Reicenberger Zeitung - Sudetendeutsche Landsmannschaft

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Sudetendeutsche Zeitung
Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung
155. Jahrgang
HEIMATBOTE
Jahrgang 68 | Folge 18 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 6. Mai 2016
VOLKSBOTE
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B 6543
� Tomáš Holub in Pilsen zum Bischof geweiht
Lebendiges und versöhntes Miteinander
Für Pilsen war es eine Premiere:
Zum ersten Mal wurde in der dortigen Sankt-Bartholomäus-Kathedrale mit Monsignore Tomáš
Holub ein Bischof geweiht. Der
erste Bischof der 1993 gegründeten westböhmischen Diözese,
Monsignore František Radkovský, wechselte damals bereits als
Prager Weihbischof nach Pilsen.
Die Bischofsweihe nahm der
Prager Erzbischof Dominik Kardinal Duka mit dem Regensburger Partnerbischof Rudolf Voderholzer und Holubs Amtsvorgänger Radkovský vor.
A
uch aus Deutschland waren
zahlreiche Gäste zu diesem
bedeutenden Ereignis angereist,
unter ihnen eine große Delegation der Ackermann-Gemeinde –
gibt es doch zahlreiche Verbindungen in das westböhmische
Bistum und zum neuen Bischof.
Der Bundesvorsitzende der Akkermann-Gemeinde,
Martin
Kastler, überbrachte die besten
Glück- und Segenswünsche. Das
Bistum Pilsen/Plzeň stehe in besonderer Weise für das deutschtschechische Miteinander, betonte er. Daher bestünden seit
der Gründung enge und freundschaftliche Kontakte. Neben der
langen Grenze zu Deutschland
sei es auch die gemeinsame Geschichte, die das Bistum Pilsen
mit seinem westlichen Nachbarn
verbinde, so Kastler. „Viele Wallfahrtsorte sind gerade auch Deutschen mit biographischen und familiären Wurzeln in dieser Region wichtig. Sie wurden mit ihren
traditionellen Wallfahrten zu Or-
Der Prager Erzbischof Dominik Kardinal Duka OP, Primas der Katholischen Kirche in der Tschechischen Republik, weiht Monsignore Dr. Tomás Holub zum Bischof von Pilsen. Rechts: Holub mit
dem sudetendeutschen Bischof der Partnerdiözese Regensburg, Professor Dr. Rudolf Voderholzer.
Bilder: Roman Albrecht, Marek Novák/Clovek a Vira
ten der Begegnung und zu Orten
wichtiger Zeichen der Versöhnung.“
Kastler hob in seinem Grußwort die offizielle Diözesanpartnerschaft mit Regensburg, die
von der dortigen Ackermann-Gemeinde aktiv mitgetragen wird,
und die partnerschaftlichen Beziehungen der Freiburger Ackermann-Gemeinde nach Pilsen be-
sonders hervor. Zudem unterhält
auch der Diözesanverband Würzburg Verbindungen in das Bistum, unter anderem zum Wallfahrtsort Maria Stock/Skoky.
Nach der Weihe kam die Delegation der Ackermann-Gemeinde
mit Vertretern dieser Diözesanverbände sowie der Sdružení Akkermann-Gemeinde mit Bischof
Tomáš Holub zu einer freund-
schaftlichen Begegnung zusammen.
Holub hatte sich bereits als
Generalsekretär der Tschechischen Bischofskonferenz für die
deutsch-tschechische
Zusammenarbeit eingesetzt. „Sie haben stets deutlich gemacht, daß
Sie in der Begegnung mit deutschen Christen eine gegenseitige Bereicherung und Stärkung,
Herzliche Begegnung des neuen Bischofs Tomáš Holub mit Vertretern der Ackermann-Gemeinde, an ihrer Spitze der Bundesvorsitzende Martin Kastler.
ja einen Austausch der Gaben sehen“, betonte Kastler. Er machte für die Ackermann-Gemeinde
deutlich, daß er sich auf die weitere Zusammenarbeit mit Bischof
Holub freue. Zugleich versicherte er seine Bereitschaft, mit ihm
einen Beitrag für ein enges, lebendiges und versöhntes Miteinander von Tschechen und Deutschen in der Mitte Europas zu gewährleisten?
Kastler würdigte auch Holubs
Amtsvorgänger František Radkovský für dessen Dienst an der
deutsch-tschechischen Verständigung und Versöhnung: „Als
Ackermann-Gemeinde
haben
wir unsere große Wertschätzung
ihnen gegenüber durch die Verleihung unserer Versöhnungsmedaille beim großen deutschtschechischen
Bundestreffen
von Ackermann-Gemeinde und
Sdružení Ackermann-Gemeinde hier in Pilsen im Jahre 2009
zum Ausdruck gebracht.“ Er
freue sich, daß Radkovský beim
anstehenden Sudetendeutschen
Tag das Pfingsthochamt mitfeiern und die Grüße der tschechischen Kirche überbringen werde.
