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Die Seele der Tiere
Was unsere Lieblinge fühlen
2
E I NFAC H
.
GUT .
LEBEN
Die Legende lebt …
… auf de schwäbsche Eisebahne
2
MAI
05/2016
D 4,00 EUR
CH 7,00 SFR
IT/LUX 4,50 EUR
DIE WUNDERBARE
WELT DER ÖLE
So gut, so gesund:
10 heimische Sorten
im Vergleich
FÜR DICH,
LIEBE MAMA!
Ein schönes Päckchen
zum Verwöhnen
SüsseVersuchung
Betörende Erdbeer-Rezepte, romantische Plätze & duftender Blütenzauber
Münster: Pumpernickels Geheimnis
Goldrausch in Deutschland
Dornröschen von der Alb
>
116
42
Mai 2 16
natur & garten
16 Ja, ich will dort hin
Die schönsten Plätze für den
schönsten Tag im Leben – und viele
weitere romantische Stunden.
24 Dornröschen von der Alb
Es war einmal ein Klostergarten,
der von allen vergessen schien.
Bis Susanne Weber kam …
34 Farbenfrohes Alpenblühen
So entsteht ein Steingarten.
42 Und ewig lockt der Flor
Warum Nachtviole, Seifenkraut oder
Silberblatt am stärksten duften,
wenn es dunkel wird.
142 Vom Seelenleben der Tiere
Was fühlen Hunde, Katzen, Kühe?
Blick in eine verborgene Welt.
4 Servus
100
küche
52 Rund und süß
Mythen und Rezepte rund um
die Erdbeere.
66 Kochen mit Aphrodite
„Liebe geht durch den Magen“-Menü.
74 Schwarzwälder Böllesuppe
Omas Kochbuch: ein fast vergessenes
Rezept aus Lörrach.
76 Liebling aus Versehen
Prünte’s Pumpernickel gehört zu
Münster wie der Dom.
80 Saumäßig gut
Wirtshausklassiker: Pfälzer Saumagen von der Mußbacher „Eselsburg“.
82 Brutzeln und wenden
Köstliche Pfannkuchen-Rezepte.
wohnen
100 Der Herr des Ringes
Ein Meisterkoch aus dem Münsterland
fand in Osnabrück ein Stadthaus,
das unter mächtigem Schutz steht.
106 Blühende Laternen
Fundstück: alte Kutschenlampen mit
neuem Leben und Blumen erfüllt.
110 Eine Feier für die Liebe
Die Bezauberndste auf jeder Hochzeit ist und bleibt natürlich die Braut.
Gleich danach kommt jedoch die
festlich-romantische Dekoration.
116 Schöne Überraschung
Frühstück ans Bett? Blumenstrauß
auf dem Kaffeetisch? Ein Ständchen?
Von uns bekommt die Mama zum
Muttertag ein Verwöhnpaket mit
selbst gemachten Badekugeln.
ZUSATZFOTOS COVER: SHUTTERSTOCK, STEPHAN SAHM, JULIA ROTTER
Inhalt
0
66
136
16
128
standards
58
FOTOS INHALT: KATHARINA GOSSOW, EISENHUT & MAYER, THOMAS DREXEL, STEFAN PFEIFFER,
KONRAD LIMBECK, MIRCO TALIERCIO, OKAPIA BILDARCHIV, YOUR PHOTO TODAY
land & leute
128Begegnung im Bad
Woraus besteht ein guter Rasier­
pinsel? Was muss das Haar haben?
Woher muss er kommen? Klar,
aus Nürnberg, aus der Meister­
manufaktur Thäter.
136Friedl mit
den Turteltauben
brauchtum
38Wenn die Maibraut …
Der Mai ist der Monat der Hoffnung.
124Frühling, wir kommen
Nördlingen feiert das Stabenfest.
168Goldrausch in Hunding
Alte Zeiten: Traum vom Reichtum.
Alle schauen zu, alle sind gespannt,
wenn der oberbayerische Hoch­
zeitstauberer seine beiden weißen
Liebesboten aus der Kraxe holt.
