www.neueenergie.net Nr. 05 / Mai 2016 H 11507 6,80 Senvion 3.4M140 Eco Blade Control Optimal für Schwachwindstandorte Klimakontrolle aus dem All Kritik am EEG-Entwurf Terrorziel AKW 05 Die Senvion 3.4M140 Eco Blade Control (EBC) ist mit 140 m Rotordurchmesser, 25 Jahren Betriebslaufzeit und einem sehr geringen Schallleistungspegel optimal für Schwachwindstandorte. Mit dem effizienten aero-akustisch-optimierten 68 m Blatt können hohe Erträge bei sehr geringem Schallleistungspegel erreicht werden. Die neue Anlagengeneration Eco Blade Control steht für mehr sauberen und bezahlbaren Strom aus Windenergie im Netz. Klimabeobachtung via Satellit | Umfrage zum EEG 2016 | Rotorblätter | Agora Energiewende 2016 Es geht ums Ganze www.senvion.com/gmbh Umschlag_ne1605.indd 1 28.04.16 12:55 jetzt auch als ePaper ePaper: e Kostenlose Leseprob untergrie.net www.neueene Holen Sie sich die Energiewende auf Tablet, Smartphone oder Laptop. www.andesee.de Werden Sie nachhaltiger, helfen Sie Papier sparen: Abonnenten und Mitglieder des BWE können kostenlos von der Print-Ausgabe zum ePaper wechseln. Interessiert Sie dieses Angebot? Dann schicken Sie uns eine Mail an epaper@neueenergie. net mit Ihrer Abo-/ Mitgliedsnummer. Der Wechsel kann auch wieder rückgängig gemacht werden. Abo online bestellen: www.neueenergie.net/abo 008-011_ne1604-EP_News.indd 8 23.03.16 16:08 Editorial Kauder-welsch Erinnern Sie sich noch an die Zeit, als das EEG nur alle vier Jahre einmal angepasst wurde? Man wollte damit am Standort Deutschland Investitionssicherheit für den Ausbau der erneuerbaren Energien gewährleisten. Das hat gut funktioniert – auf diese Weise ist eine neue Industrie mit 350 000 Mitarbeitern entstanden. Mittlerweile gibt es jährlich gesetzliche Änderungen. Manche sind in ihren Auswirkungen ökonomisch nicht absehbar, wie etwa der Paragraf 24 im EEG. Was allerdings mit der derzeitigen Novelle geplant ist, ist an Reformeifer kaum zu schlagen. Nicht nur der große Systemwechsel von Einspeisevergütungen zu Ausschreibungen steht an. Zusätzlich werden alle Parameter der gesetzlichen Handhabung gleichzeitig verändert – neue Höchstpreisregelung, neuer variabler Zubaukorridor, neues Referenzertragsmodell, neue Korrekturfaktoren, neuer Nabenhöhenindex, und vieles mehr. Wir alle haben mal gelernt, dass man nur einen Parameter ändern sollte, wenn man noch geeignete Rückschlüsse aus den Ergebnissen ziehen will. Ansonsten kann man leicht die Übersicht verlieren. Der ehemalige Umweltminister Klaus Töpfer hat Recht, wenn er die verlorene Investitionssicherheit in Deutschland kritisiert. Längst ist dieses Thema auch bei den Kreditinstituten angekommen, wie Sie in einem Interview mit Hartmut Kluge von der Bremer Landesbank nachlesen können (Seite 61). Schon der Entwurf zum EEG aus dem Bundeswirtschaftsministerium hat die Branchen kalt er wischt. Die Briefe von einigen Unionsabgeordneten und nun auch noch von Volker Kauder hinterlassen zudem den Eindruck, der Abbau der Energiewende könne ihnen gar nicht schnell genug gehen. Liebe Leser, was wir hier erleben, kommt einer Demontage gleich, nicht nur der Energiewende, sondern auch der Kanzlerin. Wir sind in der ganz großen Politik angekommen. Erinnern wir uns: 2010 beschlossen Union und FDP noch die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. Ganz sicher gegen den Willen der Mehrheit der Deutschen. Mit dem Atomunglück von Fukushima bot sich der Kanzlerin plötzlich die Chance, diese undemokratische, rückwärtsgewandte Entscheidung der Koalition rückgängig zu machen. Sie handelte schnell, in den Krisenwochen nach Fukushima konnte sich niemand in Deutschland öffentlich für Atomkonzerne einsetzen. Der Coup gelang, die Kanzlerin bewies Courage und hohe moralische Glaubwürdigkeit. Richtig ist auch: Sie hat sich damals viele Gegner geschaffen. Auch in der Koalition. Nicht wenige wollen jetzt die Entscheidungen aus den Wochen nach Fukushima wieder zurückdrehen und halten den Moment für günstig, denn die Flüchtlingskrise hat die Kanzlerin angreifbar gemacht. Ich sage, der Atomausstieg ist unumkehrbar, die Energiewende ist richtig, ökonomisch und klimapolitisch. Eine große Mehrheit der Deutschen will die Energiewende weiterhin bürgernah, dezentral und mittelständisch, mit hoher Wertschöpfung in Deutschland und seinen ländlichen Räumen. Mit dem derzeitigen EEG-Entwurf wäre Deutschland hingegen das erste Land, das den in Paris verhandelten und jüngst in New York unterzeichneten Weltklimavertrag bricht. Die Folgen wären unabsehbar. Für das Klima, für Deutschland, für unsere moderne neue Industrielandschaft – und für die Bundeskanzlerin. Wir sollten Angela Merkel Mut machen, gerade nach den schwierigen Monaten der Flüchtlingsdebatte, zum richtigen Weg zurückzukehren. Das gemeinsame Ziel ist, den Weltklimavertrag zu erfüllen. Dafür muss der Ausbau von Wind-, Solar- und Bioenergie beschleunigt werden. Gelingt dies, wäre es ein Erfolg für alle, für die junge dynamische Erneuerbaren-Branche, für die deutsche Volkswirtschaft – und für jene Frau, die nach Fukushima aus wohl tiefer persönlicher Betroffenheit heraus eine historische Wende in der deutschen Energiepolitik eingeleitet hat. Lassen Sie uns gemeinsam das große übergeordnete klimapolitische Ziel mit den geeigneten energiepolitischen Mitteln verfolgen. Für diese Überzeugung werden wir auch auf die Straße gehen! Nachgefragt: Terrorziel Atomkraftwerk? Seite 10 Umfrage: Windkraftbetreiber und das neue EEG. Seite 22 Strategiefrage: Schweiz sucht Energiemix. Seite 66 Mit stürmischen Grüßen Hermann Albers BWE-Präsident neue energie 05/2016 003_ne1605-Editorial.indd 3 3 27.04.16 14:29 30 Blick in die Zukunft: Satellitengestützte Prognosen zu Klima und Wetter helfen, den Klimawandel zu überwachen und bessere Standorte für Erneuerbaren-Parks zu finden. ENERGIEPOLITIK WISSEN 3 |Editorial 29 | News 8 |News TITEL 10 | „Es wird immer Lücken geben, die Attentäter nutzen können“ Das Copernicus-Programm läuft auf Hochtouren: Satellitendaten helfen, den Klimawandel zu über- …sagt der Atomsicherheitsexperte Wolfgang wachen, der Netzausbau und die Wahl von Anlagen Renneberg. standorten werden optimiert. Zudem profitieren 16 | Kolumne: Einen neuen Politikansatz Stromhändler. … braucht es laut Manfred Fischedick für die Dekarbonisierung. 52 | Recht: Flächensicherung qua Vorbescheid? Sebastian Willmann (k:wer) zum Wettlauf um 22 | Umfrage von neue energie Standorte. Wie sehen Windkraftbetreiber ihre Zukunft nach der EEG-Novelle? 46 | Wind: Zeit, dass sich was dreht Entwickler suchen das Rotorblatt der Zukunft. 20 | EEG 2016: Etwas Eigenlob und viel Kritik Gesammelte Statements zum Referentenentwurf. 30 | Es geht ums Ganze 54 | Wind: Mehr Kontrolle Neue Condition-Monitoring-Systeme sollen Schäden präziser vorhersagen. 