aktuell Nr. 19 vom 17.05.2016 ( PDF , 2,4 MB)

D 8512
52. Jahrgang
Nr. 19
Dienstag, 17. Mai 2016
NACHRICHTEN
POLITIK
Im Aufbau
Die chinesische Führung hat im
afrikanischen Dschibuti mit dem
Bau eines ersten Überseestützpunktes begonnen.
Seite 4
STREITKRÄFTE
Mit Anerkennung
Bei den Invictus Games stehen
versehrte Soldaten im Mittelpunkt – und ihr Recht auf Anerkennung.
Seite 6/7
ZOOM
Einfach anders
Sie sehen, hören, riechen intensiver als andere – und das ist
anstrengend. Ein Bericht über
hochsensible Menschen. Seite 9
VIDEO DER WOCHE:
Die Truppe
wächst
Die Bundeswehr ist in Mali für
zwei Militärmissionen aktiv:
Im Süden führt sie die Ausbildungsmission EUTM Mali,
außerdem stellt sie Soldaten
für die UN-Blauhelmtruppe
MINUSMA. Der Beitrag „60
Sekunden Bundeswehr: Mali“
gibt einen Überblick zur Lage im
westafrikanische Land.
Die Bundeswehr bekommt bis zum Jahr 2023
zusätzlich 7000 Soldaten und 4400 zivile Mitarbeiter.
BW CLASSIX: Das Video
„Classix: Sportfest Spezial bei
der Bundeswehr (1976)“ zeigt
ein Sportfest der besonderen
Art. Leichtathleten, Kugelstoßer,
Diskuswerfer oder Bogenschützen messen sich. Sie alle haben
ein spezielles Handicap: sie sind
körperlich eingeschränkt. (eb)
Foto: Bundeswehr/Marco Dorow
Ein Überblick. Seite 3.
Diese und weitere
Videobeiträge unter
www.youtube.com/
bundeswehr.
[email protected]
2
aktuell
INTERN
17. Mai 2016
Foto: flickr/DoD News/EJ Hersom
BILD DER WOCHE
Ein Sprengsatz in Afghanistan hätte ihn fast aus dem Leben gerissen: Master Sergeant Israel del Toro von der U.S. Air Force erlitt im Einsatz schwerste Verbrennungen am
gesamten Körper. Jetzt trat der Familienvater gemeinsam mit versehrten Soldaten aus 15 Nationen bei den Invictus Games in Orlando an. Mehr auf den Seiten 6 und 7.
IMPRESSUM
Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt:
Bundesministerium der Verteidigung
Presse- und Informationsstab
Stauffenbergstraße 18, 10785 Berlin
Redaktionsanschrift:
Redaktion der Bundeswehr
Bundeswehr aktuell
Reinhardtstraße 52, 10117 Berlin
Telefon: (0 30) 886 228 - App.
Fax: (0 30) 886 228 - 20 65, BwFw 88 41
E-Mail: [email protected]
Leitender Redakteur: ( -2420):
Vivien-Marie Bettex (vmd)
Vertreter: ( -2421)
Hauptmann Patricia Franke (pfr)
Produktionsunterstützung: (-2422)
Hauptfeldwebel André Sterling (ste)
Stabsgefreiter Sebastian Ahlberg
Gefreiter Daniel Wieland
Politik:
Jörg Fleischer (jf, -2830)
Streitkräfte/Einsatz:
Oberstleutnant Torsten Sandfuchs-Hartwig
(tsh, -2860), Major Anika Wenzel (akw), Oberstleutnant Peter Mielewczyk (pm, - 2820),
Hauptmann Katharina Zollondz (kzo), Kapitänleutnant Victoria Kietzmann (kie)
Zoom/Sport:
Björn Lenz (ble - 2840), Regierungsamtmann Stefan
Rentzsch (sr), Gabriele Vietze (vie),
Personal/Soziales/Vermischtes:
Christiane Tiemann (tie -2850) Hauptmann
Philipp Ahlers (pah)
Mediendesign:
Daniela Hebbel ( - 2650), Oberleutnant Sebastian
Nothing, Daniela Prochaska, Eva Pfaender
aktuell als E-Paper und als PDF:
Auf www.bundeswehr.de abrufbar
Satz:
Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz
und Dienstleistungen der Bundeswehr,
DL I 4 Zentraldruckerei BAIUDBw
Intranet: http://zentraldruckerei.iud
Druck:
Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH
Kurhessenstr. 4-6, 64546 Mörfelden-Walldorf
Erscheinungsweise: Wöchentlich montags
Auflage: 45 000 Exemplare
Verteilung innerhalb der Bundeswehr:
Fachinformationsstelle (FISt)/Bibl. ZInfoA
Prötzeler Chaussee 20, 15344 Strausberg
Telefon: (030) 886 228 - 2670
E-Mail: RedaktionBwMediendisposition@
bundeswehr.org
ISSN: 1618-9086
Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Filme, Fotos
und Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen.
Namensbeiträge geben die Meinung des Verfassers wieder. Sie entsprechen nicht unbedingt der Auffassung der
Redaktion oder des BMVg. Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe per E-Mail werden nur mit wirklichem Namen und Adresse berücksichtigt, außerdem behält sich die Redaktion das Recht
auf Kürzung vor.
ZITAT
EDITORIAL
„It‘s the only thing I could give to thank them
for saving my life.“
Es war eine hoffnungsvolle
Zeit, als Anfang der neunziger
Jahre Wettrüsten und Kalter
Krieg zu Ende gingen. Wachsendes Vertrauen erlaubte es West
und Ost, die riesigen Armeen
zu verkleinern. Das wiedervereinigte Deutschland profitierte
besonders von der „Friedensdividende“ und schrumpfte die
Personalobergrenze der Bundeswehr von 585 000 auf 185 000
Soldaten. Weniger Bundeswehr
war damals politisch richtig –
Deutschland war umgeben von
Freunden.
Jetzt soll die Bundeswehr
wieder wachsen: Bis 2023 soll
sie 7000 zusätzliche Soldaten
bekommen, plus 4400 zivile Mitarbeiter. Die Verteidigungsministerin begründet das mit der terroristischen Bedrohung durch die
Terrormiliz „Islamischer Staat“,
der angespannten Situation in der
Ukraine, mit den 16 Auslandseinsätzen und neuen Bedrohungsformen wie Cyber. Die Bundeswehr ist gefordert wie nie.
Dafür braucht sie den notwendigen Umfang an Personal. Vor
wenigen Jahren noch hätte der
Aufwuchs-Plan Proteste ausgelöst. Nun aber gibt es allgemein
Zustimmung in der Bevölkerung
sowie in der Politik und in den
Medien. Kein Abbau mehr, dafür
U.S.-Sergeant Elizabeth Marks, die eine Goldmedaille im Schwimmen bei den Invictus Games gewann. Sie überreichte die Medaille
Prinz Harry, der sie dem Papworth Hospital in England übergeben
soll – als Dankeschön dafür, dass die Ärzte Marks im Jahr 2014
das Leben retteten.
Vor 20 Jahren: Am 16. Mai 1996 tanzen wildfremde Menschen
ausgelassen miteinander auf den Straßen der deutschen Hauptstadt
und erfreuen sich an exotischen Klängen sowie außergewöhnlichen
Kostümen. An diesem Tag erlebt Berlin seinen ersten „Karneval
der Kulturen“.
Vor 135 Jahren: Am 16. Mai 1881 unterhält das Unternehmen
„Siemens & Halske“ die weltweit erste elektrische Straßenbahn. Die
Teststrecke verläuft über 28 Kilometer vom Bahnhof Lichterfelde
nach Berlin. Werner von Siemens selbst bezeichnet die Bahn nicht
als Straßenbahn, sondern als „elektrische Eisenbahn“.
Vor 155 Jahren: Am 17. Mai 1861 organisiert Thomas Cook die
erste Pauschalreise mit Unterkunft und Verpflegung. Als strikter
Gegner des Alkoholmissbrauchs organisiert er Reisen, um Menschen
vom sinnlosen Betrinken abzuhalten.
Vor 545 Jahren: Am 21. Mai 1471 wird der abgesetzte englische
König Heinrich VI im Londoner Tower ermordet. Mit ihm stirbt der
letzte König aus dem Hause Lancaster. Seine Heerführer werden in
einem Schauprozess hingerichtet.
Vor 725 Jahren: Am 18. Mai 1291 fällt nach sechswöchiger
Belagerung Akkon in die Hände der Mamelucken. Die Stadt im
Königreich Jerusalem ist die letzte große Bastion christlicher Kreuzfahrer.
(eb)
moderne IT-Kräfte, flexibles
Personalmanagement, mit einer
„atmenden“ statt einer starren
Obergrenze. Das ist die Zukunft.
Das Verständnis für „mehr
Bundeswehr“ steigt, weil die
Situation in der Ukraine beunruhigt. „IS“-Gräuel und SyrienKriegsbilder vermitteln täglich
eindringlich, wie notwendig
Bundeswehr-Auslandseinsätze
sind, um terroristische Strukturen zu stoppen und Fluchtursachen zu bekämpfen. Die
„Trendwende Personal“ der
Bundeswehr kommt genau zur
rechten Zeit. Sie ist ein klares
Signal: Das Vierteljahrhundert
des Schrumpfens der Bundeswehr ist vorbei.
Andrea Zückert
Chefredakteurin
Redaktion der Bundeswehr
17. Mai 2016
MINISTERIUM / HINTERGRUND
Klares Signal an die Truppe
Abschied von
starren Obergrenzen
Nun kommt die Trendwende
Personal. Drei Viertel der Stellen sollen in der Truppe entstehen, ein Viertel in Ausbildung,
Kommandos, Ämtern und Stäben. Schwerpunkte des künftigen
Personalbedarfs liegen beispielsweise in den Bereichen Cyber,
Sanität oder auch bei den Spezialkräften des Heeres oder der
Marine.
Die Ministerin sagte: „Heute
geht es darum, die Trendwende
beim Personal einzuleiten.“ Von
der Leyen unterstrich, die Bundeswehr müsse bei der Personalplanung künftig „weg von den
starren Obergrenzen hin zu einem
atmenden Personalkörper“.
Immer mehr gefragt sei künftig
Flexibilität, um auf Unvorhergesehenes reagieren zu können.
