Niedlich gestreifter Nachwuchs und Co.

IM BLICKPUNKT
DONNERSTAG
28. APRIL 2016
Willkommen im
Wildgatter Hildesheim
Im Wildgatter am Steinberg leben etwa 350 heimische Tiere: Ziegen, Rehe, Häschen, Wildschweine und Greifvögel und Federvieh sind dabei. Werner Ziaja kümmert sich um sie. n Fotos: Kolbe
Niedlich gestreifter Nachwuchs und Co.
Naherholungsgebiet am Steinberg wartet mit vielen heimischen Tieren auf / Aktuell läuft auch ein Fotowettbewerb
Von Cornelia Kolbe
Hildesheim n Beinahe hätten
die Kürzungen zur Realisierung des Zukunftsvertrages
der Stadt Hildesheim das
endgültige Aus für das Wildgatter am Steinberg bedeutet. 2009 gründete sich der
Förderverein Wildgatter, der
das weitere Bestehen möglich machte. Mit viel Engagement, pfiffigen Konzepten,
dem Aufbau und der Nutzung
von Netzwerken hat sich in
den knapp sieben Jahren viel
getan.
In gut einsichtigen Freigeländen und gepflegten Volieren sind etwa 350 Tiere
zu Hause, deren natürliche
Heimat der europäische
Raum ist. Auf befestigten
Wegen können die Besucher das Gelände und seine
Bewohner bequem erkunden: Sitzgelegenheiten,
überdachte Hütten und ein
Spielplatz laden zum Verweilen ein.
Ein Publikumsmagnet ist
im Frühling immer das
Wildschweingehege. Auch
jetzt wuselt dort wieder der
niedlich gestreifte Nachwuchs herum. Er stammt
vom Wildschweinkeiler
„Borstie“ samt seiner Wildschweindame „Paula“ und
einem anderen Paar. Die
hellen Streifen der Jungen
bleiben etwa drei Monate
im Fell zu sehen. Dann passen sie sich nach und nach
dem Graubraun der Großtiere an. Besonders zur Füt-
terungszeit am Vormittag
herrscht munteres Treiben.
Für Kinder ist es ein Riesenspaß die Wildschweine zu
besuchen.
Sehr beliebt sind auch die
zottigen Hochlandrinder,
Rehe, Hirsche, Schafe und
Ziegen oder die Häschen
und Meerschweinchen in
ihren Gehegen. Zum Teil
kommen die Tiere direkt an
den Zaun und lassen sich
füttern. Dafür hat der Förderverein spezielle Futterspender errichtet, wo für
wenig Geld gesundes Futter
gekauft werden kann. Die
Erlöse kommen der Unterhaltung des Wildgatters zugute.
Etwas ganz Besonderes ist
das „Steinbergium“, in dem
präparierte Tiere ausgestellt
sind, die in der Nähe von
Hildesheim leben. Der Vereinsvorsitzende Hans-UweBringmann sagt: „Wir haben hier das weltweit
kleinste Naturkundemuseum.“ Auf sehr kleiner Fläche sind dort tag- und
nachtaktive Tiere vorgestellt, die sehr ansprechend
vor heimatlichen Kulissen
drapiert sind. Außerdem
können Vogelstimmen angehört oder Insekten mit
dem Mikroskop genauestens inspiziert werden.
Die umfangreiche Sanierung und Neugestaltung
des ehemaligen Museums
war 2010 eine der ersten
Aktionen des Vereins. In Zusammenarbeit mit Studenten der Fachschule für Holz-
technik und Gestaltung und
der Unterstützung zahlreicher Sponsoren ist es nun
zu einem kleinen Schmuckstück geworden. „Der Umbau hätte uns ohne die Unterstützungen etwa 50 000
Euro gekostet“, berichtet
Bringmann. In regelmäßigen Treffen würden kreative Konzepte zum Wohle
der Einrichtung entwickelt.
So seien im Laufe der Zeit
Kontakte geknüpft worden,
um dauerhafte Unterstützungen für Futtermittel,
einzelne Bauvorhaben und
Projekte zu bekommen.
