INFORMATION zur Pressekonferenz mit Mag. Thomas Stelzer Landeshauptmann-Stellvertreter HR Dr. Christian Schacherreiter Direktor Georg von Peuerbach Gymnasium Peter Eiselmair, MAS MSc Geschäftsführer Education Group Conny Wolf Illustratorin des Wertekompasses am 02. Mai 2016 zum Thema „Wertekompass für Oberösterreichs Schulen und Kindergärten“ 2 Wertekompass für Oberösterreichs Schulen und Kindergärten Mit der großen Flüchtlingswelle sind auch in Oberösterreich neue, zusätzliche Herausforderungen zu bewältigen. Das Sozialsystem, das Miteinander, der Schulbereich, die Wohnungsfrage – all diese Bereiche sind einer verstärkten Beanspruchung ausgesetzt. Oö. Schulen stehen vor großen Herausforderungen: Exakt 2.934 Kinder zwischen 3 und 18 Jahren haben seit Juli 2015 in Oberösterreich Schutz gefunden und leben hier in der Grundversorgung. Diese Kinder kommen zu einem großen Teil aus Afghanistan (1.415), gefolgt von Syrien (825) und dem Irak (396). Im Schuljahr 2015/2016 sind mehr als 2.000 Flüchtlingskinder in das oberösterreichische Pflichtschulsystem eingetreten. Weitere 642 Kinder werden nach derzeitigem Stand in den nächsten Jahren schulpflichtig. Wertekompass bietet Orientierung Einen Schwerpunkt will Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. Thomas Stelzer auf die Wertevermittlung in den Schulen legen. Dazu wurde in den letzten Monaten intensiv an der Erstellung eines Wertekompasses gearbeitet. Der Wertekompass OÖ soll den oberösterreichischen Pädagoginnen und Pädagogen einen zuverlässigen Orientierungsrahmen in der Wertevermittlung bieten. Mit Beginn des Schuljahrs 2016/2017 werden den Schulen und Kindergärten von der Education Group in Kooperation mit dem LSR OÖ außerdem Angebote und Unterrichtsmaterialien angeboten, die Pädagoginnen und Pädagogen bei der altersadäquaten Umsetzung unterstützen. Das Begleitmaterial zum Wertekompass wird zielgruppenspezifisch vom Kindergarten über die Pressekonferenz am 02. Mai 2016 3 Volksschule bis hin zu Sekundarstufe I und II aufbereitet. Konkrete praxisorientierte Anregungen und Unterrichtsimpulse werden unter www.wertekompass-ooe.edugroup.at zur Verfügung stehen. „Die oberösterreichischen Schulen stehen zweifelsohne vor großen Herausforderungen. Daher braucht es Grundregeln für ein gutes und vertrauensvolles Zusammenleben der verschiedenen Kulturen. Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen sollen einander näher rücken und trotz ihrer Unterschiedlichkeit gut miteinander auskommen. Um diese Herausforderung zu bewältigen, müssen wir auch selbst Klarheit über unsere Grundwerte haben und diese respektvoll und verständlich an Menschen vermitteln, denen sie zu wenig bekannt sind. Der Wertekompass soll dabei Orientierung geben“, betont LH-Stv. Mag. Thomas Stelzer. "Die Schule wurde zum Brennglas für Entwicklungen der modernen Gesellschaft. Hier zeigt sich deren Heterogenität in der täglichen Arbeit in vielfältiger Ausprägung. Einerseits bereichernd, oftmals aber auch belastend. Ein Kompass erleichtert die Orientierung. Schule hat auch die Aufgabe zu erziehen. Und dafür ist der Wertekompass eine gute Orientierungshilfe. Er soll Grundlage für einen respektvollen Umgang zwischen jungen Menschen aus sehr unterschiedlichen Kulturkreisen werden und den Lehrerinnen und Lehrerinnen und Lehrern ihre verantwortungsvolle Arbeit erleichtern", hofft LSRPräsident Fritz Enzenhofer. Oberösterreicher/innen für klare Werte im Schulalltag: Bestätigt fühlt sich LH-Stv. Stelzer durch eine aktuelle Umfrage (M&R, März 2016, n = 1.000): Laut dieser Befragung sind 73 % der befragten Oberösterreicher/innen für „klar definierte Werte für den Schulalltag, um die gegenseitigen Regeln zu kennen“, nur 9 % dagegen und 18 % geben keine Antwort. Pressekonferenz am 02. Mai 2016 4 Wertekompass von namhaften Experten mitgestaltet: Für die Erstellung des Inhaltes konnte Dr. Christian Schacherreiter, Direktor