Leben in der Lage. Daher wird
nach Angaben des Ministeriums
der Bedarf alljährlich im Februar
durch ein Personalboard ermittelt,
dessen Ergebnisse in die Haushaltsverhandlungen eingebracht
werden. Dieses Personalboard
richtet jeweils auch den Blick
sieben Jahre in die Zukunft, um
mittelfristig zu ermitteln, welche
und wie viele Kräfte gebraucht
werden.
Die Trendwende Personal ist
laut Ministerium notwendig,
damit die Bundeswehr einsatzbereit und durchhaltefähig bleibt
und auf neue Aufgaben angemessen reagieren kann. Nur so könne
Foto: Bundeswehr/Jane Schmidt
Grafik: Bundeswehr/Sebastian Nothing
Berlin. Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen hat nach der
Trendwende beim Material und
beim Etat auch die Weichen für
die Trendwende Personal bei der
Bundeswehr gestellt. „Heute ist
das Signal sehr klar in die Truppe
hinein, dass ein Vierteljahrhundert des Schrumpfens der Bundeswehr vorbei ist“, sagte die Ministerin in Berlin.
Erstmals seit dem Ende des Kalten Krieges sollen die Streitkräfte
wieder wachsen. Bis zum Jahr
2023 soll ein zusätzlicher Bedarf
von rund 7000 Soldaten sowie von
4400 zivilen Mitarbeitern realisiert werden. Diese Trendwende
wird es nicht zum Nulltarif geben.
Die Trendwende Personal ist
historisch gesehen eine grundlegende Umkehr. Am Tag der Einheit gehörten noch rund 585 000
Soldaten der Bundeswehr an und
215 000 Zivilisten. Seitdem verkleinerte sich jedoch der Personalkörper der Streitkräfte stetig. Die
vorerst letzte Strukturanpassung
sah 2011 neben der Aussetzung
der Wehrpflicht eine Personalobergrenze von 185 000 Soldaten und 56 000 Zivilisten vor.
3
Personalvertretung:
Neues Gesetz in Arbeit
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen leitet Trendwende im Bereich Personal ein.
Von Jörg Fleischer
aktuell
Deutschland seiner Rolle in der
Welt gerecht werden. Der Bedarf
ergibt sich konkret aus den wachsenden Herausforderungen der
Bundeswehr – bei internationalen Missionen, aber auch bei der
Landes- und Bündnisverteidigung.
Umsetzung
braucht ihre Zeit
Allein in den zurückliegenden
zwei Jahren kamen fünf neue Einsätze hinzu. Dazu noch die Unterstützung im Kampf gegen Ebola
in Afrika, die Flüchtlingshilfe im
Inland sowie das Engagement in
der Ägäis.
Die Trendwende Personal
soll durch das Zusammenwirken mehrerer Elemente erreicht
werden. Das allerdings brauche
Zeit, so die Ministerin.
Mehr auf www.bmvg.de
Berlin. Der Deutsche Bundestag hat am vergangenen Donnerstag über den Gesetzentwurf
zur Änderung von soldatenbeteiligungs- und personalvertretungsrechtlichen Vorschriften
debattiert. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen warb
für den Antrag der Regierung,
das Gesetz grundlegend neu zu
fassen und an die Realitäten der
Bundeswehr im 21. Jahrhundert
anzupassen. Der unter Beteiligung der Berufsverbände und
Gewerkschaften erarbeitete Entwurf sieht die Beibehaltung des
in der Praxis bewährten Dualismus der soldatischen Interessenvertretung durch Vertrauenspersonen und Personalvertretungen
vor. Er enthält weiter eine Reihe
von Maßnahmen zur Stärkung
der Vertrauenspersonen. (rb)
Bundestag verlängert
Afrika-Einsätze
Berlin. Das Parlament hat der
Verlängerung von zwei Afrika-Einsätzen der Bundeswehr
zugestimmt. Die Abgeordneten
votierten am vergangenen Donnerstag mit großer Mehrheit
sowohl für die Ausbildungsmission EUTM Mali als auch für den
Anti-Piraten-Einsatz Atalanta vor
der Küste Somalias. Die deutsche
Beteiligung an der Ausbildung
malischer Streitkräfte wird auf
den Norden des Landes ausgeweitet. Die Mandatsobergrenze
sinkt von 350 auf 300 Soldaten. Bei Atalanta wird die Mandatsobergrenze von 950 auf 600
Soldaten gesenkt. (eha/bk/mid)
Der Modernisierer
60 Jahre Militärischer Abschirmdienst – ein Interview mit dem Präsidenten Christof Gramm.
Köln. Christof Gramm ist seit
2015 Chef des Militärischen
Abschirmdienstes (MAD) in
Köln. Zum 60. Geburtstag des
MAD spricht der 58-Jährige im
Interview über den Nachrichtendienst als moderner Sicherheitsdienstleister und Cyberabwehr
als zentrales Thema.
MAD-Chef: Christof Gramm.
Zeit in seiner Organisationsstruktur völlig neu aufgebaut worden,
auch rechtlich: Erstmals gab es
das MAD-Gesetz, eine gesetzliche Grundlage. 1994 kam dann
das Sicherheitsüberprüfungsgesetz dazu. Damals ist auch die
zivil-militärische Doppelspitze
des MAD eingeführt worden.
Dass eine militärische Organisation von einem zivilen Juristen geleitet wird, ist schon über-
Was möchten Sie beim MAD bis
zum Ende Ihrer Amtszeit verändern?
Ein Mitarbeiter sagte mal, mein
Vorgänger im Amt sei der Öffner
des MAD nach außen gewesen,
ich sei nun der Modernisierer –
dem Bild kann ich etwas abgewinnen. Tatsächlich würde ich
den MAD gern modernisieren
und damit zukunftsfähig machen,
für künftige Bedrohungs-
Foto: Bundeswehr
In diesem Jahr feiert der MAD
seinen „60.“ Was waren aus
Ihrer Sicht die Schlaglichter
seiner Geschichte?
Für die Überschrift würde ich
den Titel wählen: Vom Instrument des Kalten Krieges hin
zum modernen Sicherheitsdienstleister für die Bundeswehr. Die Anfangszeit des MAD
war für die Zeit typisch durch
die Spionageabwehr geprägt. Im
Kalten Krieg war das die zentrale Aufgabe. Eine gewisse Zäsur
stellte dann die Wiedervereinigung dar. Der MAD ist zu der
aus ungewöhnlich. Alle diese
Entwicklungen zeigen, dass
man erkannt hat, dass es einen
„Modernisierungsbedarf“ gab –
das war aber kein Spezifikum
des MAD, sondern des gesamten modernen Rechtsstaates. In
den 90er Jahren wurde dann
Rechtsextremismus ein eindeutiger Schwerpunkt in der Arbeit
des MAD. Es gab viele Vorfälle
damals in den neuen Ländern,
aber auch in den alten.
szenarien wie beispielsweise die
Cyberabwehr. Cyberabwehr ist
IT-Geschäft, für das Spezialisten gebraucht werden, Informatiker. Dafür möchte ich den MAD
gern weiter ausbauen und personell stärken. Wenn es gelingt,
die Mitarbeiter auf diesem Weg
mitzunehmen, wäre schon viel
erreicht. In der Amtsführung sind
wir uns darüber im Klaren, wie
wichtig dies für eine moderne
Firmenkultur ist. Für alle künftigen Aufgaben des MAD ist aber
gleichermaßen wichtig, den Präventionsaspekt zu stärken.
Welche Aufgaben sehen Sie
für den MAD in Politik und
Öffentlichkeit in den nächsten
60 ­Jahren?
Beschränken wir uns vielleicht auf die nächsten fünf oder
zehn Jahre. Ich denke, dass die
Cyberabwehr ein ganz zentrales Thema auch für den MAD
sein wird. Den Schwerpunkt der
Arbeit sehe ich dabei weiterhin in
der Extremismusabwehr. Hierfür
halte ich die Sicherheitsüberprüfung für alle sinnvoll. Ich halte
es aber trotzdem für sehr wichtig, die präventiven Ansätze zu
stärken. Ich möchte einen MAD
führen, der niederschwellig alles
tut, was zu tun ist, bevor wir auf
gesetzlicher Grundlage in Bürgerrechte eingreifende Instrumente zurückgreifen müssen.
Für einen modernen Nachrichtendienst gehört es zum Selbstverständnis, verhältnismäßig zu
arbeiten. Dazu gehören Vorabmaßnahmen, wie Information,
Prävention und Sicherheitsüberprüfungen.
Die Fragen stellte Brigitte Pendlebury.
Das vollständige Interview auf
www.streitkraeftebasis.de
4
aktuell
POLITIK / HINTERGRUND
17. Mai 2016
Deveselu. An der Ostgrenze der
NATO ist erstmals ein US-Raketenabwehrsystem in Betrieb
genommen worden. Im südrumänischen Deveselu wurde am vergangenen Donnerstag im Beisein
von NATO-Generalsekretär Jens
Stoltenberg das US-System eingeweiht, das Raketen im Anflug
auf Europa zerstören soll. Moskau
sprach von einer „Bedrohung
für Russlands Sicherheit“. Die
NATO baut seit Anfang des Jahrzehnts einen Raketenschild auf.
Das Abwehr-System in Deveselu
soll im Juli beim NATO-Gipfel in
Warschau offiziell in den Raketenabwehr-Schirm der Allianz integriert werden.
(cp/ju)
Fotos: imago/Xinhua (2)
NATO-Raketenabwehr
in Betrieb genommen
Vor Ort: Die chinesische Marine evakuiert im März Zivilisten aus dem umkämpften Jemen und bringt sie mit Kriegsschiffen nach Dschibuti.
Stützpunkt Dschibuti
China baut militärische Präsenz in Afrika aus und verfolgt wirtschaftliche Interessen.
Von Simon Klingert
Pjöngjang. Der nordkoreanische
Machthaber Kim Jong Un hat
sich vom Parteitag der nordkoreanischen Kommunisten in Pjöngjang seine „Byungjin“-Doktrin
absegnen lassen. Diese Politik
verbindet das Streben nach weiteren Atomwaffen „zur Selbstverteidigung“ mit wirtschaftlichen
Maßnahmen. Damit grenzt sich
Kim von der Politik seines Vaters
Kim Jong Il ab, nach der das Militär oberste Priorität hatte. Mit
propagandistischem Kalkül gab
Kim Jong Un an, den nuklearen
Ambitionen seines Landes Grenzen setzen zu wollen. Nordkorea
werde seine Atomwaffen nur einsetzen, wenn seine Souveränität
von anderen atomar bewaffneten
Staaten bedroht werde. (ao/ts)
Foto: dpa/Stanislav Krasilnikov
Militärparade in
Moskau zum 9. Mai
Moskau. Russland hat in der
vergangenen Woche in Moskau
eine Militärparade abgehalten.