Hauptzelebrant in Nürnberg ist
Bischof Rudolf Voderholzer.
Bischof Tomáš Holub wurde
am 16. August 1967 in Jermer/
Jaroměř bei Königgrätz/Hradec
Králové geboren. Die Priesterweihe empfing er am 28. August
1993 in Königgrätz. Zuvor hatte
er von 1985 bis 1989 an der Theologischen Fakultät in Leitmeritz/Litoměřice und von 1990 bis
1991 an der Universität Salzburg
Theologie studiert. Das Studium
schloß er 1993 an der Karls-Universität in Prag ab. Nach seiner
Priesterweihe war er zunächst Kaplan in Kuttenberg/Kutná Hora
und Spiritual im dortigen kirchlichen Gymnasium. Danach wurde
er Erster Militärkaplan und später der Hauptkaplan der tschechischen Armee.
Sein Studium setze Holub von
2007 bis 2008 an der päpstlichen
Lateran-Universität in Rom, am
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� Miloš Zeman und Andrej Babiš
Droht jetzt eine neue populistische Allianz?
Allmählich wird in der Tschechischen Republik die Koalition
der Populisten sichtbar.
D
er Milliardär, Finanzminister und Vizepremier Andrej
Babiš empfängt den Staatspräsidenten Miloš Zeman auf seiner
Farm „Storchenest“. Der Präsident nimmt kleine Kinder mit,
angeblich um die Organisation zu
unterstützen, die Klokánek (kleines Känguruh) heißt und sich um
kleine Kinder kümmert. Der nette Onkel Andrej Babiš gibt der
Organisation eine große Spende, die jedoch seine finanziellen
Verhältnisse nicht ins Ungleich-
gewicht stürzt. Seine Bewegung
ANO fußt übrigens ebenfalls auf
der finanziellen Großzügigkeit
ihres Schöpfers und Chefs. Beide Politiker besuchen dann einen
Zoo auf dem Farmgelände, es
wird über Känguruhs gewitzelt
und alles von den Medien begleitet. Nach der Untersuchung
der Rechtmäßigkeit des Einsatzes von EU-Mitteln zum Bau des
Storchenests (Ý SdZ 12/2016)
gefragt, warnt der Präsident vor
Vorverurteilungen und rät, das
Ergebnis der Untersuchung abzuwarten.
In einem anderen Fall hat Zeman jedoch nicht die Unter-
suchung unabhängiger Stellen abgewartet: Es ging um
das Verhalten der Polizei beim
Staatsbesuch seines chinesischen Amtskollegen Xi Jinping
(Ý SdZ 14 ff./2016). Diese Untersuchung hatte gerade erst begonnen, und trotzdem zeichnete er auf der Prager Burg Polizisten für ihre „fehlerfreie Arbeit“
aus. „Der Staat bin ich“, hieß es
vor mehr als 200 Jahren aus dem
Munde des französischen Königs
Ludwig XIV. Zeman hat so den
Polizeieinsatz beim Staatsbesuch
des chinesischen Staats- und Parteichefs kommentiert und die Polizei exkulpiert.
Über jenen Polizeieinsatz gibt
es jedoch immer mehr Belege,
daß die Polizisten nicht fehlerfrei
handelten. Die Freunde Zeman
und Babiš dürfen anscheinend alles, auch mal so, mal so sprechen.
Und ein Einbruch ihrer Präferenzen ist nicht sichtbar.
Welche Argumente wirken
nun in der Tschechischen Republik? Immer mehr Menschen sagen, vor 1989 sei es ihnen besser
gegangen, immer mehr akzeptieren antiwestliche, antieuropäische und prorussische Positionen. Dabei sind diese eher mit
niedrigerer Bildung und höherem
Alter verbunden. Und aus die-
sem Reservoir schöpft der Staatspräsident, und für diese Gruppe
spricht er auch. Sehr interessant
ist dabei, daß die junge Generation diese Positionen mehrheitlich nicht teilt – auch wenn es
gelingt, Gruppen von jungen
Schlägern bei den Versammlungen mit dem Präsidenten einzusetzen. Die jungen Gegner der
populistischen Regierungsweise
gehen dann oft für das Land verloren, weil sie – im Unterschied
zu ihren Eltern – gebildet sind,
Fremdsprachen
beherrschen
und im Ausland ihre mit Demokratie- und Rechtsstaatsdefiziten regierte und verwaltete Hei-
mat vergessen können. Vor allem
den trinkenden und rauchenden
Präsidenten Zeman und den ehemaligen kommunistischen Wirtschaftsmanager Babiš.
Andere sind jedoch in der Situation und in dem Land gefangen und empfinden eine Bewunderung für jene, die die eigene Vergangenheit vor 1989 nicht
schlechtmachen. Wer sich an die
westdeutsche Nachkriegszeit erinnert, kennt den Satz: „Es hat
üble Sachen gegeben, aber er hat
doch die Autobahnen gebaut.“
Das streichelt jene, die meinen,
Nachdenken sei schmerzhaft.
Jaroslav Šonka