Die Branchenzeitung www.verlage.verdi.de | www.druck.verdi.de | www.papier.verdi.de D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 DRUCK PAPIER Collage: werkzwei, Fotos: Werner Bachmeier, iStockphoto Nr. 2 | April 2016 | Jahrgang 154 Das Leben wird teurer – wir auch Trotz niedriger Inflation: Preise für viele Alltagsgüter steigen. Deshalb braucht es ordentliche Tariferhöhungen Kai Meier schlägt wütend die Zeitung zu. »Die Preise purzeln wie noch nie«, heißt es dort in einer Überschrift. Wenn er so was schon liest. Was nützt es ihm, wenn Laptops, digitale Kameras und Fernseher billiger werden. Und Flugtickets. Von seinem Lohn als Helfer in einer Druckerei kann er sich eine Flugreise mit seiner Familie ohnehin nicht leisten. Das Leben wird teurer! Um das festzustellen, muss man nur mal einkaufen. Kartoffeln, Gemüse, Obst, Marmelade, Fisch, Brot, Schokolade, Kaffee, alles kostet mehr. Kai Meier schüttelt den Kopf – das bildet er sich doch nicht nur ein. Tut er nicht. Mieten steigen Zwar sind die Verbraucherpreise im vergangenen Jahr nur um 0,3 Prozentpunkte gestiegen. Aber bei den verschiedenen Produkten und Dienstleistungen gibt es deutliche Unterschiede. Lebensmittel und Bekleidung kosteten mehr, Kommu- | Michaela Böhm nikation und Technik wurden billiger. Nettokaltmieten sind gestiegen, ebenso wie die Preise im öffentlichen Nahverkehr. Gerade hat Kai Meiers Sohn ihm ein Schreiben hingelegt, dass das Schülerticket teurer wird; der Vermieter hat eine Mieterhöhung ab Juni angekündigt und die Stromnachzahlung wird fällig. Wie soll er das bezahlen, wenn sein Lohn nicht steigt? Fünf Prozent mehr Geld ver.di fordert für die rund 140.000 Beschäftigten der Druckindustrie fünf Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Kai Meier findet das richtig. Natürlich weiß er, dass die Situation in der Druckindustrie schwierig ist. Doch die Beschäftigten in Druckereien bringen ebenso volle Leistung wie Belegschaften in anderen Branchen. Und haben deshalb genauso Anspruch auf mehr Lohn. Zumal sich die Einkommen in der Druckindustrie in den vergangenen Jahren viel langsamer und niedriger entwickelten als in anderen Wirtschaftszweigen, etwa der Chemie oder der Metall- und Elektroindustrie. Noch schlechter als in der Druckbranche ist die Einkommensentwicklung nur im Hotel- und Gaststättengewerbe. Deshalb brauchen »die Beschäftigten der Druckindustrie eine deutlich spürbare Verbesserung ihrer Einkommen«, wie der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke betont. Kein Ergebnis zum Auftakt Kai Meier ahnt, dass es wieder eine schwierige Tarifrunde werden wird. In der ersten Verhandlungsrunde am 7. April in Berlin legte der Bundesverband Druck und Medien (bvdm) kein Angebot vor. »Die Arbeitgeber verweigern den Beschäftigten die Wertschätzung, die sie verdienen«, kritisierte Andreas Fröhlich von ver.di. Mehr zur Tarifrunde in der Druckindustrie: Seiten 3, 4 und 5. Aus dem Inhalt Union blockiert Gesetz zu Leiharbeit und Werkverträgen: erst unzureichend, dann verwässert, schließlich auf Eis gelegt. Seite 6 Streik von 1976 Wie die Drucker vor 40 Jahren die Tarifautonomie verteidigten. Seiten 8 und 9 Leidenschaft Buch Auszubildende zur Medientechnologin Druckverarbeitung – ein Porträt. Seite 14 Neuer Online-Auftritt: Die Druck+Papier passt jetzt auf alle Bildschirme und Displays. Klickt Also nirgendwo euch rein! etwas verpassen: www.verdi-drupa.de und Displays NÄCHSTE AUSGABE Die nächste Ausgabe erscheint nur online Ende Mai 2016. 2 D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 S t ric h ä t z u n g AUSGABE Illustration: Thomas Klefisch … hat einen klaren Schwerpunkt: die Tarifrunde in der Druckindustrie. ver.di fordert für die rund 140.000 Beschäftigten fünf Prozent mehr Geld. Das untermauern wir mit guten Argumenten, denen ausgerechnet der Bundesverband Druck und Medien (bvdm) kurz vor Drucklegung ein weiteres hinzugefügt hat: Die Stimmung in der Branche hellt sich auf. Laut einer Anfang April vorgelegten Befragung beurteilen die Unternehmen ihre Lage und ihre Perspektiven deutlich besser als zuletzt. 35 Prozent der Firmen ordnen Überstunden an (Vorjahr: 31 Prozent). Es gibt in der Tarifrunde also keinen Anlass zur Zurückhaltung. Von der Konjunktur abgesehen: Grund zum Lohnverzicht gibt es sowieso nicht. Zum einen leisten die Kolleginnen und Kollegen in den Druckereien gute Arbeit. Zum anderen wird das Leben teurer – trotz niedriger Inflation. Denn die Preise für viele Güter des täglichen Bedarfs steigen weiter. Das muss durch höhere Löhne ausgeglichen werden. Wichtig ist: Zusammenhalten. Nur gemeinsam können die Belegschaften ihre Lage verbessern. Das gilt für die Druckerinnen und Drucker, die Verlagsangestellten und Redakteur/innen. Und das gilt für Beschäftigte mit Werkvertrag, für Leiharbeiter und Stammkräfte. Leider hat die Regierung ihr Versprechen bislang nicht umgesetzt, gegen die Spaltung in den Betrieben vorzugehen. Die Gewerkschaften machen dafür weiter Druck. ver.di zehrt dabei auch von den Erfahrungen der Vergangenheit. Die Vorgängerorganisation IG Druck und Papier hat in vielen Auseinandersetzungen gezeigt, dass kämpferische Gewerkschaften erfolgreich sein können. So auch beim Lohnkonflikt vor 40 Jahren, an den wir in dieser Ausgabe erinnern. Damals wie heute ist klar: Als reine Stellvertreterin kann die Gewerkschaft nichts erreichen. Ohne das Engagement der Kolleginnen und Kollegen geht es nicht. Im Betrieb, in Tarifrunden, gegenüber der Politik. Foto: Astrid Sauermann Schokolade für Waffenfreunde Daniel Behruzi Manchmal kriege ich Anfälle von Radikal. Dann recke ich kämpferisch die linke Faust und rufe wie früher: »Afghanistan, Syrien, Türkei – bei jeder Schweinerei ist die BRD dabei« oder »Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt!« Dabei hüpfe ich um meinen Wohnzimmertisch – bis meine Tochter reinkommt und sagt: »Papa, bist du wieder peinlich?« Was früher selbstverständlich war, ist jetzt das neue Peinlich. Dagegen heute selbstverständlich: Sigmar Gabriel verteidigt regelmäßig deutsche Waffenverkäufe in Rekordmengen: Wir verkaufen ja nur an Freunde und Partner und die müssen versprechen, dass sie die Waffen niemals benutzen. Weil man Freunden vertraut, glauben wir ihnen, dass sie mit den Waffen nur Fluchtursachen bekämpfen wollen. Deshalb bekommt Katar Panzer von Deutschland. Vermutlich hat Franz Beckenbauer – der WM-Botschafter für 2022 – persönlich dafür gebürgt, dass »der Scheich« ein »Supertyp« ist. Niemals würde er die Panzer benutzen. D ie M e l du n g h i n t er der Za h l 2008 2010 23 2012 2014 unterbeschäftigt/nicht mehr aktiv auf Jobsuche arbeitslos gemeldet Quelle: IMK u. a. 2015 www.iags-project.org/documents/iags_report2016.pdf Die ausländischen Bauarbeiter auf den Stadionbaustellen sterben ja auch so wie die Fliegen. Katar will die Panzer gewiss nur aufstellen, um Hooligans in Schach zu halten. Und Saudi-Arabien ist eh nur Wüste und Öl – da dienen die Panzer eher als extravagante Quads für Picknick-Ausflüge der Königsfamilie. Auch die Türkei will deutsche Waffen nicht benutzen, versichert der Präsident und Freund der türkischen Pressefreiheit, Recep Tayyip Erdoğan. Waffen seien wie Schokolade: Es ist immer gut, einen Vorrat davon im Haus zu haben, falls unangemeldet Fremde zu Besuch kommen. Ich befürchte, es dauert keine zwei Monate mehr, bis Angela Merkel im deutschen Fernsehen Erdoğan »einen lupenreinen Demokraten« nennt. Viele sagen: Früher ging’s uns gut, heute geht’s uns besser. Besser wäre, es ginge uns heute wieder gut. Und linke Slogans wären nicht peinlich. Sondern selbstverständlich. Robert Griess Prozent der Menschen in der Euro-Zone sind erwerbslos oder unterbeschäftigt. Seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 hat sich die Arbeitslosigkeit damit deutlich verschärft. Die Folge: Vor allem in Südeuropa verarmen große Teile der Bevölkerung. Das hat auch mit der Politik Deutschlands und der EU-Kommission zu tun, die den Schuldnerstaaten Kürzungsprogramme diktieren. Doch mit Sozialabbau, Privatisierungen und Massenentlassungen wird die Krise nicht überwunden. Im Gegenteil. Die Gewerkschaften plädieren daher für eine Kehrtwende – für ein soziales Europa. Grafik: werkzwei, Detmold DIESE D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 3 Tarifru n de D rucki n du s t rie »Beschäftigte haben sich das verdient« DRUCK+PAPIER: Der ÖkonomieProfessor Peter Bofinger, einer von fünf sogenannten Wirtschaftsweisen, empfiehlt Lohnzuwächse von drei Prozent, aber nicht fünf, wie ihr das jetzt fordert. Wie begründet ihr eure Forderung? Andreas Fröhlich: Ganz einfach: Die Kolleginnen und Kollegen der Druckindustrie haben sich das verdient. Leistungsverdichtung durch anhaltenden Personalabbau, hohe Arbeitsbelastung durch Schicht- und Wochenendarbeit und mehr Stress, weil in immer kürzerer Zeit höchste Qualität geliefert wird – das muss sich auch in der Bezahlung niederschlagen. Cartoon: Reinhard Alff Eure Forderung ist so hoch wie die der