59 | Branchenbarometer 4 Titel: NASA / Goddard Space Flight Center / Reto Stöckli [M], Fotos: ESA / ATG medialab, Paul-Langrock.de, Stiftung Mercator / Alex Büttner neue energie 05/2016 004-005_ne1605-Inhalt.indd 4 27.04.16 16:39 Inhalt 46 72 Flexibel, leicht, intelligent: Industrie und Wissenschaft forschen an neuen Rotorblättern. neue energie wird auf 100% Recyclingpapier ohne Chlorbleiche gedruckt. WIRTSCHAFT Einflussreicher Akteur: Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. MACHER 60 | News 70 | News 61 | „Die Weltformel stellt die größte Gefahr für die 72 | Die Strukturierer Windbranche dar“ Wie funktioniert der erfolgreiche Thinktank Agora …sagt Hartmut Kluge von der Bremer Landesbank. 64 | Kolumne ECOreporter: Energiewende? Sind Wind-Aktien noch empfehlenswert? Finanzexperte Jörg Weber über die Folgen der Regierungspolitik. INTERNATIONAL Kultur & Service 6 | Bild des Monats 19 | Leserbriefe 28 | Termine 65 | News 78 | Stellenmarkt 66 | Am Energiewendepunkt 81 | Firmenverzeichnis Die Schweizer entscheiden demnächst über Atomkraft und Erneuerbare. 97 | Impressum / BWE-Adressen 98 | Rückblick und Ausblick SIE MELDEN M UNSERE SICH ZU N A TTER NEWSLE UNTER: www.neueenergie.net Beilagen in diesem Heft: BWE-Service. Ein Teil von neue energie enthält die Sonderseiten „BWE intern“. neue energie 05/2016 004-005_ne1605-Inhalt.indd 5 5 27.04.16 16:40 ENERGIEPOLITIK _EEG-Novelle 2016 Umfrage So sehen Betreiber und Projektierer ihre künftigen Chancen am Markt Wir haben bei Betroffenen der Windbranche nachgefragt, was das EEG 2016 nach derzeitigem Stand für sie bedeuten würde. Hinweis: Da es bislang keinen Wert für eine Mindest-Ausschreibungsmenge gibt, haben wir bei Frage 1 den nach wie vor geltenden Ausbaudeckel angesetzt. Die tatsächlich ausgeschriebene Menge könnte deutlich darunter liegen. 22 1 ie schätzen Sie Ihre Chancen W ein, bei einer jährlichen Ausschreibungsmenge von 2500 MW (netto) einen Zuschlag zu erhalten? 2 Wie wird sich die Finanzierung von Projekten verändern? 3 Welche Auswirkung hat die Entwicklung für Ihr Geschäftsmodell? neue energie 05/2016 020-027_ne1605-EP_EEG Umfrage.indd 22 27.04.16 19:06 ENERGIEPOLITIK _EEG-Novelle 2016 MASCHINENHAUS zu 1. In einem fairen Wettbewerb mit pro- zu 1. Für uns als Hersteller sind die jektbezogenen Kalkulationen glau- Chancen immer noch recht gut, da ben wir uns noch gut aufgestellt. Das ent- 2500 MW netto ja einem langjährigen Mittel scheidende Risiko sehen wir im Bieterver- entsprechen und daher unser Marktanteil halten der Wettbewerber. Kommt es zu stra- erhalten bleiben dürfte. Problematisch ist tegischen Gebotsabgaben zum Beispiel von eher, dass mittelfristig unsere Hauptkun- Akteuren mit Endverbraucher-Zugang oder den, die kleineren Planer, unter Druck kom- zu Geboten, die in erster Linie dazu dienen, men und Marktanteile an große Konzerne den Markt zu bereinigen, dann sind wir verlieren werden. Letztere sind aber bisher chancenlos. nicht so unsere Kunden wie der „Windmittelstand“ und die Bürgergesellschaften. zu 2. Ja, die Finanzierung muss sich anpassen. Wir brauchen längere Lauf- zu 2. Es wird für kleinere Planer schwie- zeiten des Fremdkapitals. Der Risiko-Faktor riger, bis zur Vergabe der Zuschlä- des Eigenkapitals erhöht sich in jedem Fall ge zu finanzieren. Erschwerend kommt der deutlich. Steigt der zurzeit sehr niedrige Paragraf 24 EEG hinzu, der schon jetzt dazu Zins für Anleihen mit langen Laufzeiten um führt, dass vermehrt Klauseln auftauchen, zwei Prozent (Fremdkapitalanteil von 80 die schnellere Rückzahlungen erfordern. Prozent), fällt die Eigenkapitalrendite mit Für Projekte an guten Standorten sind das acht Prozent. Das ist dramatisch. gewisse Einbußen, für schwächere Projekte INSTANDSETZUNG Ruth BrandSchock, Enercon WARTUNG Horst Leithoff, Grenzstrom Bürgerwind VERBESSERUNG STEUERUNG wird es grundsätzlich eng. ten werden sich in ihrer Zusam- zu 3. ROTORBLATT TURM OFFSHORE SERVICES OFFSHORE CONSULTING SICHERHEIT REPOWERING Unsere BürgerenergiegesellschafWir müssen uns verstärkt darum mensetzung verändern. Eine Beteiligung bemühen, dass wir unseren lang- konnte sich bislang durch das Investment jährigen Kunden bei der Projektentwicklung refinanzieren. Kapitaldienst plus ein kleiner soweit helfen können, dass sie auch im Aus- Gewinn für sich selbst und eine bescheidene schreibungssystem überhaupt im Markt Vermögensbildung waren möglich. Wir er- bleiben und weiter Projekte planen. Stärker warten für die Zukunft eine deutliche Kon- unter Druck kommen sicher Einzelplaner zentration der Beteiligungen auf die ohnehin wie Landwirte. Hier fürchten wir, dass die- schon wohlhabenden Bürger. Das Bürger- ser Kundenstamm sich aus dem Markt zu- projekt wird zum Anlageobjekt. Wir selbst rückziehen wird. INSPEKTION zu 3. ÖLSERVICE ONSHORE CONSULTING UMSPANNWERKE wissen noch nicht, ob wir jedem Bürger un- Fotos: Silke Reents, privat serer Gemeinde eine Beteiligung noch empfehlen können. Die Verunsicherung ist groß. FUNDAMENT Kompletter Service aus einer Hand neue energie 05/2016 020-027_ne1605-EP_EEG Umfrage.indd 23 23 deutsche-windtechnik.com 27.04.16 19:06 ENERGIEPOLITIK _EEG-Novelle 2016 1 Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein, bei einer jährlichen Ausschreibungsmenge von 2500 MW (netto) einen Zuschlag zu erhalten? Thorsten Ebert, Städtische Werke Kassel 2 Wie wird sich die Finanzierung von Projekten verändern? Das Risikoentgelt für Projektentwickler wird bungsmenge. Dadurch, dass WPD nahezu zwingend steigen müssen, wodurch sich die flächendeckend in Deutschland Projekte Beteiligungsperspektiven für Energiegenos- entwickelt, können wir auf sich ändernde senschaften und Kommunen deutlich ver- Korrekturfaktoren oder Bundeslandquoten ringern. flexibel reagieren. Wir werden auch weiterhin den Ansatz verfolgen, einen Teil der Projekte komplett selbst zu entwickeln und bei anderen Projekten Kooperationen mit lokal verankerten Partnern einzugehen. Insofern wird sich das grundlegende Geschäftsmodell der WPD nicht ändern, aber wir werden in vielen Bereichen Anpassungen vorneh- zu 1. In Nordhessen sehen wir eine abregelungsarme Region, die jedoch Hartmut Brösamle, WPD aufgrund der aktuellen Vorschläge zur EEG- men müssen. Novelle nur geringe Chancen auf nennenswerte Ausschreibungsmengen hat. Für einen deutschlandweiten Windenergieausbau sehen wir hier dringenden Handlungsbedarf, um den Ausbau der Windenergie nicht im „Flaschenhals“ der norddeutschen Netz zu 1. Mit dem Systemwechsel zu Aus- engpässe stecken zu lassen. Wenn das Aus- schreibungen müssen und werden schreibungsverfahren diese Faktoren aus- wir zurechtkommen, auch wenn hier einige blendet, sehen wir wenig Chancen, einen neue Herausforderungen auf uns zukom- Zuschlag zu erhalten. Die Referenzertrags- men, die die Planung und Umsetzung von kurve ist deshalb