Anlass war der 71. Jahrestag des
Sieges über Nazi-Deutschland.
10 000 Soldaten marschierten
über den Roten Platz, präsentierten Panzer und Atomwaffensysteme. Kampfjets überflogen die
Parade. Russlands Präsident Wladimir Putin bekräftigte an dem
Nationalfeiertag den Ruf nach
einer, wie er sagte, „neutralen
internationalen Sicherheitsarchitektur“. In Berlin fuhr der patriotische Motorradclub „Nachtwölfe“ zu den Ehrenmalen der
Roten Armee. Putin nutzte den
Jahrestag, um die Veteranen zu
beglückwünschen.
(ts/yb)
Berlin. In Dschibuti hat Peking
mit dem Bau des ersten Überseestützpunkts der chinesischen
Marine begonnen. Die Basis
ist Teil des Wirtschaftsprojekts
der „Maritimen Seidenstraße“,
mit der China den Ausbau von
Infrastruktur entlang des Seewegs zwischen dem eigenen Festland und dem Mittelmeer vorantreibt. Experten sehen darin
einen Beleg, dass die chinesische Regierung wirtschaftliche
Interessen am Horn von Afrika
mit militärischen Mitteln wahren
möchte. Die Präsenz chinesischer
Streitkräfte in der Region und
im Golf von Aden werde in den
kommenden Jahren zunehmen.
Eisenbahnlinie
für vier Milliarden
Ende November unterzeichnete Peking ein Zehn-Jahres-Leasing-Abkommen für den Bau des
ersten Außenpostens der chinesischen Marine außerhalb des eigenen Staatsgebiets seit 1949. Seit
Februar wird an dem Stützpunkt
gebaut, den Peking als „Marinelogistikbasis“ bezeichnet. Anga-
ben des chinesischen Verteidigungsministeriums zufolge soll
der neue Stützpunkt der Versorgung von Marineschiffen dienen,
die im Rahmen der Vereinten
Nationen Anti-Pirateriemissionen im Golf von Aden durchführen.
Die intensive Förderung des
Infrastrukturausbaus in der kleinen Republik am Horn von
Afrika aber zeigt: Für Peking
geht es um mehr, als die Sicherung der Seewege im Golf von
Aden. Als Teil der „Maritimen
Seidenstraße“ soll Dschibuti zu
einem Umschlagplatz für den
Waren- und Gütertransfer zwischen China und dem afrikanischen Kontinent werden.
So finanziert die chinesische
Regierung den Bau einer vier
Milliarden Dollar teuren Eisenbahnlinie, die den Hafen von
Dschibuti mit der äthiopischen
Hauptstadt Addis Abeba verbinden soll. Zudem werden Mittel
für den Ausbau der Hafenanlagen, des Straßennetzes, zwei
Flughäfen und neue Regierungsgebäude bereitgestellt. Die Mittel
stammen aus einem Investitionspaket im Wert von 55,5 Milliarden Euro, mit dem die Regierung
den Infrastrukturausbau auf dem
afrikanischen Kontinent vorantreiben will.
Peking will größere
Rolle spielen
Über Ressourcen oder Industrie verfügt Dschibuti nicht –
dabei haben afrikanische Staaten für die chinesische Wirtschaft
lange Zeit vor allem als Rohstofflieferant eine Rolle gespielt. Das
habe sich mittlerweile geändert,
sagt die China-Expertin Yun Sun
von der Brookings Institution,
einem Think Tank in Washington: „Peking betrachtet Afrika
heute eher als Partner für die Produktionskooperation. Mit dem
Aufbau von Infrastruktur und
dem Transfer von arbeitsintensiver Produktion nach Afrika will
China die eigenen überschüssigen
Produktionskapazitäten binden,
die durch die Umstrukturierung
und das langsame Wachstum der
chinesischen Wirtschaft entstanden sind.“
Der neue Marinestützpunkt
macht deutlich, dass Peking auch
den Ausbau militärischer Infrastruktur in der Region plant. Im
Dezember veröffentlichte die
chinesische Regierung ein neues
Afrika-Strategiepapier, das eine
verstärkte militärische Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten und der Afrikanischen Union
vorsieht.
Fachleute warnen daher, das
militärische Potential der wachsenden chinesischen Präsenz am
Horn von Afrika zu unterschätzen: „Der Stützpunkt in Dschibuti
ermöglicht auch die eigenständige
Versorgung von großen amphibischen Transportdockschiffen
vom Typ 71 oder von Flugzeugträgern der chinesischen Marine“,
sagt Michael Paul, Experte für
maritime Sicherheit bei der Stiftung für Wissenschaft und Politik in Berlin, der Redaktion der
Bundeswehr. „Zudem eignet
sich die Basis zur Aufklärung
amerikanischer Aktivitäten in
der Region und ist ein idealer
Ausgangspunkt für Drohnenflüge wie etwa im Sudan oder
Somalia“, so Paul. Peking wolle
in Afrika auch in sicherheitspolitischen Fragen eine größere
Rolle spielen, sagt ChinaExpertin Yun: „Ob mit oder ohne
die Seidenstraßeninitiative – die
chinesische Militärpräsenz in
Übersee wird zunehmen.“
Dschibuti im Überblick
Dschibuti. Das kleine Land am Horn von Afrika ist in den vergangenen Jahren zunehmend ins Zentrum geopolitischer Interessen
gerückt. Grund: die strategisch günstige Lage. Zwischen Dschibuti
und dem Jemen verläuft die Bab el-Mandab Meerenge. Jeden Tag
werden dort im Schnitt 4,7 Millionen Barrel Öl verschifft – am
Volumen gemessen ist die Meerenge weltweit das viertwichtigste
Nadelöhr für den Transport von Erdöl. Zudem ist Dschibuti ein zentraler Ausgangspunkt für Anti-Terror-Operationen in Afrika und im
arabischen Raum. Die USA und Frankreich betreiben große Militärbasen im Land. Im Rahmen der Anti-Pirateriemission Atalanta
ist die Bundeswehr mit einer Verbindungs- und Unterstützungsgruppe in Dschibuti präsent. Seit 2008 ist die Bundeswehr vor der
Küste Somalias im Einsatz. Im Auftrag des Deutschen Bundestages
schützen Einheiten der Deutschen Marine die Schiffe des Welternährungsprogramms sowie See- und Handelsrouten am Horn von
Afrika. Außerdem gehen sie gegen Piraterie vor.
Grafik: Bundeswehr/Sebastian Nothing
Atomwaffeneinsatz
nur bei Bedrohung
17. Mai 2016
EINSATZ / BUNDESWEHR
aktuell
5
Für den Fall
der Fälle
Inherent Resolve: Piloten trainieren für den
Notausstieg über umkämpften Gebiet.
Ausbildung an
P 8 und MP 7
Hauptfeldwebel Erik L. und
Hauptfeldwebel Sebastian P.
sind Schießlehrer. Sie sollen an
diesem Morgen die Ausbildung
an der Pistole P 8 und an der
Maschinenpistole MP 7 durchführen. „Wir legen sehr großen
Wert darauf, dass die Soldaten
sich bestmöglich in Übung halten
können. Dazu gehört als allererstes die Ausrüstung. Jeder schießt
mit der Ausrüstung, mit der er
auch in sein Flugzeug steigt“,
erklärt der 33-jährige Erik L.,
der in der Heimat der Luftlandetruppe angehört.
Als Erstes sollen die AirbusBesatzungen mit der MP 7 ein-
zelne Ziele auf kurzer Distanz
bekämpfen. Die Tankerbesatzungen führen die Maschinenpistole zusätzlich zur Pistole P 8
auf ihren Flügen mit. Die Patronen sind mit dem Kaliber 4,6 x30
zwar relativ klein – jedoch eignet sich die MP 7 aufgrund der
Kombination aus Gewicht, Größe
und der kinetischen Energie der
Geschosse hervorragend zur
Selbstverteidigung.
Jeder Handgriff
muss sitzen
Dabei können die Ausbilder
die Körper- und Waffenhaltung
der Schützen besonders gut überprüfen. „Wir können so den Ausbildungstand der Soldaten einschätzen und auf vergangene
Schießausbildungen aufbauen“,
erklärt Sebastian P., der viele
der Luftfahrzeugbesatzungen
bereits vor ihrem Einsatz ausgebildet hat.
Beim Training kommt es letztlich nicht nur auf die Treffer im
Ziel an. „Es geht auch um das
Arbeiten mit der Waffe beim
Nachladen und beim Magazinwechsel. Jeder Handgriff muss
automatisch und ohne große
Überlegungen sitzen“, sagt
Sebastian P.
Am Ende des Tages zieht Erik
L. eine positive Bilanz: „Ich bin
mit den Leistungen sehr zufrieden. Wir konnten einigen Sol-
Fotos: Bundeswehr/Oliver Peiper (4), Bundeswehr/Falk Bärwald (2)
Incirlik. Ein Notausstieg über
umkämpften Gebiet: So ein Szenario zählt zu den gefährlichsten
Situationen, in die eine Luftfahrzeugbesatzung auf einem Einsatzflug geraten kann. Bis zum
Eintreffen der Rettungskräfte
sind die Soldaten auf sich allein
gestellt. Der richtige Umgang mit
der Überlebensausrüstung ist in
dieser Situation lebenswichtig –
und der richtige Umgang mit der
Handwaffe auch. Auf der türkischen Airbase in Incirlik werden
die deutschen Airbus-Piloten und
Tornado-Piloten der Operation
Inherent Resolve auf diesen Fall
der Fälle vorbereitet.
Schießausbildung mit der MP 7 (o. l.): Im türkischen Incirlik trainieren die Besatzungen des Airbus
A 310 MRTT (u. l.) und der Tornados (u. r.) regelmäßig mit ihren Handwaffen.
daten noch wertvolle Tipps zur
Optimierung geben“, sagt er.