IG Metall. Diese bezeichnet die Ertragslage der Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie allerdings als »durchschnittlich bis exorbitant gut«. Davon kann in der Druckindustrie keine Rede sein. Richtig ist, dass die Druckindustrie eine kriselnde und schrumpfende Branche ist. Aber in den meisten Zeitungsverlagen werden immer noch gute Gewinne erzielt und Teilbranchen wie der Online- und Digitaldruck wachsen. Wer glaubt, dass Arbeitsplätze durch Lohnzurückhaltung gerettet werden, irrt. Das Gegenteil ist der Fall. Wir müssen dafür sorgen, dass die Branche für hoch qualifizierte Beschäftigte attraktiv bleibt – auch mit guten Löhnen. Sonst wandern sie in besser zahlende Branchen ab. Die Beschäftigten der Druckindustrie dürfen nicht abgehängt werden. Foto: Stefanie Herbst Ganz Deutschland im Tarifkampf? Das ist gar nicht abwegig. Im Frühsommer geht es für 3,8 Millionen Metaller und mehr als zwei Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst um mehr Geld, mittendrin die Druckindustrie. Ist das gut? Kann das helfen? Fragen an Andreas Fröhlich. Andreas Fröhlich Mitglied der ver.diVerhandlungsführung breite Bewegung für mehr Lohn gibt, ist das auch für uns beflügelnd, keine Frage. Aber jeder muss letztlich selbst für seinen Abschluss kämpfen. Und für uns wird es keinesfalls eine einfache Tarifrunde. Die Zeitungsverleger In der Druckindustrie und anderswo haben in den Tarifverhandlungen für gibt es immer weniger tarifgebunRedakteur/innen an Tageszeitungen dene Betriebe und damit weniger streikbereite Belegschaften. Wie wollt bereits die Richtung klargemacht: Sie wollen eine Laufzeit von drei ihr gegensteuern? Jahren, Nullmonate und nicht einmal Künftig wollen wir auch Betriebe die Inflation ausgleichen. Und da im beteiligen, die bislang nur auf der Zeitungsverlegerverband zum Teil Zuschauertribüne saßen und sich die gleichen Personen sitzen wie im sicher sein konnten, von TarifauseiArbeitgeberverband der Druckinnandersetzungen nicht behelligt zu werden. Wir werden besonders ein dustrie, ist davon auszugehen, dass Auge auf sogenannte OT-Unternehwir wieder eine zähe und schwierige men (ohne Tarifbindung) haben. Diese Tarifrunde zu bewältigen haben. sind zwar Mitglied im ArbeitgeberverDer Arbeitgeberverband hat eure band, wenden aber keinen Tarifvertrag an und beeinflussen dennoch die Forderung als realitätsfern bezeichGeschäfte im Verband. Wir werden in net. der Tarifauseinandersetzung gezielt Das ist die übliche Reaktion. Unsere tariflose Betriebe zu Lohnverhandlun- Tarifforderung ist in den Augen der Arbeitgeber immer abwegig. Davon gen auffordern. lassen wir uns nicht irritieren. Wichtig ist, dass unsere Forderung für unsere Hilft es, dass auch die IG Metall und andere in ver.di für höhere Löhne und Mitglieder vor dem Hintergrund ihrer Gehälter streiten? Segelt ihr im Schat- Lebens- und Arbeitssituation realitätsnah ist. Das ist unser Maßstab. ten der Großen mit? Wenn es in der ganzen Republik eine Interview: Michaela Böhm Zeitplan der Tarifrunde 17. Februar: Die ver.di-Tarifkommission hat entschieden, das Lohnabkommen zum 31. März 2016 zu kündigen. Zugleich beschloss sie einstimmig eine Forderung von fünf Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. 7. April: Erste Verhandlungsrunde in Frankfurt am Main blieb ohne Ergebnis. 1. Mai: Ende der Friedenspflicht – ab jetzt kann ver.di die Beschäftigten der Druckindustrie zu Streiks aufrufen. 3. Mai: Zweite Verhandlungsrunde in Köln ! Aktuelle Infos zur Tarifrunde www.bit.ly/tarif16 4 D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 Alle zusammen! Tarifru n de 2 0 1 6 Es könnte eine mächtige Tarifbewegung werden: Beschäftigte in Druckereien und Redakteur/innen an Tageszeitungen streiten gemeinsam für mehr Geld. Und die Verlagsangestellten gucken nicht nur zu | Michaela Böhm beschließt Tarifforderung Tarifkommission Æ An Übernahme gewöhnt Und auch in Baden-Württemberg muss es nicht immer gut gehen. »Die Angestellten können sich künftig nicht mehr darauf verlassen, dass es ihre Kollegen und Kolleginnen aus der Druckindustrie schon richten werden«, hieß es in einem ver.di-Flugblatt aus Stuttgart von 2014. »Das haben viele Angestellte bei uns bereits vergessen oder befassen sich nicht damit«, sagt Elke Lang, stellvertretende Betriebsratsvorsitzende der »Heilbronner Stimme«. Sie hätten sich daran gewöhnt, dass der Abschluss der Druckindustrie auch das nächste Mal wieder übernommen werde. Wie eine Tarifforderung entsteht Æ Kein Automatismus mehr Baden-Württemberg ist eine Ausnahme. In anderen Bundesländern gibt es diesen Automatismus schon seit Ende der 1990er nicht mehr. Die Zeitungsverleger orientieren sich nicht mehr am Abschluss der Druckindustrie, sondern setzen in eigenständigen Verhandlungen auf Einschnitte und Verschlechterungen. Das hat Folgen. Fast überall fallen die Tarifabschlüsse für Verlagsangestellte schlechter aus als in der Druckindustrie. Mal ist das Lohnplus niedriger, mal die Laufzeit länger, mal gibt es mehr Nullmonate. Ganz schlecht sieht das Ergebnis in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aus: Dort erhielten die Zeitungsverlagsangestellten 2014 nur eine Einmalzahlung von 240 Euro – und keine dauerhafte Erhöhung. Es gibt Angestellten-Abteilungen in Zeitungsverlagen, die bereit sind, sich für ihren Tarifvertrag einzusetzen und notfalls zu streiken. Doch Auslagerungen in tariflose Betriebe machen die Gegenwehr schwer. »Wir müssen insgesamt feststellen, dass sich viele Angestellte wenig für ihren Tarifvertrag engagieren«, sagt die bayerische ver.di-Landesfachbereichsleiterin Christa Hasenmaile. Æ Vor zwei Jahren ging es gerade noch einmal gut. 2014 wurde der Tarifabschluss der Druckindustrie für die Angestellten in den baden-württembergischen Zeitungsverlagen übernommen. Die Verlagsangestellten bekamen, was die Drucker/innen erstreikt hatten: drei Prozent mehr Gehalt im ersten Jahr und ein Prozent im folgenden Jahr. Früher war es üblich, dass die Zeitungsverleger den Abschluss der Druckindustrie ohne Änderungen übertrugen. Vor zwei Jahren stand diese Praxis auf der Kippe, weil die Verleger eigenständige Verhandlungen forderten. Am Ende akzeptierten sie das Tarifergebnis der Druckbranche schließlich doch noch. diskutieren wählen/entsenden Æ Kommentar Stellenanzeige: »Wir bieten eine 40-Stunden-Woche (locker mehr), ein leistungsabhängiges Gehalt, 24 Tage Urlaub und kleine Extras, wenn wir mit Ihnen zufrieden sind.« Klingt nicht prickelnd. Kein Urlaubsgeld, keine Jahresleistung, ein unsicheres Gehalt, zu wenig Urlaub und eine lange Arbeitswoche. Doch so sehen Arbeitsbedingungen aus, wenn sich Arbeitgeber durchsetzen und keine Gewerkschaft sie daran hindert. ver.di kann aber nur dann ordentliche Tarifverträge abschließen, wenn es genügend widerständige Mitglieder in den Betrieben gibt. Wie in der Druckindustrie, wo Helfer/innen und Facharbeiter/innen eins ums andere Mal ihren Tarifvertrag verteidigen und verbessern. Ebenso wie Redakteure und Redakteurinnen an Tageszeitungen. Nur die Angestellten in Druckereien und Verlagen überlassen – bis auf Ausnahmen – die Durchsetzung einer Tariferhöhung anderen. Zeit, dass sich das ändert. Weil die gesamte Branche in Tarifauseinandersetzungen steckt, sind die Voraussetzungen, gemeinsam Stärke zu beweisen, besser denn je. Also: Mitmischen statt zugucken. Danach fühlt sich das erkämpfte Tarifplus auch viel besser an. Versprochen. ver.di-Mitglieder Bis eine Tarifforderung steht, hat sie einen langen Weg hinter sich. Die ver.di-Mitglieder debattieren bundesweit in den Bezirken über die Forderung und schicken ihre gewählten Tarifkommissionsmitglieder mit dem Beschluss in die Tarifkonferenz. Dort wird noch einmal beraten und schließlich über die Forderung abgestimmt. Grafik: werkzwei, Detmold Mitmischen statt zugucken 5 D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 Wer von höheren Löhnen profitiert Zunächst einmal gelten Tariferhöhungen für alle Gewerkschaftsmitglieder in tarifgebundenen Unternehmen. Denn nur sie haben einen Anspruch auf tarifliche Leistungen. Allerdings weiß jeder, dass die Tarifregelungen für Nicht-Mitglieder in der Regel ebenfalls gelten. Das ist ungerecht. Der Arbeitgeber tut das, um sie nicht durch schlechtere Arbeitsbedingungen und Einkommen zum Gewerkschaftseintritt zu bewegen. Wichtig ist, Kollegen und Kolleginnen, die noch nicht Mitglied sind, zu erklären, warum sie mit ihrer Haltung die Arbeitnehmerseite schwächen und die der Arbeitgeber stärken. Aktuelle Tarifrunden Branche Druckindustrie Gewerkschaft ver.di Beschäftigte Forderung 1 Jahr Laufzeit 140.000 5% Bund, Gemeinden ver.di 2.140.000 6% Metallindustrie IG Metall 3.800.000 5% Bankgewerbe ver.di 243.900 4,9 % Deutsche Telekom AG, Servicegesellschaften ver.di 50.800 5% Bauhauptgewerbe IG BAU 675.000 5,9 % Tageszeitungsjournalisten dju in ver.di 14.000 5% Wer höhere Löhne und Gehälter durchsetzt, tut aber nicht nur etwas fürs eigene Konto, sondern wirkt indirekt auch auf tariflose