anzupassen. Eine zusätzli- Projekten erschweren. Der Umfang der von che Erhöhung der Ausschreibungsmenge WPD zukünftig umgesetzten Projekte wird Bernd Kiermeier, Ostwind würde die Vergabechancen zusätzlich ver- allerdings stark vom jährlichen Ausschrei- bessern. bungsvolumen abhängen, das für die ganze zu 1. Wir halten es bei wirtschaftlich gut Branche der zentrale Punkt für eine weiter- aufgestellten Projekten und ent- zu 2. Im Fall eines Projektzuschlags zu hin positive Entwicklung sein wird. sprechend sorgfältiger Projektentwicklung durchaus für machbar und möglich, dann angemessenen Vergütungen im Rahmen der Ausschreibung sehen wir keine zu 2. Die Finanzierung von Windprojekten auch einen Zuschlag zu erhalten. Allerdings größeren Finanzierungsveränderungen, so- wird sicherlich anspruchsvoller wird erst die Praxis zeigen, worauf es bei werden. Hierzu wird neben dem Ausschrei- Ausschreibungen für Windenergie an Land bungsverfahren mit voraussichtlich niedri- langfristig wirklich ankommt. fern sich das Zinsniveau nicht erhöht. Die Risikostruktur verschlechtert geren Projektrenditen und damit höheren sich für eine Projektentwicklung Risiken auch Paragraf 51 (Verringerung des maßgeblich durch die Präqualifikation durch Zahlungsanspruchs bei negativen Preisen) eine vorliegende BImSchG-Genehmigung. beitragen. zu 3. Die Akteursvielfalt mit der wir bisher in enger Kooperation mit Bürgerenergiegenos- zu 2. Eine Vorfinanzierung von Wind-Projekten in der Entwicklungsphase war schon bisher schwierig bis unmöglich. Daran wird sich nichts ändern. Nach der zu 3. Wir setzen nach wie vor auf BImSchG-Genehmigung und dem Zuschlag senschaften unsere Windprojekte betreiben, Deutschland als wichtigen Heimat- für ein Projekt sollte die weitere Finanzie- führt zu einer hohen Akzeptanz, ist aber markt. Bedingung hierfür ist jedoch eine rung aber auch zukünftig kein Problem durch die Ausschreibung stark gefährdet. ausreichend hohe (Mindest-)Ausschrei- sein. 24 neue energie 05/2016 020-027_ne1605-EP_EEG Umfrage.indd 24 27.04.16 19:06 ENERGIEPOLITIK _EEG-Novelle 2016 3 Welche Auswirkung hat die Entwicklung für Ihr Geschäftsmodell? zu 3. Ostwind wird sich mehr als bisher auf Standorte ab 70 Prozent Refe- renzertrag konzentrieren, wie sie eher in der Mitte und im Norden Deutschlands zu finden sind. Strategische Partnerschaften können helfen, die besonderen Herausforderungen eines Ausschreibungsverfahrens zu meistern. TEURE FOLGESCHÄDEN? KENNE ICH NICHT. Akkreditiert als Inspektionsstelle nach DIN EN ISO/IEC 17020 seit 2010 Alexander Koffka, Abo Wind ZUSTANDSORIENTIERTE PRÜFUNG ... Vermeidung teurer Folgeschäden Maximaler Versicherungsschutz im Schadensfall Minimierte Ausfallzeiten zu 1. Die Zuschlagswahrscheinlichkeit Inklusive Schwingungsanalysen des Triebstrangs wird von der spezifischen Kostenstruktur der Projekte abhängen. Abo Wind ... MIT VIDEO-ENDOSKOPIE hat schon immer darauf geachtet, Projekte High Quality Aufnahmen vom Innern des Getriebes effizient zu entwickeln. Daher sind wir zuFotos: Städtische werke Kassel, Jan Rathke, Ostwind, Patrick Liste versichtlich, im Preiswettbewerb bestehen Früherkennung möglicher Schäden an Getriebeelementen zu können. zu 2. Bislang steigen finanzierende Ban- Optimale Terminierung von Instandsetzungsmaßnahmen ken ein, sobald ein Windpark genehmigt ist. Das wird sich verändern. Künftig wird es notwendig sein, erst im Ausschreibungsverfahren eine Förderberechtigung zu erlangen. Auf dieser Grundlage können Banken dann die Wirtschaftlichkeit bewerten. Insofern wird sich der Prozess verlängern. Prinzipiell werden Banken weiterhin daran interessiert sein, Windparks zu Entdecken Sie das ganze Spektrum des finanzieren. Das Kreditrisiko bleibt aufgrund WindGuard Universums auf windguard.de der 20-jährigen Vergütungszusage klein. neue energie 05/2016 020-027_ne1605-EP_EEG Umfrage.indd 25 25 Deutsche WindGuard GmbH Oldenburger Straße 65 · 26316 Varel · Germany Tel.: +49 (0) 4451-9515-0 [email protected] · www.windguard.de 27.04.16 19:06 ENERGIEPOLITIK _EEG-Novelle 2016 1. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein, bei einer jährlichen Ausschreibungsmenge von 2500 MW (netto) einen Zuschlag zu erhalten? zu 3. 2. Wie wird sich die Finanzierung von Projekten verändern? Die noch in Diskussion befindliche se und höherer Bonitätserfordernisse an die zu 2. Die Deckelung der Zubaumenge Ausgestaltung der Korrekturfakto- Investoren eine verschärfte Risikobewertung stellt – neben den genehmigungs- ren entscheidet darüber, ob weiterhin ein seitens der Banken. Dies wird sich unter an- rechtlichen Aspekten – einen weiteren Unsi- bundesweiter Ausbau möglich ist. Volkswirt- derem in höheren Einmalkosten für die In- cherheitsfaktor während der Projektent- schaftlich wäre es unsinnig, wenn Projekte vestoren niederschlagen und die Fremdka- wicklungsphase dar. Daher ist es möglich, nur noch im windstärkeren Norden wettbe- pitalbelastungsfähigkeit der Projekte auch dass die Eigenkapitalquote steigen wird. Auf werbsfähig wären. Angesichts der Netzeng- aufgrund sinkender Finanzierungslaufzeiten die Finanzierungszinsen für einmal bezu- pässe würden Abschaltungen deutlich zu- entscheidend verringern. Geringere Aus- schlagte Projekte dürfte der Ausbaudeckel nehmen. Dennoch haben wir für diesen Fall schreibungsmengen führen dazu, dass die kaum Einfluss ausüben, dort wird die allge- vorgesorgt und unsere Aktivitäten in Nord- Chancen sich verschlechtern und mehr meine Zinsentwicklung eine viel bedeutendere Rolle spielen. deutschland verstärkt. Traditionell arbeitet Druck entsteht, Projekte loszuwerden. Mit- Abo Wind eng mit regional verankerten tel- und längerfristig wird das Klimaziel ver- Stadtwerken zusammen. Auch das ist im fehlt und die Akteursvielfalt abnehmen. zu 3. Hinblick auf Ausschreibungen vorteilhaft. Allem voran erwarten wir einen verstärkten Wettbewerb und damit zu 3. Das bisherige Geschäftsmodell – tendenziell bessere Konditionen seitens der kleinere Projekte mit Bürgerbeteili- Windenergieanlagen-Hersteller. Natürlich gung – wird aller Voraussicht nach nicht müssen Gespräche mit allen Beteiligten ge- mehr überlebensfähig sein. Wir gehen da- führt werden, um Kostenreduzierungspo- von aus, dass Projekte teilweise an größere tenziale zu heben. Das gilt sicher auch für Akteure veräußert werden müssen. unsere betriebsinternen Abläufe. Allerdings gehen wir davon aus, dass wir zumindest mittelfristig unsere Mitarbeiterzahl halten Per Lind, Getproject Michael Raschemann, Energiequelle Theodor Steensen, Geschäftsführer mehrerer Bürgerwindparks halten, sind für uns als Akteur, der sich auf kleinere Projekte mit Bürgerbeteiligung spezialisiert, zurzeit sehr schwer einzuschätzen. Es ist auf jeden Fall mit größeren Schwierigkeiten und gegebenenfalls einem Scheitern bei der Realisierung