des Georg von Peuerbach Gymnasiums, gewonnen werden. Zusätzlich hat ein Expertengremium an der Erstellung des Wertekompasses mitgearbeitet: Dr. Bert Brandstetter (Präsident der Katholischen Aktion OÖ) Dr. Christine Haiden (Chefredakteurin „Welt der Frau“) Dr. Helmut Obermayr (Religionsbeirat des Landes OÖ) Der Wertekompass gliedert sich in sieben Kapitel: 1) Unser humanistisches Menschenbild 2) Gleichberechtigung aller Menschen vor dem Gesetz, Toleranz und Respekt 3) Persönliche Freiheit, Verantwortung und Solidarität 4) Mündigkeit und Demokratie 5) Rechtssicherheit und Rechtsstaat 6) Bildungsbereitschaft und kulturelle Begegnung 7) Mensch und Natur Wertebildung geht über reine Wissensvermittlung hinaus Damit unsere Kinder und Jugendlichen die Herausforderungen der Zukunft erfolgreich meistern können, reicht rein kognitives Wissen, das auswendig gelernt oder abgeprüft werden kann, nicht aus. Vielmehr geht es darum, gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen eine Werthaltung zu entwickeln, die sich in weiterer Folge auch in ihren Entscheidungen und Handlungen zeigt. Bei der Umsetzung der Materialien wird daher auf eine Kompetenzorientierung, die auf Wissen, Können und Handlungsbereitschaft abzielt, Wert gelegt. Zahlreiche Teilaspekte aus dem Wertekompass OÖ sind lehrplanmäßig bereits auf konkrete Kompetenzen sowie Deskriptoren heruntergebrochen. So zum Beispiel in den Bereichen Interkulturalität, Politische Bildung, Gen- Pressekonferenz am 02. Mai 2016 5 derkompetenz, Globales Lernen, Geistige Landesverteidigung, Soziale und personale Kompetenz, usw. Ziel der Unterlagen ist eine kompetenzorientierte, aktive Auseinandersetzung mit verschiedenen Aspekten aus dem Wertekompass OÖ sowie eine gesamtheitliche Wertebildung, die Orientierung bietet, die persönliche sowie gemeinschaftliche Ebene reflektiert und zum wertschätzenden Dialog einlädt. Cartoons & Bildimpulse für die Praxis Am besten gelingt Lernen im Bereich der Wertevermittlung, wenn Offenheit ermöglicht und Interesse geweckt werden kann. Dazu braucht es neben einer wertschätzenden und vertrauensvollen Basis, Material das anspricht und an die Erfahrungswelt der Kinder und Jugendlichen anknüpft. Bei der Konzeption des Begleitmaterials wird verstärkt auf Bildimpulse gesetzt. Ein Beispiel für einen Cartoon: Wie begrüßt man sich in den unterschiedlichen Kulturkreisen? Wie grüßt man in Österreich? Und warum legen wir so viel Wert auf die Begrüßung? Pressekonferenz am 02. Mai 2016 6 Illustriert wird der Wertekompass samt Begleitmaterial von der Künstlerin Conny Wolf. Sie ist überzeugt: „Bilder wirken aufgrund ihrer universellen Aussagekraft durch alle Altersgruppen hindurch, über alle Sprachbarrieren hinweg und unabhängig von Kultur, Religion und persönlichem Hintergrund, da sie emotional berühren und somit Grenzen überwinden. Durch Bilder gelingt eine Kommunikation, die alle anspricht.“ Edugroup als Projektagentur Die Education Group ist im Projekt „Wertekompass OÖ“ für das Bildungsressort des Landes OÖ koordinierend tätig. Sie ist das führende Zentrum der Bildungslandschaft und schafft Lösungen für gesellschaftliche und pädagogische Anforderungen. An der Schnittstelle von Pädagogik - Technik - Medien spürt sie Trends auf und fungiert als Innovationstreiber. Education Group ist ein zentraler Anbieter von Internetdienstleistungen und Unterrichtsmedien für Oberösterreich und setzt zukunftsweisende Projekte um. Pressekonferenz am 02. Mai 2016 Orientierungsrahmen zur Wertebildung an OÖ Kindergärten und Schulen Wertekompass Oberösterreich Vorwort Liebe Pädagoginnen und Pädagogen, Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer die vergangenen Monate waren aufgrund enormer Flüchtlingsbewegungen sehr herausfordernd - nicht nur für die Politik, vor allem auch für die oberösterreichischen Pädagog/innen. Alleine im Schuljahr 2015/2016 wurden über 2.000 Flüchtlingskinder dank Ihres vorbildlichen Engagements ohne gröbere Probleme v. a. in unsere Pflichtschulen aufgenommen. Landeshauptmann-Stv. Mag. Thomas Stelzer Es warten jedoch große Herausforderungen auf uns. Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen sollen einander näher rücken und trotz ihrer Unterschiedlichkeit gut miteinander auskommen. Um diese Herausforderung zu bewältigen, müssen wir auch selbst Klarheit über unsere Grundwerte haben und diese respektvoll und verständlich an Menschen vermitteln, denen sie zu wenig bekannt sind. Amtsführender Präsident des LSR OÖ HR Fritz Enzenhofer Diese Publikation und in weiterer Folge eigens erstellte Unterrichtsmaterialien sollen Sie bei dieser wichtigen Aufgabe unterstützen. Vielen Dank für Ihren Einsatz und Ihre tatkräftige Unterstützung. 1 Unser humanistisches Menschenbild Welche Werte in einer Gesellschaft gelten, hängt maßgeblich vom Menschenbild ab, das sich im Lauf der Geschichte durchgesetzt hat. Das Menschenbild des modernen Europa ist humanistisch geprägt. Es hat seine Wurzeln im Humanismus der griechisch-römischen Antike, in der jüdisch-christlichen Tradition und in der Aufklärung. Die wesentlichen Konsequenzen aus diesem Menschenbild sind: •Gleichberechtigung, Toleranz, Respekt •Persönliche Freiheit •Verantwortung für sich selbst und für die Mitmenschen •Verantwortung für Natur und Umwelt •Demokratische Mitbestimmung •Rechtssicherheit •Bildung und kulturelle Teilhabe 2 Gleichberechtigung aller Menschen vor dem Gesetz, Toleranz und Respekt Die Menschen sind nicht gleich. Sie haben verschiedene genetische Anlagen, kommen aus verschiedenen Kulturen und sozialen Verhältnissen, ihre religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen sind nicht einheitlich. Umso wichtiger ist es, dass wir einander in unserer Verschiedenheit tolerieren und respektvoll miteinander umgehen. Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner sexuellen Orientierung, seiner Sprache, seiner Herkunft, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder wegen einer Beeinträchtigung benachteiligt oder bevorzugt, verhöhnt oder beleidigt werden. Frauen haben die gleichen Rechte wie Männer, im öffentlichen Leben genauso wie in der Familie. Jeder gläubige Mensch hat ein Recht auf freie Religionsausübung, solange er dadurch nicht geltendes Recht verletzt. So wie jeder Mensch dazu berechtigt ist, keiner Religion anzugehören. 3 Persönliche Freiheit, Verantwortung, Solidarität Ein hohes Maß an persönlicher Freiheit ist ein unverzichtbarer Wert der europäischen Demokratien. Freiheit heißt aber nicht Willkür und Faustrecht. Persönliche Freiheit und soziale Verantwortung sind zwei Seiten einer Medaille: Einerseits hat der Mensch in allen persönlichen Lebensbelangen das Recht auf Selbstbestimmung, zum Beispiel in der Berufswahl, der Partnerwahl, der privaten Lebensführung. Andererseits muss aber der Mensch für sein freies Handeln Verantwortung übernehmen. Meine Freiheit findet ihre Grenzen in der Freiheit der anderen. Diese Grenzen werden oft durch Gesetze und andere Regeln des Zusammenlebens festgelegt, zum Beispiel durch schulische Hausordnungen. Es gibt aber auch „ungeschriebene Gesetze“, die in einer Gemeinschaft gelten, so etwa die Regeln der Höflichkeit und gegenseitigen Rücksichtnahme. Große Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt hat die Solidarität. Viele Menschen leisten freiwillig Beiträge für die Gemeinschaft, zum Beispiel durch die Mitwirkung in gemeinnützigen Vereinen. 4 Mündigkeit und Demokratie Wo auch immer Menschen zusammenleben, brauchen sie Regeln. Wer soll aber die Macht haben, in einem Staat Regeln festzulegen und für alle verbindlich zu machen? Eine Königin? Ein Ältestenrat? Ein Diktator? In den europäischen Demokratien liegt die Macht bei gewählten Volksvertreter/innen. Sie bilden das Parlament, das die Gesetze per Abstimmung beschließt. Man nennt solch ein System eine repräsentative Demokratie. Das demokratische Prinzip der Mitbestimmung gilt nicht nur für den Staat, sondern auch für andere Lebensbereiche. In österreichischen Schulen gibt es beispielsweise Schulforen, in denen Lehrer/innen, Eltern und Schüler/innen das Schulleben mitgestalten. 