Betriebe und den gesetzlichen Mindestlohn. Das geht so: Im Westen arbeitet jeder zweite Beschäftigte in einem Betrieb mit Branchentarifvertrag. Darüber hinaus profitiert fast ein weiteres Drittel von tariflichen Leistungen, weil der Betrieb einen Firmentarifvertrag anwendet oder sich am Tarifvertrag orientiert. Im Osten, Foto: privat Was hältst du vom Girls’Day? Maxine Musterfrau (16) lernt beim pharmazeutischen Sekundärpackmittelhersteller August Faller KG in Waldkirch in Baden-Württemberg. Das ist eine richtig gute Sache. Dadurch bekommt man einen ganz anderen Einblick in typische Männerberufe. Sonst stellt man es sich viel schwerer vor, als Mädchen in so einem Bereich zu arbeiten. In der achten Klasse war ich selbst bei einem Girls‘Day dabei; das war cool. Auch viele meiner Freundinnen haben mitgemacht. Allerdings haben sich die meisten dann doch für einen Beruf im sozialen oder kaufmännischen Bereich entschieden. Sie finden aber richtig gut, was ich mache. Für mich war immer klar: 24 Stunden im Büro sitzen, das ist nichts für mich, ich brau- wo die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder niedriger ist, sieht es mit der Tarifbindung schlechter aus. Für nicht mal jeden Dritten gilt ein Branchen- oder Firmentarifvertrag. Aber 30 Prozent der Beschäftigten in tariflosen Firmen profitieren davon, dass sich der Arbeitgeber am Tarif orientiert. Tariferhöhungen haben auch positive Folgen für den gesetzlichen Mindestlohn. Der liegt zurzeit bei 8,50 Euro pro Stunde. Bis zum 30. Juni 2016 soll die Mindestlohnkommission über eine Anpassung entscheiden. Orientierung sollen die Tarifabschlüsse sein. Schaut man sich die Tarifentwicklung der beiden vergangenen Jahre an, sollte die Erhöhung knapp 50 Cent betragen. Das hat Thorsten Schulten, Mindestlohnexperte des Wirtschaftsund Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, errechnet. Damit läge der Mindestlohn bei knapp neun Euro. Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske hält das immer noch für zu wenig und fordert zehn Euro pro Stunde. Schließlich soll die Kommission bei ihrer Empfehlung neben der Tarifentwicklung noch andere Faktoren einbeziehen, etwa wie positiv sich der Mindestlohn auf den Arbeitsmarkt und die Volkswirtschaft auswirkt. M ei n S t a n dpu n k t che etwas in den Händen. Jetzt mache ich im ersten Jahr eine Ausbildung zur Packmitteltechnologin, als einziges Mädchen unter lauter Männern. Komisch fühlt sich das nicht an, alle Kollegen haben mich richtig gut aufgenommen. Ab und zu höre ich mal einen Spruch, aber nur zum Spaß. Man lernt, sich durchzusetzen. Bald findet im Betrieb wieder ein Girls’Day statt. Vielleicht bekommen Schülerinnen dadurch ja Lust, eine Ausbildung bei uns zu machen. Mehr Mädchen – das wäre cool. -kah 6 D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 Union blockiert selbst kleine Verbesserungen »Ich will, dass in einem Betrieb nicht Beschäftigte erster, zweiter und dritter Klasse arbeiten.« Das sagte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) beim ver.di-Kongress im vergangenen Jahr. Doch schon der Koalitionsvertrag löste dieses Versprechen nicht ein. Bereits der erste Gesetzentwurf vom November 2015 war nicht dazu geeignet, die Spaltung der Belegschaften und die Schlechterstellung von Beschäftigten mit Werkvertrag oder in Leiharbeit zu beenden. Er enthielt zwar einige Verbesserungen. So sollten Leiharbeiter nicht mehr als Streikbrecher eingesetzt werden können. Firmen sollte es untersagt werden, illegale Werkverträge im Nachhinein als Leiharbeit zu deklarieren. Doch ein Großteil der DGB-Forderungen blieb unberücksichtigt (siehe Tabelle). Dennoch ließen die Unternehmerverbände kein gutes Haar an dem Vorhaben. »Hochbürokratisch« und »völlig praxisfern« sei dieses – und natürlich: eine Gefährdung für den Standort Deutschland. In der Folge wurden die Regelungen noch weiter verwässert. Ein neuer Gesetzentwurf vom Februar 2016 enthielt keine Kriterien zur Abgrenzung illegaler Werkverträge von regulärer Beschäftigung mehr. Er ermöglichte auch tariflosen Unternehmen, Leiharbeiter länger als 18 Monate einzusetzen. Einige Konzernvertreter zeigten sich nun zufrieden. Foto: Werner Bachmeier Gesetz zu Leiharbeit und Werkverträgen: erst unzureichend, dann verschlechtert, schließlich auf Eis gelegt | Daniel Behruzi Am 9. April demonstrierten rund 3.000 Beschäftigte in München gegen die CSU-Blockade. Andere legten jetzt erst richtig los. So auch der Bundesverband Druck und Medien (bvdm), der vor »unnötigen, wettbewerbsschädlichen Überregulierungen« warnte. Laut bvdm das »größte Manko«: das Verbot von Streikbrechereinsätzen für Leiharbeiter. Ein offenes Ohr fanden die Verbände bei der CSU, die den Gesetzentwurf bis dato blockiert. Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann nannte das einen »klaren Bruch des Koalitionsvertrags«. Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske kritisierte: »Die CSU will Leiharbeit und Werkverträge weiter als Instrument zur Entsicherung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und zur Lohndrückerei missbrauchen.« Dagegen setzen sich die Gewerkschaften weiter zur Wehr. Um Missbrauch zu verhindern, braucht es mehr Stichwort Das fordern die Gewerkschaften Gleiche Bezahlung Leiharbeiter müssen ab dem ersten Einsatztag die gleiche Bezahlung und dieselben Arbeitsbedingungen haben wie Stammkräfte 1. Gesetzentwurf vom November 2015 Gleiche Bezahlung von Leih- und Stammarbeitern nach neun Monaten, mit Zuschlagstarifvertrag bis zu zwölf Monate Ungleiche Bezahlung von Leih- und Stammarbeitern mit Tarifvertrag bis zu 15 Monate möglich Höchstüberlassungsdauer Leiharbeiter dürfen nur für eine begrenzte Zeit auf einem Arbeitsplatz eingesetzt werden Leiharbeiter dürfen höchstens 18 Monate auf einem Arbeitsplatz eingesetzt werden, mit Tarifvertrag auch länger Einsatz von Leiharbeitern bis zu 24 Monate auch ohne Tarifvertrag Abgrenzung Klare gesetzliche Kriterien zur Abgrenzung von Werk- und Arbeitsverträgen ✔ Acht Kriterien zur Abgrenzung von Werk- und Arbeitsverträgen Ó Beweislast Die Beweislast trägt der Arbeitgeber, nicht der Beschäftigte; er muss im Zweifel nachweisen, dass der Werkvertragseinsatz legal ist Ó nicht enthalten Ó Rechte des Betriebsrats Informations- und Vetorechte von Betriebsräten beim Einsatz von Fremdfirmen Verbot von Streikbruch Es soll verboten werden, Leiharbeiter als Streikbrecher einzusetzen ✔ Verbandsklagerecht Verbandsklagerecht der Gewerkschaften, sodass nicht nur einzelne Beschäftigte gegen Missstände bei Werkverträgen vorgehen können Ó Der DGB fordert weitergehende Schritte zur Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen. Das Arbeitsministerium will davon nur wenig umsetzen. 2. Gesetzentwurf vom Februar 2016 Informationsrechte ✔ Verbot von Streikbruch nicht enthalten enthalten nicht enthalten nicht enthalten Informationsrechte ✔ Ó teils umgesetzt Verbot von Streikbruch nicht enthalten Ó nicht enthalten D R U C K + PA P I E R 1 2.2016 7 drupa 2016 – ein Ausblick Seit der Jahrhundertwende prophezeien Fachleute am Ende jeder drupa, die nächste werde ganz im Zeichen des Digitaldrucks stehen. Doch dieses Mal scheint die Prognose wahr zu werden: Bei der drupa 2016 werden digitale Druckverfahren tatsächlich dominieren. Rund 1.650 Aussteller aus über 50 Ländern werden vom 31. Mai bis zum 10. Juni ihre Produkte in den Düsseldorfer Messehallen präsentieren. Mit elf Tagen ist die diesjährige drupa etwas kürzer; dafür folgt die nächste Messe bereits in drei, nicht wie sonst in vier Jahren. In den konventionellen Druckverfahren werden schon noch Weiterentwicklungen zu sehen sein – aber keine Quantensprünge mehr. Ein Indiz für die »Digitalisierung« der drupa ist, dass viele der großen Materiallieferanten des Offsetdrucks – große Farb- oder Lackhersteller wie Sun, Flint und Huber oder actega/Terra – nicht mehr ausstellen. Und die Hersteller von Offsetdruckmaschinen werden mit zum Teil deutlich reduzierten Standgrößen und kleineren Maschinenparks da sein. In den konventionellen Druckverfahren werden sich die Innovationen vor allem auf das automatisierte Rüsten und Bedienen von Maschinen konzentrieren. Beim Digitaldruck wird es in Düsseldorf viel Neues geben. Insbesondere der Inkjet hat große Technologiesprünge gemacht: Druckqualität, Breite und Schnelligkeit der Ausgabeeinheiten von Fuji und anderen geben ihm Auftrieb. Sogar die Integration in konventionelle Druckmaschinen ist möglich, zum Beispiel in der neuen »Primefire«-Speedmaster von Heidelberg. Vor allem aber hält der Digitaldruck Einzug in den Bereich von Verpackungen und Etiketten. Sportlich wird es nach dem Druck. Müller-Martini, Horizon, manroland websystems Keine drupa ohne ver.di Der Stand (Nr. FG02.1) unserer Gewerkschaft befindet sich auf dem Freigelände zwischen den Hallen 1, 2 und 3. Dort soll vor dem Hintergrund technischer Rationalisierungen über die Sicherung von Arbeitsplätzen, gute Arbeitsbedingungen, Aus- und Weiterbildung, Gesundheitsschutz und