zu rechnen. zu 1. Wir gehen von dem Szenarium aus, dass die jährliche Nettozubaumenge zumindest in den nächsten zwei bis vier zu 2. Der zu erwartende Kostendruck Jahren tatsächlich etwa 2500 MW betragen aufgrund der Mengenbeschränkung wird. Unsere Projektpipeline umfasst eine Deutschland aufgebaut und in 2015 des EEG 2016 wird auch vor den Kreditinsti- Reihe sehr attraktiver Standorte, die wir 3800 MW. Da zu erwarten ist, dass auch bei tuten keinen Halt machen. Die Projektfinan- verstärkt vorantreiben werden und für die 2500 MW netto die Nachfrage sehr groß sein zierung wird sich in vielerlei Hinsicht verän- wir uns gute Zuschlagschancen vorstellen. wird, schätzen wir die Möglichkeit, sich dar- dern. Wir erwarten aufgrund gestiegener Einige weniger versprechende Standorte an zu beteiligen, für unsere Bürgerwind- Komplexität, längerer Bearbeitungsprozes- werden wir allerdings überdenken müssen. parks sehr gering ein. 26 zu 1. Wir haben in 2014 4500 MW in Fotos: Getproject, Andreas Caspari, Steensen Verwaltung, Arge Netz zu 1. Die Chancen, einen Zuschlag zu er- können. neue energie 05/2016 020-027_ne1605-EP_EEG Umfrage.indd 26 27.04.16 19:06 09_15 ENERGIEPOLITIK _EEG-Novelle 2016 3. Welche Auswirkung hat die Entwicklung für Ihr Geschäftsmodell? Die Ergebnisse unserer Umfrage zu Ausschreibungen vom November 2015 finden Sie hier: www.neueenergie.net/politik/ deutschland/grosse-skepsis-gegenueber-ausschreibungen zu 2. Die Banken werden für unsere Bür- zu 2. Die Finanzierung von Projekten wird gerwindparks mehr Eigen- und sich entlang des tatsächlichen Risi- Haftkapital verlangen und die Laufzeiten der kos verändern. Es wird zu neuen PartnerMartin Grundmann, Geschäftsführer Arge Netz Darlehen werden sich verlängern müssen, wenn überhaupt eine Finanzierung zustande kommt. schaften kommen, Bürgerenergie wird möglicherweise keine direkte, sondern eine indirekte Beteiligung werden, und die kapitalkräftigeren Unternehmen werden Vorteile zu 3. Wir vertreten ausschließlich reine gegenüber kleinen und mittleren Unterneh- Bürgerwindparks mit 100 Prozent men haben. Bürgerbeteiligung. Ob dies in Zukunft noch möglich sein wird, ist sehr fraglich. zu 3. zu 1. Die Chancen hängen ganz wesent- Wir haben unser Geschäftsmodell bereits angepasst. lich davon ab, wie die Ausschreibung gestaltet ist. Zurzeit bin ich skeptisch, weil die Bürokratisierung immer mehr zunimmt und Ausschreibung immer mehr zu einem staatlichen Mengeninstrument verkommt, statt den Wettbewerb zu fördern. wat’n wind inderheimat undanderswo Win d i st t o ll . Erneuerbare Energien für heute und morgen. WKN AG · Haus der Zukunftsenergien · Otto-Hahn-Straße 12 – 16 · 25813 Husum Tel: +49 4841 8944 - 100 · www.wkn-ag.de · E-Mail: [email protected] 09_15_Neue Energie_Wat'nUmfrage.indd Wind_220 x 135 020-027_ne1605-EP_EEG 27 mm.indd 1 29.04.15 19:06 14:32 27.04.16 WISSEN _Titel Blindtext: Blindtext Bildunterschrift Blindtext Blindtext Blindtext Blindtext. Grafik: ESA / P. Carril [M] Klimawächter? Der lateinische Begriff Satellit bedeutet Begleiter oder Leibwächter. Die Europäische Union will das Satellitenprogramm Copernicus auch zur „Überwachung“ des Klimawandels einsetzen. Sentinel 1A, hier in einer animierten Darstellung, wurde am 3. April 2014 vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana aus ins All geschossen. 30 neue energie 05/2016 030-045_ne1605-WN_TITEL Prognose.indd 30 28.04.16 13:16 WISSEN _Titel Extraterrestrische Hilfe für die Energiewende Auf der Erde ringt die Staatengemeinschaft um die Umsetzung der Klimaziele, in Deutschland wird mit dem neuen EEG der Klimaschutz ausgebremst. Immerhin tut sich im All etwas: Das Satellitenprogramm „Copernicus“ kann bei der Beobachtung des Klimawandels hilfreich sein. Auch ErneuerbarenProjekte können von dem europäischen Gemeinschaftsprojekt profitieren. Es geht ums Ganze Es gilt, das Schlimmste zu verhindern, rund um verteilt werden. Da wiegt es doppelt schwer, wenn den Globus. Immer mehr gerät das Klima aus dem in einzelnen Ländern die Energiepolitik versagt – Gleichgewicht, steigende Meeresspiegel eben- in Deutschland etwa ist zu erwarten, dass mit der so wie Dürre- oder Kältekatastrophen bedrohen anstehenden Novelle des Erneuerbare-Energien- die Existenz von Millionen Menschen. Zu langsam Gesetzes die Energiewende und zugleich der Kli- kommt demgegenüber die Staatengemeinschaft maschutz ausgebremst werden. mit dem Klimaschutz voran. 175 Ländervertreter Immerhin ist Europa jetzt vom All aus aktiv: Das haben jüngst den Ende 2015 in Paris verhandel- Satellitenprogramm „Copernicus“ soll helfen, den ten Weltklimavertrag unterzeichnet. Doch mit der Klimawandel zu beobachten und gegenzusteuern Umsetzung hapert es. In der EU etwa ist man sich – nicht zuletzt können Infrastruktur- und Erneu- keineswegs darüber einig, wie Klimaziele und kon- erbaren-Projekte von dem europäischen Gemein- krete Maßnahmen unter den 28 Mitgliedsstaaten schaftsprojekt profitieren. neue energie 05/2016 030-045_ne1605-WN_TITEL Prognose.indd 31 31 28.04.16 13:16 P rognosen sind ein Milliardengeschäft – und können helfen, Menschenleben zu ret ten. Präzise zu wissen, wie sich Klima und Wet ter wandeln, wann und wo der Wind weht oder die Sonne scheint, hilft rund um den Globus bei der Steuerung komplexer Infrastrukturen, darun ter auch die Energienetze und Erneuerbaren-An lagen. Letztlich trägt dieses Wissen dazu bei, den Klimawandel und seine Auswirkungen zu mil dern – und es zahlt sich an den Strombörsen in barer Münze aus. Das europäische Erdbeobachtungsprogramm „Copernicus“ soll künftig daran mitwirken, solche Prognosen zu optimieren. Als „Europas Blick auf die Erde“ stellt es ein riesiges Volumen an Satel liten- und Geoinformationsdaten bereit. Klima veränderungen können vorhergesagt und die at traktivsten Standorte für Erneuerbaren-Anlagen gefunden werden. Zudem wollen Wissenschaft ler Risiken, die durch Wind, Wellen oder Staub 32 für die Energieinfrastruktur entstehen, besser er kennen. Das sind wichtige Informationen, nicht zuletzt für Projektierer und Anlagenbetreiber, de nen es um Investitionssicherheit geht. Rund um die Uhr werden mittels „Coperni cus“ Daten gesammelt, über Satelliten im All und Messstationen auf der Erde. Auf Ferner kundungsdaten spezialisierte Unternehmen ver arbeiten diese Basisinformationen dann in kos tenpflichtige, auf spezifische Kunden ausgerich tete Angebote. Dabei gibt es gute Nachrichten für Planungs- und Prognosefirmen: Nach dem Start der „operationellen Phase“ von Copernicus Ende vergangenen Jahres haben die Unterneh men nun freien Zugriff auf eine riesige Menge an Satellitendaten und Geoinformationen. Wie verteilen sich Feinstaub und Treibhausgase, wie hoch ist die Sonnenstrahlung, wie dick das Eis am Nordpol? Diese und viele andere wertvolle Informationen zum Klimawandel und zur Zu Foto: ESA / Manuel Pedoussaut – 2016 Start von Sentinel 1B: Nach mehreren Verschiebungen – es waren vier Anläufe nötig – glückte die Mission mit einer Sojus-Trägerrakete am 25. April 2016. neue energie 05/2016 030-045_ne1605-WN_TITEL Prognose.indd 32 28.04.16 13:16 ENE ENE Tom Joh Tel: Tel: koo koo ww ww WISSEN _Titel Mit den Satellitendaten kann über einige Jahrzehnte vorhergesagt werden, wie sich die Windressourcen entwickeln werden.