BA U G R M:AI 2016 M:AI MUSEUM FÜR ARCHITEKTUR UND INGENIEURKUNST NRW mai-nrw.de UPPEN Inhalt 3 14 20 Vorwort Michael Groschek Freiraum gestalten nrw.landschaftsarchitektur.preis 2016 Bau und Kunst wird Baukunst 4 LANDSCHAFTSGESTALTUNG ARCHITEKTUR — KUNST 22 Architektur ausstellen Was es bedeutet, Architektur erlebbar zu machen 16 6 ARCHITEKTURKOMMUNIKATION — STADTENTWICKLUNG 24 18 26 sozial – gefördert – bezahlbar Wohnen im Wandel der Zeit ARCHITEKTUR — STADTENTWICKLUNG 12 Planetary Urbanism oder die Stadt neu erfinden STADTENTWICKLUNG GrenzWertig Eine Projektreihe des M:AI und Hochschulen aus NRW Paul Schneider von Esleben Das Erbe der Nachkriegsmoderne ON TOUR — ARCHITEKTUR 19 Die fünfte Ansicht Zwischen Mut und Präzison ON TOUR — INGENIEURKUNST 2 Kirchenräume Zwischen Abriss und Neubau ARCHITEKTUR — STADTENTWICKLUNG Rückblick M:AI M:AI – immer vor Ort, nie am selben Vorwort Michael Groschek So ungewöhnlich, wie das nordrhein-west- für die verschiedenen Siedlungsräume und um Werkswohnungsbau genauso wie um fälische Museum für Architektur und Inge- Wohnungsmärkte zu finden und sie umzu- den genossenschaftlichen Wohnungsbau nieurkunst ist, so außergewöhnlich sind auch setzen. Der soziale Wohnungsbau ermög und die neuen Formen der Baugruppen. seine Themen und Ausstellungen. Das M:AI licht uns dabei in vielerlei Hinsicht Problem- ist aktuell. Es bezieht Position. lösungen und Gestaltungsspielräume. vom bezahlbaren Wohnen, das vor allem Deshalb freue ich mich besonders, eines zeigt: Der soziale Wohnungsbau ist Der Wohnungsmarkt hat sich in den letz- So entsteht ein neues, vielfältiges Bild ten Jahren enorm entwickelt; die Ansprüche dass das M:AI NRW in diesem Jahr als in seinem Anspruch aktueller denn je und an unsere »vier Wände« sind gewachsen. Höhe-punkt seines Programms ein Ausstel- hat sich in seiner Gestaltung längst neu Familien suchen viel Platz, Studenten brau- lungsprojekt präsentiert, das den sozialen erfunden. Ich sehe dieser Ausstellung und chen kleine, zentral gelegene Appartements, Wohnungsbau im deutschen Sprachraum den vielen anderen Projekten des M:AI ältere Menschen barrierefreien Wohnraum – in den Mittelpunkt stellt. Unter dem Titel mit Spannung entgegen und wünsche und das alles zum bezahlbaren Preis. »sozial - gefördert - bezahlbar. Wohnen dabei viel Erfolg! Politik und Verwaltung haben die Aufgabe, im Wandel der Zeit« wird die Ausstellung die Voraussetzungen zu schaffen, damit alle den Besucherinnen und Besuchern einen Personen die geeignete Wohnung und ihr interessanten und möglicherweise über- persönliches »Zuhause« finden. raschenden Einblick geben: in die Geschich- Da sich die verschiedenen Regionen te und in die aktuellen Entwicklungen des des Landes unterschiedlich entwickeln, gibt geförderten Wohnungsbaus. Dabei wird es es nicht die eine Lösung für ganz NRW. um die Siedlungsanlagen der 1920er Jahre, Es bleibt eine stetige und anspruchsvolle die Wiener Wohnhöfe, genauso gehen wie Herausforderung, die passenden Lösungen um die Trabantenstädte der 1960er Jahre, Ihr Michael Groschek Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen VORWORT MICHAEL GROSCHEK M:AI 2016 3 Architektur ausstellen Was es bedeutet, Architektur erlebbar zu machen »Architektur ausstellen«: So lautet der Inspiration für seine eigenen architekto- tigt sich auch die Publikation »Architektur Titel einer gerade erschienenen Publi- nischen Entwürfe, andererseits als Lehr- als Exponat. Gespräche über das Ausstel- kation, herausgegeben von Chris Däne stücke für seine Studenten, die er zu Hause len«, herausgegeben von Jeannette Merker und Carsten Ruhl, die mit der Geschich- unterrichtete. und Riklef Rambo. 13 Kuratoren von Archi- te der Architekturausstellungen beschäf- Der Werkbund und das Bauhaus errich- tekturmuseen, -zentren und -galerien in teten Musterbauten und ganze Siedlungen, Deutschland, Österreich und der Schweiz anschaulich, dass es sich bei »Architektur wie die Stuttgarter Weißenhof-Siedlung, berichten über ihre kuratorischen Ansät- ausstellen« nicht nur um die Präsentation, um die neue Architektur erlebbar zu ze. Dabei wird deutlich, dass sich die »klas- Analyse und Dokumentation des Gebauten machen. Und im Jahr 1980 schuf Paolo sischen« Architekturausstellungen, die mit handelt, sondern das Ausstellen selbst ist Portoghesi mit seiner »Stada Novissima« Zeichnungen, Plänen, Fotos, Modellen und als eine »Raumkunst« zu verstehen. für die erste Architekturbiennale in Venedig Text arbeiten (oft despektierlich als »Flach- tigt. Dabei erläutern die einzelnen Beiträge eine räumliche Installation, die als Initial waren-Ausstellungen« bezeichnet) beim Eines der ältesten und anschaulichsten zündung