Mitbestimmung informiert und diskutiert werden. Der ver.diStand ist Treffpunkt für Gewerkschafter/innen und alle, die es werden wollen. Wir freuen uns auf euch! und andere werden neue Lösungen präsentieren, um digitale Kleinstauflagen intelligent, schnell und kostengünstig weiter zu verarbeiten. Auch die klassischen Akzidenzdrucker zeigen, mit welchen Technologien Kleinauflagen kostengünstig veredelt werden können. Welche Entwicklungen gibt es beim Lackieren, Stanzen, Laminieren? Grundvoraussetzung für die Nutzung der digitalen Systeme für individualisierte Produkte ist die durchgängige Vernetzung der Produktionsschritte durch personalisierte Daten. Der Messeveranstalter kündigt für die drupa vollmundig den »Megatrend Print 4.0« an. Ob dieses Versprechen eingelöst wird, muss sich zeigen. Und dann natürlich noch die spannende Frage der letzten drupa: 2012 sorgte das israelische Unternehmen Landa mit seiner Nanographic-Printing-Technologie für Aufsehen. Bei dem Verfahren werden winzige Pigmentpartikel einer speziellen Nano-Tinte aufgebracht, um konturenscharfe Digitaldruckbilder zu erreichen. Wie weit ist Firmenchef Benny Landa vier Jahre später tatsächlich? Funktioniert sein System? Lohnt es sich? Und vor allem: Wollen wir wirklich mit Nanopartikeln drucken, die die Gesundheit derjenigen gefährden könnten, die damit in der Produktion in Berührung kommen? Eine ganz neue Dimension eröffnet schließlich der 3D-Druck. Bislang zählen viele diesen eigentlich nicht zur Druckindustrie, gehört er doch mehr in den profanen Bereich der Teilefertigung. Auf der drupa 2016 wird er aber breit vertreten sein. -kke drupa 2016: keine Trends, sondern »Notwendigkeiten«? Vom 6. bis 8. Juni veranstaltet ver.di in Dortmund ein Seminar über die Auswirkungen technischer Investitionen und die Mitbestimmung im Betrieb (mit Messerundgang). Inhalte u.a.: • Print-on-Demand, Web-to-Print, Printshop im Web … als Geschäfts- und Produktionsmodelle • Vernetzung und Integration von Geschäftsund Produktionsprozessen • Die Druckerei als digitale Fabrik? Wo steht der Mensch? Perspektiven in Weiterverarbeitung, Veredelung und Logistik: personalisierte, individuelle, passgenau auf den Kunden zugeschnittene Produkte • Der neue Trend: statt »Wettrüsten« hin zu Problemlösungen in der Drucktechnik? • Bustransfer und Messebesuch der drupa in Düsseldorf mit Fachführung zu ausgewählten Schwerpunkten • Investitionsentscheidungen für neue Maschinen und Technologien – Informations-, Anhörungs- und Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz • Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und »Gute Arbeit« • Tarifvertragliche und gesetzliche Ansatzpunkte und Möglichkeiten für Betriebsräte • Wozu braucht es Weiterbildung? Professionalisierung und Qualifizierung von Beschäftigten – Handlungsmöglichkeiten für Betriebsräte Infos und Anmeldung: www.bit.ly/drupaSem V era n s t a lt u n g Zukunft der Druckindustrie Im Rahmen der drupa lädt der Bezirksfachbereich FB 8 Düsseldorf/Linker Niederrhein am 7. Juni ab 18 Uhr zur Veranstaltung »Zukunft der Druckindustrie« ein. Mit Dr. Heike Krämer (Bundesinstitut für Berufsbildung), Frank Werneke (ver.di) und Jens Neutag (Kabarettist). Ort: DGB-Haus Düsseldorf, Artur-HauckSaal, Friedrich-Ebert-Str. 34 – 38. 8 D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 Vor 40 Jahren: Streik für Tarifautonomie Deutschland im Frühjahr 1976. In der Druckindustrie tobte ein Tarifkonflikt mit bis dato ungekannter Härte. Die ver.di-Vorläuferorganisation IG Druck und Papier hatte zum Streik aufgerufen. Der Unternehmerverband reagierte sofort mit flächendeckenden Aussperrungen. Zwar war die Grundkonstellation die übliche: Die Beschäftigten wollten angemessene Lohnerhöhungen, die Unternehmer wollten sie nicht zugestehen. Doch es ging um viel mehr. Die IG Druck und Papier kämpfte auch für ihre Autonomie, gegen staatliche Vorgaben in der Tarifpolitik. Als einzige Gewerkschaft. Und am Ende mit Erfolg. | Daniel Behruzi »Man hat als Kollege gespürt, dass die Gewerkschaft was will«, erinnert sich Berthold Balzer, der seinerzeit als Schriftsetzer in einer kleinen Druckerei im hessischen Lauterbach arbeitete. »Es war der erste strukturierte Arbeitskampf in der Branche, der mit vielen Versammlungen, Diskussionen und Infoblättern vorbereitet wurde.« Nach einer sehr intensiven und transparent geführten Debatte beschloss die gewerkschaftliche Tarifkommission ihre Forderung: Erhöhung der Facharbeiterlöhne um neun Prozent und eine überproportionale Steigerung für Hilfskräfte. Schon das war ein Politikum. Denn die Bundesregierung hatte in ihren »Lohnleitlinien« beschlossen, dass die Einkommen nur um fünf Prozent steigen sollten – was Reallohnverluste bedeutet hätte. Die IG Metall schloss nur wenig darüber, bei 5,4 Prozent ab. Fortan galt dies als »tarifpolitische Schallmauer«, die von keiner Gewerkschaft durchbrochen werden sollte. Das gängige Argument: Angesichts der ersten großen Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit sollte eine »zurückhaltende Lohnpolitik« den Unternehmen Investitionen erleichtern und damit Arbeitsplätze sichern. Die Erfahrungen der Drucker und Setzer waren jedoch ganz andere: Die technologischen Umbrüche – wie die Umstellung von Blei- auf Fotosatz – hatten zur Folge, dass größere Investitionen meist einen dramatischen Stellenabbau nach sich zogen. Die Rechnung des sozialdemokratischen Kanzlers Helmut Schmidt, »die Gewinne von heute sind die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen«, ging ganz offensichtlich nicht auf. Schon deshalb waren die Belegschaften nicht bereit, auf Lohnerhöhungen zu verzichten. Massenhafte Aussperrungen »Es ging für uns auch um Grundsätzliches«, betont Ernst Heilmann, der sich als junger Drucker am Arbeitskampf beteiligte. »Die Gewerkschaft wollte über ihre Tarifpolitik selbst bestimmen und sich nicht vorschreiben lassen, wie viel sie zu fordern hat.« Für die Unternehmer war es ebenfalls ein fundamentaler Konflikt, den sie mit allen Mitteln führten. So verkündete der Bundesverband Druck am 28. April 1976 – nur vier Stunden nachdem die Gewerkschaft zu ersten Arbeitsniederlegungen aufgerufen hatte – flächendeckende Aussperrungen. 16.000 Streikenden standen plötzlich 68.800 Ausgesperrte gegenüber. Vor allem die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hatte auf die ersten bundesweiten Aussperrungen der Nachkriegsgeschichte gedrängt. »Wir standen vor dem Betrieb und haben unsere Arbeitskraft angeboten, aber sie haben uns nicht reingelassen«, erzählt Ernst Heilmann, der seine Ausbildung in einer kleinen Hamburger Druckerei absolvierte. »Das war heftig, so was hatte es bis dahin noch nicht gegeben.« Auf einmal standen tausende Beschäftigte auf der Straße. Und das kurz vor dem 1. Mai. Die traditionellen Maikundgebungen wurden zu großen Solidaritätsdemonstrationen für die Drucker. Auch wenn es im DGB einige Kritik an den Forderungen der IG Druck und Papier gegeben hatte – angesichts der massenhaften Aussperrungen rückten die Gewerkschaften zusammen. Während eines Schlichtungsversuchs beendete der Unternehmerverband die Aussperrung. Doch die Tarifkommission der IG Druck und Papier lehnte den Schlichterspruch von 5,9 Prozent plus sozialer Komponente einstimmig ab. »Im Streik und wegen der Aussperrung war eine Dynamik entstanden, sodass sich die Kollegen darauf nicht mehr einlassen wollten«, erklärt Berthold Balzer diesen Beschluss. Der Streik wurde wiederaufgenommen – als »Totalstreik« mit fast 70.000 Beteiligten. Kein »Tapezierer-Streik« Und das sei kein »Tapezierer-Streik« gewesen, betont der Gewerkschafter. Soll heißen: Die Kolleginnen und Kollegen blieben während des Arbeitskampfs nicht zu Hause und tapezierten ihre Wohnung, sondern waren aktiv. So zum Beispiel, als bekannt wurde, dass ein ehemaliger Maschinensetzer der »Fuldaer Zeitung« versuchte, eine Notausgabe zu machen. Er arbeitete mittlerweile in der Verwaltung eines Städtchens in der Rhön. »Wir sind alle rausgefahren und haben den Bürgermeister des Ortes rausgeholt, damit er seinen Angestellten zurückpfeift – das hatte Erfolg«, so Berthold Balzer. Auch die Auszubildenden engagierten sich. »Einmal haben wir in der Berufsschule einen Streik organisiert und sind mit allen Klassen zur Kundgebung gegangen«, berichtet Ernst Heilmann. »Der Lehrer hatte nichts dagegen – er war Gewerkschaftsmitglied.« Am 13. Mai einigten sich beide Seiten schließlich auf einen Kompromiss: Die Löhne wurden um sechs Prozent plus Einmalzahlung erhöht. Rechnerisch bekamen die Beschäftigten dadurch 6,3 Prozent mehr, die unteren Lohngruppen profitierten stärker. »Sicherlich war der Abschluss, betrachtet man allein die Zahlen, kein glänzender Erfolg«, zog der spätere IG-Medien-Vorsitzende Detlef Hensche in einem Buchbeitrag Bilanz. Dennoch sei es ein Foto: Bonner Fotografen /dpa Der Streik und die Medien Begleitet wurde der Tarifkonflikt von einer Hetzkampagne der Medien. Eine Untersuchung des Instituts für Publizistik der FU Berlin kam zu dem Schluss: »Statt eine ausgewogene Vermittlung von Informationen und Meinungen zu bieten, beschränkt sich die Berichterstattung eindimensional auf eine fast ausschließliche Darbietung der Unternehmerstandpunkte bei gleichzeitiger Unterdrückung des Gewerkschaftsstandpunktes.