Himmlische Momente.
150Rulla, rulla, rulla-la
Auf de schwäbsche Eisebahne ... so
rollt die inoffizielle Schwabenhymne
los. Gab es die besungene Bahn
­wirklich? Wer stieg ein? Wir reisen
den Fragen nach.
Dossier: Das flüssige Wunder
Sorgsam und schonend gewonnenes Öl
ist eine wunderbare Energiequelle, die wir
uns zunutze machen können. Ab Seite 58
3Vorwort
6Briefkasten, Ortsnamen
8Mundart: Sumpfdotterblume
10Servus im Mai
22Der Garten-Philosoph
30Unser Garten, Mondkalender
46Natur-Apotheke: Gänseblümchen
48Was unserem Körper jetzt guttut
50Schönes für draußen
90Schönes für drinnen
120Schönes Zuhause:
Dekotipps für den Mai
122Schöne Erinnerungen:
Wo bist du, altes Haus?
132Michael Köhlmeier:
Sochiti Loch und Kogolkin Pach
162Doris Knecht: Ein Bekenntnis
zur Vielwetterei
166ServusTV:
Sehenswertes im Mai
170Impressum, Ausblick
Titelfoto: Eisenhut & Mayer
Servus 5
DOSSIER Die Welt der Öle
Mohnöl
Walnussöl
Haselnussöl
Traubenkernöl
Leinöl
Distelöl
Ein Tropfen Energie
Pflanzenöle gehören zu den wertvollsten Elixieren, die uns die Natur schenkt.
Samen und Kerne bergen Säfte, die köstlich schmecken und das Wohlbefinden steigern.
Wer die aromatischen Kraftquellen anzapfen will, muss schonend und sorgsam vorgehen.
TEXT: ELISABETH RUCKSER FOTOS: KONRAD LIMBECK
58 Servus
D
Hanföl
Sonnenblumenöl
Leindotteröl
as Tröpfchen Fett, mit dem Pflanzen ihre Samen ausstatten, ist winzig. Aber
es versorgt das Wunder Keimling mit allem,
was es braucht, um in ein Pflanzenleben zu
starten. Auch für uns Menschen sind Öle
­lebensnotwendig. Wir brauchen sie, sie tun
uns gut – innerlich wie äußerlich.
Verborgen in Nüssen oder Kernen nutzen
wir sie schon immer. Die Kultur der Ölgewinnung gibt es dagegen bei uns noch nicht
sehr lange. In die Küchen Mitteleuropas hielt
Pflanzenöl erst vor gut 100 Jahren Einzug.
Sieht man von ein paar Ausreißern ab –
etwa der Lausitz, bekannt für ihr Leinöl,
oder Württemberg mit seiner traditionellen
Mohnölherstellung – regierten bis ins 20. Jh.
Butter und Schmalz. Öl brannte in Lampen.
Heute ist die Auswahl an heimischen
Pflanzenölen beeindruckend.
Geschmack und gesundheitliche Wirkung sind am größten, wenn diese Kriterien
erfüllt werden: biologische Herstellung der
Rohprodukte, schonende Verarbeitung bei
niedrigen Temperaturen, Verzicht auf chemische Zusätze.
Lesen Sie dazu auch die Reportage der
Ölmühle von Illingen auf der nächsten Seite.
RUND UMS ÖL
Kürbiskernöl
Herstellung: Hochwertige Pflanzenöle werden durch Vermahlen bzw. Pressen (von kalt
bis warm) gewonnen. Je weniger Hitze das
Grundprodukt dabei ausgesetzt ist, desto
mehr wertvolle Inhaltsstoffe bleiben erhalten.
Die Kaltpressung mittels Schnecken- oder
Stempelpresse ist eine sehr ursprüngliche Art.
Aufbewahrung: Öle sind empfindliche Nahrungsmittel; sie mögen es dunkel und kühl.
Also am besten in den Kühlschrank mit ihnen?