der Postmoderne betrachtet Publikum immer noch einen regen Zuspruch Beispiele ist das heutige Sir John Soane’s werden kann. finden. Denn diese machen komplexe inhalt- Museum in London. Die drei benachbarten Alle diese Beispiele zeigen deutlich: liche Zusammenhänge transparent und anschaulich. Wohnhäuser in Lincoln’s Inn Fields hatte der »Architektur ausstellen« ist stets eine Architekt zu Beginn des 19. Jahrhunderts Auseinandersetzung mit dem Maßstab, mit unendlich vielen Sammlungsstücken mit dem Fehlen einer räumlichen, körper- rischen Arbeit deuten jedoch immer stärker insbesondere antiken Architekturfragmenten lichen Erfahrung und mit der Loslösung aus auf einen inszenierten, vor allem erlebnis- ausgestattet. Sie dienten ihm einerseits als dem Kontext. Mit diesem Thema beschäf- orientierten und räumlichen Ansatz. Dahinter 4 M:AI 2016 ARCHITEKTUR AUSSTELLEN Die aktuellen Tendenzen in der kurato- steht das Bemühen der Architekturmuseen, zu bieten, sondern das Thema auch erfahr- und zu welchen Ergebnissen diese führt. sich heute mehr für ein breites Publikum bar und erlebbar zu machen? Am besten Dabei ist das M:AI mit seiner thematischen zu öffnen, die Schwelle ins Museum niedrig ein Gelände, auf dem gerade gebaut wird. Ausstellung unmittelbar vor Ort. Diese doku- zu halten. In den letzten Jahrzehnten sind Das Areal der ehemaligen Gummiwerke mentiert und analysiert das Thema und im deutschsprachigen Raum vor allem eine Clouth ist zurzeit das größte innerstädtische bildet den Hintergrund für Diskussionen mit Reihe von Architekturzentren und -galerien Entwicklungsgebiet Kölns; dort hat der Bau allen am Wohnen Beteiligten: Bewohnern, entstanden, die sich zwar dem Ausstellen eines neuen Stadtquartiers begonnen. Mehr Bauherrn, Bürgern, Politikern, Stadtplanern widmen, aber vor allem ein Forum für aktu- als 1.000 Wohnungen sollen entstehen auf und Architekten. elle Debatten in der Architektur und Stadt- der Grundlage unterschiedlicher Konzepte planung sein möchten. So verlassen manche und architektonischer Gestaltungen: vom hen von Wohnungsbau und auch dessen dieser Häuser auch den musealen Raum. Ein-familienhaus über das Reihenhaus bis Präsentation versteht das M:AI das Ausstel- Da können wir als M:AI getreu unserem zum mehrgeschossigen Wohnungsbau, privat len durchaus als räumliche und körperliche Motto sagen: Gut, dass wir schon immer wie auch frei finanziert und öffentlich geför- Erfahrung für den Besucher. Raumkunst im vor Ort sind und nie am selben. dert. Zehn Baugruppen können auf dem Ge- besten Sinne. Im Jahr 2016 zeigt das M:AI eine Aus- lände ihre Vorstellungen vom gemeinsamen stellung, die sich mit einem Thema beschäf- Wohnen realisieren, Künstler sollen Ateliers tigt, das wie kaum ein anderes alle angeht: und Wohnungen erhalten. das Wohnen – und zwar das bezahlbare In der Beobachtung und dem Verste- Die Architektur auf dem Clouth-Gelände Wohnen. Welcher Ort ist geeignet, der wird konzentriert zeigen, was die Diskussi- Ausstellung nicht nur eine schützende Hülle on zum Wohnen in NRW aktuell ausmacht 5 1 6 M:AI 2016 ARCHITEKTUR — STADTENTWICKLUNG sozial – gefördert – bezahlbar Wohnen im Wandel der Zeit Steigende Mieten und Bodenpreise, Wie kann nicht nur der stetig steigen Neue Anforderungen und Ansprüche an zunehmender Zuzug in die Innenstädte de Bedarf nach sozialem Wohnraum für das Wohnen entstehen durch gesellschaft- und veränderte Lebensvorstellungen: einkommensschwache Schichten befriedigt lichen Wandel. Dieser wird zurzeit geprägt Schon lange nicht mehr war das Thema werden, sondern auch die drängende Nach- durch eine älter werdende Gesellschaft und »Wohnungsbau« so sehr im Fokus der frage nach bezahlbarem Wohnen beantwor- die zukünftig noch umfassendere Integration öffentlichen Diskussion, auf der Agenda von tet werden, die bis weit in die Mittelschicht von Menschen mit Migrationsgeschichte. Politikern und es entwickelt sich wieder zu hineinreicht? Der in den letzten Jahren zu Hinzu kommen die sich verändernden einer herausfodernden Aufgabe für Archi- verzeichnende stärkere Zuzug in Innen- Lebensentwürfe, in deren Fokus nicht mehr tekten und Stadtplaner. städte und Ballungszentren hat die Boden- die Kleinfamilie steht. Auch die einst so preise dort explodieren lassen und mit deutlich voneinander abgegrenzten Lebens- Und das bereits vor der tagesaktuel diesen die Mieten. Ein Verdrängungskampf phasen – Kindheit, Erwerbsleben, Alter – len Diskussion um tausende von Unter- wird geführt: In den Citylagen ist es fast nur lösen sich immer mehr auf. künften für geflüchtete Menschen. Gründe noch den »Reichen« möglich zu wohnen, genug für das M:AI, sich dem Thema in einer während aus den Randlagen und länd- Ausstellung zu widmen: »sozial – gefördert lichen Gebieten Menschen wegziehen. Dort – bezahlbar. Wohnen im Wandel der Zeit« setzt sich ein Schrumpfungsprozess fort, der ist ab 3. September 2016 in Köln auf dem größeren Leerstand nach sich zieht. Beide Clouth-Gelände zu sehen. Entwicklungen führen zu einer Konzentration der Wohnungsnachfrage in den Innenstädten. 