GR-Drucksache 35/2016

Stadt Bad Urach
Herr Streble / Herr Schindler / Frau Epp
Drucksachennummer
35/2016
Gremium
Sitzungsdatum Behandlungszweck Behandlungsart
Ortschaftsrat
Technischer Ausschuss
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
26.04.2016 Beschlussfassung
öffentlich
Beschlussvorlage
Bestands- und Zustandserfassung des Uracher Straßennetzes
zum Aufbau eines Straßenkatasters und zur Bilanzierung des Infrastrukturvermögens
Bezugsdrucksache:
Befangen:
-/-
Anlagen:
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Ausschnitt Knoten-Kanten-Modell
Übersicht „Was gehört zur Straße“
Vortrag Aufbau eines Straßenzustandskatasters
Beschlussantrag:
1. Der Einführung eines Straßenzustandskatasters und der daraus entstehenden Daten
für die Bewertung des Anlagevermögens im Rahmen der Doppik wird zugestimmt.
2. Die Firma eagle eye technologies GmbH, Berlin wird mit der Bestands- und
Zustandserfassung und Bewertung beauftragt. Auftragssumme € 82.000,00.
Rechtliche Grundlagen:
-
Straßengesetz Baden-Württemberg
 Die Stadt ist Träger der Straßenbaulast und damit zuständig für den Bau und die
Unterhaltung der Straßen im Stadtgebiet und die Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit. Sie ist dazu verpflichtet die Straßen nach den allgemein anerkannten
Regeln des Straßenbaus in entsprechendem Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu
erweitern und zu verbessern.
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-
Gesetz zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts vom 04.05.2009 und Gesetz zur
Änderung kommunalwahlrechtlicher und gemeinderechtlicher Vorschriften vom
16.04.2013
 Diese gesetzlichen Vorgaben verpflichten die Kommunen zur Umstellung ihrer
Haushaltsführung auf das NKHR (= Neues kommunales Haushalts- und Rechnungswesen) und damit der Einführung der sogenannten „kommunalen Doppik“. Die
Doppik ist hierbei die „doppelte Haushaltsführung in Konten“. Hierfür muss das
kommunale Vermögen erfasst und bewertet werden und eine Eröffnungsbilanz
erstellt werden. In den zukünftigen Haushaltsplänen werden dann unter anderem
auch die Abschreibungen des Vermögens betrachtet. Ziel soll hierbei laut
Innenministerium Baden-Württemberg sein, dass verbrauchte Ressourcen zumindest
mittelfristig periodengerecht ausgeglichen werden. Die Umstellung muss bis
spätestens 2020 erfolgt sein.
-
Gemeinde- und Haushaltsordnung
 Verpflichtung der Kommunen zum wirtschaftlichen Umgang mit Ressourcen.
Sachverhalt und Antragsbegründung:
Ziele der Verwaltung
1. Erfassung des kommunalen Vermögens im Straßenbereich und damit Umsetzung in
die Finanzplanung und das NKHR (Neue kommunale Haushalts- und
Rechnungswesen)  Für die Einführung der Doppik.
2. Schaffen
der
Grundlagen
zum
Aufbau
eines
systematischen
Straßenerhaltungsmanagements zur objektiven Beurteilung des Straßenzustands.
3. Daraus
ableitbare
langfristige
und
optimierte
Straßensanierungs/
Straßenerneuerungsplanung mit 5 / 10 Jahresplanungen, auch für das
Investitionsprogramm.
4. Das Straßenerhaltungsmanagement umfasst die Prioritätensetzungen – nach
Einstufung der „Wichtigkeit“ der Straßen - und des Straßenzustands für eine
wirtschaftliche und effiziente Straßenerhaltung und dient als Beratungsgrundlage für
Entscheidungen in den Gremien.
5. Die Möglichkeit der zeitlichen Abstimmung von Baumaßnahmen mit anderen
Leitungsträgern - bessere Investitionsplanung auch bei diesen - und dadurch
Vermeidung von Einzelaufgrabungen.
Vorteile:
 Gleichzeitige Erhebung der notwendigen Daten für die Doppik / NKHR und für
den Aufbau des Straßenerhaltungsmanagements.
 Bessere Übersicht über das Straßenvermögen und die notwendigen Investitionen.
 Bessere Strukturierung und Abstimmung von notwendigen Straßensanierungs- /
Straßenerneuerungsplanung.
Begründung
Im Laufe des letzten Jahrzehnts und darüber hinaus ist durch Sparzwänge eine lange
Vormerkliste mit Straßensanierung- und Straßenerneuerungsmaßnahmen entstanden.