Nicht unbedingt, denn bei manchen Sorten
können im Öl enthaltene Wachse (etwa bei
Sonnenblumenkernen, die mit Schale gepresst
wurden) im Kühlschrank ausflocken. Das hat
auf die Qualität keinen Einfluss, bewirkt aber
optische Veränderungen und dass das Öl
nicht gut aus der Flasche rinnt.
Erhitzen: Hochwertige Pflanzenöle sollten nur
gering oder gar nicht erhitzt werden – durch
zu viel Wärme gehen flüchtige Stoffe verloren.
Ab dem sogenannten Rauchpunkt beginnt Öl
stark zu rauchen, riecht unangenehm, und es
bilden sich gesundheitsschädliche Substanzen. Langsames Braten, Dünsten oder Backen
(im Inneren eines Gebäckstücks herrschen
kaum Temperaturen über 100 °C) funktioniert
bei den meisten Ölen. Wer für seine KernölEierspeise gern die Zwiebeln in etwas Kürbiskernöl anschwitzt, darf das auch weiterhin,
aber sehr sanft bitte …
➻
Servus 59
DOSSIER Die Welt der Öle
Illinger Schätze
Im baden-württembergischen Enzkreis stehen prächtige
Walnussbäume. Aus ihren Früchten presst Jürgen Krauth feinstes Speiseöl.
Genauso wie er es von seinen Vorfahren gelernt hat.
TEXT: THOMAS G. KONOFOL FOTOS: HARDY MUELLER
Ö
lmüller sind sie schon seit mehr als
150 Jahren, die Krauths aus Illingen. Jürgen,
56, ist der Spross in sechster Generation.
Er hat studiert, Karriere gemacht als Gesundheitswissenschaftler und ist schließlich
doch zurückgekehrt zu den Wurzeln der
Familie.
In der goldenen Lebensmitte, exakt zwei
Tage vor seinem 50. Geburtstag, war es so
weit: Der gut dotierte Akademiker räumte
seinen Projektleiter-Schreibtisch bei der
­Robert Bosch Stiftung in Stuttgart und betreibt seither die Ölmühle seiner Vorväter.
Das war im Jahr 2010. Ein mutiger
Schritt: „Ich musste erst herausfinden, ob
das Konzept realistisch war, ob eine Familie
heute von traditioneller Speiseölherstellung
noch leben kann“, sagt Jürgen Krauth, Vater
von Paulina, 17, und Kilian,15.
Stolz zeigt er uns seine Ölmühle mit der
historischen Originaleinrichtung. Den Kollergang mit den beiden 2,20 m hohen Mahlsteinen aus Quarzsandstein, die Schrotmühle, die drei hydraulischen Stempelpressen.
60 Servus
Zuverlässig wie eh und je, die gute alte Stempelpresse. Schichtweise füllt Jürgen Krauth die
Walnusskerne in den Presszylinder. Die Mechanik arbeitet mit einem Druck von bis zu 300 Bar.
Alles steht da wie zu Kaisers Zeiten. Voll
funktionstüchtig!
Bis in die Nachkriegsjahre pressten die
Krauths hauptsächlich Mohn für die Kleinbauern aus der Umgebung. Doch der Markt
veränderte sich. Bald verdrängten industriell gefertigte Speiseöle die kaltgepressten
Pflanzenöle. Viele Mühlen waren nicht
mehr existenzfähig, 1962 musste auch
­Ulrich Krauth, der Vater von Jürgen, seine
Ölmühle schließen.
Aber er selbst war es schließlich auch, der
mehr als 40 Jahre später seine Mühle wieder
zum Leben erweckte. „Wie der Prinz, der
Dornröschen wachküsste“, sagt Jürgen
Krauth und schmunzelt.
TÜCHTIG, DIE BETAGTE DAME
Anfangs wollte Vater Ulrich nur seine Rente
aufbessern, aber bald blühte auch ein Stück
Familiennostalgie auf. Er war der letzte seiner Familie, der das Ölmüllerhandwerk
noch richtig gelernt hatte. Er wollte diesen
Schatz seinen Kindern und Enkeln reichen.