1 ab 1926 planten Wilhelm Riphahn und Caspar Maria Grod für die Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft AG (GAG) in Köln-Buchforst eine moderne Siedlung mit 578 Wohnungen. Der Name »Weiße Stadt« (1929 – 32) spiegelt die charakterisierende Idee von Licht, Hygiene und funktionaler Klarheit wider. Foto: Werner Mantz, »Weiße Stadt« (1931) / © VG Bild-Kunst, Bonn 2016 7 All das bedeutet: Der Wohnungsbau braucht neue Konzepte, veränderte Wohngrundrisse und einen anderen Flächenverbrauch. Den zunehmenden Single-Haushalten – Deutschland ist in Europa Spitzenreiter – und Kleinstfamilien steht eine wachsende Zahl von sogenannten »erweiterten Familien« gegenüber. Darin finden sich Menschen in vergleichbaren Lebenslagen zusammen, wodurch sich das Thema Wohnge2 meinschaft nicht mehr nur auf Studierende beschränkt – anders als noch in den 1970er und 1980er Jahren. Unterschiedliche Generationen oder Menschen mit verschiedenen Lebensstilen wünschen sich gemeinschaftliches Wohnen in vertrauten Nachbarschaften, um sich gegenseitig im Alltag zu unterstützen. Gemeinschaftlich genutzte Räume und Flächen – insbesondere außerhalb der Wohnung – sind mit Blick auf die knappe Ressource »Boden« kein Thema mehr von gestern. Das städtische Quartier und die 3 Siedlung erleben eine Renaissance. Dabei findet eine immer stärkere Mischung statt: 8 M:AI 2016 ARCHITEKTUR — STADTENTWICKLUNG von Wohnen und Arbeiten, aber auch von Und sie verstanden diese Siedlungen nicht lungen mit ihren oft großzügigen Freiflächen Bildung und Freizeitgestaltung. nur als einen wichtigen Beitrag zur Stad- schlummern jedoch Potenziale für lebendige tentwicklung, sondern auch zum Aufbau Quartiere, die heutigen Wohn- und Lebens- einer gerechteren Gesellschaft. bedürfnissen angepasst werden können. Neue Lebensmodelle und gesellschaftliche Veränderung wirken nicht nur auf Besonders einschneidend für die aktu- Wohnkonzepte, sondern auch auf die politischen Rahmenbedingungen. Wohnen ist Diese neuen Standards wurden nach dem elle Situation des sozialen Wohnungsbaus ein Grundbedürfnis und daher ist die Wohn- Zweiten Weltkrieg in Westdeutschland unter war Ende der 1990er Jahre der Rückzug der raumvorsorge für sozial schwache Bevölke- dem Druck des Wiederaufbaus und der Politik aus der kommunalen Wohnungsfür- rungsschichten seit der Weimarer Republik großen Zahl von Geflüchteten und Vertrie- sorge durch die Privatisierung der Wohn- eine Aufgabe des Staates. benen aus dem Osten – annähernd zehn baugesellschaften. Gab es Mitte der 1980er Millionen Menschen – vielfach reduziert. Jahre in Deutschland noch rund vier Millio- Die Weimarer Verfassung von 1919 regel- Die Folgen sind bis heute in den Nach- nen Sozialwohnungen, so sind es heute nur te in §155 erstmals den Anspruch auf kriegssiedlungen zu spüren. In den 1960er noch zirka 1,5 Millionen. Jährlich fallen fast Wohnraum. In diesem Zuge entstanden die und 1970er Jahren entstanden unter dem 130.000 Wohnungen aus der Sozialbindung; kommunalen Wohnbaugesellschaften, die Schlagwort »Kultur durch Dichte« mono- das bedeutet, dass der Bestand im sozialen die Aufgabe des Massenwohnungsbaus funktionale Trabantenstädte auf der grünen Wohnbau weiter abnimmt. Das wiegen auch übernahmen. Sie bauten zwischen den Wiese. Oft ohne ausreichende Anbindung an die rund 11.000 pro Jahr neugebauten beiden Weltkriegen die vorbildlichen Sozial- die Stadtzentren waren diese Anlagen reine Sozialwohnungen nicht auf. siedlungen in Frankfurt a.M., Berlin und Köln »Schlafstätten« mit wenigen Geschäften, sowie die städtischen Wohnhöfe im »roten Schulen und Kindergärten. Diese Großwohn- Wien«. Erstmals nahmen Architekten sich siedlungen sind in den letzten Jahrzehnten des Massenwohnungsbaus an mit neuen durch Sanierungsstau und eine schwache Grundrissen, standardisierten Bauelemen- soziale Mischung der Bewohner vielfach zu ten und gemeinschaftlichen Bereichen. Problemvierteln geworden. In diesen Sied- 2+3 Planen, Modelle entwerfen, Ideen umsetzen: Arbeitsschritte auf dem Weg zum Wohnen am Beispiel des Clouth-Geländes in Köln. Fotos: Christian Wendling 9 Angesichts der aktuellen Situation und der großen Nachfrage dürfte sich dies ändern, weil auch die Politik versucht, die Rahmenbedingungen an die erwartete Entwicklung anzupassen. Dabei geht es nicht