwischen bei 15 Prozent, profitiert offensichtlich von dem einfältigen Reflex, der da lautet: wenn die Migranten nicht da wären, bekämen die Einheimischen mehr. Da sagen einige Ihrer Genossen, um da gegenzuhalten und zu versichern, wir als SPD sorgen dafür, dass die Einheimischen nicht zu kurz kommen, geht das glaubwürdig nur, wenn wir entweder jetzt in der Koalition das durchsetzen oder aber die Koalition verlassen vor der Bundestagswahl, wenn wir es jetzt nicht durchsetzen können. Ist das so falsch? Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Schäfer-Gümbel: Ich glaube, dass das falsch ist. Ich glaube nicht, dass jetzt Chaos-Strategie das Richtige ist. Das wird am Ende weder dem Land noch den Menschen und auch nicht der SPD helfen. Die SPD ist immer eine Partei, die ein gutes Stück weit dafür sorgt, auch in der Realität Dinge umzusetzen und deswegen sind das Kurzschlussreaktionen, die ich nicht teile. Geissler: Jetzt haben wir nur über Inhalte gesprochen… Schäfer-Gümbel: Das ist aber wichtig, ich bin ja mal froh, mit jemandem über Inhalte zu reden. Geissler: Ja, aber vielleicht wird ja doch unterschätzt, welche Rolle Personen spielen. An Malu Dreyer sehen Sie, wie es auch laufen kann für die SPD. Für den Bund stellt der Deutschlandtrend heute Morgen fest, dass Frank-Walter Steinmeier in den Augen der meisten Deutschen der beste Kanzlerkandidat wäre. Was sollte die SPD mit diesem Befund tun, aus Ihrer Sicht? Schäfer-Gümbel: Wir werden nicht nur mit diesem Befund, sondern auch mit anderen intensiv umgehen und werden im Laufe des nächsten Halbjahres darüber zu entscheiden haben, wer Kanzlerkandidat der SPD wird. Das hat Sigmar Gabriel immer gesagt, dass wir dazu einen Fahrplan machen. Geissler: Mit diesem Befund – Steinmeier – das habe ich Sie gefragt, was sollte die SPD mit diesem Befund tun? Schäfer-Gümbel: Mir ist schon klar, dass Sie wissen wollen, wer jetzt Kanzlerkandidat wird. Aber ich bitte um Verständnis dafür, dass wir eine Verabredung haben, dass wir das in aller Ruhe klären und Sie können davon ausgehen, dass niemand bei uns leichtfertig mit dieser Frage umgeht. Geissler: Ich wollte auch keine Entscheidung von Ihnen. Wie erklären Sie sich, dass Sigmar Gabriel weit hinter Steinmeier liegt in der Kandidatenfrage? Schäfer-Gümbel: Na, ehrlich gesagt, ist es keine große Überraschung in Deutschland, dass die Außenminister immer eine hohe Reputation in Umfragen haben, das können Sie seit Jahrzehnten in Deutschland absehen. Geissler: Aber auch bei Ihrer Partei ist es ja so, dass Sigmar Gabriel weit hinter Steinmeier liegt. Schäfer-Gümbel: Nochmal – es gibt einen klaren, empirischen Befund seit Jahrzehnten, dass die Bundesaußenminister, die eine gute Arbeit machen - da gab es überwiegend nur einen Ausfall in den letzten Jahrzehnten, immer sehr gut bewertet werden in Deutschland. Geissler: Leider haben Sie jetzt nichts über Herrn Gabriel gesagt. Schäfer-Gümbel: Zu Sigmar Gabriel: Sigmar Gabriel ist natürlich auch jemand, der ein Stück weit als Parteivorsitzender und Wirtschaftsminister immer in einer zugespitzteren Diskussion steht. - Ende Wortlaut - Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
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