Rhein-Lahn-Zeitung Diez vom 20.05.2016 Seite: Ressort: Rubrik: 25 Lokal / Lokal-RD RD / Rhein-Lahn Diez Gattung: Auflage: Reichweite: Tageszeitung 7.975 (gedruckt) 7.741 (verkauft) 7.957 (verbreitet) 0,02 (in Mio.) Dorf-App soll das Miteinander im Ort stärken Arbeitsgruppe Initiative 55 plus-minus entwickelt mit Fern-Uni Hagen neue Kontaktwege gegen Vereinsamung auf dem Land Bornich/Rhein-Lahn. Das soziale Miteinander steht seit mehr als zehn Jahren im Mittelpunkt der Initiative 55 plusminus im jetzigen evangelischen Dekanat Nassauer Land. Nun beschreitet die Initiative neue Wege, um Menschen miteinander in Kontakt und in Bewegung zueinander zu bringen und einer Vereinsamung auf dem Land vorzubeugen. In Kooperation mit Informatikern und der Fern-Uni in Hagen entwickelt sie derzeit eine Software für mobile Computergeräte. Ein ganztägiger Workshop in Bornich lieferte den technischen Experten ganz praktische Anhaltspunkte dafür, was die neue Applikation (kurz: App) können soll. Konkret wollten die Fachleute erfahren, welche Anforderungen die App erfüllen muss, damit sie Handy-, Tablet- und Computernutzer anwenden. „Unsere Studenten haben in der Programmierung schon gute Vorarbeit geleistet; aber jetzt geht es um den Feinschliff und ganz praktische Anwendungsbeispiele“, erklärt Dr. Till Schümmer, Forschungsgruppenleiter für Community-Systeme an der Fernuniversität in Hagen, den Initiative-Sprecher Dieter Zorbach zur Kooperation für das Projekt gewinnen konnte. So war der Tag unter anderem von Rollenspielen geprägt. Einmal sollte über die App eine Veranstaltung auf die Beine gestellt werden, ein anderer Dorfbewohner suchte einen Gleichgesinnten für Radtouren, und in der dritten Gruppe wurde das Szenario durchgespielt, wenn technische Hilfe erforderlich ist. Den Programmierern wurden dabei auch Befindlichkeiten vermittelt. Konkrete Fragen abgearbeitet Welche Charaktere gibt es in einem Dorf? Was sagen Nachbarn, wenn man Abbildung: Abbildung: Wörter: bei so was mitmacht? Wie lässt sich die Angst vor Sicherheitslücken in der modernen Technik überwinden, die die Privatsphäre berühren? Wie lassen sich bewusst zurückgezogene Einwohner für die Technik gewinnen? Werden die bekannten „Kümmerer“ nicht überfordert? Ließe sich ein Notebook vielleicht beim Bäcker platzieren, um täglich sehen zu können, wer gerade was ganz aktuell sucht? Das waren nur einige der vielen Fragen, die im Workshop von den 16 Teilnehmern aus der ganzen Region zwischen Bad Ems und Weisel diskutiert wurden. Sie sollen jetzt bei der Programmierung der App berücksichtigt werden und für eine benutzerfreundliche Handhabung sorgen. Zettel mit Bedenken und Hoffnungen füllten am Ende des Tages zwei Tafeln, wobei die Zahl der Hoffnungen überwog. „Mein Dorf 55 plus – Trotz Alter bleibe ich!“ So heißt der Arbeitstitel für die App, mit der der Grundgedanke der Initiative quasi ins neueste technologische Zeitalter transformiert wird. Immer weniger Angehörige blieben noch vor Ort, so Dieter Zorbach. Neue Wege seien deshalb für ein soziales Miteinander notwendig, um nicht zu vereinsamen. „Es geht auch hier um die Frage, wie wir helfen können, dass wir im Alter möglichst lange selbstbestimmt und selbstbewusst zu Hause leben können“, erklärt Zorbach. Das tue ganz konventionell ja bereits die Mitmachbörse für soziale Kontakte der Initiative. „Es wächst aber auch die Gruppe der Seniorinnen und Senioren, die gekonnt und gern mit den modernen Medien umgehen“, so der InitiativeSprecher. Für diese Zielgruppe beziehungsweise die „Kümmerer im Umfeld“ alt gewordener Bürger solle die App zu einem alltäglichen und hilfreichen Werkzeug werden. Vertrauensvoller Austausch Im Gegensatz zu den bestehenden sozialen Netzwerken soll die neue „Mein Dorf 55 plus“-App einen vertrauensvollen Austausch vor Ort ermöglichen. „Jeder Schritt, den Zusammenhalt in unserem Dorf zu sichern und zu fördern, ist ein ganz wichtiger“, sagte Bornichs Ortsbürgermeisterin Karin Kristja bei einem Besuch des Workshops. „Da wird uns hoffentlich auch die App weiterhelfen.“ Ähnlich sieht das auch der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nastätten, Jens Güllering: „Einmal mehr stellt die Initiative mit dem Projekt unter Beweis, wie mit ganz praktischen Ansätzen das Lebensumfeld kontinuierlich verbessert werden kann, um die Menschen an die Region zu binden.“ Die vermeintlichen Nachteile des ländlichen Raumes könnten auch durch den technischen Fortschritt ausgeglichen werden. Bausteine zusammenfügen So sehen die nächsten Schritte aus: Die von den Studierenden entwickelten „losen Bausteine“ für die App müssten jetzt mit „Mörtel“ befestigt werden, so Till Schümmer. Wenn sich dann zwei bis drei Dörfer finden lassen, könne die App nach den Sommerferien auch erstmals in den Liveeinsatz gehen. „Das ist auch für uns ein ergebnisoffener Prozess“, sagt der Informatiker und hofft für das bundesweite Pilotprojekt auf viele Impressionen von den beteiligten Mitstreitern der Initiative. Als Symbol für den wachsenden Baum der Dorfgemeinschaft gab er den Teilnehmern ein grünes Blatt mit auf den Weg. Auch die Anforderungen an eine App für Smartphones entstehen oft erst mal auf Papier: Was die 16 Teilnehmer aus der ganzen Region zwischen Bad Ems und Weisel erarbeitet haben, soll jetzt bei der Programmierung berücksichtigt werden. Geprägt war der Workshop unter anderem von Rollenspielen, um verschiedene Anwendungsszenarien durchzuspielen. 713 © 2016 PMG Presse-Monitor GmbH
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