nur um eine Belebung des sozialen und kommunal geförderten Wohnungsbaus. In den letzten Jahren sind eine Vielzahl neuer Modelle erdacht und erfolgreich ausprobiert worden: In der Schweiz zum Beispiel bauen Genossenschaften große Wohnprojekte. An anderer Stelle schließen sich private Bauherren zu Baugruppen zusammen – Berlin ist zurzeit 4 ein Eldorado dafür. Das ermöglicht nicht nur Wohneigentum, sondern auch archi- Nach einer Studie des Eduard Prestel Jahrzehnte lang galt der Massenwoh- tektonische Lösungen, die den individuellen Institutes in Hannover aus dem Jahr 2012 nungsbau in Deutschland als nicht mehr Bedürfnissen und Lebensstilen entsprechen. liegt der Gesamtbedarf an Sozialwoh- lukrativ; ob für private Bauherren, Bauträger Auch die Verbindung von Stiftungszielen und nungen bei 5,65 Millionen. Dieser Bedarf und private wie auch kommunale Wohnbau- genossenschaftlichen Anteilen lässt neue kann zurzeit nur zu 30 Prozent durch gesellschaften. Als Gründe gelten das knap- Wohnmodelle entstehen. den Bestand gedeckt werden. Bei dieser pe Bauland mit hohen Erschließungskosten Berechnung wurden die vielen Flüchtlinge, sowie die weiter steigenden Anforderungen die langfristig bleiben werden, noch nicht durch die Baustandards, insbesondere auch Gelände in Köln. Links ist eine der historischen Fabrikhal- berücksichtigt. mit Blick auf die Nachhaltigkeit der Gebäude. Foto: Christian Wendling 10 M:AI 2016 ARCHITEKTUR — STADTENTWICKLUNG 4 Baugruppen besichtigen im Sommer 2015 das Clouthlen zu sehen, die auf dem Areal erhalten geblieben sind. Es stellt sich mittlerweile die Frage, ob Der kurze Einblick zeigt, wie komplex städtische Baugrundstücke zukünftig nicht das Thema des bezahlbaren Wohnens ist: immer nur an den Meistbietenden zu verge- Gesellschaftlicher Wandel trifft auf neue ben sind, sondern ob Erbpacht auf der Basis Lebenskonzepte und -stile; daneben beein- eines guten sozialen Konzepts nicht auch ein flussen politische und wirtschaftliche Weg sein kann. Eine größere Identifikation Rahmenbedingungen entscheidend das Wie mit der Immobilie könnte so entstehen - des Wohnens. Eine Ausstellung zu diesem auch im Sinne der Nachhaltigkeit. Thema erlaubt daher keine einfachen Antworten, noch erklärt sie sich mit einer Ein gutes Beispiel zeigt sich in Wien: Die Reihe von Best-Practice-Beispielen. Kommune bevorratet sich seit mehr als hundert Jahren Grundstücke für den geför- Das M:AI möchte die Komplexität des derten Wohnungsbau, so dass das Wohnen Wohnungsbaus verständlich und anschaulich Gummiwerke Clouth – etwa 15 Fußballfelder in der Stadt nicht zur Spielwiese von machen. Dabei ist ein Blick in die Geschich- groß – hat der Bau eines neuen Stadtquar- privaten Interessen wird. Die Städte Köln, te hilfreich, denn viele der aktuellen Ansätze tiers begonnen. Wie unter einem Brennglas München und Hamburg haben gerade sind nicht neu und greifen auf Erfahrungen ist dort in den nächsten Jahren genau das beschlossen, in Neubaugebieten oder der Vergangenheit zurück. zu beobachten, was aktuell in NRW für das sanierten Quartieren neben freifinanziertem Der andere Blick auf das Thema Wohnen Wohnen diskutiert und erprobt wird. mittels einer Prozentregelung auch geför- richtet sich in die Zukunft. Daher wird das derten Wohnungsbau einzufordern. Und in M:AI seine Ausstellung in Köln in einer der Das M:AI begibt sich mit seiner Ausstellung Frankfurt a.M. finden sich im städtischen historischen Fabrikhallen auf dem Clouth- mitten ins Geschehen, was die Ausstellung Mietwohnungsbau sowohl freifinanzierter Gelände zeigen: das zurzeit größte inner- in einen historischen und aktuellen Kontext als auch sozial geförderter Wohnraum wort- städtische Entwicklungsgebiet im Süden der setzt – Wohnen ist draußen zu beobachten wörtlich Tür an Tür auf dem gleichen Flur. Domstadt. Auf dem Gelände der ehemaligen und innen zu diskutieren. 11 Planetary Urbanism oder die Stadt neu erfinden Vom 17. bis zum 20. Oktober 2016 findet lung zusammengefasst und präsentiert. Die größten zivilisatorischen Leistungen eine im peruanischen Quito die dritte UN- Ausstellung soll zunächst auf der Habitat- besondere Rolle – damals wie heute. Denn Habitat-Konferenz statt. Habitat III Konferenz in Quito zu sehen sein, im Jahr dort in der urbanen Dichte verstärken sich beschäftigt sich mit Fragen des Wohnens 2017 in NRW und danach weltweit in den Probleme, gleichzeitig sind Städte aber und einer nachhaltigen städtischen Goethe-Instituten. Entwicklung: »Third United Nations Die weltweite Verstädterung – mittler- Conference on Housing and Sustainable weile lebt mehr als die Hälfte der Welt Urban Development«. UN-Habitat ist seit bevölkerung in Städten – hat große Auswir- 1975 das Wohn- und Siedlungsprogramm kungen auf Mensch und Umwelt. Die der Vereinten Nationen. Urbanisierung ist gekoppelt an die rasant fortschreitende Globalisierung, die einen Im Vorfeld der Tagung hat die Zeitschrift Austausch von Waren, Rohstoffen, Ressour- ARCH+ mit Unterstützung des Auswärti- cen, Ideen und Weltanschauungen ermög- gen Amtes der Bundesrepublik einen inter licht. Sie geht aber auch einher mit immer nationalen Wettbewerb veranstaltet: engeren Verflechtungen von politischen, »Planetary Urbanism – Critique of the ökonomischen, aber auch ökologischen Present in the Medium of Information Systemen. Kriege, Naturkatastrophen und Design.