polizeipräsidium münchen

POLIZEIPRÄSIDIUM MÜNCHEN
PB 1 - Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
SONDERBEILAGE
München, 02.05.2016
Tel. 089/ 2910-2432
Pressekonferenz zum Kriminalitätsphänomen „Enkeltrickbetrug“
- Festnahme von Enkeltrickbetrügern Teilnehmer:
Hubertus Andrä, Polizeipräsident
Florian Weinzierl, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft München I
Clemens Merkl, Leiter des Kriminalfachdezernates 3
Die perfide Masche des Enkeltrickbetruges: Mit den Worten „Rate mal, wer hier spricht“
oder ähnlichen Formulierungen melden sich die Betrüger bei dem Enkeltrick per Telefon.
Sie geben sich als Verwandte, Enkel oder auch als gute Bekannte aus und bitten um
Bargeld. Als Grund wird oft eine Notsituation oder ein Immobilienkauf vorgetäuscht.
Die Anrufer sind professionell geschult und setzen ihre Opfer psychisch unter Druck. Sie
erläutern den Betroffenen eindringlich, dass sie das Geld sofort beschaffen müssen und
verpflichten sie zur Verschwiegenheit.
Wie wichtig die Bekämpfung dieses Deliktphänomens ist, macht Polizeipräsident
Hubertus Andrä deutlich. Hierfür wurde im Jahr 2012 die Ermittlungsgruppe (EG)
„Enkeltrick“ gegründet, da die vermehrt auftretenden Fälle im Alltagsbetrieb beim damals
noch zuständigen Kommissariat 65 für Trickbetrug nicht mehr mit der nötigen Intensität
bearbeitet werden konnten. Im Jahr 2014 wurde die Ermittlungsgruppe, in der 14
Mitarbeiter tätig sind, an das Kriminalfachdezernat 3 für Organisierte Kriminalität
angegliedert. Allein an der organisatorischen Zuständigkeit erkennt man die hohe
Priorität, mit der sich die Münchner Polizei um diese besonders hinterhältige Form der
Kriminalität kümmert.
Im Bereich des Polizeipräsidiums München (Stadt und Landkreis München) wurden im
Jahr 2015 über 800 Enkeltrickbetrugsfälle erfasst. Bei dieser erschreckenden Anzahl kam
es zu einem Gesamtschaden von über 600.000 Euro. Im Vergleich zum Vorjahr 2014,
bei dem 528 Fälle und eine Schadenssumme von knapp 500.000 Euro angezeigt worden
sind, war dies eine beachtliche Steigerung.
Im Dezember 2015 konnte die EG „Enkeltrick“ dem Polizeipräsidenten Andrä mit einem
großen Ermittlungserfolg einen Herzenswunsch erfüllen. Nachdem ein aufmerksamer
Bankmitarbeiter einen versuchten Enkeltrickbetrug erkannt hatte und unverzüglich die
Polizei „110“ verständigte, konnte nicht nur ein Enkeltrickbetrug verhindert werden, indem
ein Geldabholer von der EG „Enkeltrick“ festgenommen worden ist, sondern es konnten
auch die Hintermänner in Polen festgenommen werden. Damit ist nicht nur einer
Münchner Bürgerin ein hoher finanzieller Schaden erspart geblieben, auch gelang es
erstmalig in Deutschland einen Abholer und zeitnah die Hintermänner im Ausland
festzunehmen. Im Verlauf der Ermittlungen erfolgten noch zwei weitere Durchsuchungsund Festnahmeaktionen in Polen.
Herausgeber: Polizeipräsidium München, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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Die Hintermänner sind die Profis, betont Andrä. Sie sind es, die durch geschickte
Gesprächsführung die Opfer veranlassen, ihr Erspartes wildfremden Menschen in gutem
Glauben anzuvertrauen. Der wirtschaftliche Ruin ist oft das traurige Ende eines zunächst
harmlosen Anrufes.
Kriminaldirektor Clemens Merkl macht deutlich, wie entscheidend die gute
Zusammenarbeit mit polnischen Polizeibeamten zur Bekämpfung des Enkeltrickbetruges
ist. So wäre die aktuelle Festnahmeaktion in Polen ohne die schnelle Mithilfe der
polnischen Behörden undenkbar gewesen.
Die hervorragende Zusammenarbeit zwischen der Münchner Polizei und den polnischen
Behörden resultiert aus dem JIT (Joint Investigation Team) Abkommen, welches im Mai
2015 zwischen der Staatsanwaltschaft München I und der Warschauer
Staatsanwaltschaft geschlossen worden ist. Der Staatsanwalt als Gruppenleiter, Herr
Florian Weinzierl, erörtert das Abkommen und stellt drei Vorteile in den Vordergrund.