„Uns ist es wichtig, dass sie
regelmäßig schießen und so
immer einen optimalen Ausbildungsstand haben. Ich denke, das
haben wir heute geschafft. Jeder
geht mit einem guten Gefühl auf
den nächsten Einsatzflug.“ (eb)
„Container-Fitness“ in Novo Selo
Prizren. Die Soldaten der Einsatzkompanie im Camp in Novo
Selo sind ständig in Bereitschaft.
Neben ihrer Patrouillentätigkeit
stehen sie als Reserveeinheit
bereit, um innerhalb kürzester
Zeit regionale Sicherheitskräfte
unterstützen zu können. Sie verbringen sehr viel Zeit in ihrem
„Compound“, dem Bereich, in
dem sie wohnen, schlafen und
arbeiten. Immer in der Nähe ihrer
einsatzbereiten Fahrzeuge.
Jetzt gibt es für die Soldaten
neue Sportmöglichkeiten im
Camp. Damit sie regelmäßig trainieren können, steht ein mobiles
Fitnessstudio im Container direkt
vor ihren Unterkünften. „Während des Bereitschaftszeitraums
Sport zu treiben, war oft schwierig. Die Sporthallen befinden sich
am anderen Ende des Camps“,
Foto: Bundeswehr/Thomas R. (4)
Prototyp im Einsatz: Im Kosovo trainieren deutsche Soldaten seit Kurzem im mobilen Fitnessstudio.
Mobiles Fitnessstudio mit vielfältigem Angebot: Die Soldaten in Novo Selo haben mit dem Training rund um den Container begonnen.
sagt Oberleutnant H., Verbindungsoffizier der Einsatzkompanie. Den Weg von dort zu den
Fahrzeugen hätten die Soldaten
stets mit einkalkulieren müssen,
um zügig ausrücken zu können.
In dem Container – ein Prototyp – befindet sich alles, was
Sportler für ein ganzheitliches
Training brauchen: Kurzhanteln,
Langhantelstangen, Sandsäcke,
Medizinbälle, bis hin zum Sling
Trainer. „Die Soldaten können
jetzt mit funktionellem Training
ihre körperliche Leistungsfähigkeit optimieren“, sagt der Sportdezernent im Einsatzführungskommando der Bundeswehr,
Regierungsrat Keven England.
Mit der containerbasierten Sport-
möglichkeit betritt die Bundeswehr seinen Angaben zufolge
Neuland. Bisher habe es Monate
gedauert, bis Soldaten im Einsatz eine Infrastruktur für Sport
zur Verfügung gestellt werden
konnte. Der modulare Sportgerätesatz kann problemlos per Luft-,
Land- oder Seetransport ins Einsatzgebiet gebracht werden.
Bei den deutschen Soldaten
in Novo Selo kommt „Fitness
im Container“ gut an. „Wir trainieren jeden Tag“, sagt Oberleutnant H. Gemeinsam mit den
dänischen und luxemburgischen
Kameraden sei der Spaß doppelt
so groß. Fazit des Verbindungsoffiziers: „Das fördert auch den
multinationalen Teamgeist.“ (eb)
aktuell
Foto: flickr/DoD/EJ Hersom
Fotos: Bundeswehr/Sebastian Wilke (7)
Imposanter Auftakt (l.): Die Eröffnung der zweiten Invictus Games. Der ehemalige US-Präsident George W. Bush überreicht einer kanadischen Gewichtheberin ihre Medaille (r.).
7
Foto: picture alliance/empics/ Peter Byrne
STREITKRÄFTE
Foto: flickr/ Bush Presidential Center/Paul Morse
aktuell
Foto: flickr/Bush Presidential Center/Grant Miller
6
Der Leitgedanke der Invictus Games: „I am“ – „Ich bin“ steht auf den Medaillen (Mitte). Prinz Harry verleiht eine der Auszeichnungen an einen der deutschen Soldaten (r.).
Der Meister seines Schicksals
Hans-Peter Breda hat PTBS. Jetzt war er bei den Invictus Games für versehrte Soldaten dabei. Ein Portrait.
Von Jan Marberg
H
Gemeinsam zuversichtlich: Ein deutscher Soldat mit einem US-Kameraden (l.). Selfie als Erinnerung (r.): Deutsche Zuschauer posieren mit Schirmherr Prinz Harry (Mitte).
Invictus Games – die Teilnehmer
Ein Twitter-Duell als PR Coup für die Invictus Games:
„Be careful what you wish
for!“, droht US-Präsiden t
Barack Obama Prinz Harry
in einem Video. Für ihn ist
klar: US-Soldaten werden
bei den Spielen die Nase
vorn haben. Die Reaktion
von Königin Elisabeth II., die
mit ihrem Enkel Prinz Harry
gerade auf dem Sofa sitzt:
„Oh. Really? Please...“
Zehntausende klickten die
Beiträge im Netz.
485 Sportler aus 14 Nationen messen
sich in insgesamt zehn Wettbewerben wie Radfahren, Rudern, Bogenschießen, Leichtathletik und Rollstuhl-Basketball. Die größten Teams
stellen die Vereinigten Staaten mit
113 und Großbritannien mit 110 Soldaten.
Insgesamt 21 deutsche Soldaten im
Alter von 22 bis 53 Jahren nehmen
an den Invictus Games teil. Ihre Einschränkungen reichen von schweren
Verletzungen des Rückens und der
Extremfûen bis hin zur Posttrau matischen Belastungsstörung. Nach
Foto: Screenshot/Twitter Kensington Palace
„I AM“ im Netz
dem Motto „wounded, ill or injured“
treten auch Soldaten an, die nicht im
Einsatz, sondern durch Verletzungen
im Alltag oder durch Erkrankungen
geschädigt wurden.
Begleitet wird die deutsche Mannschaft von einem Team von Trainern,
Physiotherapeuten, einem Sportmediziner und einer Truppenpsychologin.
Für moralische Unterstützung sorgen knapp 40 Familienangehörige,
die auf Kosten des Veranstalters
an den Spielen teilnehmen können.
Die An- und Abreise übernimmt die
­
Bundeswehr.
ape hat es geschafft. Er steht
in der Sonne
Floridas. Um ihn
herum wirbelt ein
Strom von Menschen: Männer
und Frauen in unterschiedlichen
Uniformen, Sportler, Zuschauer.
Einige der Athleten hinken. Viele
haben Prothesen an Beinen oder
Armen, andere sitzen im Rollstuhl. Auch Hape ist verletzt.
Doch seine Verletzung kann man
nicht sehen.
Hape hat es geschafft. Er hat
gekämpft, sich überwunden,
sich gestellt. Seiner Erkrankung. Seiner Posttraumatischen
Belastungsstörung (PTBS). Er
ist nach Florida gereist, um als
einer von 21 deutschen Soldaten
an den „Invictus Games for our
Wounded Warriors“ in Orlando
teilzunehmen.
Hans-Peter Breda, den alle
Hape nennen, ist Oberstabsfeldwebel bei der Bundeswehr. Er
arbeitet im Sanitätsunterstützungszentrum in Augustdorf. Der
52-Jährige ist schmal, drahtig, hat
ein scharf geschnittenes Profil. In
Orlando tritt er beim Lauf über
1500 Meter, beim Bogenschießen
und beim Indoor-Rudern an. Er
startet in der offenen Klasse IR 6,
für minimale Verletzungen ohne
große Einschränkungen und mentale Erkrankungen. Die „invisible
wounds“ – die von außen nicht
sichtbaren Verletzungen an der
Seele eines Soldaten stehen bei
den zweiten Invictus Games im
Fokus.
An vier Einsätzen hat Hape
teilgenommen, zwei Mal Kosovo,
zwei Mal Afghanistan. „Ich bin
nicht angesprengt worden“,
sagt er. Letztendlich war es die
Summe der Erlebnisse, die das
Fass zum überlaufen brachte. Er
hat Massengräber auf dem Balkan ausgehoben. Man hat ihm
eine Waffe an den Kopf gehalten. Er hat nach Sprengstoffanschlägen Leichenteile eingesammelt. 2010 wurde in Afghanistan
ein Freund von ihm erschossen.
„Das hat mir den Rest gegeben.“
Ein langer Weg
aus der Verzweifelung
Es dauert, bis Hape erkennt,
dass er erkrankt ist. Seine Frau
stellt Veränderungen fest. Er
zieht sich zurück, meidet Großveranstaltungen. Die Ehe zerbricht. „Ich kann sie verstehen“,
sagt Hape. Seine Droge wird der
Sport. Er läuft, manchmal 200
Kilometer in der Woche. „Ich bin
vor meinen Problemen weggelaufen“, weiß er heute. Glücklich
ist er nur noch, wenn er sich auspowern kann, wenn er klitschnass
geschwitzt ist. Nur dann kann er
ohne Probleme schlafen.
Der Lotse für Einsatzgeschädigte am Standort Augustdorf
nimmt ihn beiseite, rät ihm,
zum Arzt zu gehen. Die Diagnose: PTBS. 2013 beginnt Breda
mit einer Psychotherapie, 2014
folgt die Teilnahme am Lehrgang Sporttherapie für Einsatzgeschädigte. Die Therapeuten
an der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf bringen ihm
wieder bei, den Sport in vernünftigen Maßen zu betreiben. Sein
Chef unterstützt ihn, er arbeitet
normal weiter. Die Kameraden
sind betroffen. Allerdings: „Sie
schneiden mich ein bisschen,
nach dem Motto ‘der tickt nicht
richtig’.“ Hape läuft jetzt nur
noch 60 Kilometer pro Woche.
2014 nimmt der Soldat an
den ersten Invictus Games in
London teil, jetzt, zwei Jahre später, geht er in Orlando, Florida,
für Deutschland an den Start. Er
wird dort keine Medaille gewinnen, aber das ist nicht so wichtig.
Dafür übertrifft er seine selbstgesteckten Ziele: Er rudert weiter,
als er sich vorgenommen hat, er
erzielt mehr Punkte im Bogenschießen. Vor allem ist er von den
Begegnungen mit den versehrten Soldaten aus anderen Natio-
nen begeistert. Die Teilnehmer
tauschen ihre Erfahrungen aus,
feiern miteinander. „Ich bin aufgeschlossener geworden als im
letzten Jahr“, sagt Hape.
Für die Invictus Games gilt:
Dabei sein ist Alles. Der Parlamentarische Staatssekretär bei
der Bundesministerin der Verteidigung Ralf Brauksiepe zeigt sich
von diesem Geist beeindruckt.