Wissenschaftler Jürgen Krauth ist überzeugt: „Unser Handwerk beruht auf Erfahrungswissen, das von Generation zu Generation weitergegeben wird – das findet man
nicht in schlauen Büchern.“
Heute sichert die Ölmühle wieder die
Existenz der Familie. Auch dank der heimischen Walnüsse, die zentnerweise von den
prallen Bäumen fallen.
Wir sehen, wie Öl entsteht.
Jürgen Krauth schaufelt jetzt Kerne auf
die alte Dezimalwaage. Mit der Rechten
fährt er prüfend durch die Nüsse. Er ist zufrieden. „Wenn es schön raschelt, sind die
Kerne trocken genug. Feuchte Nüsse neigen
zum Schimmeln. Das mindert den Ölertrag.“
Für die Pressung seiner Nussöle schwört
Jürgen Krauth auf die 110 Jahre alte Stempelpresse: „In Qualität und Ausbeute ist sie
unschlagbar, wir machen hier keine Museumsspielerei!“ Mindestens zehn Kilo braucht
er, damit die betagte Dame tüchtig arbeitet.
In Schichten von je einem Kilo füllt Jürgen
Krauth die unzerteilten Kerne – sie sind
­ nbehandelt und nicht erwärmt – in den
u
Presszylinder. Dazwischen legt er je eine
­Metall- und eine Gewebeplatte. „Die erste
für gleichmäßigen Druckaufbau, effektive
Auspressung und saubere Trennung der
Pressreste, die zweite verhindert das Fest­
kleben der Reste am Metall.“
Und so funktioniert’s: Erst senkt sich ein
Kolben in den Zylinder ab, er verdichtet das
Pressgut. Das ist die Vorpressung. Bei der
Hauptpressung dagegen drückt der Press­
zylinder nach oben. Der Pressdruck geht von
einer über Transmissionsriemen angetriebenen Hydraulikpumpe aus, die sich ab- und
wieder anschaltet, wenn der Druck die Idealwerte über- oder unterschreitet.
HANDWERK, DAS MAN SCHMECKT
„In der Spitze erreicht die Presse 300 Bar,
das entspricht einem Pressdruck von 150
Tonnen“, sagt Jürgen Krauth. „So gewinne
ich aus 12 Kilo Nusskernen etwa acht Liter
Öl, ein satter Ertrag von rund 65 Prozent!“
Was zurückbleibt, Fest- und Bitterstoffe,
bildet den „Presskuchen“, ein Festschmaus
für die Schweine der Bauern.
Das kalt (d. h. bei normaler Raumtemperatur von 20 ° bis 22 °C) gepresste Walnusskernöl läuft jetzt durch die perforierte Innenwand des Zylinders in eine Rinne, dann
über ein Rohr in den Eimer. Ein Sieb fängt
gröbere Schwebstoffe und Restpartikel der
Walnusskerne auf. Von zusätzlichem Filtrieren hält der Ölmüller nichts: „Die feineren
Schwebstoffe lasse ich im Öl, sie sind Geschmacksträger und sorgen für eine gute
­Naturtrübung.“ Der anfänglich dicke Strahl
wird allmählich dünner.
Vor der Flaschenabfüllung muss das Öl
zwei Tage ruhen.
Die Kaltpressung mit der Stempelpresse
braucht Geduld und Zeit. Eineinhalb Stunden dauert ein Durchgang. 16 Pressungen
schafft Jürgen Krauth pro Tag.
Ein Viertel ist Eigenproduktion für den
Verkauf, drei Viertel sind Lohnpressungen
wie früher. Inzwischen verarbeitet Jürgen
Krauth auch die Saaten der regionalen Biobauern in einer modernen Presse zu Leinund Mohnöl.
Zurück zum Walnussöl.
Wir probieren ein Löffelchen und wissen
sogleich, warum man dieses Öl auch „flüssiges Gold“ nennt: Das Aroma ist mild-nussig,
so schmeckt unverfälschte Natur, so
schmeckt gutes Handwerk. 3
Im Zentrum des historischen Mühlenraums
steht der Wärmeofen, darauf gestapelt
­Metall- und Gewebeplatten. Dahinter: Kollergang mit Mahlsteinen, rechts Stempelpresse
mit Presszylinder, vorne Edelstahleimer für
das gesiebte Öl. Unten: Walnussöl, die Hausspezialität, mit Presskuchen, Walnusskernen,
Schlafmohnkapseln, Leinölpflanzen.