Augenscheinlich hat sich der Zustand des städtischen Straßennetzes stark verschlechtert.
Um das Ziel zu erreichen, die vorhandenen Mittel gezielt einsetzen zu können, ist der Aufbau
eines Straßenkatasters mit objektiver und fundierter Schadensbewertung als Grundlage für
eine Prioritätenliste vorgesehen.
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Es ist geplant, das rund 150 km reichende städtische Verkehrsnetz systematisch zu
Erfassen und eine Zustandsbewertung durchführen zu lassen. Daraus entsteht ein
Straßenzustandskataster, auf dessen Grundlage ein Unterhaltungskonzept mit
Prioritätenliste zur Werterhaltung der Straßeninfrastruktur entwickelt wird.
Verbunden damit ist der gezielte Einsatz der Mittel für Erhaltungs-, Sanierungs- und
Erneuerungsmaßnahmen. Zu beachten ist jedoch auch, dass Mitteleinsparungen daraus
nicht generiert werden können. Der fortschreitende Substanzverlust unserer
Verkehrsinfrastruktur wird auf Dauer nur mit deutlich erhöhten Mittelbereitstellungen, im
Vergleich zu bisher, aufzuhalten sein.
Das Uracher Straßennetz gibt das Erscheinungsbild der Stadt wieder und ist deshalb nicht
zuletzt auch ein Baustein für erfolgreichen Tourismus.
Vorgehensweise
1. Im Ersten Schritt wurde bereits 2013/14 ein Knoten-Kanten-Model (KKM) durch die
Firma eagle eye entwickelt. KKM bedeutet, dass jede einzelne Straße im gesamten
Straßenverkehrsnetz der Stadt Bad Urach als Linie erfasst wurde und an Kreuzungsund Knotenpunkten so genannte Knoten gesetzt worden sind. Die damit unterteilten
Straßenabschnitte nennt man Kanten und beinhalten bislang lediglich die Länge des
einzelnen Abschnitts. In dieses Ordnungssystem werden die später ermittelten
Flächen zugeordnet. Dieser Schritt war notwendig um die Grundlage / Straßenlängen
für die weiteren Leistungen abfragen zu können.
2. Nach Abwägung der Vor- und Nachteile von verschiedenen Erfassungsmethoden hat
sich die Stadtverwaltung im 2. Schritt für die visuelle Erfassung durch einen
speziellen Kamerawagen entschieden. So kann die gesamte Bestandserfassung
innerhalb weniger Tage erfolgen. Die erfassten Daten werden nach zuvor
festgelegten Kriterien unter Berücksichtigung der E EMI 2012 (Empfehlung für das
Erhaltungsmanagement von Innerortsstraßen der Forschungsgesellschaft für
Straßen- und Verkehrswesen e.V., Köln) ausgewertet und in verschiedene
Zustandsklassen eingeteilt. Unter anderem werden dabei allgemeine Unebenheiten,
Substanzmerkmale wie Risse, Oberflächenschäden und Ausbrüche beurteilt. Ebenso
werden die Ausbaubreite, Bauweise der Oberfläche und Straßeneinbauteile erfasst.
3. Schritt 3 beinhaltet die Aufbereitung der Daten zur Übernahme in das städtische GIS
(= Geographisches Informationssystem).
4. Als 4. Schritt wird mit den bisher erzielten Ergebnissen ein Unterhaltungskonzept in
Form eines gegliederten Sanierungs- und Maßnahmenprogrammes (Prioritätenliste)
erstellt. Hierbei können und werden neben der Kosten-/ Nutzenrelationen auch
notwendige Maßnahmen der Stadtwerke und geplante Maßnahmen von anderen
Leitungsträgern und Fachbereiche/Fachgebiete berücksichtigt.
Abschließend ist es möglich, anhand dieser Daten und unter Einbezug von verschiedenen
Akten und Erfahrungswerten die Bilanzierung des Infrastrukturvermögens für das neue
kommunale Haushaltsrecht zu erstellen. Weiterführend können die Daten zur Bewertung des
Straßenzubehörs wie z. B. Straßenschilder verwendet werden.
Begründung der Vergabe an die Fa. eagle eye
Im Vorfeld der Überlegungen, die Leistungen fremd zu vergeben, wurde in Erwägung
gezogen, die notwenigen Leistungen selbst zu erbringen. Angesichts der umfassend
notwenigen, speziellen Technologie und Kenntnisse ist es allerdings günstiger, dies fremd zu
vergeben. Auch der personelle und zeitliche Aufwand für die Erfassung ist hierbei nicht zu
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unterschätzen und wäre durch eigenes Personal in diesem Umfang und Zeitrahmen nicht
leistbar.
