:KLARTEXT: :OUT: :108: :last exit for the lost: :IN: FALSCHE PRIORITÄT HAIR METAL Die spinnen, die Deutschen: In keinem anderen Land Europas geben die Menschen so viel Geld für Küchen und entsprechendes Zubehör aus – und gleichzeitig am wenigsten für Lebensmittel. „Außen hui, innen pfui“, hätte man früher gesagt. Eine überkandidelte Kücheneinrichtung für Zigtausende, ein handgeschmiedetes Messer für Zighunderte, aber im Discounter ein Kilo Hackfleisch für 3,49 Euro kaufen. Wer so handelt, liebt seine Statussymbole mehr als sich selbst. Werden graue Haarpartien normalerweise tunlichst überfärbt, ist jetzt das absolute Gegenteil schwer angesagt. Immer mehr Trendsetter kommen mit einer effektvoll silbergrau gefärbten Haarpracht um die Ecke. Und nicht nur das. Wer auffallen will, verpasst seinen Haaren einen Metallic-Effekt – pink, lila, blau, rosa oder orange. Es muss ja schließlich immer etwas Neues her. Und manchen steht es sogar. DAS ABSOLUTE GEGENTEIL VON ELEGANZ Ein zaghafter Trend in die absolut richtige Richtung: Einige Unternehmen geben ihren Mitarbeitern inzwischen mehr Raum, damit diese ihre Kreativität freier entwickeln können, und probieren alternative Zeitmodelle aus. Zwei Vormittage in der Woche Zeit für die Kinder, dafür am Abend am Projekt weiterarbeiten? Schon sind viele Mitarbeiter zufriedener – und damit auch effektiver. Sie sind nicht mehr so dominant vertreten wie in früheren Jahren, aber noch immer verschandeln plumpe Ballerinas das Stadtbild zuhauf. Von der rein optischen Warte aus entstellt lediglich eine Amputation den Fuß drastischer. Und diese lächerlichen Schleifchen … sollen die vom watscheligen Entengang ablenken, den die Fortbewegung in Ballerinas zur Folge hat? Mädels, diese unförmigen Treter sind nur angemessen, wenn man noch Glanzbilder sammelt, auf Bodenturnen steht – oder eben im Ballett tanzt. BLINDFLUG Meistens sind Routenplaner vollkommen überflüssig, manchmal sind sie hilfreich und hin und wieder treiben sie User zur absoluten Weißglut. Richtig ärgerlich sind aber vermeidbare Fauxpas in Sachen Bedienerfreundlichkeit. Denn es ist alles andere als hilfreich, wenn die ausgesuchte Strecke so fett markiert wird, dass man den Straßennamen nicht mehr lesen kann, egal in welcher Vergrößerung. NINE-TO-FIVE SUCKS DIE RÜCKKEHR DES KNISTERNS Wer hätte gedacht, dass die gute alte Schallplatte auf dem besten Wege ist, ihre Nachfolgerin, die CD, zu überleben? Oh ja, die tönenden Retroscheiben behaupten sich immer noch. Mit rasant wachsenden Verkaufszahlen sogar, denn die analogen Tonträger sind mitten im Streaming-Zeitalter – es ist schon ein wenig kurios – ein stark boomender Wachstumsmarkt. von Karl-Hendrik Tittel ([email protected]) :SEHEN: X-Men: Apocalypse ein weiterer Superhelden-Streifen? Donnerwetter, wer hätte das gedacht? Bringen wir es hinter uns: Seit Anbeginn der Menschheit wurde er als Gott verehrt: Apocalypse, der erste und mächtigste Mutant des „Marvel XMen-Universums“, vereint die Kräfte vieler verschiedener Mutanten und ist dadurch unsterblich und unbesiegbar. Nachdem Apocalypse nach Tausenden von Jahren erwacht, ist er desillusioniert von der Entwicklung der Welt und rekrutiert ein Team von mächtigen Mutanten, um eine neue Weltordnung zu erschaffen. Warum er sich Hilfe sucht, wo er doch unbesiegbar ist, wird sicherlich im Film aufgeklärt… Als das Schicksal der Erde in der Schwebe ist, muss Raven mit Hilfe von Prof. X ein Team junger Mutanten anführen, um ihren größten Erzfeind – angeblich unbesiegbar – aufzuhalten. Ab 19. Mai im Kino. xx Life das Stadtmagazin Nummer 197 - Mai 2016 :ACHTUNG: INKOMPETENZ AM LAUFENDEN BAND Ich komme mir – und das vollkommen unschuldig – gerade ein wenig dämlich vor, während mir die Dame an der Supermarktkasse gebetsmühlenartig vorleiert, dass sie diese Art von Leergut nicht zurücknehmen kann; man würde das gar nicht führen. Aha, das hat mir der Pfandautomat auch ohne Worte zu Verstehen gegeben. Und warum habe ich für diese Flaschen, die der Schuppen seit inzwischen vier Tagen als Aktionsangebot in Regal stehen hat, gestern genau hier Pfand bezahlt, oh Herrin aller Scanner? Leerer Blick, keine Reaktion. „Ich kann das nicht zurücknehmen“, sagt sie nach einer Weile. Augenrollen meinerseits und ein Versuch der Deeskalation: „Sehen sie, ich habe genau diese Flaschen – und zwar alle sechs Stück, da waren sie bloß noch voll – gestern hier gekauft und dafür Pfand bezahlt, sogar an genau dieser Kasse; da hinten, da stehen noch eine Menge dieser Art im Regal.“ Verständnisloser Blick von vorne, stechende von hinten, gepaart mit einem ersten Knurren – die Schlange hinter mir hat inzwischen Kompaniestärke angenommen. Die Lage wird dadurch verschärft, dass nur eine Kasse geöffnet ist, die, an der ich stehe. Kurioserweise ist die einzige weitere Mitarbeiterin in Sichtweise damit beschäftigt, das Regal mit genau der Art von Flaschen aufzufüllen, um die es geht. ‚Kerl, die müssen aber gut laufen’, denke ich und ertappe mich dabei, wie das erste irre Kichern über meine Lippen kommt. „Ich bin mit dem Leergut zur Kasse gekommen, weil der Automat die Flaschen nicht annimmt“, höre ich mich sagen. „Weil wir die Ware dann nicht führen, junger Mann“, sagt die Kassiererin des Monats. Es wird ganz still hinter mir, die anderen Kunden spüren, dass die Raumtemperatur im Sekundentakt fällt. Puh, wenn Frauen mittleren Alters und mit praktischer Kurzhaarfrisur einen Satz mit „Junger Mann“ eröffnen oder beenden, dann ist Flandern in Not. „Sie können auch zu mir kommen“, ist plötzlich eine glockenhelle Stimme zu hören. Die zweite Mitarbeiterin ist mit dem Einsortieren fertig und öffnet die Nachbarkasse, zu der flugs alles hinströmt. Ich bin allein. Mit der Kassiererin, ihrem Stiernacken und sechs leeren Flaschen. Sie sagt nichts. Ich sehe sie an. Dann wieder die glockenhelle Stimme: „Du musst das manuell eingeben, die Aktionsware nimmt der Automat nicht“, sagt die zweite Mitarbeiterin, die sich als Filialleiterin entpuppt. Was nicht allzu viel bedeuten muss bei offensichtlich nur zwei Mitarbeiterinnen in diesem Laden, aber immerhin hat sie das Problem sofort erkannt. Stiernacken ist sichtlich eingeschnappt. Ich bekomme das Pfand zurück. Es wird mit meinem Einkauf verrechnet. „Hatten sie Leergut?“, fragt sie plötzlich – und scheint es wirklich ernst zu meinen. Ich schüttele den Kopf und schaue mich unauffällig nach einem versteckten Fernsehteam um. :SEHEN: In dem Thriller „Money Monster“ spielt George Clooney den TV-Moderator Lee Gates, der es durch seine erfolgreiche Finanzshow im Fernsehen zu einiger Berühmtheit gebracht hat. Er genießt den Ruf, das Geldgenie der Wall Street zu sein. Doch nachdem er seinen Zuschauern eine High-Tech-Aktie empfohlen hat, deren Kurs anschließend auf mysteriöse Weise abstürzt, nimmt ein wütender Investor Gates, seine Crew und seine Produzentin Patty Fenn während der Sendung als Geisel. Der Film zeigt in Realzeit, wie Gates und Fenn verzweifelt versuchen, am Leben zu bleiben und gleichzeitig die Wahrheit hinter einem Netz aus Lügen rund um das „große Geld“ aufzudecken. Deutscher Kinostart: 26. Mai. www.klar-text.org xx
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