Erklärvideos machen

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Erklärvideos machen
Erklärvideos werden oft «Schulbücher der Zukunft» genannt. Kurze und kompakte
Videoclips erklären dabei einen Sachverhalt. Der Mitinhaber einer Werbeagentur und
Creative Director Othmar Geser hat im Auftrag einer Bank zu sieben Unterrichtsmodulen
zum Thema Finanzen Erklärvideos realisiert. Er erklärt, worauf es bei der Produktion von
Erklärvideos ankommt und gibt Lehrpersonen Tipps für erfolgreiche Gestaltung.
«Erklärvideos sind ein ebenso zeitgemässes wie wirkungsvolles
Instrument zur Vermittlung von Botschaften.»
Othmar Geser, Creative Director und Autor von Erklärvideos
Herr Geser, weshalb haben Sie nach der
obligatorischen Schulzeit (k)eine
Berufslehre absolviert?
Das war keine bewusste Entscheidung.
Berufslehre oder rein schulische
Ausbildung – diese Frage habe ich mir
damals gar nicht gestellt. Der Zufall spielte
hier für mich: Ich erhielt gleich beim
ersten Versuch eine Lehrstelle als Grafiker.
Entscheidend für mich ist immer die
Begeisterung, das Herz, die Leidenschaft
für eine bestimmte Sache – und nicht ob
man die Ausbildung in der Schule
absolviert oder eine Lehre in einem
Betrieb macht.
Sie haben für Money-Mix, einem
schulischen Aufklärungsprojekt zum
Umgang mit Geld, Erklärvideos realisiert
– weshalb haben Sie sich gerade für
dieses Medium entschieden?
Erklärvideos sind ein ebenso zeitgemässes
wie wirkungsvolles Instrument zur
Vermittlung von Botschaften. Und da
Videos schlechthin das Medium für
Jugendliche sind, ist es also nur
naheliegend. Allerdings bestehen die
Lehrmittel nicht nur aus Bewegtbildern.
Sie bilden einfach den Einstieg ins Thema
zu Beginn des Unterrichts und sollen die
Insight Berufsbildung
Jugendlichen motivieren, sich genauer mit
den Inhalten zu beschäftigen.
Erklärvideos sind in der Ausbildung «in».
Viele Lehrpersonen möchten Videoclips,
die etwas erklären, selber produzieren.
Wie geht man dabei am besten vor?
Zuerst einmal sollte man sich fragen, ob
ein Erklärvideo für den zu vermittelnden
Inhalt überhaupt sinnvoll ist. Kein Video zu
machen ist oftmals der bessere Entscheid,
als ein schlechtes Erklärvideo zu machen.
Ein wirksames Erklärvideo benötigt
zwingend eine gute Story, deren Ende der
Zuschauer erfahren will. So erzielt man
eine höhere Verweildauer (bzw. eine
tiefere Wegklickrate) sowie grössere
Erinnerungswerte. Sie müssen sich eine
Geschichte überlegen, die das, was sie
sagen wollen, begreifbar macht und es
ermöglicht, sich damit zu identifizieren.
Die Schülerinnen und Schüler müssen das
Gefühl haben: Ah, das betrifft ja mich.
Wesentliche Elemente einer
funktionierenden Geschichte sind die
Figuren (ein Protagonist bzw.
Protagonistin als sympathische Hauptfigur,
ev. Mit- oder Gegenspieler); Wendungen
und Hindernisse, die der Hauptfigur beim
Verfolgen ihres Ziels begegnen und ein
Spannungsbogen: prägnanter Anfang,
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interessante Entwicklung, pointierter
Schluss.
Was sind mögliche Stolpersteine, die zu
beachten sind?
Es gibt ein paar goldene Regeln, die das
ganze vereinfachen beziehungsweise als
Leitlinien hilfreich sind. Kurz ist besser als
lang, das gilt fast immer. Man muss sich
darüber im Klaren sein, was man sagen
will, und dann muss man die Aussagen
noch einmal verknappen, straffen und auf
das Wesentliche reduzieren. Der Umgang
mit der Materie sollte nicht trocken,
sondern in einen Spannungsbogen
eingebettet sein. Dabei darf man ruhig
auch Humor zeigen. Grossen Einfluss auf
die Geschichte hat auch das Umfeld, in
welchem das Video gezeigt wird. Ist es Teil
einer Website, auf der es
Zusatzinformationen gibt oder wird es auf
einer Veranstaltung gezeigt, wo es für sich
alleine funktionieren muss? Ist das Video
Teil einer Serie, muss man sich auch
überlegen, wie der rote Faden aussehen
kann. Und wenn eine Marke als Absender
auftritt, muss das Video zur Marke passen.
Das Problem vieler Erklärvideos ist, dass
sie völlig austauschbar sind.
Wie geht man an die Produktion eines
Erklärvideos heran?
Schritt für Schritt. Als erstes sollte man die
Geschichte (Story-Idee) in wenigen Sätzen
zu Papier bringen. Darauf aufbauend
entwickelt man das Storyboard mit den
einzelnen Bildszenen (anskizziert) und
dem Sprechertext und Hinweisen zur
Tongestaltung. Dabei zeigt sich, ob die
Idee verständlich und wirksam umsetzbar
ist. Danach werden die Bildelemente
erarbeitet (Figuren, Objekte, ggf.
fotorealistische Abbildungen). Die
nächsten Schritte sind Animation,
Vertonung (Sprecher und Soundelemente)
und die finale Datenaufbereitung.
Insight Berufsbildung
Welche sind aus Ihrer Sicht die grössten
Herausforderungen für das
Schweizerische System der
Berufsbildung?
Ich denke, dass es auch in Zukunft das
Modell der Berufslehre im heutigen Sinn
geben wird. Die höheren Fachschulen als
Fortsetzung der Berufslehre werden
sicherlich weiter an Bedeutung gewinnen.
Mit einem Lehr- und einem
Fachschulabschluss verfügt man sowohl
über Praxiserfahrung als auch über
vertieftes Wissen. So kann man den
gestiegenen Anforderungen im
Berufsleben besser gerecht werden. Was
es daneben jedoch unbedingt auch
braucht, sind Fähigkeiten auf der
zwischenmenschlichen Ebene. Um diese
auszubilden, sind Lehrende mit fachlichen
und menschlichen Kompetenzen gefragt,
die ihre Schützlinge im persönlichen
Unterricht auf ihrem Berufsweg begleiten.
01.05.2016
Weitere Informationen
«Money-Mix» - Wissensvermittlung zum
Thema Banking und Finanzen mit
Erklärvideos
www.raiffeisen/moneymix
Kontakt
Othmar Geser [email protected]
Die Fragen stellte Gallus Zahno, Redaktor
Berufsbildung educa.ch
[email protected]
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