Wer möchte, kann gegen einen Geldbeitrag eine TierPatenschaft übernehmen
und damit ohne viel Mühe
helfen. Die Paten werden an
Tafeln nahe der Gehege namentlich erwähnt. Zahlreiche gewerbetreibende Förderer unterstützen das
Wildgatter mit Geld- oder
Sachleistungen. Zeitweise
bestehen Kooperationen
mit Bildungseinrichtungen,
die Langzeitarbeitslosen bei
gesonderten Projekten eine
Beschäftigung bieten, berichtet Bringmann. „Durch
diese Maßnahmen sind
schon einige Festanstellungen in anderen Betrieben
entstanden“, erläutert er.
Um die Pflege der Tiere und
des Geländes zu gewährleisten, ist Werner Ziaja fest im
Wildgatter beschäftigt. Er
ist der einzige Posten, der
über die Stadt Hildesheim
finanziert wird. Alle anderen Betriebskosten übernimmt der Förderverein.
Rückblick
Ziaja gilt bei Insidern als
„Papa Wildgatter“, denn er
kümmert sich bereits seit
27 Jahren unermüdlich um
das Wohlergehen der Tiere.
Täglich fährt er mit dem
Futterwagen umher und
hat auf diese Weise eine
enge Beziehung zu den Tieren aufgebaut. „Wenn mit
einem Tier etwas nicht in
Ordnung ist, sehe ich das
sofort und unternehme etwas dagegen“, berichtet
Ziaja. Zudem kennt er viele
Besucher und sagt: „Viele
kenne ich als Kinder, und
nun kommen sie mit ihren
eigenen Kindern hierher.“
So zeigt sich, dass das
Wildgatter ein beliebtes
Hier schaut eines der drei Hochlandrinder um die Ecke: Die zot- Ziel für Familien ist und bei
den älteren Generationen
tigen Tiere sind bei Kindern sehr beliebt.
sicherlich auch Kindheitserlebnisse weckt.
Errichtet wurde das Wildgatter 1968, und seinerzeit
komplett von der Stadt betrieben. Im Rahmen des Zukunftsvertrages musste die
Stadt an vielen Stellen, die
als freiwillige Leistungen
im sozialen und kulturellen
Bereich gelten, drastische finanzielle Kürzungen vornehmen. Und so traf es
auch das Wildgatter. Kämmerin Antje Kuhne lag das
Wildgatter jedoch am Herzen. Denn als das Aus
drohte, schaltete sie einen
Presseaufruf zur Rettung
des wertvollen Naherholungsziels. Die Gründung eines Fördervereins sollte Abhilfe schaffen. Als Erster
meldete sich darauf HansUwe Bringmann, der auch Da schnappt die Wildkatze bei der Fütterung beherzt zu.
schon als Kind und später
mit seinen eigenen Kindern
das Wildgatter gern besuchte. Ziemlich schnell
fanden sich weitere Gleichgesinnte und ein achtköpfiger Vorstand wurde gebildet. Jetzt gehören dem
Verein 360 Förderer an, die
den Verein als Mitglied oder
als Tierpate unterstützen.
Für dieses Jahr ist die Erweiterung des Greifvogelgeheges geplant.
Neue Projekte
Außerdem sollen Scouts
ausgebildet werden, die
Führungen durch das Wildgatter vornehmen. Dafür
werden Menschen gesucht,
die Interesse an Tieren und
der Natur haben und die
Schulung und Führungen
für ein kleines Taschengeld
durchführen wollen. Großen Anklang findet auch
der Fotowettbewerb: Noch
bis zum 30. Mai können im
Wildgatter geschossene Bilder in digitaler Form per EMail an [email protected]
eingereicht
werden. Eine Jury aus professionellen
Fotografen
nimmt die Bewertungen
vor. Bilder von Kindern unter 13 Jahren erhalten eine
gesonderte Bewertung.
Apropos: Der Eintritt in
das Wildgatter ist frei. Das
angrenzende Restaurant
Kupferschmiede bietet mit
gutbürgerlicher Küche und
einer familienfreundlichen
Atmosphäre einen weiteren
Anlaufpunkt für einen gelungenen Ausflug.
Lieblinge im Frühjahr: Die kleinen Wildschweinferkel behalten
die Streifen für drei Monate.
Da hat die Ziege wieder alles „aufgefuttert“: Die kleine Piara
ist oft mit ihren Eltern im Wildgatter. Für das Futter aus dem
Spender hat sie eine kleine Dose dabei.