✽ Ölmühle Illingen Mühlstraße 1,
75428 Illingen, Tel.: 07042/225 80,
oelmuehle-illingen.de
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Servus 61
DOSSIER Die Welt der Öle
MOHNÖL
WALNUSSÖL
SONNENBLUMENÖL
Schlafmohn ist eine der ältesten Kulturpflanzen
der Menschheit. Sein Mohnöl wird aus den Samen
gepresst. Enthalten sind diese im Inneren der Mohnfrucht, einer kugeligen Kapsel von etwa 5 cm Größe.
Mohn wird in zwei Gruppen unterteilt: Schüttmohn,
auch Sehender Mohn, und Schließmohn, auch
­Blinder Mohn. Die Unterscheidung kommt von der
Form der Mohnkapsel: Beim Schüttmohn öffnen sich
zur Reife kleine Löcher, aus denen die Samen (etwa
durch Wind) herausgeschüttelt werden. Die Kapsel
des Schließmohns bleibt geschlossen.
Er ist der typische Hofbaum schlechthin: der
­Nussbaum. 160 Jahre kann er alt werden, und seine
Früchte galten bereits unseren Vorfahren als wertvoller Lebensmittelvorrat. Die Anthroposophen
schätzen Walnüsse als „Gehirnnahrung“, und tatsächlich zählt Walnussöl zu den vitaminreichsten
Ölen (E und B-Komplex).
Die strahlende Sonnenanbeterin stammt ursprünglich aus Nordamerika. Dort wurde sie bereits
vor 3.000 Jahren zur Ölgewinnung genützt. Gepresst werden die Samen der Blume; eine einzige
Blüte kann bis zu 2.000 Kerne enthalten. Sonnenblumenöl ist eines der Öle, das am häufigsten in
­unseren Küchen anzutreffen ist, entsprechend groß
ist die Qualitätsbandbreite. Es sollte nicht über
120 °C erhitzt werden. Sein feiner, leicht nussiger
Geschmack macht es zu einem hervorragenden
Marinieröl, zum Beispiel für Kartoffelsalat.
Zur Ölgewinnung eignen sich die Samen von Blaumohn, Graumohn und Weißmohn. In Deutschland
sind nur morphinfreie Sorten zum Anbau zugelassen.
Mohnöl ist bis etwa 120 °C erhitzbar, sein feiner
­Geschmack entfaltet sich aber am besten kalt.
Das hocharomatische Öl wird aus den Nusskernen
ohne Schale gewonnen, hat einen niedrigen Rauchpunkt von etwa 130 °C und sollte hauptsächlich
kalt – vor allem für Salate – verwendet, allenfalls
nur minimal erwärmt werden. Wird Walnussöl aus
ungerösteten Nüssen gewonnen, schmeckt es
­nussig-mild und sehr fein. Das Öl aus gerösteten
Walnusskernen besitzt hingegen ein äußerst
kräftiges Nussaroma.
HASELNUSSÖL
LEINÖL
DISTELÖL
Die Haselnuss ist die einzige Nuss, deren Ursprung
in Europa liegt. Nachdem sie nicht besonders anspruchsvoll ist, ist sie seitdem weit herumgekommen. Den Kelten, Germanen und Wikingern war der
Haselnussbaum heilig, aus seinem Holz wurden
etwa Wünschelruten gemacht. Im antiken Griechenland wiederum galt die Haselnuss als Symbol der
Fruchtbarkeit.
Lein gehört zu den weltweit ältesten Ölsaaten.
Es gibt Funde von Leinsamen in Syrien, die älter als
8.000 Jahre sind. Auch in Europa war die Pflanze
mit den himmelblauen Blüten früh weit verbreitet.
