Predigt zu 1Thimotheus 2,1-6a von Prädikant Christian Lange So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserem Heiland, welcher will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung, dass dies zu seiner Zeit gepredigt werden. Der Herr segne an uns dieses Wort. Amen. Nein, das ist doch ganz und gar unmöglich! Kennen Sie irgendjemanden, der diesem Text gerecht wird? Ich nicht, muss ich ehrlich zugeben. Einschließlich mich selbst. Ein ehrbares stilles Leben führen, in Frömmigkeit. Für die Politiker beten, naja, aber hat das überhaupt einen Sinn, die da oben machen doch eh was sie wollen und fragen uns nichts. Außer vor den Wahlen, aber da wird einem ja sowieso alles mögliche versprochen. Ich rege mich viel lieber auf, über die Ungerechtigkeit und die Missstände in unserem Land. Im Großen wie im kleinen. Und ich glaube, da stehe ich nicht allein da, ich glaube, das geht Ihnen genauso wie mir. Ja, was machen wir nur mit so einem Wort aus der Bibel? Sollen wir es ausschneiden? Ich atme einmal tief ein und tief aus, dürfen Sie an dieser Stelle auch machen! Jetzt erkenne ich die Worte Bitte, Flehen und Danksagung. Und Fürbitte. Bitte und Fürbitte? Ist das nicht dasselbe? Schon wieder ein Widerspruch. Was für ein Text! Ich bitte erst einmal für mich: Herr, erforsche mein Herz und siehe, ob ich auf rechtem Wege bin. Du kennst mich besser, als ich selbst mich kenne. Warum kann ich nicht so sein, wie es in deinem Wort steht? Vielleicht, weil ich das gar nicht will? Fromm, ehrbar, still, Gott wohlgefällig? Weil das überhaupt nicht geht in unserer Zeit. Ständig klingelt das Telefon, prasseln Emails und Whatsapp auf uns ein. Lärm auf den Straßen, Lärm in den Wohnungen. Lärm im Kopf. Und hat man dann plötzlich mal Ruhe, da hält man es nicht aus. Herr, was ist mit mir los, warum kann ich nicht anders? Bin ich gefangen in dieser meiner Welt? Ich will zu dir kommen, doch zu viel stürzt auf mich ein, kaum dass ich den Gedanken habe an dich, da kommt mir schon wieder was dazwischen! Herr, bring mich zur Ruhe, leite mich mit deinen Augen. Lass mich erst einmal aufatmen. Ja, da ist Schuld, da ist Untreu-Sein gegen dich, Sünde gegen dich und die gegen die Menschen, die du genauso lieb hast wie mich. Herr, ich bin einfach gefangen in einem Geflecht aus Alltag, Pflicht, Ruhelosigkeit. In einem unsichtbaren Netz, gewebt aus Ängsten, Sorgen, und Plagen. In dem ich ständig zappele und mich zu befreien versuche. Und doch keinen Millimeter heraus komme. Das Netz hat tausend Maschen und es gibt kein Entrinnen. Du bringst mich zur Ruhe, Herr, du stillst den Sturm. Du hast die Macht, dieses Netz um mich herum zu zerreißen. Nur du allein kann das. Kein Mensch, keine Maschinen. Du bringst mich zur Ruhe, Herr, in einer ruhelosen und heillosen Welt. Da werde ich auf einmal still. Anders, als wenn man nur das Radio oder den Fernseher ausschaltet. Ich höre auf zu zappeln. Ich bin gerettet. Plötzlich sehe ich etwas, was ich vorher nicht sehen konnte. Ich sehe die anderen Menschen, wie auch sie in ihren Netzen zappeln und sich nicht befreien können. Mir wird gewahr, wie sehr auch alle anderen Menschen diese wunderbare Hilfe brauchen. Auch sie sind geliebt von dem selben Gott, der mich aus dem Netz gezogen hat. Die Politiker, die Chefs, die Manager, die Obrigkeit. Die Menschen auf der Straße, in den Häusern und unter den Brücken. Alle zappeln sie in ihren Netzen und halten das für Fortbewegung, ja für Fortschritt. Und rühren sich doch keinen Millimeter heraus aus ihrem Netz. Plötzlich sehe ich, was ich alles habe, besitze, wie reich ich bin. Welche große Hilfe ich in Christus habe. Immer wieder habe ich es erfahren, oft nur beiläufig bemerkt, kaum, dass ich ein Dankgebet gemurmelt habe. Als mich Jesus bewahrte, mir seine Liebe deutlich zeigte, mich so wunderbar mit allem versorgt. Ich schäme mich für meine Undankbarkeit und kann nur um Vergebung bitten. Aus meiner Bitterkeit wird Bitte, aus meiner Bitte Fürbitte und Dankbarkeit. Ich kann plötzlich wieder atmen, ich bin wieder ich selbst weil Jesus in mir ist. Mitten in einer heillosen Welt finde ich Heil in Gott. Christus macht mich fähig, zu handeln und zu wachsen in ihm. Nicht ist ihm unmöglich. Ein gottgefälliges Leben in Frömmigkeit und Stille? Ja, aber anders, ganz anders! Ich muss dazu nicht erst an einen einsamen Ort in den Wäldern ziehen, nicht mich meinen Pflichten und dem Stress des alltäglichen Lebens entziehen. Ich komme zur Ruhe in mitten dieser Ruhelosigkeit. Du hast mich herausgerissen, du hast mich befreit. Du tust Wunder Herr, und ich preise deinen Taten. Das macht mich unglaublich frei. Ja, Herr, du hast uns überwunden mit deinem Wort. Erforsche unsere Herzen und mache uns sichtbar, wo du uns zur Ruhe bringst. In deine Hände lege ich heute wieder meine Seele, mein Herz. Ich gebe dir jetzt alle meine Unruhe und meinen Unfrieden. Lege dir meine Ängste an das Kreuz. Ich gebe dir die Lasten, die ich schon lange nicht mehr tragen kann. Ich bitte dich, komme du zu mir und hilf mir aus dem Netz heraus, dass mich gefangen hält. Amen. Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserm Herrn.
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