Dies sind feste Ansprechpartner bei den Staatsanwaltschaften und bei den
Polizeibehörden,
gerichtsverwertbarer
Erkenntnisstandaustausch
und
Kostenübernahmen von EUROJUST (The European Union´s Judicial Cooperation Unit).
Clemens Merkl zieht positive Bilanz aus dem JIT-Vertrag und macht es an der von den
polnischen Polizeibeamten durchgeführten Festnahmeaktion deutlich:
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Enge Kooperation mit dem benachbarten Ausland, München als Bindeglied der
operativen Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschland
Identifizierung und Durchsuchung von drei "operative Schaltstellen" in Breslau, Posen
und Danzig
15 Personen wurden in Polen festgenommen, aus denen 4 Inhaftierungen resultierten
Sicherstellung von mehr als 100 SIM-Karten, 50 Mobiltelefonen, 9 Tablet-PCs,
mehreren hochwertigen Uhren und Bargeld in verschiedenen Währungen
Analysen ergaben, dass die Täter teilweise im Minutentakt alte Menschen in
Deutschland anrufen.
Auslieferung von zwei Tatverdächtigen nach München;
Allein im Fall Breslau konnten mehr als 700 Opferanrufe ausgewertet werden, von denen
ein Großteil allerdings bloße Anwählversuche waren. Bislang können der Breslauer
Gruppierung mehr als 700 versuchte Straftaten und 10 vollendete Enkeltrickdelikte
zugeordnet werden.
Im Bereich des Münchner Polizeipräsidiums ist im Jahr 2016 noch kein vollendeter
Enkeltrickbetrug bekannt geworden. Auch sind die polizeibekannten Enkeltrickversuche
im Vergleichszeitraum von Anfang 2015 bis Ende April 2015 mit 273 Versuchen und 6
vollendeten Taten, auf 51 Versuche und keine vollendete Tat im Vergleichszeitraum von
Anfang 2016 bis Ende April zurückgegangen. Der starke Rückgang von über 75% steht
im Zusammenhang mit der gemeinsamen Festnahmeaktion.
Polizeipräsident Andrä lobt ausdrücklich das JIT-Abkommen. Sein Ziel ist es, nicht nur
beim Enkeltrick die internationale Zusammenarbeit weiter zu verbessern, um aus dem
Ausland agierenden Tätern noch schneller habhaft zu werden. Des Weiteren spricht
Polizeipräsident Andrä seinen Dank an die Münchner Banken und alle Beteiligen aus,
die sich aktiv an der Verhinderung von Enkeltrickbetrügereien beteiligen.
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Polizeipräsident Andrä bittet, die folgenden Tipps zu beherzigen:
Seien Sie misstrauisch, wenn sich jemand am Telefon nicht mit seinem Namen vorstellt.
Vergewissern Sie sich, ob der Anrufer wirklich die vermeintliche Person ist - rufen Sie am
besten unter der ihnen bekannten Nummer zurück und lassen Sie sich den Sachverhalt
bestätigen.
Erzählen Sie keine Details zu Ihren familiären oder finanziellen Verhältnissen. Übergeben
Sie niemals Geld an unbekannte Personen.
Am idealsten ist es, wenn sie sofort ein Telefongespräch beenden, sobald Ihr
Gesprächspartner Geld von Ihnen fordert.
Informieren Sie bitte umgehend die Polizei unter dem Notruf 110, wenn sich solche
Anrufe ereignet haben.
Natürlich brauchen wir auch die Mitarbeit und Aufmerksamkeit aller Bürgerinnen und
Bürger. Immer wieder konnten wir Täter auf frischer Tat festnehmen, weil aufmerksame
Zeugen, wie Verwandte oder Bankmitarbeiter, sofort zum Telefon gegriffen und die 110
gewählt hatten, nachdem Ihnen die Situationen, in der sich die angerufenen Opfer
befanden, verdächtig vorkamen.
Sollten Sie bereits Opfer eines vollendeten Enkeltrickbetrugs geworden sein, wenden Sie
sich bitte ebenfalls umgehend an die Polizei. Ich kann verstehen, dass man aus
Schamgefühl, Selbstzweifeln oder Angst vor Vorwürfen eine vollendete Tat verschweigen
möchte. Aber auch im Nachhinein gibt es Möglichkeiten für die Polizei, Täter zu ermitteln.