Man baute sie von der Donau bis nach Norddeutschland und vom Bodensee bis zum Ärmelkanal
an. Aus den fasrigen Pflanzenteilen des Leins (oder
Flachses) wurde auch Gewebe hergestellt. Heute
wird sogar vermutet, dass sich der menschliche
­Körper aufgrund der langen gemeinsamen Tradition
auf Leinöl sehr gut „eingestellt“ hat.
Die Pflanze, aus der Distelöl gewonnen wird, war
jahrhundertelang für ihren Farbstoff berühmt: die
Färberdistel oder der Falsche Safran. Vor über 5.000
Jahren verwendeten sie die Ägypter, um Leinwände
zu färben, die sie zur Einbalsamierung der Mumien
benötigten. Auch das Öl aus den Samenkernen – die
Pflanze gehört wie die Sonnenblume zu den Korbblütlern – wurde bereits in der Antike für Salben
oder in Lampen eingesetzt.
Haselnussöl schmeckt leicht süßlich und erinnert
an Nougat. Es kann relativ hoch erhitzt werden und
ist auch als Kosmetiköl (etwa in selbst gemachten
Hautcremes) gut geeignet.
62 Servus
Die erfreuliche Nachricht: Leinöl macht glücklich.
Es enthält viele Omega-3-Fettsäuren, die die Produktion des Glückshormons Serotonin anregen.
­Allerdings ist es nicht lange haltbar und sollte so
wenig wie möglich erhitzt werden.
Eine Besonderheit sind die sogenannten High-OleicSonnenblumen-Sorten. Bei ihnen wurde durch
­züchterische Maßnahmen eine ähnliche Zusammensetzung der Fettsäuren wie bei Olivenöl
erreicht sowie eine höhere Hitzestabilität.
Distelöl hat einen sehr niedrigen Rauchpunkt und
sollte nur kalt verwendet werden. Lange Zeit galt
Distelöl als gesundheitliche Wunderwaffe, da es den
höchsten Gehalt an Omega-6-Fettsäuren aufweist.
Mittlerweile ist aber bekannt, dass nicht die Säure
selbst, sondern das richtige Verhältnis von Omega 3
zu Omega 6 wichtig für eine gesunde Ernährung ist.
LEINDOTTERÖL
TRAUBENKERNÖL
HANFÖL
Der Lein- oder Saatdotter ist eine uralte Kulturpflanze. Sie war schon in der Eisenzeit in Europa
weit verbreitet. Leindotter ist nicht mit dem Lein
­verwandt, aber sein Name leitet sich von dieser
Pflanze ab: „Unkraut des gesäeten Leins. Wird wegen
des kleinen gelben Saamens Dotter genennet“, hält
das „Teutsch-lateinische Wörter-Buch“ 1741 fest.
Wenn die Wahrheit im Wein liegt, was steckt dann
in den Kernen? Ein wunderbarer mostig-traubiger
Geschmack und eine Menge an sogenannten OPC
(oligomeren Procyanidinen). Diese sekundären
Pflanzenstoffe halten die mehrfach ungesättigten
Fettsäuren auch bei hohen Temperaturen zusammen. Traubenkernöl gehört daher unabhängig von
seiner Herstellungsart zu den Ölen, die bis etwa
190 °C erhitzt werden können.
Hanf ist eine sehr alte Kulturpflanze. Bereits vor
Tausenden von Jahren dienten seine Samen zur
­Ölgewinnung und die Pflanzenfasern zur Herstellung
von Geweben, Seilen oder Dämmmaterial. Selbst
Papier wurde aus Hanffasern gemacht. Die welt­
berühmte Gutenberg-Bibel aus dem Jahr 1455
­wurde auf Hanfpapier gedruckt. Segel aus Hanf
brachten Christoph Kolumbus auch nach Amerika.
In der Landwirtschaft wird Leindotter gern als
s­ ogenannte Stützfrucht zwischen Linsen gesetzt.
Die Samen enthalten bis zu 45 Prozent Öl mit einem
hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren. Unmittelbar
nach dem Pressen ist das Öl – es wird auch Camelinaöl genannt – dunkel. Nach kurzer Zeit setzen sich
Partikel ab, und man erhält eine hellgelbe Flüssigkeit.