« In manchen Fällen provozierte dies den aktiven Widerstand der Belegschaften. So sollten in der »Frankfurter Neuen Presse« und in der »Bild« am 4. Mai 1976 diffamierende Kommentare erscheinen. Die Beschäftigten der Frankfurter Societätsdruckerei und von Madsack in Hannover forderten daraufhin den Abdruck einer eigenen Stellungnahme und drohten mit Wiederaufnahme des ausgesetzten Streiks. Die Chefredaktionen entschieden schließlich, den betreffenden Kommentar aus dem Blatt zu nehmen – was den Druckern freilich sofort den Vorwurf des »Eingriffs in die Pressefreiheit« einbrachte. Eine wichtige Erkenntnis aus dem Streik von 1976 war, dass die gewerkschaftlichen Medien selbst stärker genutzt werden müssen. Während des Arbeitskampfs erschien die DRUCK+PAPIER im Zweitagesrhythmus. In den folgenden Auseinandersetzungen 1978 und 1984 legte die Gewerkschaft auf gute Öffentlichkeitsarbeit ein noch deutlich größeres Augenmerk. 9 Fotos (2): dpa D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 Ausgesperrte Drucker protestieren am 30. April 1976 vor dem Verlagshaus von Gruner + Jahr in Hamburg (Foto links oben). Demo der IG Druck und Papier am 12. Mai 1976 in Berlin-Kreuzberg (oben). Mit dabei: Schriftsteller Günter Grass (3.v.r.). Kanzler Helmut Schmidt (SPD) und seine Regierung wollten den Gewerkschaften »Lohnleitlinien« vorschreiben (unten). Die IG Druck und Papier ließ sich das nicht gefallen. politischer Erfolg gewesen. »Es war ein Kampf um die Tarifautonomie und um die gewerkschaftliche Handlungsfreiheit. Es war ein Sieg über die herrschende Ideologie, nach der die Arbeiter und Angestellten nur still ihre Opfer bringen sollten – auf dem Altar des imaginären Wachstums und angeblich arbeitsplatzschaffender Investitionen. Es war ein Zeichen, dass Widerstand auch in der Krise nicht nur notwendig, sondern auch möglich ist.« F ak t e n 1. Welle: 16.000 Streikende, bis zu 68.800 Ausgesperrte 2. Welle: bis zu 70.000 Streikende Statt 21,5 Millionen Tageszeitungen wurden während des Streiks nur etwa 1,5 Millionen Exemplare gedruckt. D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 M e l du n g E N Betriebsratswahl nach Entlassungen Nachdem 72 Beschäftigte der Druckerei Albert Horn im hessischen Hattersheim im Januar gekündigt wurden, haben sich die rund 140 verbliebenen Kolleginnen und Kollegen auf Initiative von ver.di zur Wahl eines Betriebsrats entschlossen. Denn im Zuge der Entlassungen hat sich gezeigt, dass Beschäftigte gerade in solchen Situationen eine Interessenvertretung brauchen. »Ohne Betriebsrat entscheidet der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei über Betriebsänderungen, zum Beispiel eine Teilschließung«, erläutert ver.di-Landesfachbereichsleiter Manfred Moos. Zudem wollen einzelne ver.di-Mitglieder im Betrieb tarifliche Ansprüche geltend machen, die ihnen bislang zum Teil verweigert wurden. Die Druckerei, die hauptsächlich Glückwunschkarten produziert, ist an den Tarifvertrag der Papierverarbeitung gebunden. C.H.Beck verweigert weiterhin Tarifvertrag Im Konflikt um einen Tarifvertrag für die gut 80 Beschäftigten der C.H.Beck-Druckerei in Nördlingen (siehe D+P 1.2016) sah es zwischenzeitlich nach einem Kompromiss aus. Demnach sollten der zum Jahreswechsel gekündigte Überleitungstarifvertrag unverändert wieder in Kraft gesetzt, die Wochenarbeitszeit vorübergehend um 2 auf 37 Stunden angehoben und betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2018 ausgeschlossen werden. Zudem sollte ein neuer Bolero-Klebebinder mit eigenen Beschäftigten und nicht per Werkvertrag betrieben werden, was 10 bis 15 Arbeitsplätze sichern würde. Doch von diesen Zusagen rückte die Geschäftsleitung wieder ab und verweigerte die Unterschrift unter einen entsprechenden Tarifvertrag. Protest ignoriert Bonner »General-Anzeiger« schließt Druckerei | Gundula Lasch Auf dem Bottlerplatz, vor der Geschäftsstelle des Bonner »GeneralAnzeigers«, wehen rote ver.di-Fahnen. Über 100 Beschäftigte sind am Mittag des 5. März zu einer Kundgebung zusammengekommen und machen auf Transparenten deutlich, worum es ihnen geht: »Druckerei erhalten! Gegen Massenentlassung und Altersarmut!« Doch schon zehn Tage später endet in der Druckerei des »General-Anzeigers« die letzte Schicht. Am 11. Februar hatte die Geschäftsführung des Blatts verkündet, die hauseigene Druckerei kurzfristig zu schließen und den Druckauftrag auszuschreiben. Das kostet die Jobs von rund 80 Beschäftigten – die Hälfte von ihnen Leiharbeiter. Ein Großteil der Stammbeschäftigten hat Jahrzehnte beim »General-Anzeiger« gearbeitet. Zum Beispiel der Drucker Max Zehnt, der seit 16 Jahren im Be- trieb ist. »Da setzt einer den Rotstift an und lässt eine ganze Mannschaft über die Klinge springen, die viele Jahre gute Arbeit geleistet hat – ein Unding«, kritisiert der 52-Jährige. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen will er die Schließung nicht ohne Protest hinnehmen. Unterstützung bekommen sie von ver.di, dem DGB, der SPD und der Linkspartei, und nicht zuletzt von ihrer Leserschaft. Rund 3.800 Menschen unterzeichneten eine Petition für den Erhalt der Druckerei. Verhandlungen abgebrochen Doch die Geschäftsleitung setzte sich über alle Proteste hinweg: Seit dem 14. März wird die Zeitung im Druckhaus der »Rhein-Zeitung« in Koblenz gedruckt. Der Redaktionsschluss in Bonn musste deshalb vorverlegt werden, Transportkosten entstehen. Das nehmen die rheinischen Verlegerfa- Protestaktion am 5. März in der Bonner Innenstadt Mitarbeitergeführtes Unternehmen abgelehnt Schon im November 2015 hatte der Betriebsrat des Bonner »General-Anzeigers« den Vorschlag unterbreitet, das Druckzentrum zukünftig als mitarbeitergeführtes Unternehmen wirtschaftlich zu betreiben: Gründung einer GmbH, Überführung des Produktionskapitals (Maschinen und Anlagen) vom Mutterkonzern, Ermittlung des Kapitalbedarfs und Varianten der Finanzierung (durch das Unternehmen, ehemalige Beschäftigte und Banken). Doch der Vorschlag wurde von der geheim tagenden Eigentümerversammlung ebenso abgelehnt wie eine Machbarkeitsstudie, die ver.di finanzieren wollte. Fotos (2): Jürgen Seidel 10 milien Neusser und Dumont (siehe Kasten) offenbar in Kauf. Betriebsrat und ver.di versuchten, sich mit dem Arbeitgeber über einen Sozialplan und Interessenausgleich sowie die Gründung einer Transfergesellschaft zu einigen. Doch schon nach der zweiten Runde brach Geschäftsführer Thomas Regge die Verhandlungen ab und kündigte die einseitige kurzfristige Gründung einer Transfergesellschaft an. Nun geht der Fall vor die Einigungsstelle. »Wir haben den Kündigungsvorschlägen des Arbeitgebers widersprochen«, berichtet der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Hinrik von Normann. Die Betroffenen müssen nun wohl nach neuen beruflichen Perspektiven suchen. So auch der 59-jährige Vitale Giovanni, der 23 Jahre beim Bonner »General-Anzeiger« gearbeitet hat. »Wo soll ich denn in meinem Alter noch einmal neu starten?« iben: nterschre n etition u p ts tä iger-bon ri e a Solid neral-anz e /g e .d e liseit www.so Gute Gewinne Der Bonner »General-Anzeiger« erscheint sechsmal wöchentlich mit einer Auflage von rund 72.000 Exemplaren. Der Verlag gehört zu 82 Prozent der H. Neusser Besitz- und Verwaltungs-GmbH und zu 18 Prozent der Kölner Mediengruppe M.DuMont-Schauberg GmbH und Co.KG. Die letzte veröffentlichte Bilanz des Verlages (2014) weist bei einem Umsatz von 47 Millionen Euro vor Abzug von Sonderbelastungen noch einen Rohgewinn vor Steuern von 4,6 Millionen Euro aus, dazu ein Bilanzkapital von fast 18 Millionen Euro. Wirtschaftliche Probleme sehen anders aus. D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 Gallisches Bergedorf Infos: Aktuelle n/ de/theme urg.verdi. b m a .h w ww g er-zeitun bergedorf Die nächsten Opfer des Kahlschlags im Funke-Konzern: Nachdem 2015 in den Druckzentren Hagen und Essen 120 Jobs vernichtet wurden, sollen nun 39 Arbeitsplätze in der Druckvorstufe der »Bergedorfer Zeitung« in Hamburg gestrichen werden. Doch die Beschäftigten weh- Foto: ver.di ren sich – und haben bereits für große öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt | Daniel Behruzi Beschäftigte der »Bergedorfer Zeitung« gehen wieder auf die Straße. Die Belegschaft der »Bergedorfer Zeitung« wird von manchen auch »das gallische Dorf« genannt. »Wir sind gewerkschaftlich gut organisiert und haben uns immer zur Wehr gesetzt«, erklärt die Betriebsratsvorsitzende Ingrid Lesniak. »Und jetzt müssen wir erneut auf die Straße.