Fest verankert

editorial
Fest verankert
Beim Gespräch mit Buchhändlern aus anderen Ländern kam es
an den Tag: Die für uns ganz selbstverständliche Fülle an
­Formaten und Motiven ist gar nicht so selbstverständlich. Schon im
übrigen Europa ist das Angebot deutlich dünner.
Dass Deutschland ein besonders üppiges Kalenderangebot hat, mag
zum einen daran liegen, dass Kalender hierzulande Tradition haben:
Der seit 1700 vertriebene »Hundertjährige Kalender«, die seit Anfang
des 19. Jahrhunderts präsenten Volkskalender wie der »Lahrer Hinkende Bote« und Johann Peter Hebels »Rheinländischer Hausfreund« haben erfreuliche Absatzzahlen, die durch die Rückbesinnung auf Bodenständiges sogar anziehen. Kalender vermittelten sprachlich leicht verständlich und in kleinen Dosierungen Bildung und waren früher
entsprechend angesehen. Die Grundhaltung »ein Kalender gehört im
Haushalt irgendwo dazu« hat sich bis heute gehalten.
Wenn Feuerwehrmänner mit
Sixpacks und Hundewelpen posieren,
ist ihnen die Aufmerksamkeit sicher.
© Werner Gabriel
Zum anderen gilt es selbst bei Jüngeren – ungeachtet der Tatsache,
dass Termine in digitale Kalender eingetragen werden und jede dritte
Stadtverwaltung ihren Abfallkalender aufs Smartphone schickt – als
geradezu schick, einen smarten Taschenkalender zu zücken, um sich
vom E-Timer-Nutzer abzuheben. Was bei manchen auch daran liegen
mag, dass ihre überbordende Terminfülle in Papierform besser sichtbar
ist ... Die Umsätze der Kalenderverlage sind nach Durchsicht der
­Remissionen jedenfalls stabil.
Zudem liefern Kalender unendlich viele Anregungen. Bastelkalender haben Hochkonjunktur, Vereine bessern zum Jubiläum ihre Kasse mit Chronik-Fotokalendern auf oder nutzen sie als PR-Instrument: Da ­posieren
Feuerwehrmänner mit stahlharten Sixpacks mit putzigen Hundewelpen
und lassen den Kalendererlös einem Kinderkrankenhaus zukommen – die
Aufmerksamkeit ist ihnen sicher. Was Kalender alles in der Buchhandlung
können, wie Emotionen gelenkt und Kaufbedürfnisse geweckt werden,
welche Novitäten Ihre Beachtung verdienen: Das Spezial zeigt Ihnen
­sehenswerte Ausschnitte aus der eingangs beschriebenen Fülle.
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