In der Volksmedizin wird Leindotter als antiseptisches und schmerzlinderndes Mittel eingesetzt.
Das Pressen des Öls ist aufwendig. Die eher kleinen
Kerne haben zirka 10 bis 16 Prozent Ölgehalt, der
im Kaltpressverfahren nur zu einem Teil genützt
werden kann. Je nach Verfahren benötigt man daher
50 bis 200 kg Traubenkerne für einen ­Liter Öl. In
Trauben gemessen beträgt der Wert noch einmal
das Zehnfache.
Hanf ist mit der Brennnessel und dem Hopfen verwandt. Sein Öl wird aus den Samen, die durch eine
spröde Schale gut geschützt in den Früchten der
Pflanze liegen, gewonnen. Kalt gepresstes Hanföl
hat eine gelblich-grüne Farbe und enthält wertvolle
Linolensäure. Es schmeckt ziemlich intensiv, daher
sollte man es in der Küche eher sparsam einsetzen
und am besten gar nicht erhitzen.
KÜRBISKERNÖL
ZUSATZFOTOS: MAURITIUS IMAGES, JUNIORS
Das dickflüssige, dunkle Elixier wird aus den Kernen des Ölkürbisses gewonnen.
In ­Österreich ist es – wie das Leinöl in Deutschland – das einzige Öl mit geschützter
geografischer Angabe (g. g. A.). Sein Geschmack ist nussig-würzig bis intensiv-erdig.
Der Fachbegriff, den Profis dafür verwenden, lautet „pyrazinig“. Dazu ein kleiner Exkurs
für alle Freunde der kulinarischen Physik: Als Pyrazine bezeichnet man Aromastoffe,
die für „röstigen“ Geruch verantwortlich sind und die durch die sogenannte MaillardReaktion (die auch Fleisch beim Braten bräunt) zwischen 60 und 80 °C entstehen.
Weltweit gibt es rund 800 Kürbisarten, aber nur eine wird für die Ölherstellung verwendet. Ausgehend von der Steiermark, wird der Ölkürbis heute auch in Deutschland,
Ungarn oder Tschechien angebaut. Etwas Besonderes ist das Herstellungs­verfahren
für steirisches Kürbiskernöl g. g. A. mittels Stempelpresse: Die Kerne werden vermahlen, mit Wasser sowie Salz vermischt, erwärmt
oder geröstet und schließlich zwischen Platten geschichtet und gepresst. ­Kürbiskernöl sollte nicht zu
hoch erhitzt werden (maximal 120 °C), seine
Inhaltsstoffe wirken anti­oxidativ. Und seine
Farbstoffe färben wunderbar – leider
auch Kleidung. Tipp: befleckte
­Teile sofort in die pralle
­Sonne legen, die die
­Kürbiskernölflecken
ausbleicht.
➻
DOSSIER Die Welt der Öle
GUGELHUPF MIT HASELNUSSÖL
ZUTATEN FÜR
1 GUGELHUPFFORM
Zeitaufwand: 25 Minuten plus 1 Stunde Backzeit
4 Eier
225 g Zucker
abgeriebene Schale von ½ Zitrone
⅛ l Haselnussöl
⅛ l Wasser
280 g Mehl
2 Msp. Backpulver
1 Msp. Salz
25 g Kakao
64 Servus
ZUBEREITUNG
1. Eier trennen, Eigelb mit Zucker schaumig
­rühren. Zitronenschale dazugeben, Öl und
Wasser in die Masse einschlagen.
2.Mehl mit Backpulver versieben, Eiweiß mit
Salz zu steifem Schnee schlagen.
3.Mehl unter die Eigelbmasse heben, zuletzt
den Schnee unterziehen.
4.Teig in zwei etwa gleich große Hälften teilen.
Kakao vorsichtig in die eine Hälfte einrühren.
5.Gugelhupfform einfetten und mit Mehl ausstreuen. Die helle Teigmasse in die Form füllen,
dann die dunkle Kakaomasse darauf verteilen.