Er sitzt in Orlando im Publikum.
Wie die Menschen ihr Schicksal
annehmen und nach vorne blicken, das imponiere ihm, sagt er.
„The Invictus“ –
der Unbezwungene
„Unsere Sportler, die nicht
dieselben Rahmenbedingungen
haben wie beispielsweise unsere
amerikanischen Gastgeber, nehmen die Herausforderung an. Sie
machen es mit Freude, und es tut
ihnen gut“, erklärt Brauksiepe.
Die deutschen Invictus-Sportler
seien Menschen, die verletzt wurden, weil sie sich dem Auftrag
ihres Landes gestellt hätten. „Sie
haben einen Anspruch darauf,
dass wir sie unterstützen“, sagt
Brauksiepe.
Bei der Eröffnung der Spiele
steht der Schirmherr der Invictus
Foundation auf der Bühne. Prinz
Harry, der fünfte in der britischen
Thronfolge, war selbst Offizier
in der britischen Armee und
zwei Mal in Afghanistan eingesetzt. Er hat die Spiele ins Leben
gerufen. „Lasst uns eine Wahnsinns-Show in Gedenken an all
unsere gefallenen Kameraden,
die es nicht zurück geschafft
haben, auf die Beine stellen!
Wir sind Invictus!“, ruft er in die
Menge. Und die Menge jubelt.
Nächstes Jahr sollen die
Invictus Games im kanadischen
Toronto stattfinden. Wird Hape
wieder teilnehmen? „Ich hätte
schon Lust“, sagt er. Andererseits
wolle er auch anderen Erkrankten,
jüngeren Kameraden, die Chance
auf eine Teilnahme lassen. Aber
dann kommt der sportliche Ehrgeiz wieder in ihm durch: „Wenn
ich einfach besser bin ...“
Weitere Berichte zu den Invictus
Games auf www.bundeswehr.de
Invictus Games – die Sieger
An der Seele versehrt: Oberstabsfeldwebel Hans-Peter Breda.
GOLD
SILBER
BRONZE
1.
USA
49
50
49
2.
UK
49
48
41
3.
FRA
10
10
14
4.
CAN
11
8
3
5.
ITA
7
0
4
6.
AUS
5
6
6
7.
NED
4
4
8
12.
DEU
1
1
2
8
aktuell
BUNDESWEHR
17. Mai 2016
Havarie vor
Helgoland
Für die Übung „Dynamic Mercy“ symbolisiert
die Berlin ein sinkendes Kreuzfahrtschiff.
Das Unglück der „Lisco Gloria“
vor der Insel Fehmarn ist noch
immer in Erinnerung. Am 9. Oktober 2010 bricht auf der Ostseefähre ein verheerendes Feuer aus.
Das Maritime Rescue Coordination Center (MRCC) der Deutschen Gesellschaft zur Rettung
Schiffbrüchiger (DGzRS) in Bremen und das militärisch besetzte
Air Rescue Coordination Center
(ARCC) in Glücksburg erhalten
kurz nach Mitternacht den Notruf. Unverzüglich wird eine Rettungskette aktiviert. Seenotrettungskreuzer der DGzRS, sowie
alle verfügbaren Such- und Rettungshubschrauber der Anrainerstaaten werden zur Unterstützung
angefordert. Jede Sekunde kann
letztlich über Leben und Tod entscheiden.
niert. Ausgangslage der diesjährigen Übung vor der Insel Helgoland in der vergangenen Woche
war ein ähnliches Szenario wie
im Fall der „Lisco Gloria“. Da
für das Manöver kein echtes
Passagierschiff zur Verfügung
stand, simulierte der Einsatzgruppenversorger (EGV) „Berlin“ das
sinkende Schiff.
Fünf Hubschrauber
in der Luft
Fotos: Bundeswehr/Sascha Jonack (4)
Von Sascha Jonack
Damit solch eine Rettungsaktion gelingt, ist ein koordinierter Ablauf erforderlich –
beim NATO-Manöver „Dynamic
Mercy“ wird das alljährlich trai-
In dem Übungsszenario ist die
„Berlin“ ein Kreuzfahrtschiff
mit insgesamt 4000 Passagieren
und 1000 Besatzungsangehörigen an Bord. Auf dem Transit
havariert das Schiff – nach Wassereinbruch droht es, schnell zu
sinken. Bereits wenige Minuten
nach dem Notruf treffen die ersten Seenotrettungskreuzer und
der SAR-Hubschrauber ein.
Insgesamt sind fünf Hubschrauber zeitgleich in der Luft,
um insgesamt 200 Übungsteilnehmer zu evakuieren – neben
dem Sea King noch eine niederländische Maschine, sowie ein
Hubschrauber der Bundespolizei.
Im späteren Verlauf der Übung
Julia bloggt
aus Lourdes
Das Kleinstnetzwerk im Rucksack
Foto: Bundeswehr/Isabel Muhle
Hallo, ich bin Julia Dubinski,
20 Jahre alt, Hauptgefreiter bei
den Gebirgsjägern und stationiert
in Mittenwald. Natürlich steht die
infanteristische Ausbildung bei
mir ganz oben auf dem Dienstplan, doch
habe ich das
Glück, auch
auf der medialen Schiene
für die Bundeswehr wirken zu dürfen.
Ich liebe es,
zu schreiben. Eine Geschichte,
die Jahr um Jahr wie ein Buch
neu geschrieben wird, das bei
jedem Lesen ein neues Geheimnis
offenbart, birgt die Soldatenwallfahrt nach Lourdes. Eine Stadt,
von der ich noch nicht so wirklich weiß, was ich über sie denken soll. So weit gestreut waren
die Eindrücke, die Emotionen.
Nun fahre ich erneut nach Lourdes und werde vom 18. bis 24.
Mai täglich von meinen Erlebnissen und Eindrücken während
der Soldatenwallfahrt berichten.
Begleiten Sie mich auf www.bundeswehr.de.
wird ein dänisches Flugzeug vom
Typ „Challenger“ eingesetzt, um
die Air Coordination der Hubschrauber von ARCC Glücksburg
zu übernehmen. Auf See sind die
deutschen Seenotrettungskreuzer
„Hermann Marwede“, „Hermann
Gruben“ und „Theodor Storm“
von der DGzRS und der niederländische Rettungskreuzer „Jan
en titia Visser“ in die Übung integriert.
Damit die Evakuierung möglichst schnell vorangehen kann.
werden zeitgleich an Bug und
Heck die Übungsteilnehmer mit
Hilfe einer Rettungsswinde oder
einem Rettungskorb von Bord
geholt und zur Insel Helgoland geflogen. Nach insgesamt
24 Anflügen und circa sieben
Stunden sind alle 200 „Passagiere“ von Bord.
Ein Video zu „Dynamic Mercy“ auf
www.youtube.com/
bundeswehr.
Aktionstag in Trier mit Soldaten des Führungsunterstützungsbataillons 281.
Trier. „Man fühlt sich ein wenig
wie eine Presswurst“, findet
Tobias Weynand. „Aber schließlich dient die Schutzweste der
Sicherheit“, ergänzt der 19-Jährige verständnisvoll. Der Jugendliche ist einer der Besucher des
ersten Aktionstages in der Fußgängerzone in Trier. Es ist die
erste von vier Veranstaltungen
im Vorfeld des Tages der Bundeswehr am 11. Juni. Die Soldaten des Führungsunterstützungsbataillons 281 aus Gerolstein
haben Funkgeräte, Kleinstnetzwerke in Rucksackgröße, einen
Nissan Pathfinder, Videos
zum Thema
„Arbeitgeber Bundeswehr“, Helme
und Westen
mitgebracht.
Der absolute Star der Aktion,
soviel steht schnell fest, ist für
die Passanten das Patrouillenfahrzeug Dingo. „Der ist schon
ganz schön groß“, stellen Christian Perevalov und Nico Dauven
Fotos: Bundeswehr/Jonas Weber (2)
4000 Passagiere
müssen von Bord
Übung vor Helgoland: Mehrere Hubschrauber sind im Einsatz, um die „Passagiere“ vom „sinkenden“
Schiff zu retten. Der Einsatzgruppenversorger „Berlin“ symbolisiert das havarierte Schiff.
Trier: Besucher – darunter ein Radioteam (l.) – informieren sich über die Arbeit der Soldaten.
fest. Das Angebot, sich einfach
mal in das gepanzerte Fahrzeug
zu setzen, nehmen die beiden jungen Männer gern an. „Ich hab’s
mir geräumiger vorgestellt“, gibt
Nico Dauven
zu, als er erst
auf dem Beifahrersitz und
später auf der
Rückbank
Platz nimmt.
Kein Wunder:
Für ein möglichst authentisches Gefühl hat Hauptgefreiter Julius von Spreckelsen,
IT-Soldat in Gerolstein, den
beiden vorher noch jeweils eine
Splitterschutzweste angelegt –
das sind satte zusätzliche zwölf
Kilo am Körper.
Hauptfeldwebel Dennis Stadler erklärt die „Mobile Unified
Platform“ (MUP), ein kürzlich
entwickeltes Kleinstnetzwerk
in Rucksackgröße. Mit dieser
Vorrichtung können Bataillone
mitten im Wald ein geschütztes
Netzwerk aufbauen, an das sich
wie an den heimischen Router
Telefone und Rechner anschließen lassen – vorausgesetzt, es
gibt Strom.
Aktives Mitmischen ist bei
allen Aktionstagen – nicht nur
an diesem Tag in Trier – ausdrücklich erwünscht. Besucher
haben die Gelegenheit, die Bun-
deswehr live zu erleben, Ausrüstungsgegenstände selbst anzulegen, Technik auszuprobieren,
individuelle Einblicke zu Geräten, Technik und Fahrzeugen zu
bekommen.
Weiter geht es am 18. Mai in
Würzburg: Da stellen sich die
Gebirgsjäger aus Mittenwald und
die Feldjäger aus Veitshöchheim
vor. Am 24. Mai sind Marinetaucher in Bonn im Einsatz. Sanitäter geben am 8. Juni in Rostock
Einblick in ihre Arbeit. Auch
diese Aktionen stehen ganz im
Zeichen von anschauen, fragen
und mitmachen.
