Dorf-App soll das Miteinander im Ort stärken

Rhein-Lahn-Zeitung Diez vom 20.05.2016
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Dorf-App soll das Miteinander im Ort stärken
Arbeitsgruppe Initiative 55 plus-minus entwickelt mit Fern-Uni Hagen neue Kontaktwege gegen
Vereinsamung auf dem Land
Bornich/Rhein-Lahn. Das soziale Miteinander steht seit mehr als zehn Jahren
im Mittelpunkt der Initiative 55 plusminus im jetzigen evangelischen Dekanat Nassauer Land. Nun beschreitet die
Initiative neue Wege, um Menschen
miteinander in Kontakt und in Bewegung zueinander zu bringen und einer
Vereinsamung auf dem Land vorzubeugen. In Kooperation mit Informatikern
und der Fern-Uni in Hagen entwickelt
sie derzeit eine Software für mobile
Computergeräte. Ein ganztägiger Workshop in Bornich lieferte den technischen Experten ganz praktische Anhaltspunkte dafür, was die neue Applikation
(kurz: App) können soll.
Konkret wollten die Fachleute erfahren,
welche Anforderungen die App erfüllen
muss, damit sie Handy-, Tablet- und
Computernutzer anwenden. „Unsere
Studenten haben in der Programmierung schon gute Vorarbeit geleistet; aber
jetzt geht es um den Feinschliff und
ganz praktische Anwendungsbeispiele“,
erklärt Dr. Till Schümmer, Forschungsgruppenleiter für Community-Systeme
an der Fernuniversität in Hagen, den
Initiative-Sprecher Dieter Zorbach zur
Kooperation für das Projekt gewinnen
konnte.
So war der Tag unter anderem von Rollenspielen geprägt. Einmal sollte über
die App eine Veranstaltung auf die
Beine gestellt werden, ein anderer Dorfbewohner suchte einen Gleichgesinnten
für Radtouren, und in der dritten Gruppe
wurde das Szenario durchgespielt, wenn
technische Hilfe erforderlich ist. Den
Programmierern wurden dabei auch
Befindlichkeiten vermittelt.
Konkrete Fragen abgearbeitet
Welche Charaktere gibt es in einem
Dorf? Was sagen Nachbarn, wenn man
Abbildung:
Abbildung:
Wörter:
bei so was mitmacht? Wie lässt sich die
Angst vor Sicherheitslücken in der
modernen Technik überwinden, die die
Privatsphäre berühren? Wie lassen sich
bewusst zurückgezogene Einwohner für
die Technik gewinnen? Werden die
bekannten „Kümmerer“ nicht überfordert? Ließe sich ein Notebook vielleicht
beim Bäcker platzieren, um täglich
sehen zu können, wer gerade was ganz
aktuell sucht?
Das waren nur einige der vielen Fragen,
die im Workshop von den 16 Teilnehmern aus der ganzen Region zwischen
Bad Ems und Weisel diskutiert wurden.
Sie sollen jetzt bei der Programmierung
der App berücksichtigt werden und für
eine benutzerfreundliche Handhabung
sorgen. Zettel mit Bedenken und Hoffnungen füllten am Ende des Tages zwei
Tafeln, wobei die Zahl der Hoffnungen
überwog.
„Mein Dorf 55 plus – Trotz Alter bleibe
ich!“ So heißt der Arbeitstitel für die
App, mit der der Grundgedanke der
Initiative quasi ins neueste technologische Zeitalter transformiert wird. Immer
weniger Angehörige blieben noch vor
Ort, so Dieter Zorbach. Neue Wege
seien deshalb für ein soziales Miteinander notwendig, um nicht zu vereinsamen. „Es geht auch hier um die Frage,
wie wir helfen können, dass wir im
Alter möglichst lange selbstbestimmt
und selbstbewusst zu Hause leben können“, erklärt Zorbach.
Das tue ganz konventionell ja bereits die
Mitmachbörse für soziale Kontakte der
Initiative. „Es wächst aber auch die
Gruppe der Seniorinnen und Senioren,
die gekonnt und gern mit den modernen
Medien umgehen“, so der InitiativeSprecher. Für diese Zielgruppe beziehungsweise die „Kümmerer im Umfeld“
alt gewordener Bürger solle die App zu
einem alltäglichen und hilfreichen
Werkzeug werden.
Vertrauensvoller Austausch
Im Gegensatz zu den bestehenden sozialen Netzwerken soll die neue „Mein
Dorf 55 plus“-App einen vertrauensvollen Austausch vor Ort ermöglichen.
„Jeder Schritt, den Zusammenhalt in
unserem Dorf zu sichern und zu fördern,
ist ein ganz wichtiger“, sagte Bornichs
Ortsbürgermeisterin Karin Kristja bei
einem Besuch des Workshops. „Da wird
uns hoffentlich auch die App weiterhelfen.“ Ähnlich sieht das auch der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nastätten, Jens Güllering: „Einmal mehr stellt
die Initiative mit dem Projekt unter
Beweis, wie mit ganz praktischen
Ansätzen das Lebensumfeld kontinuierlich verbessert werden kann, um die
Menschen an die Region zu binden.“
Die vermeintlichen Nachteile des ländlichen Raumes könnten auch durch den
technischen Fortschritt ausgeglichen
werden.
Bausteine zusammenfügen
So sehen die nächsten Schritte aus: Die
von den Studierenden entwickelten
„losen Bausteine“ für die App müssten
jetzt mit „Mörtel“ befestigt werden, so
Till Schümmer. Wenn sich dann zwei
bis drei Dörfer finden lassen, könne die
App nach den Sommerferien auch erstmals in den Liveeinsatz gehen.
„Das ist auch für uns ein ergebnisoffener Prozess“, sagt der Informatiker und
hofft für das bundesweite Pilotprojekt
auf viele Impressionen von den beteiligten Mitstreitern der Initiative. Als Symbol für den wachsenden Baum der Dorfgemeinschaft gab er den Teilnehmern
ein grünes Blatt mit auf den Weg.
Auch die Anforderungen an eine App für Smartphones entstehen oft erst mal auf Papier: Was die 16
Teilnehmer aus der ganzen Region zwischen Bad Ems und Weisel erarbeitet haben, soll jetzt bei der
Programmierung berücksichtigt werden.
Geprägt war der Workshop unter anderem von Rollenspielen, um verschiedene Anwendungsszenarien
durchzuspielen.
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