Nun einen Kochlöffelstiel ein paar Zentimeter,
aber keinesfalls bis zum Boden, in die Masse
eintauchen und vorsichtig einmal rundherum
durch den Teig ziehen, damit das Innere des
Gugelhupfs ein schönes Muster bekommt.
6.Den Gugelhupf im vorgeheizten Rohr zuerst
10 Minuten bei 180 °C, dann weiter mit 160 °C
(insgesamt ca. 1 Stunde) backen, bis er schön
aufgegangen ist.
Tipp: Haselnussöl verleiht dem Kuchen eine leichte
Nougatnote. Man kann aber je nach Vorliebe auch
andere Ölsorten verwenden: zum Beispiel Mohnoder Sonnenblumenöl.
GUT ZU WISSEN
Gesunde Säuren: Pflanzenöle gelten vor
­allem wegen ihres hohen Gehalts an einfach
und mehrfach ungesättigten Fettsäuren als
besonders gesund. Einige ­davon kann unser
Körper nicht selbst herstellen, deshalb müs­
sen wir sie mit der Nahrung zu uns nehmen.
Zu diesen sogenannten essen­ziellen Fettsäu­
ren gehören die Omega-3-Fettsäure AlphaLinolensäure und die ­Omega-6-Fettsäure.
Wichtig ist auch das Verhältnis der beiden
Fettsäuren zueinander. Wie das genau aus­
sehen soll, darüber scheiden sich zwar die
wissenschaftlichen Geister, eines scheint
aber klar: Wir sollten mehr Omega 3 zu uns
nehmen und nicht zu viel Omega 6.
✽ Servus-Tipp: Glasflaschen mit weißem
Bügelverschluss zum Ansetzen und
Aufbewahren von Kräuterölen gibt es auf
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ÖLE & KRÄUTER
Angesetzte Aromaöle für Küche oder Hausapo­
theke bestechen durch Geschmack und Wirkung.
Außerdem sind sie leicht zuzubereiten und be­
wahren den Duft von Sommer und Frische übers
ganze Jahr.
Das Prinzip dabei ist simpel: Man nimmt Küchenkräuter wie Rosmarin, Thymian oder Liebstöckel,
steckt einige Zweige davon in eine passende
­Flasche und gießt mit dem gewünschten Öl auf
(zum Beispiel aus Trauben- oder Sonnenblumenkernen), bis alles bedeckt ist. Wichtig ist dabei,
dass die Kräuter trocken sind, sonst besteht
Schimmelgefahr.
Geschmacklich noch ausgeprägter und sehr farb­
intensiv werden die Öle mit dieser Methode:
Von Würzkräutern wie Petersilie oder Basilikum
die Blätter abzupfen (Gesamtmenge ca. 30 g),
kurz blanchieren und mittels Küchenpapier mög­
lichst trocken pressen. Mit 100 ml Öl zu einer
­feinen Paste mixen, weitere 400 ml Öl zufügen
und die Mischung 1 bis 2 Tage durchziehen lassen.
Zuletzt durch ein Mulltuch abseihen und in
Flaschen füllen.
Auf Basis von Heilkräutern sind gute Öle auch
hochwertige Kosmetikprodukte oder Naturheilmittel. Am leichtesten ist Johanniskrautöl her­
zustellen. Es ist seit der Antike als natürliches
Antidepressivum bekannt; äußerlich angewendet
ist es ein wunderbares Badeöl und hilft auch bei
Sonnenbrand oder Hexenschuss. Für die Zuberei­
tung Blüten, Blätter und Stiele des Johanniskrauts
im Sommer mit einer Schere abzwicken und
dicht, aber nicht gepresst in ein Glas mit Schraubdeckel füllen. Mit Pflanzenöl (zum Beispiel Distel­
öl) aufgießen, dann das Glas zuschrauben und
in die pralle Sonne stellen. Zwei Wochen stehen
lassen, bis das Öl eine strahlend rote Farbe ent­
wickelt hat. Dann durch einen Kaffeefilter in eine
Kanne gießen, kurz rasten lassen und langsam in
Flaschen füllen.
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