(jb)
www. tag-der-bundeswehr.de
17. Mai 2016
ZOOM
aktuell
9
Wenn Karotten aggressiv machen
Foto: Fotolia/donatas1205
Foto: Fotolia/kichigin19
Foto: Fotolia/Pictue-Factory/J. Rofeld
Foto: Fotolia/tibanna79
Foto: Fotolia/Antonioguillem
Foto: Fotolia/Christian Mller
Hochsensible Menschen nehmen ihre Umwelt besonders wahr. An der Universität der Bundeswehr wird dazu geforscht.
Ungefilterte Reize: Geräusche, Gerüche, zwischenmenschliche Spannungen und Menschenansammlungen empfinden Betroffene intensiver als ihre Mitmenschen.
Von Julia Weigelt
K
arotten gehen gar nicht. Dieses Krachen beim Reinbeißen – Sabine Dinkel (Foto rund)
geht es durch Mark und Bein.
Die 49-Jährige nimmt Geräusche
ganz intensiv wahr. Überhören
unmöglich. Doch nicht nur akustische Reize erlebt die Hamburgerin sehr stark. Auch Gefühle,
Gerüche und die Stimmung ihrer
Umwelt strömen ungefiltert auf
sie ein. Sabine Dinkel
ist hochsensibel
– ein Persönlichkeitsmerkmal,
das das
Leben
intensiv, aber
auch sehr
anstrengend macht.
Als Dinkel
vor acht Jahren
entdeckt, warum
sie immer so schnell an
ihr Energielimit stößt, fällt ihr ein
Stein vom Herzen. Ein Kollege
hatte sie auf das Thema Hoch-
sensibilität aufmerksam gemacht,
und Dinkel las alles darüber, was
sie finden konnte.
„Ich bin
kein Alien“
Ihr Fazit: „Voll auf die Zwölf!
Mein Leben erklärt sich rückwirkend.“ Erleichtert stellt sie fest:
„Ich bin gar kein Alien.“
So wie der 49-Jährigen geht
es vielen Betroffenen. Etwa
15 bis 20 Prozent der
Bevölkerung sind
nach Ansicht
von Forschern
hochsensibel.
D o c h
obwohl
es
so
v i e l e
M e n schen mit
besonders feivat
Pri
:
nen
Antennen
o
t
Fo
gibt, beschäftigt sich
die Wissenschaft erst seit Kurzem mit dem Phänomen. In
Deutschland wird an der Helmut-
Schmidt-Universität/ Universität
der Bundeswehr dazu geforscht.
An der Professur für Persönlichkeitspsychologie und psychologische Diagnostik untersucht
Sandra Konrad das Verhalten
und Empfinden von Hochsensiblen. 5000 Teilnehmer haben in
den letzten drei Jahren an einer
Online-Umfrage teilgenommen,
die immer noch läuft (siehe Infokasten). Mit den Daten will Konrad ein komplexes Modell entwickeln, um das Phänomen besser
verstehen zu können. „Hochsensibilität ist keine Störung,
sondern ein genetisch bedingtes Temperament“, erklärt die
Wissenschaftlerin, die gerade
ihre Doktorarbeit über das
Thema schreibt. „Diese Menschen können Reize kaum filtern
und priorisieren – alles ist gleich
wichtig.“ Hochsensible haben
demnach zudem häufig ein hohes
moralisches Bewusstsein und ein
gesteigertes Anspruchsdenken.
Der typische Perfektionist also,
der seine hohen Ziele allerdings
kaum erreichen kann. Es drohen
Burnout und Unverständnis bei
Kollegen, warum die scheinbare
„Mimose“ sich denn wieder so
anstellt. Auch Sabine Dinkel
kennt die negativen Folgen, die
auftauchen, wenn hochsensible
Menschen sich dauerhaft überfordern. Körperliche und psychische Symptome können das
Leben zur Hölle machen. Der
Ausweg hört sich einfach an, ist
allerdings vor allem am Anfang
schwer durchzuhalten: Es gilt,
seine Grenzen und Bedürfnisse
zu erkennen, zu kommunizieren
und zu respektieren.
Radikaler Schritt in
ein neues Leben
Die Hamburgerin hielt sich
daran: Für sie begann der Weg
in ein glücklicheres Leben mit
einem radikalen Schritt. Nach 22
Jahren Festanstellung machte sie
sich als Coach selbstständig. „Ich
wollte entscheiden, wann und mit
wem ich arbeite“, sagt Dinkel.
„Ich wollte das machen, wovon
ich überzeugt bin.“ Und das tut
die 49-Jährige mit großem Erfolg.
Als die leidenschaftliche Hundeliebhaberin Fotos ihrer Tiere auf
Werbepostkarten druckt, zeigen
ihr manche Bekannte einen
Vogel. Doch Dinkel behält Recht:
„Mit meiner Werbung ziehe ich
genau die richtigen Kunden an.
Menschen, die ihre Probleme mit
Humor angehen wollen und so
ticken wie ich.“
Im Job wie in der Freizeit achtet sie heute mehr auf sich. Wenn
ihr ein quirliger Abend mit Freunden nach ein paar Stunden zu viel
wird, zieht sie sich eine Zeit lang
zurück. Da sie morgens nicht so
schnell in Fahrt kommt, macht
Dinkel erst ab 11 Uhr Termine.
Weil Reize sie ablenken, hört sie
bei der Arbeit keine Musik und
liest beim Essen keine Zeitung.
Der wichtigste Tipp der hochsensiblen Hamburgerin klingt
wieder einfach und ist dabei so
schwer umzusetzen: miteinander Reden. „Wenn es mir zu viel
ist, meinen Mann zu Freunden zu
begleiten, dann sprechen wir darüber und suchen eine Lösung“,
sagt Dinkel. Missverständnisse
aus der Welt schaffen, Probleme
erst gar nicht entstehen lassen,
den anderen so sein lassen, wie er
ist – Tipps nicht nur für Hochsensible.
Hinweise auf Hochsensibilität
Mehr Informationen zum Thema Hochsensibilität
Sind Sie vielleicht auch hochsensibel? Wenn Sie die von der Wissenschaftlerin
Sandra Konrad entwickelten Fragen bejahen, könnte das ein Hinweis darauf sein.
1. Wenn es um mich herum viel Trubel gibt, etwa auf Bahnhöfen, im Straßenverkehr oder im Job, regt mich das immer auf.
2. An stressigen Tagen will ich mich an einen ruhigen Ort zurückziehen, an dem
ich alleine sein kann.
3. Wenn ich in kurzer Zeit viel zu tun habe, werde ich sehr unruhig.
4. Für unterschwellige Dinge in meiner Umgebung habe ich eine feine Wahrnehmung.
5. Ich habe ein reiches, komplexes Innenleben.
Der Informations- und Forschungsverbund Hochsensibel bietet auf seiner Seite
www.hochsensibel.org zahlreiche weitere Informationen sowie Ansprechpartner vor Ort.
Kontakt: [email protected]
Die Online-Studie der Helmut-Schmidt-Universität ww/ Universität der Bundeswehr finden
Sie unter folgendem Link:
http://www.hsu-hh.de/diffpsych/index_0WJIApeWbV9D3FuX.html
Weitere Tipps für Betroffene und Angehörige hat Sabine Dinkel in ihrem Buch „Hochsensibel durch den Tag“ zusammengefasst (Sabine Dinkel: Hochsensibel durch den
Tag, Humboldt, ISBN: 978-3869105147,19,99 Euro).
SPORT
Schwimmer mit Titeln
und Olympianormen
Berlin. Die Schwimmerinnen
der Bundeswehr haben bei der
128. Auflage der Deutschen
Meisterschaften in Berlin für
eine Titelflut gesorgt. Stabsunteroffizier (FA) Franziska
Hentke (200 Meter Schmetterling, 400 Meter Lagen), sowie die
Hauptgefreiten Dorothea Brandt
(50 Meter Freistil, 50 Meter
Schmetterling) und Sarah Köhler
(400 und 800 Meter Freistil)
krönten sich in jeweils zwei
Disziplinen zur Meisterin. Die
Hauptgefreiten Lisa Graf (200
Meter Rücken) und Isabelle Härle
(1500 Meter Freistil) komplettierten die Titelausbeute. Alle
erreichten damit die Olympianorm in ihren jeweiligen Disziplinen. Bei den Männern konnte
sich lediglich Hauptgefreiter
Philipp Heintz über 200 Meter
Lagen den Meistertitel und die
Olympianorm sichern.
(sr)
Foto: dpa/EPA/Sean Demsey
Kurjo und Phan
überraschen bei EM
London. Stabsunteroffizier
(FA) Maria Kurjo und Hauptgefreiter My Phan haben bei
den Schwimm-Europameisterschaften in London Gold im
Synchronspringen vom ZehnMeter-Turm gewonnen. Die
Berlinerinnen lagen vor dem
letzten Durchgang nur auf Rang
vier, profitierten im Finale jedoch
von den Patzern der Konkurrenz.
Besonders für die 26-jährige
Kurjo ist der Sieg das Ergebnis eines harten Kampfes.
2010 schlug sie bei einem Wettkampf mit dem Kopf gegen
den Turm und stürzte bewusstlos ins Wasser. Bei den Männern gewannen Hauptfeldwebel
Patrick Hausding und Stabsunteroffizier (FA) Sascha Klein in derselben Disziplin ihren neunten
EM-Titel in Folge.
(sr)
Triathletin Siegburger
Zweite in Cagliari
Cagliari. Hauptgefreiter Lisa
Siegburger hat beim TriathlonWeltcup im italienischen Cagliari den zweiten Platz in der
Sprint-Distanz erreicht. Nach
einer Stunde und vier Minuten
kam sie 27 Sekunden hinter der
Britin India Lee ins Ziel. Bei der
Sprintdistanz müssen die Teilnehmer 500 Meter Schwimmen,
20 Kilometer Radfahren und fünf
Kilometer Laufen.
(sr)
17. Mai 2016
Schlag um Schlag nach Rio
Rudern: Der Deutschlandachter ist mit dem Europameistertitel auf dem richtigen Weg.
Foto: imago/Laci Perenyi
aktuell
Von Stefan Rentzsch
Brandenburg. Es ist der perfekte Start in die Saison und ein
Mutmacher für Rio: Der Deutschlandachter hat bei der Europameisterschaft in Brandenburg
an der Havel die Goldmedaille
gewonnen.