« Denn ohne Druck kommt man im FunkeKonzern – der die Zeitung im Zuge des großen Springer-Funke-Deals 2013/2014 übernommen hat – offenbar nicht weiter. Das zeigt schon die Art, wie das Management die Schließung der Druckvorstufe bekannt gab: Monatelang war eine Ausgründung angekündigt, doch dann wurde am 29. Februar plötzlich das komplette Aus für die Vorstufe verkündet. Einbeziehung des Betriebsrats in den Entscheidungsprozess? Fehlanzeige. Auch sonst macht der Medienkonzern deutlich, dass er wenig von Mitbestimmung und Tarifverträgen hält: Bereits Ende 2014 hatte die »Bergedorfer Zeitung« den Verband Druck und Medien Nordwest verlassen, ohne Betriebsrat oder Gewerkschaft auch nur zu informieren. Anfang dieses Jahres wechselte sie im Verband der Zeitungsverleger in den Status »ohne Tarifbindung«. Durch die Tarifflucht werden für alle Beschäftigten der »Bergedorfer Zeitung« die tariflichen Leistungen in Frage gestellt. Deshalb fordern ver.di und der Deutsche Journalisten-Verband, sämtliche Vereinbarungen im Rahmen eines Anerkennungstarifvertrags wieder in Kraft zu setzen. Für diese Forderung legten die Beschäftigten bereits zweimal die Arbeit nieder. Nach einem ersten Warnstreik in der Druckvorstufe am 1. März traten knapp eine Woche später Vorstufe, Verlag und Redaktion gemeinsam in einen mehrstündigen Streik. Beschäftigte halten zusammen »Dass die Kolleginnen und Kollegen zusammenhalten, hat bei uns Tradition«, sagt Betriebsrätin Lesniak. »Alle Beschäftigten fragen sich, wie ihre Zukunft aussieht, wenn nun als Erstes die Vorstufe geschlossen wird.« Denn bisher habe das Geschäftsmodell des Hamburger Blatts Quersubventionen erlaubt: Ging es der Vorstufe wirtschaftlich schlecht, konnte der Verlag aushelfen – und umgekehrt. Auch sozialverträgli- che Lösungen waren in früheren Krisenzeiten leichter zu finden, da Beschäftigte, deren Stelle wegfiel, in anderen Bereichen eingesetzt werden konnten. Die geplante Teilbetriebsschließung in Hamburg begründet die Geschäftsleitung mit einem konzerninternen Kostenvergleich. Betriebsrat und Gewerkschaft wollen ein Alternativkonzept vorlegen, um den Weiterbetrieb zu ermöglichen. Und sie setzen auf Öffentlichkeit. Mit ihren Aktionen haben die Beschäftigten bereits weit über die Stadtgrenzen hinaus Aufmerksamkeit erregt. Nicht nur Politiker verschiedener Fraktionen der Hamburger Bürgerschaft, sondern auch SPD-Abgeordnete des Bundestags fordern von Funke, sich der »medienpolitischen Verantwortung« zu stellen und die Zukunft der Regionalzeitung zu sichern. »Funke wollte die Beschäftigten überrumpeln«, sagt ver.di-Landesfachbereichsleiter Martin Dieckmann. »Aber diese haben sich gewehrt und binnen kurzer Zeit musste sich die Konzernleitung auf eine Weise rechtfertigen, wie sie es nicht gewohnt war.« Bundesweit haben sich etliche Betriebsräte, Gewerkschafter, Kirchenvertreter und viele andere mit den Bergedorfer Kolleginnen und Kollegen solidarisiert. »Auf dem Infobrett in der Druckvorstufe, wo die Soli-Schreiben aushängen, ist gar nicht mehr genug Platz«, freut sich Ingrid Lesniak. »Das ist eine tolle Motivation, nicht aufzugeben.« Mediengruppe Thüringen Jobabbau auch im Osten: Bei der Mediengruppe Thüringen streicht Funke rund 150 Stellen und bezeichnet das auch noch als »Zukunftsprogramm«: www.bit.ly/funkJob 11 M e l du n g E N Mondi schließt Werk Die Mondi Group legt ihr Werk im westfälischen Sendenhorst still. Der Betrieb, in dem seit 1968 unter wechselnden Eigentümern Industriesäcke für die Baustoffbranche, die chemische Industrie und die Landwirtschaft hergestellt werden, stellt spätestens Ende Oktober die Produktion ein. 120 Beschäftigte verlieren ihren Job. Das, obwohl der Konzern seinen operativen Gewinn 2015 um satte 25 Prozent steigerte. ver.di-Sekretärin Ute Eggert kritisierte, das Werk sei ohne Not geschlossen worden. Sie betonte, das Unternehmen habe bei den Sozialplanverhandlungen keinerlei Verantwortung für die Standortschließung übernommen. »Und jetzt lesen wir, dass Mondi im letzten Geschäftsjahr einen Überschuss von 957 Millionen Euro erwirtschaftet hat.« -fb V o rmerke n Typotage 2016 Die 17. Tage der Typografie tragen den Titel »GERADE – Design und soziale Verantwortung« und finden vom 2. bis 4. September in BerlinWannsee statt. Als Mediengestalter/in, Grafikdesigner/in, Fotograf/in geht es nicht nur darum, Dinge »schön« zu machen. Mit der Form können auch Inhalte, die weit über eine Werbeaussage hinausgehen, visualisiert und transportiert werden. In den Vorträgen und Workshops bringen wir fachliche Weiterbildung und soziales Engagement zusammen. Es referieren u.a.: Dirk Uhlenbrock, Erste Liga, Essen; Petra Beiße, handlettering studio, Wiesbaden; Jörg Schmidt und Martin Stiehl, Institut für Gebrauchsgrafik, Frankfurt; Peter Reichard, Designmacherei, Offenbach Infos und Anmeldung: www.tage-der-typografie.de 12 D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 P o r t rä t Fotos (2): Thomas Einberger Aufgeben gibt’s nicht Hoch türmt sich das Mangfallgebirge hinter Brannenburg auf. Der Kirchbach plätschert ins Tal hinunter. Die Luft ist frisch, es riecht nach Dung und schon ein wenig nach Frühling, aber weiter oben fahren sie noch Ski. Karin Hoffmann steht mit ein paar Kollegen vor dem ver.di-Bildungszentrum und raucht. Ein Päuschen, bevor es im Seminarraum weitergeht. Sie genießt es, frei zu haben und nachdenken, lernen und diskutieren zu dürfen – bis spät in die Nacht, unter Gleichgesinnten. »Es werden Probleme gewälzt, es wird aber auch Blödsinn gemacht und gelacht und gefeiert«, sagt sie. Im Haus Brannenburg am nördlichen Alpenrand kann die 56-Jährige entspannen. Fern von Ulm und ihrer Firma im Industriegebiet Donautal. Fern auch von den Konflikten, an denen sie sich als Betriebsrätin täglich abarbeitet. »Kraft tanken, ist wichtig«, sagt sie zu. »Ich brauche Kraft für alles.« | Monika Goetsch Rund 220 Beschäftigte hat die Firma Höhn, die auf Verpackungen und Displays spezialisiert ist. Als ein Kollege Karin Hoffmann 1994 vorschlug, sich in den neunköpfigen Betriebsrat wählen zu lassen, war sie vor allem neugierig. Und fand es merkwürdig, »einzige Frau zwischen lauter Anzug- und Kofferträgern« zu sein. Inzwischen hat sich die einstige Männerdomäne verändert. Immer mehr Frauen sind nachgerückt. Karin Hoffmann wuchs in ihre Aufgabe hinein und machte sich immer unentbehrlicher. Seit zwei Jahren ist die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende freigestellt. Es gibt eine ganze Menge für sie zu tun. 2014 hat das Unternehmen vier Gesellschaften zur Höhn GmbH verschmolzen. Schon einige Monate zuvor wurde der Standort Biberach aufgelöst. Ende 2014 ist der Arbeitgeber aus dem Tarif ausgestiegen. Das Management sprach Kündigungen aus. Die Firma beschäftigte Leiharbeiter. Und unlängst wurden Verträge mit drei neuen Beschäftigten zu Konditionen abgeschlossen, die mit den früheren Verhältnissen nicht mehr viel zu tun haben: 40-Stunden-Woche, kein Tariflohn. Eine Ungerechtigkeit, die für Unfrieden sorgt und Ängste bei denjenigen Kolleginnen und Kollegen schürt, deren Löhne höher und deren Verträge besser sind. Schlechtes Betriebsklima Früher, erzählt Karin Hoffmann, habe die Arbeit Spaß gemacht. Das Betriebsklima war gut. Man aß gemeinsam in der Kantine, die inzwischen geschlossen wurde; man trank Kaffee aus echten Tassen, nicht aus Pappbechern wie heute. Alles hatte seine Ordnung, die Beschäftigten waren tariflich abgesichert. Doch seit der Juniorchef den Betrieb seines Vaters übernommen habe, sei dort »das Gespür für Gerechtigkeit und Menschlichkeit verloren gegangen«. Karin Hoffmann ist von der Politik der Firma, in der sie nun schon 35 Jahre lang arbeitet, mehr als enttäuscht. Die Gewerkschafterin sitzt in Gremien und Besprechungen, sie besucht die Kolleginnen und Kollegen an den Maschinen. Sie ist allseits beliebt, wird geschätzt für ihre Verbindlichkeit und Diskretion, hört zu, versucht zu helfen – und rennt doch immer wieder gegen Wände an. Das lässt sie nicht kalt, im Gegenteil. Sie kann nicht gut abschalten, nimmt alles mit nach Hause. »Die menschlichen Schicksale berühren sie«, sagt auch ihre Freundin Herlinde Foto: Kay Herschelmann D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 Beim ver.di-Bundeskongress im September 2015 in Leipzig Rohrbacher, die bei ver.di in Ulm arbeitet. Auch gesellschaftlich, findet Karin Hoffmann, liegt vieles im Argen. Die Kriege. Der Terror. Das aufgeheizte Klima um die Flüchtlinge. »Die Menschheit wird immer egoistischer«, sagt sie. »Jeder denkt nur an sein eigenes Wohlbefinden, die Solidarität bricht auseinander, in den Betrieben, im Privaten.« Das klingt pessimistisch. Aber ihr Blick ist freundlich, sie lacht viel und gern, strahlt Zuversicht und Tatkraft aus, die auch ihre Freunde schätzen. »Sie kann etwas umsetzen«, sagt ein Freund und Berater, Reinhard Gumz, ehemals Gewerkschaftssekretär in Ulm. »Und sie ist dabei sehr hartnäckig. Wenn sie jemanden überzeugen will, steigt sie dem auf die Zehen.« Auch wenn sie manchmal schier verzweifelt, sie resigniert nicht so schnell. Ihr Engagement hat unter den zwanzig Jahren Betriebsratsarbeit nicht gelitten. »Es ist sehr wichtig, dass man sich einsetzt, im Betrieb und in der Gesellschaft«, sagt sie. »Und es ist auch etwas sehr Schönes, das Gefühl zu haben, Gutes zu tun.