“ Vincent-Henri Peuch, Europäisches Zentrum für Mittelfristige Wetterprognose sammensetzung der Atmosphäre können die Fir men kostenlos beim Europäischen Zentrum für Mittelfristige Wetterprognose (EZMW) im bri tischen Reading abrufen. Eine große Erleichte rung: Bisher musste man die Daten mühsam bei den einzelnen nationalen Wetterdiensten bezie hen. Nach und nach schießt die europäische Welt raumbehörde Esa insgesamt zehn mit neuester Radartechnik, Kameras und Lichtmessgeräten ausgestattete „Sentinels“ (zu Deutsch: Wächter) in den Orbit – zuletzt startete am 25. April Sen tinel 1B vom europäischen Raumfahrtzentrum in Kourou (FranzösischGuyana) ins All. Die Sa telliten liefern hoch aufgelöste Bilder, vermessen Land und Ozeanoberflächen und überwachen die Konzentration beziehungsweise das Aufkom men von gefährlichen Spurengasen wie Ozon oder Schwefeldioxid. (...) Dies ist eine gekürzte Version des Artikels - den ausführlichen Text finden Sie in der Ausgabe 05/2016 von neue energie. ihr proje Gemeinsamoptimieren optimieren Gemeinsam Innovativ Innovativrealisieren realisieren IHR PROJEKT PROJEKT UNSERE KOOPERATION KOOPERATION ENERTRAG Kooperation Projektentwicklung ENERTRAG Kooperation Projektentwicklung Tom Lange Johannes Kauffmann Tel: 398546459 6459320 622 Tel: +49 +49 39854 [email protected] [email protected] www.enertrag.com www.enertrag.com 030-045_ne1605-WN_TITEL Prognose.indd 33 ENE Tom Tel: koo ww 28.04.16 13:16 WISSEN _Wind Zeit, dass sich was dreht Rotorblätter moderner Windkraftanlagen müssen lang, steif und leicht sein, gleichzeitig kosteneffizient, flexibel und in Zukunft vielleicht sogar intelligent. Industrie und Wissenschaft arbeiten daran, den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Von Isaac Bah D ie Giganten wachsen weiter: Enercons Anfang April auf einem Testfeld im niederländischen Lelystad in Betrieb genommener Anlagenprototyp E-126 EP4 hat einen Rotordurchmesser von 126 Metern. Noch in diesem Jahr soll eine Schwachwindvariante der neuen Anlage errichtet werden, die E-141 EP4, die laut Angaben des Auricher Herstellers „mit einem Rotordurchmesser von 141 Metern über den derzeit weltweit größten Onshore-Rotor am Markt“ verfügen soll. Auch bei den anderen Herstellern setzt sich der Trend zu immer längeren Blättern für Binnenland-Anlagen fort, insbesondere an Schwachwindstandorten führt an den Riesen-Rotoren kein Weg mehr vorbei. Bei der Husum Wind 2015 präsentierte Vestas die Schwachwindturbine V-136 mit 3,45 Megawatt (MW) Leistung, Nordex die N131/3300. Die erste Anlage dieses Typs hat der der Hamburger Turbinenhersteller Ende Dezember im Windpark „Krampfer“ in Brandenburg ausgeliefert und errichtet. Rotorblattlängen von 60 Metern und mehr sind bei diesen Anlagentypen längst die Norm. Senvion und GE haben ebenfalls entsprechende Windenergieanlagen in ihrer Produktpalette. Auch auf See ist die Rotorgröße mitentscheidend, wenn es darum geht, den 46 auch bei Onshore-Rotorblättern neuerer Anlagentypen zum Einsatz. Bereits beim N131-Vorgänger N117, einer 2,4-MWSchwachwindturbine setzte Nordex Karbonfasern in den Gurten des 58,5 Meter langen Rotorblatts ein. „Bei dem neuen Blatt für die N131 haben wir uns, was die Materialien betrifft, sehr an dem Vorgänger für die N117 orientiert“, sagt Jochen Birkemeyer, Leiter der Rotorblattentwicklung bei Nordex. „Am Holm haben wir Carbonfasern eingebracht. Das macht am GeNur so viel der teureren Kohlensamtmaterialeinsatz einen restofffasern einzusetzen, dass ein lativ geringen Anteil aus. Da Gewinn erzielt werden kann, ist aber die Steifigkeit von CFK ungefähr dreimal so groß ist die Optimierungsaufgabe.“ wie bei GFK, werden weniJochen Birkemeyer, Nordex ger Carbonfasern benötigt. Vergleicht man diese Baudie Offshore-Anlage SHI / S7.0-171 des weise mit einem rein aus Glasfaser gefertigkoreanischen Herstellers Samsung Heavy tem Blatt, kommt man auf MaterialeinspaIndustries entwickelt. Abgesehen vom rungen von etwa 25 bis 30 Prozent in Bezug Gurt, der die tragende Struktur des Blatts auf das Gesamtgewicht“, bringt Birkemeyer bildet und aus Karbonfasern besteht, wur- die Materialvorteile auf den Punkt. Dem gegenüber stehen jedoch deutlichde der Riesenflügel aus glasfaserverstärk tem Kunststoff (GFK) gefertigt und wiegt höhere Kosten für Carbonfasern. Ein Kilogramm CFK kostet abhängig von der 30 Tonnen. Die Kombination aus GFK und kohlefa- Qualität derzeit noch zehn bis 20 Mal so serverstärkten Kunststoffen (CFK) kommt viel wie ein Kilogramm GFK. Für die An- bestmöglichen Ertrag aus den Turbinen herauszukitzeln. Dabei spiegeln sich die unterschiedlichen Anforderungen, denen Windkraftanlagen an Land und auf See gewachsen sein müssen, auch im Design und bei der Materialauswahl der Rotorblätter wider. Das aktuell längste eingesetzte Offshore-Rotorblatt misst von der Wurzel bis zur Blattspitze 83,5 Meter und wurde vom dänischen Rotorblatt-Spezialisten SSP für neue energie 05/2016 046-051_ne1605-WN_Rotorblaetter.indd 46 27.04.16 14:37 Blindtext: Blindtext Bildunterschrift Blindtext Blindtext Blindtext Blindtext. Foto: BASF Smarter, länger, leichter, stärker: Neue Hightech-Materialien sollen künftig kosteneffizientes Größenwachstum von Rotorblättern ermöglichen. lagen- und Blatthersteller bedeutet das, so sparsam wie möglich mit dem Mater ial umzugehen, um das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erzielen. „Nur so viel der teureren Kohlenstofffasern einzusetzen, dass am Ende wirtschaftlich betrachtet ein Gewinn erzielt werden kann, das ist die Optimierungsaufgabe, der wir gegenüberstehen“, sagt Birkemeyer. Auch der dänische Rotorblatthersteller LM Wind Power setzt für seine Flügel auf neue Materialzusammensetzungen. Während der Großteil der LM-Blätter aus einem Glasfaser-Polyester besteht, arbeitet das Unternehmen auch mit einem Hybrid-Carbon-Material, das sich insbe- sondere für den Bau langer On- und Offshore-Blätter eignet. „Das Hybrid Material kombiniert die Eigenschaften von Carbon- und Glasfasern“, sagt Peter Hansen, Senior Projektmanager bei LM Wind Power. „Das ermöglicht es, die Rotorblätter zu verlängern, ohne dabei das Gewicht zu erhöhen.