Das Flaggschiff des Deutschen
Ruderverbandes (DRV), in dem
mit den Stabsunteroffizieren
(FA) Richard Schmidt und Felix
Drahotta auch zwei Sportsoldaten
sitzen, setzte sich auf dem Beetzsee vor den Booten aus Russland
und Großbritannien durch. Nach
dem Start sah es zunächst nicht
danach aus.
Beeindruckende
Aufholjagd
Die deutsche Mannschaft mit
Steuermann und Leutnant der
Reserve Martin Sauer ließ es
bei extrem starken Seitenwinden auf dem Beetzsee ruhig angehen und lag nach 500 Metern
sogar nur auf dem letzten Platz.
Doch die Deutschen holten Boot
um Boot ein und verwiesen auf
der 2000-Meter-Distanz sogar
noch die vorgepreschten Russen
um eine Sekunde auf den zweiten Platz. Für den erfolgsverwöhnten Achter war es bereits
der vierte EM-Titel in Folge.
Die Erzrivalen aus Großbritannien hatten sichtlich Probleme
mit den Windbedingungen und
wurden mit knapp einer Bootslänge Rückstand überraschend
nur Dritter.
„So ein Einstieg ist natürlich
super. Wir dürfen uns jetzt aber
nicht ausruhen. Abgerechnet
wird dann in Rio de Janeiro“,
sagte Achter-Trainer Ralf Holtmeyer. Der Erfolgscoach hatte
erst Ende April die Besetzung
seines Bootes für die Olympiasaison bekannt gegeben. Ganze
zweieinhalb Wochen Zeit hatte
die Mannschaft, sich zu finden.
Insofern war die EM eine wichtige Standortbestimmung in
Richtung Olympia. Auch für
Felix Drahotta, der sich vom
starken Wind beeindruckt zeigte:
„So extreme Bedingungen habe
ich noch nie erlebt. Zwischendurch war es sehr motivierend,
als wir mit zehn Schlägen eine
halbe Länge auf die Russen aufgeholt haben“, sagte der Sportsoldat. Drahotta hat eine ganz besondere Motivation, in diesem Jahr
den Olympia-Thron zu erklimmen. Beim Goldlauf von London war er noch nicht mit dabei.
Dafür aber bei den drei darauf
folgenden Weltmeisterschaften,
bei denen sich das Flaggschiff
der Deutschen jeweils knapp
den Kontrahenten von der Insel
geschlagen geben musste. „Mein
Wunsch, in Rio Olympiasieger
zu werden, ist folglich extrem
hoch“, sagt der 27-Jährige.
Zwei drin,
einer draußen
Aus Sicht der Bundeswehr
scheint neben Drahotta derzeit
auch Stabsunteroffizier (FA)
Richard Schmidt für die erhoffte
Goldfahrt in Rio gesetzt. Der
28-Jährige ist einer der erfahrens-
ten Athleten im Kader der Ruderer. Außer dem Olympiasieg von
London hat er bereits drei Weltmeister- und fünf Europameistertitel im Achter gesammelt.
Einen Rückschlag musste
hingegen Stabsunteroffizier
(FA) Anton Braun hinnehmen.
Trainer Ralf Holtmeyer ersetzte
den Sportsoldaten durch Andreas
Kuffner. Dem 26-Jährigen wurde
zwar angeboten, im Zweier oder
Vierer zu rudern. Braun entschloss sich nach einer Bedenkzeit dennoch, beim erweiterten
Achterkader mitzutrainieren.
Holtmeyer schließt aber auch
nicht aus, dass Braun in Rio mit
im Boot sitzt: „Die Tür bleibt für
ihn offen, er ist weiter ein Kandidat für Rio“, versicherte der
Trainer. Ob mit Braun oder ohne:
Holtmeyer sieht seine Schützlinge auf dem richtigen Weg. „In
den vergangenen Wochen haben
wir sehr gut trainiert. Wenn wir
so weitermachen und noch etwas
rausholen, können wir auch sehr
gut um Gold rudern“, zeigt sich
der Trainer optimistisch.
Das hat Hand und Fuß
Die Karateka der Bundeswehr stellen bei der Europameisterschaft ihre Klasse unter Beweis.
Montpellier. „Der Weg der
leeren Hand“: Die Übersetzung
des japanischen Wortes „Karate“
sollte nicht allzu ernst genommen werden. Zumindest nicht,
was die Medaillenausbeute der
Karateka der Bundeswehr bei der
Europameisterschaft in Montpellier betrifft. Die Kampfsportler der Sportfördergruppe Mainz
kamen alles andere als mit „leeren Händen“ zurück aus Frankreich. Insgesamt holten sie je einmal Gold, Silber und Bronze.
Für den fast schon erwartungsgemäßen Triumph sorgte
Stabsunteroffizier (FA) Jonathan
Horne in der Gewichtsklasse über
84 Kilogramm. Der 27-Jährige
sicherte sich mit seinem Final-
sieg gegen den Italiener Stefano
Maniscalco bereits seinen fünften Titel bei den Kontinentalwettkämpfen. Mit der Bronzemedaille für Stabsunteroffizier
(FA) Noah Bitsch, der zum ersten Mal in der Gewichtsklasse
unter 84 Kilogramm antrat, gab
es weiteres Edelmetall für die
Bundeswehr in der Kampfdisziplin „Kumite“. Nachdem er in
der letzten Sekunde des Halbfinales gegen den Bosnier Meris
Muhovic eine Fußtechnik kassierte und ausschied, setzte er
sich im Kampf um Platz drei
deutlich gegen Valerii Chobotar
aus der Ukraine durch.
Ihre Silbermedaille vom Vorjahr konnte Stabsunteroffizier
Foto: imago/Laci Perenyi
10
Finalsieger: Jonathan Horne.
(FA) Sophie Wachter verteidigen. Gemeinsam mit Christine
Heinrich und Jasmin Bleul
musste sie sich im Finale der
Schaukampfdisziplin „Kata“
nur den Spanierinnen geschlagen
geben. Der Stern des Trios war
2014 in Bremen aufgegangen, als
es zum ersten Mal überhaupt in
dieser Disziplin einen WM-Titel
für Deutschland gewonnen hatte.
Ausgetragen werden die Wettkämpfe in den traditionellen Disziplinen „Kumite“ und „Kata“.
Während „Kumite“ einen freien
Kampf zwischen zwei Kontrahenten bezeichnet, bei dem die
Hände und Füße mit speziellen
Protektoren geschützt sind,
handelt es sich bei „Kata“ um
eine Art Schaukampf, bei dem
die Sportler vorgegebene Techniken stilistisch korrekt vorführen müssen.
(sr)
17. Mai 2016
SOZIALES / PERSONAL
aktuell
11
Die Pionierin
Erika Franke wurde die zweite Frau Generalstabsarzt der Bundeswehr. Nun geht sie in Pension.
„Ich bin stolz darauf, was
ich in den vergangenen 26
Jahren erreicht habe.“
der Sanitätsakademie. Nun geht
Frankes Zeit in Bayern zu Ende.
Am Vorabend hat Borussia Dort­
mund die Hertha aus dem Pokal
gekegelt. „Nicht mein Wunsch­
ergebnis“, kommentiert die Ber­
linerin knapp. Morgens gegen
sechs Uhr war sie wieder im Büro.
Wie immer: E­Mails checken,
Telefonate, Befehle abzeichnen,
Besprechungen. Chefroutine.
Aber die Abende halten derzeit
zusätzliche Termine bereit. Mit
Spedition, Nachmieter und Haus­
verwaltung. Es geht zurück in die
Heimat, nach Berlin. Im Mai hat
Franke Geburtstag, zum Ende
des Monats wird sie pensioniert.
Fotos: Bundeswehr/Sandra Elbern
München. Das Gespräch auf
dem Campus der Sanitätsaka­
demie bleibt nicht ohne Unter­
brechungen. Eine vorbeige­
hende Oberstabsärztin findet
Augenkontakt, dann schnellt
ihre Hand an die Schläfe unter
dem blauen Barett. „Grüß Gott,
Frau Generalarzt.“ Erika Franke,
zwei goldene Sterne unter dem
Äskulapstab auf der Schulter,
grüßt ebenso zurück. „Gewöhnt
man sich dran“, sagt sie später
mit Berliner Zungenschlag und
einem Lächeln. „So heißt das in
Bayern eben.“ Mehr als sechs
Jahre in München prägen. Seit
2009 Dienst am Sanitätsamt und
dann ab 2013 als Kommandeur
Foto: Bundeswehr/Sebastian Wilke (2)
Von Markus Tiedke
Wenn sie geht, halbiert sich bei
der Bundeswehr die Zahl der Sol­
datinnen im Generalsrang. Dar­
auf angesprochen, muss sie kurz
lachen. „Stimmt. Aber sicher
nicht für lange.“ Und dann wie­
der ernst: „Machen Sie sich mal
keine Gedanken. Wir haben eine
wirklich gute zweite Reihe. Da
stehen sehr kompetente Soldat­
innen bereit.“ Dem Thema
„Frauen beim Bund“ kann sie
selten ausweichen. Erika Franke,
eine promovierte Mikrobiologin
aus Ost­Berlin, die als erste Frau
in deutschen Streitkräften den
Rang eines Zweisterne­Generals
erreicht. Wichtig für sie? Lange
nachdenken muss sie nicht. „Ich
bin stolz darauf, was ich in den
vergangenen 26 Jahren bei der
Bundeswehr erreicht habe. Und
ich bin mir bewusst, dass das
keine Selbstverständlichkeit war.“
Männer können nachtragend
sein, wenn sie sich in Karriere­
fragen übergangen fühlen.
Franke hat das selbst erlebt und
auch öffentlich angesprochen.
„Mobbing, Benachteiligungen
und der Quoten­Vorwurf“, zählt
sie auf. „Man braucht manch­
mal ein dickes Fell und darf
nicht aufstecken.“ Dennoch
war ihr die Beförderung zur
Generalstabsärztin im Herbst
2013 nicht übertrieben wichtig,
sagt sie. Die Frau als General.
„Ich würde es gar nicht mer­
ken, wenn mich nicht ständig
einer fragen würde. Ich mache
einfach meine Arbeit, so gut
ich kann.“ Das könnte man für
Koketterie halten. Aber die ver­
trägt sich nicht mit dem unprä­
tentiösen Wesen von Franke.