« Eine Auswahl der 125 Einrei- wirtschaftliche Ungleichheiten führen zu chungen aus 32 Ländern wird in Zusam- Migration von Menschen rund um den menarbeit mit dem M:AI in einer Ausstel- Globus. Dabei spielen Städte als eine der 12 M:AI 2016 STADTENTWICKLUNG auch die Keimzellen für Lösungen und neue südlichen Halbkugel und den historischen Ansätze, um gesellschaftliche Herausfor- Städten der westlichen Welt? derungen zu meistern. Die Teilnehmer des Die enorme Flut an Fakten, Daten und Infor- Wettbewerbs waren aufgefordert, einzelne mationen haben die internationalen Teilneh- Fragestellungen und Zusammenhänge des mer in sehr vielfältigen Bildsprachen umge- globalen Urbanisierungsprozesses zu erar- setzt und sie erlauben so einen – teilweise beiten, mit Datenmaterial zu belegen und erschreckenden, aber auch faszinierenden die Analyse grafisch und bildlich zu veran- – Einblick in die globalen Wechselwirkungen schaulichen. der Verstädterung. Dabei sollten sie sich von folgenden Fragen Weitere Informationen: archplus.net leiten lassen: —— Was sind die charakteristischen Merkmale des Verstädterungsprozesses im planetarischen Maßstab? —— Wie lässt sich die soziale Lebenswirk lichkeit in den Städten in ihrer Wider sprüchlichkeit beschreiben? Beitrag »Information Overload« aus —— Welches sind die zentralen Unterschiede »Planetary Urbanism – Critique of the zwischen den neuen Megacities auf der Dhaka (Bangladesch) zum Wettbewerb Present in the Medium of Information Design«. © ARCH+ 13 Freiraum gestalten nrw.landschaftsarchitektur.preis 2016 Solarfelder und der Anbau von Bioenergie Am Beispiel des Klimawandels zeigt sich, Je nachdem wie sich das Verständnis von pflanzen verändern Umweltflächen. wie Teile von Landschaften als »systemrele- und der Umgang mit Landschaft verän- Verkehrs- und Stromtrassen zerschneiden vante Raumerzeuger« betrachtet werden. So dern, erweitern sich auch die gesellschaft- Landschaftsräume. Wachsende Städte hat etwa die sogenannte »Grüne Infrastruk- lich formulierten Aufgabenstellungen für erzeugen eine Nachfrage nach freiem tur« inzwischen eine eigenständige wichtige die Landschaftsarchitekten: von der Gestal- Raum. Derzeit wird auf viele Weisen die Bedeutung erhalten. Sie beinhaltet Maßnah- tungsaufgabe hin zur Analyse, Planung und vorhandene Infrastruktur unter großen men wie Deichbau zum Hochwasserschutz, Entwicklung von Räumen, die zeitgleich Anstrengungen sich verändernden Erwar- zur Integration von Verkehrs- und Energie- mehrere Funktionen erfüllen sollen. Land- tungen angepasst, sogar ganze Systeme systemen genauso wie die Entwicklung von schaftsarchitekten sehen sich neuen Inter werden dabei umgebaut. Immer neue Stadtgrün und die Konzeption von Gesund- essen und Erwartungen gegenüber, die sich Anforderungen richten sich an die Gestal- heits- und Freizeitlandschaften. Ein Blick in Großprojekten der Landschaftsgestal- tung von sogenannten »Freiräumen«. auf die Landkarte genügt, um zu verstehen, tung zeigen, aber auch in kleinteilig erschei- Aber gibt es überhaupt noch freie Räume dass das Thema nicht ohne Grund auf euro- nenden Entwürfen zum Gartenbau. Sie in Deutschland? Sind nicht freie Flächen päischer, nationaler und regionaler Ebene bilden sich in regionalen Strategien ab wie bereits mit vielerlei Funktionen belegt? immer bedeutsamer wird. auch in privaten Bauträgerschaften. Weitere Informationen: bdlanw.bdla.de 14 M:AI 2016 LANDSCHAFTSGESTALTUNG Zum sechsten Mal sind Architekten des Bundes Deutscher Landschaftsarchitekten in NRW aufgerufen worden, ihre Beiträge und Projekte zum »nrw.landschaftsarchitektur.preis« einzureichen. Prämiert werden Projekte, die sich durch eine besondere Auseinandersetzung mit der Landschaftsge- 2 staltung in Nordrhein-Westfalen auszeichnen. Auch in diesem Jahr wird eine Ausstellung die Beiträge zusammenfassen, um die unterschiedlichen Einreichungen abzubilden. Allgemein verständlich aufgearbeitet, spiegelt die Ausstellung den aktuellen Stand der Landschaftsarchitektur in NRW wider. Planung und Realisierungen stehen im Fokus des Formats. Gezeigt werden aber auch die Menschen und Büros, die hinter diesen Prozessen stehen und sich mit den aktuellen Fragen des Umgangs mit Landschaft 1 auseinandersetzen. 