“ Smarte Blätter energie und Energiesystemtechnik (Iwes) und des Zentrums für Windenergieforschung – ForWind an sechs verschiedenen Standorten gemeinsam an der Entwicklung und Konstruktion von intelligenten Rotorblättern, sogenannten Smart Blades. Die zentrale Fragestellung des Projekts: Wie können Rotorblätter von Windenergieanlagen Strom in Zukunft noch effizienter produzieren (...) Einen anderen Ansatz verfolgt das Projekt SmartBlades des Forschungsverbunds Dies ist eine gekürzte Version des Windenergie (FVWE). Drei Jahre lang arbeiteten Wissenschaftler des Deutschen Artikels - den ausführlichen Text Zentrums für Luft- und Raumfahrttechnik finden Sie in der Ausgabe 05/2016 (DLR), des Fraunhofer-Instituts für Wind- von neue energie. neue energie 05/2016 046-051_ne1605-WN_Rotorblaetter.indd 47 47 27.04.16 14:37 Historisches Vorbild: Der Name Agora Energiewende beruft sich auf den zentralen Versammlungsort in der griechischen Antike. Die Strukturierer Portrait An Agora Energiewende führt im energiepolitischen Berlin kaum ein Weg vorbei, gerade wurde die Finanzierung des Thinktanks bis 2022 verlängert. Doch die Vordenker haben nicht nur Freunde. Von Tim Altegör M itte Januar in Berlin: Agora Energiewende hat geladen, um den eigenen Kohleausstiegs-Plan vorzustellen. Der Saal ist mit 300 Menschen komplett voll, zudem wird die Veranstaltung live im Internet gezeigt. „Elf Eckpunkte für den Kohlekonsens“ heißt das Papier, das im Kern ein Ende der deutschen Kohleverstromung bis 2040 vorsieht. Diese Forderung ist weder neu noch besonders radikal, eine Studie im Auftrag von Greenpeace setzt wenig später 72 das Jahr 2025 als Ausstiegszeitpunkt an, um die Klimaziele von Paris noch zu erreichen. Doch Agora genießt erhöhte Aufmerksamkeit: Begleitet von intensiver Berichterstattung in den Medien sieht sich Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel einige Tage danach veranlasst, einen „Masterplan für den Kohleausstieg“ öffentlich zurückzuweisen – mit ausdrücklichem Verweis auf das von Agora genannte Zieljahr 2040. Zugleich kündigt er einen Runden Tisch aller Beteiligten an und greift damit den zweiten zentralen Punkt in deren Papier auf. Agora Energiewende ist es innerhalb kürzester Zeit gelungen, sich in Berlin als einflussreicher Spieler zu etablieren, der energiepolitische Debatten prägen kann. Gegründet wurde sie 2012 von zwei Stiftungen: Mercator und der European Climate Foundation. Gerade erst Anfang April haben beide verkündet, dass die zunächst bis 2017 finanzierte Agora nach ei- neue energie 05/2016 072-076_ne1605-EM_Agora Energiewende.indd 72 27.04.16 14:49 MACHER _Agora Energiewende Fotos: bridgemanart.com / John L. Baker, Stiftung Mercator / Alex Büttner ner rundum positiven Evaluation um weitere fünf Jahre verlängert wird. Sie sieht sich als Thinktank, als Denkfabrik, die Ideen entwickelt, unterschiedliche Posi tionen zusammenbringt und letztlich bündelt. In einer Selbstbeschreibung heißt es, Agora erarbeite „wissenschaftlich fundierte und politisch umsetzbare Wege, damit die Energiewende gelingt. Wir verstehen uns als Denk- und Politiklabor, in dessen Mittelpunkt der Dialog mit den energiepolitischen Akteuren steht“. Das geschehe „jenseits ideologischer Festlegungen“. Was genau aber treibt Agora an – und weshalb ist sie so erfolgreich? Zur Mittagszeit in einem Restaurant am Hackeschen Markt im Zentrum Berlins, unweit der Büroräume des Thinktanks: Treffen mit Patrick Graichen, dem Direktor. Am Abend zuvor wurde ein großes Zwischenfazit gezogen, Agora hatte zur Veranstaltung „Fünf Jahre Energiewende nach Fukushima“ geladen. Graichen will gleich mal einen möglichen Verdacht ausräumen und kramt dafür ein großes Plakat hervor. Darauf ist anschaulich die historische Entwicklung im Energiesektor abgebildet. Der Schwerpunkt liege zwar auf den fünf Jahren, seit Angela Merkel die Energiewende ausgerufen hat, sagt Graichen, aber er wolle sich „nicht einsortiert wissen in die Kategorie derer, die vergessen, dass das alles einer intensiven Vorarbeit bedurft hat“. Ordnung in die Energiewende bringen Allerdings gilt in der Grafik die Zeit von 2000 bis 2010 als „Kindheitsjahre“, das schon. Wenn Graichen mit sonorer Stimme redet, entsteht tatsächlich das Bild: Jetzt ist die Zeit der vernünftigen Erwachsenen gekommen, die Ordnung in die Sache bringen. Agora solle Wege aufzeigen, wie die Energiewende-Ziele im Stromsektor erreicht werden können, und zwar „so kosteneffizient wie möglich und ohne die Versorgungssicherheit in Deutschland in irgendeiner Weise zu gefährden“. Nach ihrer Gründung habe sie „einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, die damals in der Debatte herrschende Kakophonie zu strukturieren“. Mit den EnergiewendeZielen meint Graichen jene von Bundestag und Regierung aus den Jahren 2010/2011: Atomausstieg bis 2022, 80 bis 95 Prozent weniger CO2-Emissionen bis 2050, im selben Zeitraum mindestens 80 Prozent erneuerbare Energien im Strommix. Nicht weniger, aber auch nicht mehr, das wurde von den beiden Gründern als Maßstab für die Arbeit von Agora festgelegt. Der Thinktank beauftragt Studien, befragt Experten und veröffentlicht in schnellem Rhythmus Papiere, die das alles auf politische Handlungsoptionen herunterbrechen. Graichen nennt es eine „Übersetzungsleistung aus Wissenschaft hin zu Politik“. Die wichtigsten Punkte sind in den Agora-Texten sehr übersichtlich aufgelistet und zusammengefasst. Zudem stimmt oft das Timing, mit dem die Studien an die Öffentlichkeit gehen – siehe das Thema Kohleausstieg kurz nach den Pariser Klimabeschlüssen. Entsprechend häufig wird Agora in den Medien zitiert, auch in neue energie. Gleich der erste größere Aufschlag Ende 2012 brachte dem noch jungen Thinktank enorme Aufmerksamkeit: In zwölf Thesen brach er die Energiewende auf wenige, teils provokante Punkte herunter und nahm damit einiges von dem vorweg, was später politisch folgen sollte. An erster Stelle heißt es dort beispielsweise „im Mittelpunkt stehen Wind und Solar“, andere Technologien wie Bioenergie seien schlicht zu teuer oder nur begrenzt verfügbar. Im deutschen Energiesektor sind Stiftungen – Institutionen, die mit dem Vermögen eines oder mehrerer Stifter einen meist gemeinnützigen Zweck verfolgen – eher exotische Akteure, anders als etwa im Bildungsbereich. Die beiden Agora-Gründer zählen hier allerdings zu den Schwergewichten. Die in Essen ansässige MercatorStiftung hat für sich den Klimawandel als einen von vier Themenschwerpunkten definiert, neben Europa, Integration und kultureller Bildung. Das Geld für eigene Projekte wie Agora und Fördermittel an Dritte stammt von der Familie Schmidt-Ruthenbeck, die knapp 16 Prozent der Anteile am Metro-Konzern hält (zu dem unter anderem die Elektronikriesen Media-Markt und Saturn sowie die Supermarktkette Real gehören). Laut Jahresbericht für 2014 bewilligte Mercator in jenem Jahr rund 60 Millionen Euro, unter anderem für ein deutsch-chinesisches Projekt zu nachhaltiger Stadtentwicklung sowie für Studien zum Emissionshandel und zur Dekarbonisierung. Im globalen Vergleich, den vor allem US-Vertreter dominieren, ist das recht moderat. Die Stiftung von Microsoft-Gründer Bill Gates hat 2015 nach eigenen Angaben 4,2 Milliarden US-Dollar ausgeschüttet. Neben Agora das bekannteste MercatorProjekt im Klimasektor ist wohl das gleich- „Wir erbringen eine Übersetzungsleistung aus Wissenschaft hin zu Politik.