Das bedeutet keineswegs, dass
die 61­Jährige unmilitärisch
Von der Volkspolizei zur Bundeswehr
Generalstabsarzt Erika Franke, Jahrgang 1954,
studiert in den 1970er Jahren Humanmedizin im
damaligen Ost-Berlin, ist anschließend im Krankenhaus der Volkspolizei tätig. Auf die Anerkennung
zur Fachärztin für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie 1985 folgt ein Jahr später die Promotion. Im Jahre 1990 wird das Krankenhaus von der
Bundeswehr übernommen – Franke wird Oberfeldarzt im Sanitätsdienst. Bis 2001 ist sie zweimal im
Auslandseinsatz auf dem Balkan. Nach verschiedenen Führungsverwendungen, unter anderem am
Sanitätsamt der Bundeswehr und im Einsatzführungskommando, wird Franke im Juli 2013 Kommandeurin der Sanitätsakademie der Bundeswehr.
wirkt. „Militärische Hierarchie
ist wichtig. Und natürlich fühlt es
sich gut an, in eine Position auf­
zusteigen, in der man den Dingen
eine Richtung geben kann“, fügt
sie hinzu. „Aber als Erstes schaue
ich den Leuten immer noch ins
Gesicht. Nicht auf die Schulter.“
Die Zeit als Chefärztin des
Ulmer Bundeswehrkrankenhaus
hat sie als fachlich spannendste
Phase in Erinnerung. „Da sein,
wo die Wertschöpfung passiert.
Mit vielen hervorragenden Kli­
nikern.“ Sie schwärmt auch von
„ihren Leuten“ und der praxis­
orientierten Ausbildung an der
Akademie. Bei allen Herausfor­
derungen – sie hinterlässt ihrer
Nachfolgerin ein gut bestelltes
Feld. Das ist deutlich herauszuhö­
„Ich mache einfach
meine Arbeit, so gut
ich kann.“
ren. Und es erklärt auch, warum
vor ihrem Abschied die Floskel
vom lachenden und weinenden
Auge passend wäre. „Meine
Kameraden und Mitarbeiter wer­
den mir fehlen. Die Menschen
und auch die Arbeit – klar“, sagt
Franke geradeheraus. „Aber ich
freue mich auf die Familie zu
Hause. Meinen Mann, die Kin­
der und die fünf Enkel. Berlin
und den Garten.“ Nach so vie­
len Jahren unterwegs sei sie froh,
dafür nun mehr Zeit zu haben.
„Die Bundeswehr, die Kamera­
den und Kollegen sind ja nicht
aus der Welt. Der Kontakt wird
eng bleiben.“
Die Frau mit der Robotervision
München. R2­D2 und C­3PO
aus der Star­Wars­Saga sind mehr
als nur Roboter. Sie sind auch
treue Gefährten von Luke Skywal­
ker und sie haben Verena Nitsch
schon als Kind fasziniert. „Ich
war begeistert von solchen sozi­
alen Science­Fiction­Robotern“,
sagt die Juniorprofessorin an der
Universität der Bundeswehr in
München. „Aber gleichzeitig war
ich auch enttäuscht, dass es sie
noch nicht gab.“
Die 33­jährige Wissenschaft­
lerin tut alles dafür, dass sich das
ändert. Sie forscht an Maschinen,
die mit Menschen kommunizieren
können. „Soziale Intelligenz war
lange kein Thema“, so Nitsch. Im
Vordergrund standen die moto­
rischen und sensorischen Fähig­
Foto: Bundeswehr/Tom Twardy
Verena Nitsch ist Juniorprofessorin für Kognitive Ergonomie an der Universität der Bundeswehr München.
keiten. Die akademische Kar­
riere von Verena Nitsch steht
auch für eine Trendwende in der
Roboterforschung insgesamt: Sie
ist Psychologin und Ingenieurin.
Sie möchte, dass menschenähn­
liche Roboter nicht nur laufen
und den Kopf drehen können,
sondern eines Tages Gesichts­
ausdrücke lesen und sozial intera­
gieren können – als Betreuer für
alte Menschen etwa oder Spiel­
gefährten für Kinder.
Deshalb hat sie sich 2008 an
der Universität der Bundeswehr
beworben. „Zu der Zeit hat keine
andere Universität mir die Mög­
lichkeit geboten, in der Kombina­
tion Psychologie und Ingenieurs­
wissenschaft zu promovieren“,
sagt sie. Erst seit in den vergange­
nen Jahren immer mehr interdis­
ziplinär an Robotern gearbeitet
wird, kommt die Entwicklung
sozialer Intelligenz voran. Ihre
große Liebe bleibt die soziale
Intelligenz – die Interaktion von
Mensch und Maschine. (sim)
Mit wem würden Sie gern einen Monat lang tauschen?
Ban Ki­moon, um einen sicherlich einzigartigen Einblick in die
Weltpolitik zu erhalten.
Welche lebende Person bewundern Sie am meisten?.
Die ehemalige US­Astronautin und Multi­Talent Shannon Lucid.
Sie ist nicht nur eine hervorragende Wissenschaftlerin, sie brach als
Pilotin und Astronautin viele Rekorde und koordinierte viele erfolg­
reiche Forschungsprojekte der NASA.
Welches Lied singen oder hören Sie gern?
Ich singe jedes Lied nach, das ich irgendwo aufschnappe. Zum
Leidwesen meiner Freunde und Kollegen.
Wozu können Sie nicht „Nein“ sagen?
Hilferufe meiner Studenten vor der Prüfungszeit und meiner
Doktoranden vor ihrer Verteidigung.
Wie lautet Ihr Lebensmotto?
Die Zukunft gehört denen, die die Möglichkeiten erkennen, bevor
sie offensichtlich werden.
12
aktuell
VERMISCHTES
17. Mai 2016
Thielemann, Christian: Carl
Maria von Weber, Der Freischütz, 1 Blu-Ray, C Major.
Wir verlosen eine Blu-Ray.
Einfach eine E-Mail mit
„Freischütz“ senden an:
[email protected]
016
19/2
Foto: Thomas Bruns
Vom Publikum schon lang erwartet
„Der Freischütz“, ein echter musikalischer Höhepunkt jetzt auf BluRay. Immerhin ist Carl Maria
von Weber selbst für ein Jahrzehnt Hofkapellmeister in Dresden gewesen und sein Nachfolger,
der gefeierte Romantik-Spezialist
Christian Thielemann, sollte dem
Werk eine Sternstunde bescheren.
Mit der Uraufführung 1821
entpuppte sich die Oper als Sensation, ihre Melodien waren
bald sprichwörtlich in aller
Munde. Und die Geschichte
um die Teufelsbeschwörung
in der Wolfsschlucht ließ das
Publikum
erschaudern.
Der Freischütz
gilt seither als
erste deutsche
Nationaloper.
In der neuen
Dresdner Produktion glänzen Sänger und
Regie gleichermaßen, während
im Orchestergraben wahre Zauber beschworen werden – eine
eindrucksvolle Darbietung, die
die Geschichte teuflisch gut
zum Leben erweckt.
(am)
Foto: Deutsches Historisches Museum (4)
Hier geht es mit
dem Teufel zu
Was kleben bleibt
Die Ausstellung „Angezettelt“ widmet sich rassistischen Klebezetteln von 1880 bis heute.
­
Von Antje Laenen
Berlin. „Refugees welcome“ –
Aufkleber mit solchen oder ähnlichen Botschaften verzieren
Städte. Aber es gibt auch Klebezettel, die eine gegenteilige
Meinung verbreiten wollen.
Die Ausstellung „Angezettelt.
Antisemitische und rassistische
Aufkleber
von 1880 bis
heute.“ zeigt,
dass besagte
Zettel auch bei
den Nationalsozialisten oft
und gern eingesetzt beziehungsweise
verklebt wurden. Neben mehreren Hundert verschiedenen Klebe zetteln zeigt die
­
­
unterschiedlich verzierten Aufkleber gesammelt und getauscht.
Gegen das polarisierte Weltbild haben sich aber auch Gegenbewegungen mit Zetteln gewehrt.
Oder mit Spachtel und Lösungsmittel. So zum Beispiel die politische Aktivistin Irmela MensahSchramm, die seit 30 Jahren
antisemitische und rassistische
Klebezettel, die ihr unterkommen, entfernt und archiviert. Das
Museum hat mit ihr zusammengearbeitet, und zeigt sie mit ihren
Materialien im Portrait.
Neben großen und kleinen
Aufklebern sind zudem Papierhandtuchspender ausgestellt, auf
denen das Geklebte authentisch
in natura zu sehen ist.
Weil Aufkleber, ähnlich wie
Briefmarken, anfangs noch mit
Spucke angefeuchtet wurden,
sind sie auch gern als Spuckies
oder Spuckzettel bezeichnet worden. Meistens verweisen die Botschaften auf der Rückseite der
Zettel nicht namentlich auf einen
Verfasser. Unter dem Deckmantel der Anonymität fällt die Meinungsäußerung, welcher Natur
auch immer, oft leichter. Neben
der eindeutigen Intention gibt es
aber auch Aufkleber, die durch
Internetadresse oder Gruppierungsnamen auf die Herkunft
hinweisen.
Der Berliner Wolfgang Haney
verfügt über eine einzigartige
Spezialsammlung, die neben
geld- und zeitgeschichtlicher
Materialen auch viele Klebezettel
aus der NS-Zeit beinhaltet. Seine
umfangreiche Sammlung stellte
der Berliner der Wanderausstellung zur Verfügung.
SUDOKU
Vi
el G
Senden Sie die vier Lösungszahlen,
lück
die sich aus den farbigen Feldern
!
ergeben, per E-Mail mit dem Betreff
„Sudoku 19/2016” und Ihrer Postanschrift an:
[email protected]
Einsendeschluss:
Sonntag dieser Woche
Zu gewinnen:
APC Mobile Power Bank 10 000 mAh
Dieser externe Zusatzakku für Smartphones und
Tablet-PCs bietet bis zu vier Ladevorgänge für unterwegs.
Lösung 17/2016: 9 3 3 4
Gewonnen hat: Veikko Beer
Spielregeln: Füllen Sie das Raster mit den Zahlen von 1 bis 9. In jeder Zeile und jeder Spalte darf jede Zahl nur einmal vorkommen.
Zudem kommt auch in jedem 3 x 3 Feld jede Zahl nur einmal vor. Doppelungen sind nicht erlaubt.
Aus allen richtigen Einsendungen wird der Gewinner ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.