« mit ihrem Mann oder ihrem Sohn, der inzwischen erwachsen ist und immer wieder zu Besuch kommt. Ist es richtig schlimm, guckt sie, ob »irgendein blöder, gut schmalziger Film kommt«, und legt sich auf die Couch. Nach besonders harten Tagen verbringt sie manchmal ganze Wochenenden auf dem Sofa. Aber sie geht auch gern in der Natur spazieren, um sich abzulenken, engagiert sich für die Ulmer Freidenker, trifft Freundinnen, geht schick aus, isst was Gutes – Schweinefilet mit Spätzle und Sauce, dazu ein Glas Württemberger Rotwein. Mal hilft eine Fußreflexzonenmassage zu entspannen, mal ein Opernbesuch. In Usedom hat die Familie eine kleine Ferienwohnung, die sie immer wieder für ein paar Tage bezieht. Und ab und zu findet Karin Hoffmann Abstand und Anregung auch bei einer Weiterbildung in wunderbarer Umgebung, wie im ober- bayerischen Brannenburg. »Die Verdrängung der Vernunft durch Irrationalität« lautet der Titel ihres Seminars. Es geht um ein Thema, das sie brennend interessiert: die Flucht vieler Menschen vor der Wirklichkeit, der weiträumige Trend zu Wellness und Esoterik und falschen Versprechungen. Karin Hoffmann will mehr darüber wissen, warum viele nur noch um den eigenen Nabel kreisen und woher die Angst, die Feindseligkeit, die Illoyalität kommen, die sie beobachtet. Miteinander kämpfen Und natürlich möchte sie wissen, wie man den Leuten Mut machen kann, sich der Wirklichkeit zu stellen, füreinander einzustehen, miteinander zu kämpfen. Denn sie ist überzeugt: »Wenn keiner mehr kämpft, haben wir alle verloren.« »Man lernt dazu« Das sei diese Überzeugung, dass man etwas verändern kann, erklärt auch Herlinde Rohrbacher. Ihre Freundin sei nun mal »ein kämpferischer Typ, mit großem Gerechtigkeitssinn, geradlinig und sehr engagiert«. Ein zupackender Mensch, auf den man sich verlassen könne. Die Jahre haben Karin Hoffmann gelehrt, bei den eigenen Überzeugungen zu bleiben, egal wie groß der Gegenwind sein mag. Und auch mal auf die Bremse zu treten und an sich selbst zu denken. Früher, erzählt sie, war sie eher eine, die für andere zurücksteckte. Inzwischen weiß sie, was sie selbst braucht, und setzt sich auch dafür ein. Das sei ja das Schöne am Älterwerden: »Man lernt dazu.« Wenn sie nach einem Arbeitstag voller Probleme nach Hause kommt, nimmt sie sich Zeit, zur Ruhe zu kommen. Sie diskutiert gern 13 Karin Hoffmann genießt die Natur und spannende Diskussionen im ver.di-Bildungszentrum Haus Brannenburg. 14 D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 A u s b i ld u n g s b e r u f e Leidenschaft für Bücher Maxine Musterfrau wird Medientechnologin Druckverarbeitung bei Clausen & Bosse in Leck | Stefan Zimmer Die große blaue Bolero von Müller-Martini schnurrt gleichmäßig vor sich hin. Die Maschine zieht sich einmal quer durch die ganze Produktionshalle. An einem Ende steht Maxine Musterfrau vor einem Touchscreen und überprüft die Produktion. Am anderen Ende verlassen eingeschweißte Päckchen mit dicken Taschenbüchern die Fertigungsstraße auf einem Förderband. Die Bolero trägt bedruckte Papierbögen zusammen, fräst die Ränder ab, leimt den Buchrücken ein und legt die Taschenbuchumschläge mit dem Die junge Frau ist im zweiten Ausbildungsjahr zur Medientechnologin Druckverarbeitung bei Clausen & Bosse. Die Buchdruckerei gehört zur CPI-Gruppe, einem der größten Unternehmen der europäischen Druckindustrie, und liegt in Schleswig-Holstein an der dänischen Grenze. Hier werden Taschenbücher und Hardcover von Kleinstauflagen bis zu Massenproduktionen von einer Million Exemplaren gedruckt, zum Beispiel der Bestseller »Fifty Shades of Grey«. Der relativ neue Ausbildungsberuf Medientechnologe Druckverarbeitung ersetzte 2011 den Industriebuchbinder. Neben der Spezialisierung auf die Buchproduktion gibt es Medientechnologen Druckverarbeitung auch noch für die Zeitungs- und Akzidenzherstellung. Aber bei Maxine war die Entscheidung klar: »Weil ich leidenschaftlich gerne Bücher lese. Früher hat mich nur der Inhalt interessiert. Jetzt, in der Ausbildung, kam das Interesse für die Hülle dazu. Was man da alles machen kann, die verschiedenen Veredelungsformen, das find ich toll.« Viele Möglichkeiten Und es ist einiges möglich in der industriellen Buchherstellung. Die Motive auf den Buchrücken verschönern Medientechnologen auch mit Glitzer- oder UV-Lack oder mit Hoch- oder Mikroprägungen. Und neben reinem Papier arbeiten sie mit edlen Ledereinbänden. »Wir verarbeiten Druckerzeugnisse und fügen die Einzelteile zu einem Endprodukt, dem fertigen Buch, zusammen«, umschreibt Maxine ihren Beruf. Das fängt beim Einrichten der Maschinen und Bindestraßen an und hört bei der Endkontrolle der fertigen Produkte auf. »Wir lernen, wie die verschie- denen Maschinen funktionieren und wie man sie im Notfall repariert«, so Maxine. Die industriellen Produktionsprozesse zu planen und auszuführen, sind zwar die Hauptbestandteile der Ausbildung, aber auch die Instandhaltung der Maschinenparks gehört zum Verantwortungsbereich ausgebildeter Medientechnologen. »Verschleißteile oder Kleinteile wechseln, so was machen wir, aber für komplette Reparaturen haben wir eine eigene Werkstattabteilung«, berichtet die Auszubildende. Damit das fertige Buch den strengen Qualitätskontrollen genügt, machen die Fachkräfte während der Produktion immer wieder Stichproben und justieren ihre Maschinen unter Umständen nach. »Bei einem Taschenbuch muss zum Beispiel die Rückenzeile exakt passen, der Umschlag darf sich nicht verschieben und die einzelnen Buchseiten müssen exakt abgefräst sein«, erklärt Maxine. Zur Ausbildung gehört auch der handwerkliche Ursprung des Berufs. »In einer Handbuchbinderei lernen wir, wie die ganze Produktion von Hand funktioniert, zum Beispiel für Kleinstauflagen«, so die angehende Medientechnologin. Nach der Ausbildung könnte sie sich daher auch vorstellen, in die handwerkliche Buchbinderei zu gehen oder sich in diesem neuen Beruf noch weiterzubilden. Als Druck- und Medientechnikerin oder Industriemeisterin könnte sie in die mittlere Führungsebene aufsteigen. »Ich würde mich freuen, hier bleiben zu können, aber ob ich übernommen werde, weiß ich momentan noch nicht«, so Maxine. Laut ihrem Betriebsrat Bernd Johannsen haben sich die Chancen dafür aber in den vergangenen Jahren verbessert, denn man wolle ja die Qualität im Hause halten. Auch außerhalb von Clausen & Bosse sähe Maxines berufliche Zukunft vielversprechend aus. Als Medientech- Foto: Privat passenden Anpressdruck um den Buchblock herum. nologin Druckverarbeitung beherrscht sie die unterschiedlichsten Maschinenparks im Buchdruck. Und den wird es immer geben, ist sie überzeugt. »Es ist immer etwas anderes, wenn man ein Buch in der Hand hat, darin blättern kann – das fehlt am Bildschirm halt schon.« Infobox Medientechnologe Druckverarbeitung ist eine dreijährige duale Ausbildung mit den Spezialisierungen zur Zeitungs-, Akzidenz- und Buchproduktion. Zu einzelnen Produktionsschritten gibt es noch verschiedene Wahlqualifikationen. Wesentliche Anforderungen: •Beobachtungsgenauigkeit •Verantwortungsbewusstsein •Reaktionsgeschwindigkeit und Entscheidungs- fähigkeit •Technisches Verständnis •Teamfähigkeit •Flexibilität für neue, individuelle Aufgaben Wesentliche Ausbildungsinhalte: •Verarbeitungsaufträge und Abläufe planen •Verarbeitungsanlagen einrichten und konfigurieren •Produktionsprozesse steuern und überwachen •Verarbeitungstechnologien und -prozesse erlernen •Instandhaltung von Verarbeitungsanlagen •Betriebliche Kommunikation Interaktive Infos unter www.karriere-papier-verpackung.de D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 I n t er n a t i o n a l e s Foto: Christian v. Polentz/transitfoto.de Solidarität bringt Durchbruch 15 B i l du n g s s t ä t t e Keine Flüchtlinge in Lage-Hörste Nach Angaben der Bezirksregierung Detmold gibt es keine Erfolgreicher Protest: Smurfit Kappa Polen verhandelt jetzt über Tarifverträge | Helma Nehrlich Pläne mehr, das Heinrich-Hansen-Haus in Lage-Hörste als Frühlingsbotschaft für die Smurfitgeblich, über kollektive Tarifregelunder Blockade und Tarifverhandlungen Notunterkunft für Asylsuchende zu nutzen. Welchem Kappa-Beschäftigten in Polen: Was gen zu verhandeln und die Arbeitsbe- für die Belegschaften der fünf polniZweck die ehemalige ver.diAnfang März noch als verhärteter dingungen zu verbessern. schen Werke. Konflikt erschien, wandelte sich binIn Polen selbst machten die BeBildungsstätte stattdessen dienen soll, ist noch unklar. »Der nen zwei Wochen in Hoffnung auf schäftigten mit Autokorsos und AkEuropaweite Unterstützung Verkaufsprozess ist angelaueinen baldigen Tarifabschluss. OffenDie Vertreter der polnischen ZZP tionen vor den Werkstoren auf ihre Forderungen aufmerksam. Doch das fen«, sagte Christoph Schmitz bar korrigiert das Management des waren wütend: Seit Jahren warben polnische Management verhandelte auf Nachfrage. Zu den Details irischen Verpackungsriesen seinen sie Mitglieder in den Smurfit-Kappazunächst nicht mit der Gewerkschaft. wollte sich der ver.di-Sprecher Kurs gegenüber den polnischen BeWerken in Gdansk, Pruszkow und Stattdessen sollte es Lohnaufschläge anderswo. Ein beträchtlicher Teil der nicht äußern. legschaften. für Einzelne nach Gutdünken geben. rund 600 Produktionsarbeiter ist beEntschieden ist hingegen, Am 1. März 2016 sah es noch so ZZP-Sprecher Rafal Tomasiak kritiwie es mit den Beschäftigten aus: In einem Nobelhotel im Berliner reits eingetreten – unter schwierigen der Bildungsstätte weitergeht. Stadtzentrum spricht Konzernchef Bedingungen: Gewerkschaftssekresierte: »Unsere Beschäftigten in den »Deutlich mehr als die Hälfte« Tony Smurfit vor Branchenvertretern täre durften zeitweise nicht in die Be- polnischen Werken liefern Qualität. von ihnen seien auf andere über die weitere Expansion des Osttriebe, Vorarbeiter waren angehalten, Sie haben ein Recht, bei Entlohnung und Arbeitsbedingungen mitzureden.