1+2 Ausstellung anlässlich des NRW Landschafts architekturpreises im Technischen Rathaus in Köln im Jahr 2014. Fotos: M:AI 15 GrenzWertig Eine Projektreihe des M:AI und Hochschulen aus NRW Architekt und Stadtplaner, stellt euch vor, zessen häufig auf fachfremde Entschei- Angebot für Studierende, um die Kommuni- eure Entwürfe sind spannend und richtig! der. Andererseits werden immer häufiger kation als selbstverständliches Element der Allerdings versteht sie niemand. Mediations- und Moderationsaufgaben in eigenen Tätigkeit zu begreifen und zu prak- komplexen Zusammenhängen als Aufga- tizieren. Die Studierenden werden zu Beginn Diese Diskrepanz zeigt zeigt: Das Berufs- ben von Architekten und Planern angesehen eines Entwurfsseminars aufgefordert, über bild des Architekten verlangt längst mehr als und gefordert – ja geradezu vorausgesetzt. die individuelle Ideenentwicklung hinaus nur einen reizvollen Entwurf. Vielmehr sind Die Fähigkeit zur Kommunikation ist Grund bis zu einer Gemeinschaftspräsentation der genaue Analyse, verlässliche Organisation, voraussetzung für diesen Beruf. Resultate zu denken, mit dem Ziel: eine inte- sichere Planung und verbindliche Umset- Architekten benötigen fachliche und ressierte Öffentlichkeit zu erreichen. Es steht zung gefragt. Hinzu kommt, dass für Absol- soziale Kompetenz, aber ebenso müssen ihnen dabei frei, welches Veranstaltungs- venten der Architektur und Stadtplanung die sie architekturbezogene Inhalte allgemein oder Präsentationsformat sie einsetzen. Vermittlungsfrage ihrer Entwürfe und Ideen verständlich formulieren. Sie brauchen immer bedeutender wird: Wie kommuni- die Fähigkeit, die fachfremden Gegenüber projekt konzipiert; das Seminar entwickeln ziere ich mein Schaffen, meine Ideen und vom eigenen Ansatz zu überzeugen. Wie und begleiten alle projektbeteiligten Partner meine Position gegenüber Auftraggebern, aber mache ich eine Architektur-Position zusammen. Pro Jahr wird dazu eine Semi- Bauherren oder auch Personen, deren anschaulich sichtbar und nachvollziehbar? naraufgabe unter dem Titel »GrenzWertig« Profession nichts mit Architektur und Stadt- Mit wem muss ich wie kommunizieren? gestellt. Für dieses Jahr erarbeiten die Studierenden das Projekt im Sommerseme- planung zu tun hat? Architekten treffen einerseits in Arbeits-, Ausschreibungs- und Wettbewerbspro16 »GrenzWertig« ist als Gemeinschafts In Partnerschaft mit Hochschulen in NRW ster 2016 und präsentieren ihre Ergebnisse entwickelt das M:AI mit »GrenzWertig« ein zum Abschluss. M:AI 2016 ARCHITEKTURKOMMUNIKATION — STADTENTWICKLUNG 1+2 Studierende während des Aufbaus der M:AI-Ausstellung »Positionen Schweizer Architekten« im StadtBauRaum in Gelsenkirchen im Oktober 2015. Fotos: M:AI – Timo Klippstein 1 An dem Gemeinschaftsprojekt beteiligen sich zurzeit die Hochschulen RWTH Aachen, TH Köln, FH Dortmund sowie die Alanus Hochschule. 2 17 Paul Schneider von Esleben Das Erbe der Nachkriegsmoderne Die Ausstellung zeigt historische Foto- Die Ausstellung zu Paul Schneider von Anlässlich des 100. Geburtstags von PSE Esleben - Werk, Marke und Mensch - hatte sich das M:AI Mitte 2015 mit einer grafien, Pläne und Zeichnungen sowie Film- macht Station in Wuppertal und Hamburg. Ausstellung in Düsseldorf seinem Werk dokumente zu Schneider von Eslebens Werk gewidmet. 2016 folgen zwei weitere Stati- und auch das von ihm entworfene Mobiliar. Als eine »Architekturgeschichte im Kleinen«, onen. Den Anfang macht Wuppertal vom In Video-Interviews mit noch lebenden Bau- beschrieb Architekturtheorethiker Heinrich 21. Januar bis zum 24. Februar. Mit gutem herren und ehemaligen Mitarbeitern wird Klotz die Bauwerke von Paul Schneider Grund: Der Architekt hat das dortige Spar- der Architekt aus unterschiedlichen Blick von Esleben (PSE). Dieser zählt zu den kassenhochhaus entworfen und von 1969 winkeln anschaulich für die Besucher bedeutenden, international anerkannten bis 1973 umgesetzt. Noch heute ist es mit porträtiert. Architekten, die die Nachkriegsarchitektur seiner Hängekonstruktion, die zum Bau des Westdeutschlands geprägt haben. Offen Hochhauses von oben nach unten führte, gegenüber den zeitgenössischen Strömungen ein markanter Blickfang im Stadtbild. der internationalen Moderne, zeugt sein Die dritte Station der Esleben-Ausstel- Schaffen sowohl von der Auseinanderset- lung ist Hamburg, wo PSE eine Gewerbe- zung mit dem rationalistischen Ansatz von schule baute und zehn Jahre lang einen Mies van der Rohe als auch mit dem plasti- Lehrauftrag an der Vorläuferin der heutigen schen Werk Le Corbusiers. HafenCity Universität Hamburg (HCU) innehatte. An der HCU wird dann im April / Mai 2016 die Ausstellung gezeigt. 