Editorial - Randnotizen

AKTUELL
(Auszüge aus unserer aktuellen Spielplanbroschüre Sommer 2016)
Editorial - Was uns am Herzen liegt
Liebe Theaterbesucher,
haben Sie schon mal bemerkt, dass Flüsse riechen? Jeder Fluss hat
seinen eigenen Geruch. Jetzt, um diese Zeit des frühen Sommers,
kann man das deutlich wahrnehmen. Die Oder riecht stark nach einem Gemisch von Seetang, Fisch, Algen, Erde, Meer und noch vielem
mehr – würzig, frisch, sommerlich... Überzeugen Sie sich einfach mal.
Ich versuche Sie immer wieder zu ermuntern, das Oderbruch zu besuchen. Nehmen Sie sich Zeit, am besten ein ganzes Wochenende.
Frau Sylvia Blome vom Schlafplatz am Rand wird Ihnen sicher bei
der Übernachtungsauswahl behilflich sein www.theateramrand.de/
info/uebernachtungen. Interessante Hinweise über das Oderbruch
erhalten Sie z.B. auch über die sehr zu empfehlende Website www.
oderbruchpavillon.de. Und man kann unser Theater sogar direkt über
den Wasserweg erreichen. Neulich kamen Theaterbesucher mit dem
Boot, quasi bis vor die Tür. Die Anlegestelle befindet sich am alten
Hafen in Zollbrücke. Auf den meisten brandenburgischen Binnengewässern können Sie bis 5 PS führerscheinfrei fahren.
Seit kurzem gibt es schon ein neues Logo für das Theater. Wir arbeiten
fleißig an einem Corporate Design, gemeinsam mit 2 jungen Leuten
aus Berlin. Nachdem sich um das wachsende Theater herum immer
neue Bereiche und Nebenstätten entwickelt haben, gilt es diese nun
nach außen auch in ihrer Gesamtheit darzustellen. Damit verbunden
ist demnächst auch eine neue Website, die alle einzelnen Teilbereiche
des Theaters miteinander verknüpfen soll.
Mit den Jahren ist auch der Stamm unserer MitarbeiterInnen gewachsen. So gibt es seit ca. einem Jahr einen technischen Direktor, der
sämtliche baulichen, sicherheits- und wartungstechnischen Belange
betreut, was eine große Entlastung für mich bedeutet. So kann ich
wieder mehr Zeit für die künstlerische Arbeit finden. Ebenfalls gibt
es neue MitarbeiterInnen im Büro, welche für die Werbung, die Programmgestaltung, die Betreuung der Facebookseite oder der Randthemen tätig sind.
So sind wir also ständig bemüht, den zu klein gewordenen Rahmen
zu erneuern und die Struktur unseren Vorstellungen anzupassen.
Dabei muss natürlich auch ein bestimmtes Augenmerk auf die wirtschaftliche Seite, also die Finanzen gerichtet sein. Das Theater am
Rand finanziert sich schon immer ausnahmslos aus den Austritten.
Wir bekommen keine Unterstützungen und sind auch kein subventioniertes Theater. Selbstverständlich wissen wir die Freiheiten zu
schätzen, von keiner Förderbehörde und deren Launen abhängig zu
sein. Kunst muss frei sein. Auch dieses ist eine praktizierte Besonderheit unseres Hauses, nunmehr seit 18 Jahren.
Um weiterhin unserem wirtschaftlichen Konzept treu bleiben zu
können, wollen wir in nächster Zeit einige Ergänzungen in unserem
„Eintritt bei Austritt“-System vornehmen. Wir erachten es als sinnvoll, Ihnen präzisere Anhaltspunkte in Form eines empfohlenen Austrittspreises zu geben. Im Programm und auch im Tagesaushang im
Theater finden Sie eine von uns empfohlene Summe für ihr Austrittsgeld. Diesen von uns errechneten Betrag benötigen wir, um kostendeckend zu arbeiten. Diese Empfehlung sollte Ihnen somit als Erleichterung dienen, die Höhe Ihres Austrittsgeldes festzulegen. Wie bisher
bestimmen Sie natürlich selbst, wie viel Sie dann letztendlich zahlen.
Wenn Sie sich um die Zukunft des Theaters sorgen, dann können Sie
dieser empfohlenen Summe gern noch etwas hinzufügen. Für einzelne Veranstaltungen werden wir eine Sonderreglung nutzen. Das
werden insbesondere Veranstaltungen sein, die durch die Anzahl der
Mitwirkenden (Orchester, Chöre, spezielle Gäste o.ä.) erhöhte Kosten
aufwerfen. Um solche besonders aufwendigen Veranstaltungen oder
Produktionen weiterhin durchführen zu können, müssen wir auch
diese kostendeckend gestalten. Für diese Art von Ausnahmeveranstaltungen wird es also einen festen Austritt bei Eintritt geben. Diesen
entnehmen Sie dann dem Spielplan.
Zur letzten großen baulichen Errungenschaft gehört unser Restaurant, die Randwirtschaft. Dieser wunderbare Ort wird vor und nach
den Vorstellungen schon freudig genutzt. Die Öffnungszeiten und die
aktuellen Menüs finden Sie direkt auf www.randwirtschaft.de.