« Stellen vermittelt worden: Gespräche am Arbeitsplatz zu untereuropageschäfts. Draußen stehen Gewerkschafter der polnischen Poly15 innerhalb von ver.di binden, ZZP-Infomaterial sollte nicht Gewerkschaft erhält Zugang und drei weitere zu einem graphie-Gewerkschaft ZZP, des Dach- verteilt werden. Dagegen wehrten Aktionen wie die in Berlin und die sich die polnischen Kollegen, machanderen Arbeitgeber in der verbandes UNI Global Union sowie Ankündigung einer europaweiten Region. »In einigen wenigen von ver.di. Sie erinnern den Vorstand ten die Verhältnisse öffentlich und UNI-Kampagne führten schließlich Fällen« hätten Kolleginnen und an den Unternehmenskodex, der erhielten europaweit Unterstützung. zum Durchbruch. Bei der UNI-EuroKollegen einen Aufhebungsallen Belegschaften GewerkschaftsIn einem Protestbrief forderten euund Arbeitnehmerrechte zusichert. vertrag unterzeichnet und ropäische Schwestergewerkschaften pa-Konferenz in Rom am 16. März Denn in Polen versucht die ZZP vereine Abfindung genommen von Smurfit Kappa Polen ein Ende überbrachten ZZP-Kollegen die oder seien vorzeitig in RuheErfolgsnachricht: Lohnerhöhungen von vier bis sechs Prozent für alle stand getreten, so Schmitz. gewerblichen Beschäftigten sind nun Den entsprechenden Sozialzugesichert, auch Prämien für lange plan hatte der Betriebsrat im Betriebszugehörigkeiten. UnverzügDezember unterzeichnet. lich beginnen Verhandlungen über Lohntabellen und Eingruppierungen. I mpre s s um Die eigentlichen Tarifverhandlungen DRUCK+PAPIER – die ver.disollen im Sommer starten. Branchenzeitung – erscheint Außerdem: Die ZZP erhält regugedruckt für die Mitglieder der lären Zugang zu den Betrieben, darf Alt-Fachgruppen Druckindustrie dort Infoständer aufstellen, Ausund Zeitungsverlage sowie Pahänge anbringen und ihre Mitglieder pier- und Kunststoffverarbeitung versammeln. »Dzie˛ kuje˛ bardzo« – als Beilage zur ver.di-MitgliederDanke für die solidarische Unterstützeitung PUBLIK. 154. Jahrgang. Herausgeber: Vereinte Dienstzung, hieß es deshalb in Rom. Protestaktion am 1. März in Berlin leistungsgewerkschaft, Bundesvorstand/Fachbereich Medien, Semi n ar Kunst und Industrie, Frank nehmensberatung) sowie Unternehmens- und BeschäfBsirske und Frank Werneke. Verlagskonferenz für Betriebsräte tigtenvertretern aus Verlagshäusern. Redaktion: Daniel Behruzi, Die digitale Transformation in den Verlagen!? Was ist Michaela Böhm, Andreas das? Was passiert da? In welcher Weise sind Beschäf5. – 6. Juli 2016 in Berlin, Seminargebühr: 345 Euro Fröhlich (verantwortlich), PaulaThiede-Ufer 10, 10179 Berlin, plus Hotelkosten (99 Euro). Freistellung und Kostentigte und deren Interessenvertretungen davon betrofTelefon: 030.6956-2318, fen? Wie sieht eine bestmögliche Unterstützung der übernahme gem. §§ 37.6 i.V.m. 40 BetrVG sowie nach Telefax: 030.6956-3654, betrieblichen Akteure und insbesondere der Betriebsräte § 65 Abs.1 i.V.m. § 37 Abs. 6 BetrVG und § 96 Abs. 4 [email protected]. aus? Das werden wir im Plenum und in Praxisforen und 8 SGB IX Korrektorat: Hartmut unter anderen diskutieren mit: Frank Werneke (stellverBreckenkamp. Design und Dieses und weitere Seminare findet ihr unter: tretender ver.di-Vorsitzender), Horst Röper (FORMATT Vorstufe: werkzwei, Detmold. Medienforschungsinstitut), Christian Hasselbring (Unter- www.verlage-druck-papier.verdi.de/service/seminare Druck: apm AG, Darmstadt. 16 D R U C K + PA P I E R 2 . 2 0 1 6 Hi s t o ri s c h e Serie 1900 1950 2000 150 Jahre jung »Von der Buchdruckergewerkschaft zu ver.di« heißt das Motto i n diesem Jubiläumsjahr. Wir erinnern an Wegmarken. Druck+Papier kann das auf eigene Weise tun, denn unsere Branchenzeitung hat diese Entwicklung von Beginn an dokumentiert. Besonnenheit bewahren Im Kampf um den Neunstundentag kam es im Oktober 1891 zum Bruch der »Tarifgemeinschaft« aus gewerkschaftlichem Buchdruckerverein und dem Buchdruckerverband der Prinzipale. Zwischen beiden war 1873 – nach 14-wöchigem Streik – erstmals ein Flächentarifvertrag vereinbart worden. Im »Neunstundenkampf« um eine Stunde weniger Arbeitszeit brachen die Prinzipale jegliche Gespräche ab. Der folgende Streik brachte den Gehilfen im Januar 1892 eine böse Niederlage. Die Gewerkschafter müssten der Tarifgemeinschaft »keine Thräne nachweinen«, man sei vielmehr »von einem drückenden Alpe befreit«, könne »nun wieder frei aufatmen«, schrieb der spätere Redakteur Ludwig Rexhäuser zuvor auf der Titelseite des »Correspondent« vom 18. Oktober 1891: »Wohlan denn, die vermeintlichen Retter des Gewerbes werden bald genug einsehen, was für einen Streich sie sich selbst gespielt haben, dadurch, dass sie mit der schroffen Abweisung der Verkürzung der Arbeitszeit den Verhandlungen der Tarifkommission ein so jähes Ende bereiteten. Oder wollte man die Gehilfenvertreter nur erschrecken, um sie zum Abstehen von ihrer Hauptforderung zu veranlassen? Uns scheint es so, wenn wir bedenken, dass der hierauf gerichtete Einfluss auf die Prinzipalvertreter von Leipziger Verlagsbuchhändlern, welche doch allein an der Niedrighaltung des Tarifs ein wesentliches Interesse haben, ausgegangen ist. Am Abende vor dem Abbruche der Verhandlungen hatten sich einige Prinzipalvertreter dahin ausgesprochen, einen versöhnlichen Ausgleich herbeizuführen, doch scheinen sie am Morgen des folgenden Tages zu einer entgegengesetzten Meinung gebracht worden zu sein und zwar durch die Leipziger Prinzipale, welche gleichzeitig Selbstverleger sind. Die Gehilfen haben die Besonnenheit bewahrt, sie haben sich nicht ins Bockshorn jagen lassen. Sie werden vorläufig ihre Forderung ... vertagen, nicht aber von derselben abstehen ... Gewiss werden die Gehilfen sich stets bereit halten, ihrer Forderung nach Herabsetzung der täglichen Arbeitszeit auch den nötigen Nachdruck durch eventuelle Arbeitseinstellung zu geben, doch betrachten sie diese immer nur als äußerstes Mittel, um zum Ziele zu gelangen, zu einem unüberlegten Streiche werden sie sich aber selbst durch geschicktere Kniffe als den zuletzt angewandten nicht verleiten lassen.« -neh A U F L Ö S U N G U N D G E W I NN E R / I n n e n D E S P R E I S R Ä TS E LS Ziffern im Schriftsatz – eine Wissenschaft für sich »Mediäval«, das Lösungswort des letzten Preisrätsels, kommt aus dem Lateinischen und bedeutet »mittelalterlich«. Mediävalziffern werden seit dem 12. Jahrhundert verwendet, als die arabischen Ziffern die römischen abzulösen begannen, so Wikipedia. Während Versalziffern von 0 bis 9 in Druckschriften alle gleich breit sind und alle Mediävalziffern: die Höhe von Corporate ASC , Demi, 32 pt Großbuchstaben (Versalien) aufweisen, haben die Mediävalzif- Versalziffern: fern 0, 1 und 2 Corporate A, Demi, 32 pt 1234567 1234567 die Höhe von Kleinbuchstaben (Minuskeln), die 3, 4, 5, 7 und 9 Unterlängen sowie die 6 und 8 Oberlängen von Kleinbuchstaben. Außerdem sind die Dickten von Mediävalziffern variabel und dem Charakter der jeweiligen Schrift angepasst. Mediävalziffern wirken innerhalb von fortlaufendem P R I M A S K O N S U M Text harmonischer L T R E G A L A O A D E B A R M I K A D O und eleganter N M E D I A E V A L R als Versalziffern. M T E R L D R P A P E R E S I G E L Letztere wiederum A N A I R A D E R I A sorgen in Tabellen L A K U N E U M F A N G E G O N F E S I D E E und anderen ZahlE Z I F F E R N K kolonnen für mehr O R D E R F O E S E R L O A G E N S O H Übersichtlichkeit. M I M I K T S A L T O (hem) Die Gewinner/innen des Rätsels in DRUCK+PAPIER 1.2016 sind: 1. und 2. Preis: 01109 Dresden; 16761 Henningsdorf (je ein Grafikband) 3. Preis: , 33332 Gütersloh (Plakat aus Büttenpapier mit Setzkastenplan) 4. und 5. Preis: , 31547 Rehburg-Loccum; , 49586 Merzen (Kurzgeschichten »Risse im Balkon«) 6. und 7. Preis: , 73527 Schwäbisch Gmünd; , 06246 Bad Lauchstädt (ver.di-Kaffee aus fairem Handel, 500 g) 8. und 9. Preis: , 79110 Freiburg im Breisgau; , 89079 Ulm (ver.di USB-Stick) 1 2
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