18 M:AI 2016 ARCHITEKTUR — ON TOUR Die fünfte Ansicht Zwischen Mut und Präzision Imposante Dächer von innovativen Denkern – die Ausstellung »Die fünfte Ansicht« über die Konstruktionen von Ingenieuren wandert nach München. Die Ausstellung »Die fünfte Ansicht« bekommt ein neues Zuhause: Nachdem das M:AI im Jahr 2014 die innovative Leistung 1 Das Olympia-Gelände in München von Ingenieuren und ihre Konstruktionen mit seiner charakteristischen Dach von Dächern, Gewölben und Kuppeln konstruktion nach Plänen von präsentiert hat, ist die Ausstellung von 27. Architekturbildarchiv, Thomas Robbin Günter Behnisch und Frei Otto. Foto: Oktober bis 27. November 2016 im Oskar von Miller Forum in München zu sehen. Mut und Experimentierfreude zeich- leicht und beschwingt wirkt es noch heute. aktuelle Bauaufgaben. Besonders markant Insgesamt 18 historische und 20 aktuelle verdeutlicht dies die gläserne, stützenfreie neten die Arbeiten der frühen Baumei- Projekte zeigt die Ausstellung. Dazu gehört Nur-Dach-Halle der Messe Leipzig – als ster aus. Heute geht es bei der Suche nach auch das Dachsuperlativ überhaupt – das ab Gitterschale mit außen liegenden Stabilisie- neuen Formen, insbesondere den freige- 114 n. Chr. gebaute Pantheon in Rom. Es ist rungsbögen. formten, um deren präzise Berechnung. das älteste Beispiel in der Ausstellung, und Zu den wegweisenden Konstruktionen zählt mehr als 1.700 Jahre war seine Kuppel die das Dach des Münchener Olympiastadions – größte der Welt. Gezeigt werden aber auch Weitere Informationen: oskarvonmillerforum.de INGENIEURKUNST — ON TOUR M:AI 2016 19 Kunst und Bau wird Baukunst Wer würde bestreiten, dass die Verbin- Auseinandersetzung an die Oberfläche, von Objekte« in NRW. Unter mai-nrw.de dung von Kunst und Architektur sowie spannungsgeladenen Orten und von atem- präsentiert das Museum ab 2016 aktuelle von künstlerischem Ansatz und Baupro- beraubenden Formen, von Räumen und Beispiele, aber auch herausragende histo- zess immer ein Experiment ist? Wer würde Materialbezügen. Die Kunst und das Bauen rische Gebäudeensembles, die für wegwei- bestreiten, dass viele dieser Experimente befruchten sich auf besonderem Wege sende »Kunst am Bau-Projekte« stehen. zu nachhaltiger Baukunst in Nordrhein- gegenseitig – Baukunst wird sichtbar. Westfalen geführt haben? Leider führt das Thema in Nordrhein- Dabei werden jeweils die architektonische Westfalen mittlerweile ein Nischendasein. Perspektive und der künstlerische Ansatz Das Musiktheater im Revier von Werner Und dies, obwohl »Kunst und Bau« als eines gleichberechtigt betrachtet. Interviews Ruhnau mit Yves Klein und vielen anderen; der baupolitischen Ziele des Landes Auftrag mit Künstlern, Architekten und Bauherren die Parkhausfassade des Justizzentrums in genug sein müsste, Projekte dieser Art zu beleuchten aktuelle Entwicklungen in Kunst Aachen von Rémy Zaugg; oder auch Gereon fördern. Obwohl Architektur- und Kunst- und Architektur; Baubeteiligte zeigen darü- Krebber und sein »limp« – eine zweiteilige geschichte klar aufzeigen, wie nachhaltig ber hinaus, in welchen Prozessen Künstler, Skulptur, die 2016 in Gebäuden des Gesund- Resultate der Baukunst wirklich sind und Architekten und Bauherren heute zueinan- heitscampus in Bochum vorgestellt werden wie sehr Architekten, Künstler, Bauherren der finden können, um Kunst und Bauen wird: Dies alles sind Beispiele für gelungene und letztendlich auch die Betrachter von zusammenzuführen. Projektdaten und Infor- Baukultur. Die Liste interessanter Gemein- diesen Auseinandersetzungen profitieren mationen zu möglichen Besichtigungen der schaftsobjekte könnte noch lange fortge- konnten und können. Baukunst ergänzen die Online-Sammlung. schrieben werden. Dabei kämen immer Das M:AI möchte deshalb aufmerksam neue Formen von Zusammenarbeit und machen auf interessante »Kunst und Bau- 20 M:AI 2016 ARCHITEKTUR — KUNST Weiter ist geplant, Webangebote zum Thema zukünftig so zu verknüpfen, dass ein Überblick der Aktivitäten zu Kunst und Bau in Deutschland ermöglicht wird. Ziel ist es, der Strahlkraft und der Bedeutung dieser in NRW immer seltener praktizierten Ausein andersetzung mit Baukunst mehr Ausdruck zu verleihen. 