Die Verwaltung empfiehlt die Vergabe an die Firma eagle eye technologies aus folgenden
Gründen.
-
Den Erfassungsteams der Firma eagle eye sind die Grundlagen und Hintergründe der
visuellen Zustandserfassung von Straßenverkehrsanlagen gemäß den derzeitig
gültigen Richtlinien bekannt und die Mitarbeiter der Firma verfügen über
umfangreiche praktische Kenntnisse auf dem Gebiet der Erfassung von
Zustandsinformationen im Bereich Straßenwesen. Der Verwaltung liegen hierzu
entsprechende Referenzen vor.
-
Die Firma eagle eye hat mit Arbeiten im Bereich der Flurbereinigung und später mit
der Erstellung und Auswertung von Luftbildern und Orthophotos begonnen. Im Jahr
2003 entwickelten sie mit der Fachhochschule Bochum und der Universität Hannover
ein neues kinematisches Erfassungsfahrzeug (eagle eye) zur mobilen
photogrammetrischen Datenerfassung für Verkehrswege. Sie sind Vorreiter auf
diesem Gebiet und haben z.B. mit der Gemeinde Jagstzell den 1. Platz beim
Straßen-Geo-Innovationspreis 2015 gewonnen.
-
Selbstverständlich könnte die Erfassung und Bewertung auch durch andere
Firmen/Ingenieurbüros durchgeführt werden, jedoch oft nicht mit einem
Auftragnehmer, meistens sogar mit der Fa. eagle eye als Subunternehmer oder durch
aufwendigere Methoden. Außerdem sind nicht alle Erfassungen mit den in der Stadt
Bad Urach verwendeten GeoMedia kompatibel, es müssten so eventuell sogar
weitere Software angeschafft werden. Auch die Fortschreibung ist hierzu nicht bei
allen Verfahren einfach möglich. Dies hat die Verwaltung im vornherein bei anderen
Kommunen erfragt und sich deren Umsetzung erläutern lassen, Drucksachen zur
Verfügung stellen lassen und sonstige Recherchen zum Thema durchgeführt.
Der Auftragsumfang, der an die Fa. eagle eye vergeben werden soll, umfasst:
1. Bestandsdatenerfassung mit dem eagle eye Fahrzeug, Vermessung echter Linienund Punktobjekte, Zustandserfassung und -bewertung.
2. Erhaltungskonzept mit Erfassung
Maßnahmenempfehlungen etc.
der
Hauptschadensursachen,
Bericht
mit
3. Bewertung des Anlagevermögens im Rahmen der Doppik.
Es wird das gesamte Straßenverkehrsnetz auf der Gesamtgemarkung Bad Urach
einschließlich aller Plätze, Fußwege und mit Asphalt oder Beton befestigten Wirtschaftswege
erfasst.
Zeitliche Umsetzung
Die Befahrung ist abgesehen von starken Witterungseinflüssen wie Schnee oder starkem
Regen, zeitlich unabhängig. Vorab ist allerdings eine öffentliche Ankündigung empfohlen, um
Verwechslungen mit ähnlich erscheinenden Internet-Anbietern auszuschließen. Im
Anschluss an die nachfolgende Auswertung soll dem Gemeinderat der abschließende
Bericht vorgelegt werden.
Von der Verwaltung ist vorgesehen die Befahrung im Sommer 2016 durchzuführen.
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Mitteldeckung/Finanzierung:
Im Jahr 2014 wurden die Erstellung des Knoten-Kanten-Modells (KKM), das als Basis und
Grundlage für die weiteren notwendigen Schritte dient, Mittel in Höhe von € 6.549,20 unter
der Haushaltsstelle Straßenunterhaltung aufgewendet.
Im Haushaltsplan 2015 waren unter der Haushaltsstelle 01.6300.601000 Mittel in Höhe von
€ 35.000 als erste Rate eingestellt.
Für den Haushaltsplan 2016 sind weitere Mittel in Höhe von € 50.000 veranschlagt.
Ausgaben für das Projekt wurden bisher noch nicht getätigt.
Für die Straßenzustandserfassung
ca. € 63.000 brutto an.
und
die
Vermögensbewertung
(NKHR)
fallen
Für die Zustandserfassung und -bewertung nach E-EMI 2012 (Empfehlungen für das
Erhaltungsmanagement von Innerortsstraßen) und Erstellung Erhaltungskonzept
ca. € 19.000.
Die Gesamtkosten für das Projekt belaufen sich auf ca. 82.000 € brutto (Stand 02/2016).
Es stehen ausreichend Mittel zur Verfügung.