Liebe Theaterbesucher, der Sommer steht vor der Tür, das Land erblüht, die Bienen schwärmen aus... Noch ist nicht klar, ob das hart
umstrittene Mittel Round up von Monsanto mit dem gesund-
heitsschädlichen Glyphosat eine weitere Zulassung bekommt. Die
Bewertungsergebnisse durch Behörden wie das BFR sind nicht nur
blamabel, sondern skandalös. Sie stellen, gemessen an ihrer Verantwortung, ein strafbares Delikt dar, denke ich. Wir sollten gegenüber
solchen Verfahrensweisen wachsam sein. Mir fällt dazu das Lied von
Reinhard Mey ein: „Sei wachsam“, zu finden auf www.youtube.com/
watch?v=BVpnrTkQqTI.
Derweil gibt es in der Gemeinde Oderaue kräftige Auseinandersetzungen über die Frage Windkraft oder nicht. Die Regionale Planungsgemeinschaft hat auch im aktuellen Planungsentwurf in Oderaue kein geeignetes Windeignungsgebiet ausgewiesen. Dagegen plant ein Investor
mit Unterstützung einiger Landeigentümer und der Zustimmung des
Oderauer Gemeinderates zu klagen, um hier einen Windpark errichten
zu können. Die Windmühlen sollen eine Nabenhöhe von 140 m haben,
also 40 m höher als der Kölner Dom. Die Mehrheit der Einwohner von
Oderaue steht nicht hinter diesem höchst fragwürdigen Vorgehen, wie
eine Unterschriftenaktion nun belegt. Die Verbauung der Landschaft,
um private Gewinne zu erzielen, ist ein streitbarer Punkt. Jene, die
von diesen Windrädern aber auch Einnahmen für die Gemeindekasse
erhoffen, verkennen, dass dadurch selten Gewinne für die Gemeinden
generiert werden können, da die Betreiber der Windparks alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen, Abschreibungen, Verkäufe, Gewinne und
Dividenden so auszulagern oder zu transferieren, dass die Gemeinden
dabei leer ausgehen. Es sei denn, es werden andere Eigentums- und Betriebsformen gewählt wie z.B. ein Bürgerwindpark. Dieses ist allerdings
in Oderaue leider nicht im Geringsten erkennbar.
In der nächsten Spielzeit bereiten wir zwei neue Inszenierungen vor.
Die Premieren sind im Juli und August. Lesen Sie dazu gern Ausführlicheres in Thomas Rühmanns Randnotizen.
Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Sommer
Ihr Tobias Morgenstern
Randnotizen
Briefwechsel zwischen Mo (Morgenstern) und Rü (Rühmann) anlässlich der Premieren „Adressat Unbekannt“ und „Ein ganzes Leben“
Hallo Rü, hab es beim Abendessen in einem Zug durchgelesen, quasi
aufgefressen, jeder Brief ein Schlag, und noch einer bis zum Atemstillstand. Bin auf deine Gedanken gespannt...
Hallo Mo, ich konnte das Telegramm im Roman erst nicht deuten.
Dann hat man den nächsten Brief an den „lieben Freund Martin“ gelesen und auf einmal, ganz langsam kroch es von ganz tief unten hoch,
jetzt gehts los. So eine Atemlosigkeit beim Lesen hab ich noch nie erlebt. Wie kriegen wir die in die Inszenierung? Wir sollten es unbedingt
machen...
Hallo Rü, aber zwei Männer als Martin und Max auf der
Bühne geht nicht. Es darf nicht psychologisiert sein. Keine Identifizierung. Zwei Meinungen, die durch uns alle gehen. Eine hohe Kunstform
ist nötig, sonst wird es Betroffenheitstheater. Das macht den Grundvorgang klein.
Hallo Mo, alles findet in den Köpfen statt, wie beim Lesen. Da ist man
ganz mit sich allein. Und die Bilder entstehen. Deshalb ein Sprecher. Ein
Musiker.
Hallo Rü, ich erzeuge mit wenigen Tönen die Stille und das Alleinsein
mit dem Buch.
Hallo Mo, wir trennen ADRESSAT UNBEKANNT und EIN GANZES
LEBEN. Zwei Abende. Beide spielen im 20. Jahrhundert. Manches Jahr
überschneidet sich.
Hallo Rü, beide sind das 21. Jahrhundert und das danach. Ich sehe das
ganz aktuell. Wenn schon damals das Leben so simpel totalitär geregelt
und gemaßregelt werden konnte, dann genügt doch heute eine kleine
Stellschraube und das Ganze kippt...
Hallo Mo, es endet schwärzer als die Nacht. Wollen wir das so stehen
lassen? Muss nicht ein Licht her. Es geht doch um die Lebenskraft, die
durch alle Zeiten geht. EIN GANZES LEBEN handelt davon. Ein Mann,
der hinkt, wenig spricht, aber Seilbahnen baut. Das Leben des Andreas
Egger. Ein Gebirgsstück. Im flachen Oderbruch. Wo sonst?
Hallo Rü, einverstanden. Ich habe da eine Idee...