1 Das Wandrelief aus dem Jahr 2010 des 1 Kölner Künstlers Peter Zimmermann. Es schmückt das Amts- und Landgericht Düsseldorf und besteht aus zirka 100 Tropfen, die zwischen zehn und 180 Zentimeter groß sind. Die Tropfen aus Hartschaumkern wurden mit Harz überzogen. Foto: Holger Knauf 21 Kirchenräume Seit Jahren schreitet die Schließung von Kirchengebäuden und ihrer Gemeindezentren fort. Das Landesdenkmalamt Nordrhein-Westfalen hatte Ende 2013 einen Gesamtbestand von zirka 6.000 Kirchen im Land ermittelt. Davon könnten nach einer Berechnung von Architekt und Theologe Jörg Beste rund 1.500 von Umnutzung oder gar Abriss bedroht sein. Vor diesem Hintergrund mutet die Tatsache fast anachronistisch an, dass dennoch Kirchen neu gebaut werden, und dass Architekten den Bau einer Kirche immer noch als eine Wunsch-Bauaufgabe nennen. Diese sich anscheinend widersprechenden Tendenzen bieten Anlass zur Auseinandersetzung mit dem Thema und fließen in die Ausstellung ein, die das M:AI für das Jahr 2017 zur Kirchenarchitektur in NRW plant. 1 22 M:AI 2016 ARCHITEKTUR — STADTENTWICKLUNG Zwischen Abriss und Neubau Beispiele für Kirchenneubauten gibt es viele. sind schließlich immer Lichträume«, so der Besonders der Bau von Moscheen in einer So hat der Bund Deutscher Architekten österreichische Architekt Wolf D. Prix von zeitgenössischen Architektursprache wird NRW gerade die Immanuelkirche in Köln- Coop Himmelb(l)au. Architekten und die Gesellschaft in den Stammheim der Berliner Architekten Sauer- nächsten Jahren herausfordern. Dafür ist Zu den Kirchenneubauten der vergan bruch Hutton mit dem »Architekturpreis genen Jahre in NRW zählt auch ein Gemein- sicherlich auch mehr Mut und Offenheit NRW 2015« ausgezeichnet. Diese dient der dezentrum, in dessen Mittelpunkt der gefragt, wenn es um die Frage nach reli Gemeinde als Veranstaltungs- und Versamm- Kirchenraum die ungewöhnliche Form eines giöser Umnutzung von christlichen Kirchen lungsort. Die Gebäude sind in einer einfachen gespannten Bogens annimmt. Nach Plänen gebäuden geht. Holzkonstruktion ausgeführt und der karge, seines Vaters Heinz Bienefeld vollendete meditative Innenraum lebt von der aus Nikolaus Bienefeld im Jahr 2003 für den farbigen Holzlamellen bestehenden Altar- Kölner Stadtteil Blumenberg dieses Bauwerk. wand, die ein Oberlicht indirekt beleuchtet. Einen anderen Beleg für den Neubau von Kirchengebäude faszinieren vor allem Kirchen liefert Paul Böhm mit der 2001 durch ihre Innenräume. Bei kaum einer entstandenen Kirche St. Theodor in anderen Bauaufgabe wird so deutlich, was Höhenberg / Vingst. Architektur ist: Raumkunst. Dabei arbeiten Die Gestaltung sakraler Räume umfasst Architekten seit alters her mit dem schwie- dabei auch Synagogen genauso wie rigsten Baumaterial: dem Licht. Schon Moscheen. In diesem Zusammenhang sollte die gotischen Baumeister verstanden die der Hinweis auf den Bau der großen Immaterialität des Lichts als ein sichtbares Moschee in Köln seit 2008 nicht fehlen – Zeichen des Göttlichen. »Kirchenbauten ebenfalls nach Entwürfen von Paul Böhm. 2 1 Die Immanuelkirche in Köln-Stammheim, Innenansicht des Altarraums. Foto: Annette Kisling 2 Blick auf die Altarwand der Kirche. Foto: Christa Hastedt 23 Rückblick 24 M:AI 2016 RÜCKBLICK M:AI – immer vor Ort, nie am selben Das M:AI Museum für Architektur und Inge- und Landschaftsplaner etwas Wegweisendes nieurkunst NRW widmet sich seit dem Jahr hinterlassen haben oder weil Bau- und 2005 aktuellen baukulturellen Themen. Es Kulturdenkmäler vom Abriss bedroht sind hat zwar sein Büro in Gelsenkirchen, aber und dies heftig diskutiert wird. kein festes Ausstellungsgebäude. Diese Form Für jedes Thema entwickelt das M:AI ein eines mobilen Museums ist weltweit einzig- eigenes, passendes Präsentationsdesign. Oft artig. So ist das M:AI in ganz Nordrhein- finden die Ausstellungen in Gebäuden statt, Westfalen, aber auch über die Landes- die einen direkten Bezug zu den Ausstel- grenzen hinaus unterwegs – mit seinen lungen haben – und das Ausstellungsge- Ausstellungen und Begleitveranstaltungen. bäude wird so selbst zum anschaulichsten Immer dort, wo Architektur und Ingenieur- und größten Exponat. Und auch wenn das kunst zum Thema werden sollen: weil ein M:AI dauernd unterwegs ist, hat es dennoch Gebäude besonders beispielhaft ist und sich einen festen, ständig geöffneten Ausstel- Menschen darin wohl fühlen, weil bedeu- lungsort: mai-nrw.de. tende Architekten, Ingenieure sowie Stadt- 26 M:AI IMMER VOR ORT, NIE AM SELBEN Die Projekte des M:AI sind Teil der Landesinitiative StadtBau-Kultur NRW 2020. Das M:AI NRW ist eingetragenes Mitglied beim Kulturrat NRW sowie bei icam international confederation of architectural museums. mai-nrw.de UND INGENIEURKUNST NRW Leithestr. 33 45886 Gelsenkirchen T +49 209 92578-0 F +49 209 92578-25 [email protected] facebook.com/mai.nrw instagram.com/m_ai_nrw gefördert durch mai-nrw.de DESERVE Berlin – deserve.de M:AI MUSEUM FÜR ARCHITEKTUR
© Copyright 2025 ExpyDoc