“ Patrick Graichen, Agora Energiewende namige Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change, geleitet von Ottmar Edenhofer. Agora selbst bekommt drei Millionen Euro im Jahr, etwa zu drei Vierteln von Mercator. Der Rest stammt von der European Climate Foundation (ECF), die sich auf die europäische Klimapolitik konzentriert. 2014 hat die ECF 16,6 Millionen Euro vergeben, zu den Empfängern gehörten etwa die Umweltschutzorganisationen Friends of the Earth und WWF. Finanziert wird die ECF wiedeneue energie 05/2016 072-076_ne1605-EM_Agora Energiewende.indd 73 73 27.04.16 14:49 MACHER _Agora Energiewende rum von weiteren Stiftungen aus verschiedenen Ländern. Darunter sind beispielsweise die Oak Foundation mit Sitz in Genf und der dänische Velux Fonden. In Politikfeldern, in denen Stiftungen bereits präsenter sind, wird ihre Rolle seit Jahren kritisch diskutiert. Im Kern dreht sich die Debatte um die Frage, inwiefern hier private Akteure zunehmend den Staat ablösen und die Themen in zentralen Gesellschaftsbereichen setzen. Mit Blick un- „Agora leistet Akzeptanzbeschaffung für die Regierungspolitik.“ Wolf von Fabeck, Solarenergie-Förderverein ter anderem auf die Gates-Stiftung fragt zum Beispiel eine Studie mehrerer Entwicklungshilfe-Organisationen vom November 2015 „Wer bestimmt die Agenda?“, und warnt vor einem Aushöhlen demokratischer Entscheidungsfindung. Lars Grotewold kennt diese Debatten gut, er leitet bei Mercator den Bereich Klimawandel. Klar, sagt er, „was Agora Energiewende macht, soll politikrelevant sein. Es ist unser Ziel, dass die Handelnden es auch wahrnehmen.“ Aber immer ausgerichtet an den politisch definierten Zielen. „Die 74 deutschen Klimaschutzziele sind die Leitplanken für alles, was wir hier tun. Das ist nicht verhandelbar. Darüber hinaus haben wir keine Interessen, schon gar nicht wirtschaftlicher Art, aber auch keinen bevorzugten Weg dorthin, etwa mit bestimmten Technologien.“ Für ihn gilt deshalb: „Viel mehr Unabhängigkeit werden Sie im Energiesektor nicht finden können.“ Positiv gewendet könnte man sagen, Stiftungen füllen die Lücken, die der Staat zwangsläufig lässt. Eine solche Lücke war laut Patrick Graichen auch der Gründungsimpuls für Agora. Im Abschlussbericht der nach Fukushima einberufenen „Ethikkommission Sichere Energieversorgung“ vom Mai 2011 lautet einer der Vorschläge, ein „Nationales Forum Energiewende“ zu gründen, um mit Bürgern, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft öffentlich und transparent über den weiteren Weg zu diskutieren. Das Forum sollte sicherstellen, „dass Annahmen und Szenarien zur Energiepolitik begründet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden“, wurde aber letztlich nie geschaffen. Also schrieb sich Agora auf die Fahnen, „einen Meinungsbildungsprozess unter zentralen Akteuren im energie- und klimapolitischen Feld zu organisieren“, wie es Grotewold formuliert. Aus vielen möglichen Wegen soll sie die realpolitisch umsetzbaren herausfiltern. Praktischerweise konnte Agora den CoVorsitzenden der Ethikkommission dafür gleich übernehmen. Der ehemalige Chef des UN-Umweltprogramms Klaus Töpfer ist eines der Aushängeschilder des Thinktanks, gemeinsam mit Graichen leitet er dessen wichtigstes Gremium: den Rat der Agora. Das ist ein Diskussionskreis, in dem etwa 25 Vertreter verschiedener Interessen regelmäßig zusammenkommen und der zugleich als eine Art Feedback-Schleife für die Themen und Studien aus der AgoraGeschäftsstelle dient. „Das sind sehr spannende Treffen mit teilweise hochkarätigen, teils auch hochkontroversen Gesprächen“, berichtet Claude Turmes. Turmes ist energiepolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament und als Luxemburger das einzige nicht-deutsche Mitglied im Rat. Ansonsten sitzen dort beispielsweise die Bundestagsabgeordneten Thomas Bareiß (CDU), Ulrich Kelber (SPD) und Oliver Krischer (Grüne), die Länderminister Tarek Al-Wazir (Hessen), Christian Pegel (Mecklenburg-Vorpommern) und Franz Untersteller (Baden-Württemberg), der Präsident der Bundesnetzagentur Jochen Homann, Regine Günther vom WWF und Ottmar Edenhofer. Aus der Energiewirtschaft sind neben dem Bundesverband der Energieund Wasserwirtschaft (BDEW) noch Eon, die Stadtwerke München und MVV Ener gie vertreten (neue energie 4/2016). Als reines Erneuerbaren-Unternehmen taucht derzeit nur Windwärts in Person von Geschäftsführer Lothar Schulze auf, eine MVV-Tochter. Auf keinen Fall solle der Eindruck entstehen, konservativere Stimmen würden bevorzugt, sagt Grotewold auf Nachfrage. „Wir wollen möglichst viele wichtige Akteure beteiligen, müssen aber auch darauf achten, dass die Gruppe arbeitsfähig bleibt.“ Mit der ErneuerbarenBranche spreche man auch jenseits des Rats, dessen Besetzung sei im Übrigen „ein aktives Management“. Laut Graichen stehen demnächst Neubesetzungen an. Transparenz ist Mercator wie Agora erklärtermaßen sehr wichtig, beispielsweise sind die zugrunde liegenden Daten von Agora-Studien meist frei verfügbar und ihre Veranstaltungen offen für alle Interessierten. Beim Rat stößt dieses Prinzip ein bisschen an seine Grenzen. Die Kandidaten werden von Töpfer, Graichen und den beiden Stiftungen ausgesucht, je nachdem, wessen Stimme sie für unterbesetzt und wen sie für persönlich geeignet halten. Die Auswahl geschehe zwar mit Blick auf ihre Posten, „aber in erster Linie sind sie als Personen im Rat, nicht als Funktionsträger“, sagt Grotewold. Es gehe darum, offene Debatten zu ermöglichen. Wer dort welche Positionen vertritt, bleibt unter den Teilnehmern. Der Name Agora stammt aus dem Altgriechischen, in der Antike hieß so der zentrale Marktplatz, auf dem die Versammlungen der freien Bürger stattfanden. Frauen und Sklaven durften damals wohlgemerkt nicht mitdiskutieren. Natürlich soll mit dem Thinktank die positive Seite des Begriffs assoziiert werden, der freie Austausch von Argumenten unter Gleichen. Aber wer die Meinungsbildung or- neue energie 05/2016 072-076_ne1605-EM_Agora Energiewende.indd 74 27.04.16 14:49 Steht jetzt hinter Gabriel: Agoras erster Direktor Rainer Baake ist 2014 als Staats sekretär ins Wirtschafts ministerium gewechselt. ganisiert und umsetzbare Konsenslösungen liefert, macht sich auch zum Türsteher. Auch wenn die Beteiligten die Entscheidungshoheit der Politik betonen – warum noch unterschiedliche Positionen einholen, wenn Agora das schon geleistet hat? Agora liefere zwar „sehr gute Arbeit, Studien und Projekte von hoher Qualität“, sagt ein renommierter Energieexperte unter vier Augen. Ihm bereite jedoch „schon Bauchschmerzen, dass sie so auftreten, durch ihre starke Stellung auch auftreten können, als hätten sie die Blaupause für die Energiewende in der Schublade. Diese Rolle kann sich eigentlich niemand anmaßen.