srt-Wissenswertes1

Präventive und rehabilitative Aspekte im alpinen Skirennlauf
Dr. Christian. T. Haas, S. Turbanski, Prof. Dr. D. Schmidtbleicher
Institut für Sportwissenschaften J.W. Goethe-Universität Frankfurt am Main
Im alpinen Skilauf stellt das Kniegelenk eine der verletzungsanfälligsten anatomischen
Segmente dar. Im touristischen Skilauf entfallen 20 bis 30 % aller Verletzung auf diese
Struktur. Im alpinen Rennlauf erleiden rund 1/3 der Athleten des Weltcups mindestens einmal
in ihrer Karriere eine Kreuzbandruptur. Neben der leistungssportlichen Zwangspause - im
Durchschnitt dauert es 9 Monate bis wieder in das Renngeschehen eingegriffen werden kann sind vor allem längerfristige Aktivierungsdefizite und damit zusammenhängende
Knieinstabilitäten als problematisch zu betrachten.
Da die Ursachen einer Kreuzbandruptur multifaktoriell geprägt sind, müssen auch
unterschiedliche Aspekte im Rahmen der Prävention und Rehabilitation berücksichtigt
werden. Neben technischen Modifikationen im Bereich des Ski- Schuh- und Bindungssystems
erscheint vor allem die sensomotorische Leistungsfähigkeit des Athleten bedeutsam zu sein.
Damit diese Eigenschaft protektiv wirksam sein kann, bedarf es der Abstimmung der
Trainingsreize an die jeweiligen kritischen Anforderungssituationen im alpinen Skirennlauf.
Biomechanische Labor- und Feldanalysen zeigen allerdings, dass häufig eine hohe Divergenz
zwischen den realen Anforderungssituationen im Rennlauf und der vermeintlich präventiv
wirksamen Trainingübung besteht. Spektralanalytische Betrachtungen des beständig
praktizierten Einbeinstandes auf einem Therapiekreisel weisen einen dominanten Peak bei 2
Hz auf, d.h. es steht ein relativ langes Zeitfenster von 500 ms für neuromuskuläre Aktionen
zur Verfügung welches entsprechende Adaptationen mit sich bringt. Gefährdende Situationen
weisen demgegenüber einen ballistischen Verlauf auf, so dass protektive neuromuskuläre
Aktionen in einem Zeitraum von weniger als 200 ms erfolgen müssen, um grenzwertige
Kraftspitzen zu vermeiden.
Ein weiterer kritischer Aspekt betrifft den Grad der Antizipierbarkeit motorischer
Anforderungssituationen. Gefährdende Situationen sind per se durch eine geringe
Antizipierbarkeit gekennzeichnet, d.h. die Trainingssituation muss möglichst variabel und
wenig antizipierbar sein, um protektive wirksam werden zu können. Die Kinematik von
verschiedenen häufig eingesetzten Trainingsübungen lässt sich allerdings bereits durch die
Überlagerung weniger Sinusschwingungen simulieren, was einer hohen Antizipierbarkeit
entspricht und somit nur begrenzt protektives Potential beinhaltet.
Als Alternative zu klassischen Trainingsübungen bietet sich ein Training auf der Basis
randomisierter mechanischer Ganzkörperschwingungen an, dass sowohl die zeitlichen
Anforderungssituationen berücksichtigt als auch eine hochfrequente Variabilität und somit
eine geringe Antizipierbarkeit beinhaltet. Biodynamische und elektromyographische
Analysen mit verschiedenen Spitzenathleten bestätigen die theoretischen Erwägungen.