5 Rechtssicherheit und Rechtsstaat Die Menschen müssen darauf vertrauen können, dass geltendes Recht eingehalten wird, dass ihr Leben, ihre Sicherheit, ihre persönliche Freiheit und ihr Eigentum geschützt sind. Dafür sorgen vor allem die staatliche Justiz und die Polizei. In Öster- reich hat der Staat das Gewaltmonopol inne. Wenn einem Bürger/einer Bürgerin Unrecht widerfährt, sorgt er/sie nicht selbst gemeinsam mit Freunden oder Familienangehörigen für Gerechtigkeit, sondern wendet sich an Justiz und Polizei. 6 Bildungsbereitschaft und kulturelle Begegnung Der Mensch hat das Recht auf Bildung, sie darf ihm nicht vorenthalten werden, aber ebenso wichtig ist, dass sich Menschen bilden wollen. Aus zwei Gründen hat Bildung einen hohen Stellenwert. In einer technisch und wirtschaftlich hochentwickelten Gesellschaft müssen die Menschen Kompetenzen und Wissen erwerben, damit sie in der modernen Arbeitswelt bestehen. Erwartet werden auch Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit und Fairness. Es geht nicht nur um Arbeitsfähigkeit, sondern auch um Persönlichkeitsbildung. Kulturelles Wissen, gegenseitiges Verständnis Die Beschäftigung mit der Geschichte Österreichs und Europas, mit Kunst, Religion und Geistesleben in Geschichte und Gegenwart, fördert nicht nur das Verständnis für unseren Kulturraum, sondern erweitert auch die Möglichkeiten für jene kulturelle Teilhabe, die das Leben bereichert. Insbesondere für Menschen, denen der europäische Kulturraum noch fremd ist, die aber hier leben möchten, sollen Spracherwerb und kulturelle Bildung ein Hauptanliegen sein. Umgekehrt ist aber auch das Interesse der Österreicher/ innen für andere, ihnen weniger bekannte Kulturen wünschenswert. Es erweitert den Horizont und ermöglicht den Dialog und ein friedliches Miteinander. Alltagskultur: Feste und Feiern So wie in allen Gesellschaften ist auch in der europäischen ein großer Teil der Feierkultur durch kultisch-religiöse Traditionen geprägt, zum Beispiel das Weihnachts- und das Osterfest. An diesen Festen erfreuen sich auch Menschen, die der christlichen Religion nicht nahe stehen. Solche Feste sind über ihren religiösen Ursprung hinaus Teil der Alltagskultur geworden. Daher ist jeder/jede eingeladen, sie als Ausdruck von Lebensfreude, Mitmenschlichkeit und Hoffnung mitzufeiern, ohne deshalb eigene religiöse Überzeugungen aufzugeben. 7 Mensch und Natur Die enorme zivilisatorische Entwicklung der letzten hundert Jahre veranlasst uns dazu, unsere menschlichen Bedürfnisse im Hinblick auf die Natur zu begrenzen. Der verantwortungsvolle Umgang mit Klima, Boden, Wasser, Pflanze und Tier ist zur Überlebensfrage geworden. Das beginnt bei der Mülltrennung im Kleinen und reicht bis zu Gesetzen für Umweltschutz im Großen. Ökologische Werthaltungen sind auch vielen religiösen Menschen ein Anliegen, weil sie von der Vorstellung einer gottgewollten Schöpfung ausgehen, die bewahrt werden soll. Danksagung Dank für die Mitarbeit am Wertekompass OÖ gilt für die inhaltliche Koordination und Textfassung: Dr. Christian Schacherreiter und dem Expertengremium: Dr. Bert Brandstetter (Präsident der Katholischen Aktion OÖ) Dr. Christine Haiden (Chefredakteurin „Welt der Frau“) Dr. Helmut Obermayr (Religionsbeirat des Landes OÖ) Impressum Herausgeber: Amt der Oberösterreichischen Landesregierung Direktion Bildung und Gesellschaft Bahnhofplatz 1, 4021 Linz Stand: Mai 2016 Satz & Layout: Education Group Illustration: Conny Wolf Druck: BTS Druckkompetenz GmbH wertekompass-ooe.edugroup.at
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