“ Es dürfe nicht vergessen werden, dass es auch noch andere Akteure gebe. Fotos: Albert J. Schmidt, Bernd von Jutrczenka / dpa Wolf im Schafspelz? Noch weiter geht Wolf von Fabeck. Für ihn ist Agora ein „Wolf im Schafspelz“, ein „Feind der Energiewende“. Von Fabeck vertritt den Solarenergie-Förderverein (SFV) in Aachen. Zudem ist er einer derjenigen, die in den 1990ern gegen viele Widerstände mit lokalen Vorläufern das Erneuerbare-Energien-Gesetz vorbereitet haben (neue energie 2/2015). „Damals wurde uns gesagt: Solarenergie ist viel zu teuer. Und dasselbe macht Agora jetzt mit den Speichern.“ Damit meint von Fabeck eine der zwölf Thesen, die der Thinktank aufgestellt hat. „Netze sind billiger als Speicher“ lautet sie und wurde später mit einer Studie unterfüttert, wonach Stromspeicher erst ab einem Ökostromanteil von 60 bis 90 Prozent wirklich gebraucht werden. Von Fabeck dagegen ist überzeugt: Ohne Speicher kann es keine wirkliche Energiewende geben. Weil immer wieder Zeiten kommen, in denen auch überregional weder genügend Wind noch Sonne verfügbar ist, bräuchten wir sonst länger als nötig fossile Kraftwerke. Überhaupt stört er sich daran, dass Agora unter Ener giewende die Umsetzung der politisch definierten Ziele versteht, die er für wenig ambitioniert hält. Letztlich leiste sie damit bloß „Akzeptanzbeschaffung für die Regierungspolitik“. Den Vorwurf weisen Graichen und Grotewold zurück und verweisen unter anderem auf ihren Kohlekonsens-Vorschlag, der bei Sigmar Gabriel auf wenig Gegenliebe stieß. Auch von Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Bergbaugewerkschaft IG BCE und übrigens Mitglied im Rat der Agora, fingen sie sich dafür einen Rüffel ein. Der Plan sei „nicht überzeugend“, Agora ein „grüner Thinktank“ und eine „Agentur zur Begleitung von Ausstiegen“. Von Fabeck auf der anderen Seite fragt sich, wie das funktionieren soll: „ein Ausstieg im Konsens mit einer Wirtschaft, die von der Kohle lebt“. Man habe versucht, orientiert an den Klimazielen der Bundesregierung „einen Ausstiegsplan zu entwickeln, der für alle Beteiligten akzeptabel sein müsste“, entgegnet Agora-Direktor Graichen. Wie der SFV mehr zu fordern sei legitim, aber eben nicht das Selbstverständnis von Agora – und auch ein bisschen realitätsfern. „Was die tatsächliche Durchsetzbarkeit im politischen Prozess angeht, sind wir natürlich näher dran“, sagt Graichen. Wenn man Agora entgegen ihrer Selbstbeschreibung doch nach ideologischen Zwängen durchsucht, dann landet man wohl bei der Ideologie des (vermeintlich) Machbaren. neue energie 05/2016 072-076_ne1605-EM_Agora Energiewende.indd 75 75 28.04.16 17:59 MACHER _Agora Energiewende „Viel mehr Unabhängigkeit werden Sie im Energiesektor nicht finden können.“ Lars Grotewold, Stiftung Mercator Bleibt die Frage, wie nah Agora durch ihre selbstgesetzte Rolle der Regierung denn nun steht, zumal sich ihre Posi tionen durchaus in Gesetzen wiederfinden. Ein besonders prägnantes Beispiel dafür ist das EEG 2014. Im Jahr zuvor hatte der Thinktank sein Konzept für ein „EEG 2.0“ veröffentlicht, das vieles – wenn auch bei weitem nicht alles – enthält, das später auch im Gesetz stand: eine starke Kon- Nähe zur Politik Umso schwieriger wird es allerdings, sich von der Regierungspolitik abzugrenzen. Das Risiko sei den Beteiligten bewusst, sagt Lars Grotewold, man beobachte das auch. „Dass es über die handelnden Personen eine Ähnlichkeit im Denken gibt, kann ja niemand bestreiten. Das ist aber erst einmal nicht problematisch, solange Agora Energiewende sich nicht zu einer Art Forschungseinrichtung des Wirtschaftsministeriums macht.“ Für ihn zeigt die bis- herige Arbeit, dass die Fähigkeit zur kritischen Distanz gewahrt werde. Zugleich attestiert nicht nur der Kohle-Gewerkschafter Vassiliadis Agora eine Nähe zu grüner Politik. Aus den Reihen der Partei kommen mehrere Ratsmitglieder, Baake ist Grüner, Agoras Hausausweis für den Bundestag stammte bis zur kürzlich erfolgten Neuregelung der Vergabepraxis von der Grünen-Fraktion. Widersprüchlich ist das nur auf den ersten Blick. Die Idee einer „realistischer“ ausgelegten, besser gemanagten Energiewende verfängt seit einigen Jahren zunehmend auch unter Spitzenvertretern der deutschen Grünen (neue energie 12/2015). Die genaue Position von Agora lässt sich nicht so leicht verorten, weil ein Thinktank mit Stiftungshintergrund in der Ener gieszene neu ist, aber auch wegen dieser verschwimmenden Grenzen. „Politiknah“ trifft es wohl am ehesten. Vieles spricht dafür, dass der Einfluss des Prinzips Agora in den kommenden Jahren noch zunehmen wird. Künftig sollen Graichen und Co verstärkt auch auf europäischer Ebene tätig werden, zudem haben Mercator und ECF im Februar eine Schwester gegründet: Agora Verkehrswende soll die Debatten im Mobilitätssektor beleben und neu ordnen. Momentan seien die „sehr unproduktiv verengt auf die eine Million batterieelektrische Fahrzeuge bis 2020“, findet Lars Grotewold. Folgt also demnächst Agora Wärmewende? Derzeit sei das nicht geplant. „Aber es gibt keinen guten Grund, warum es sie noch nicht gibt, das muss ich gestehen.“ Getriebeservice » Instandsetzung aller Typen und Fabrikate » Zahlreiche Austauschgetriebe lieferbar » Umbauten, Optimierungen, Sonderkonstruktionen D - 46395 Bocholt · Tel.: +49 (0) 28 71 / 70 33 · www.brauer-getriebe.de 76 Foto: Stiftung Mercator / David Ausserhofer zentration auf Onshore-Wind und Photovoltaik, die Pflicht zum Verkauf an der Strombörse, die Erhebung der EEG-Umlage für Selbsterzeuger. Der Fall ist auch deshalb besonders, weil Graichens Vorgänger als Direktor seine eigenen Vorschläge umsetzen durfte: Im Januar 2014 ging Rainer Baake als Staatssekretär zu Sigmar Gabriel ins Wirtschaftsministerium, in dieser Funktion sitzt er jetzt wiederum im Rat der Agora. Da ist der Thinktank ganz in der US-amerikanischen Tradition, aus der die Bezeichnung stammt. Dort ist es üblich, dass Mitarbeiter zwischen Ministerien und Denkfabriken hin und her wechseln – und mit ihnen die Konzepte. Die Amerikaner haben dafür das Bild der „revolving door“, einer Drehtür. Graichen, der selbst Referatsleiter im Umweltministerium war, findet diesen Austausch nachahmenswert. „Dass bei uns Beamte im stillen Kämmerlein sitzen und 30 Jahre lang das Gleiche machen, ist meines Erachtens ein echter Fehler im System.“ neue energie 05/2016 072-076_ne1605-EM_Agora Energiewende.indd 76 27.04.16 14:49
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