Papst-Ansprache - Kalvarienbergkirche

Papst Franziskus, Audienz 30. April 2016, Petersplatz
Ansprache von Papst Franziskus bei der Generalaudienz
am Mittwoch, 30. April 2016, am Petersplatz
Audienz während der Wallfahrt des Dekanates Hernals
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Wir beenden heute die Katechesen
über die Barmherzigkeit im Alten Testament und tun dies, indem wir über Psalm
51 nachdenken, der auch »Miserere«
genannt wird. Es handelt sich um ein
Bußgebet, in dem der Bitte um Vergebung das Schuldbekenntnis vorausgeht
und in dem der Beter sich von der Liebe
des Herrn reinigen lässt und so zu einem
neuen Geschöpf wird, fähig zu Gehorsam, Beständigkeit des Geistes und aufrichtigem Lobpreis.
Der »Titel«, den die altehrwürdige jüdische Überlieferung diesem Psalm gegeben hat, nimmt Bezug auf König David
und seine Sünde mit Batseba, der Frau
des Hetiters Urija. Wir kennen die Geschichte gut. König David, der von Gott
berufen war, das Volk zu weiden und es
auf den Wegen des Gehorsams gegenüber dem göttlichen Gesetz zu führen,
verrät seine eigene Sendung und lässt,
nachdem er mit Batseba Ehebruch begangen hat, ihren Ehemann töten. Eine
schreckliche Sünde! Der Prophet Natan
hält ihm seine Schuld vor Augen und hilft
ihm, sie zu erkennen. Das ist der Augenblick der Versöhnung mit Gott, im Bekenntnis der eigenen Sünde. Und hier
war David demütig, hier war er groß!
Wer diesen Psalm betet, ist aufgefordert, dieselbe Reue und dasselbe Ver-
trauen in Gott zu spüren, das David verspürte, als er sein Unrecht einsah und
sich, obwohl er König war, furchtlos erniedrigte, seine Schuld bekannte und
dem Herrn sein Elend zeigte, jedoch überzeugt von der Gewissheit seiner
Barmherzigkeit. Und was er getan hatte,
war keine geringfügige Sünde, keine
kleine Lüge: Er hatte Ehebruch und einen Mord begangen!
Der Psalm beginnt mit diesen flehentlichen Worten: »Gott, sei mir gnädig nach
deiner Huld, tilge meine Frevel nach deinem reichen Erbarmen! Wasch meine
Schuld von mir ab, und mach mich rein
von meiner Sünde!« (V. 3-4). Die Bitte
richtet sich an den Gott der Barmherzigkeit, auf dass er, bewegt von einer Liebe,
die so groß ist wie die eines Vaters oder
einer Mutter, Erbarmen haben möge,
also Gnade gewähre und seine Gunst
erweise mit Güte und Verständnis. Es ist
ein inniges Flehen zu Gott, dem Einzigen, der von der Sünde befreien kann.
Es werden sehr plastische Bilder gebraucht: tilge, wasch ab, mach mich rein.
In diesem Gebet zeigt sich das wahre
Bedürfnis des Menschen: Das Einzige,
was wir in unserem Leben wirklich brauchen, ist die Vergebung, die Befreiung
vom Bösen und von seinen todbringenden Folgen. Leider lässt uns das Leben
oft solche Situationen erfahren; und in
ihnen müssen wir vor allem auf die
Barmherzigkeit vertrauen. Gott ist größer
als unsere Sünde. Das dürfen wir nicht
vergessen: Gott ist größer als unsere
Sünde! »Vater, ich kann es nicht sagen,
ich habe viele schwere Sünden begangen!« Gott ist größer als alle Sünden, die
wir begehen können. Gott ist größer als
unsere Sünde. Wollen wir das zusammen sagen? Alle zusammen: »Gott ist
größer als unsere Sünde!« Noch einmal:
»Gott ist größer als unsere Sünde!«
Noch einmal: »Gott ist größer als unsere
Sünde!« Und seine Liebe ist ein Ozean,
in den wir eintauchen können ohne
Angst, überwältigt zu werden: Vergeben
heißt für Gott, uns die Gewissheit zu
schenken, dass er uns nie verlässt. Was
auch immer wir uns vorzuwerfen haben:
Er ist immer noch größer als alles (vgl. 1
Joh 3,20), denn Gott ist größer als unsere Sünde.
In diesem Sinne sucht der, der diesen
Psalm betet, die Vergebung, bekennt
seine Schuld. Aber indem er sie anerkennt, preist er die Gerechtigkeit und die
Heiligkeit Gottes. Und dann bittet er auch
um Gnade und Barmherzigkeit. Der
Psalmist vertraut sich der Güte Gottes
an; er weiß, dass die göttliche Vergebung höchst wirksam ist, weil sie erschafft, was sie sagt. Sie verbirgt die
Sünde nicht, sondern zerstört und tilgt
sie; aber sie tilgt sie an der Wurzel –
nicht so wie in der Reinigung, wenn wir
ein Kleidungsstück dort hinbringen und
der Fleck entfernt wird. Nein! Gott tilgt
unsere Sünde an der Wurzel, alles! Daher wird der Büßer wieder rein, ist jeder
Makel beseitigt, und er ist jetzt weißer als
der unberührte Schnee. Wir alle sind
Sünder. Stimmt das? Wenn jemand von
euch sich nicht als Sünder fühlt, hebe er
die Hand … Niemand! Wir alle sind es.
Durch die Vergebung werden wir Sünder zu neuen Geschöpfen, erfüllt vom
Geist und voll Freude. Jetzt beginnt für
uns eine neue Wirklichkeit: ein neues
Herz, ein neuer Geist, ein neues Leben.
Wir Sünder, die Vergebung empfangen
und die göttliche Gnade angenommen
haben, können sogar die Anderen lehren, nicht mehr zu sündigen. »Aber Vater, ich bin schwach, ich falle, falle.«
»Aber wenn du fällst, dann steh wieder
auf! Steh auf!« Wenn ein Kind hinfällt,
was tut es dann? Es erhebt seine Hand
zur Mutter, zum Vater, damit sie ihm helfen aufzustehen. Wir müssen dasselbe
tun! Wenn du aus Schwäche in die Sünde fällst, dann erhebe die Hand: Der Herr
ergreift sie und hilft dir aufzustehen. Das
ist die Würde der Vergebung Gottes! Die
Würde, die uns die Vergebung Gottes
schenkt, besteht darin, dass sie uns aufstehen lässt, uns immer auf die Füße
stellt, denn er hat den Mann und die Frau
dazu erschaffen, aufrecht zu stehen. Der
Psalmist sagt: »Erschaffe mir, Gott, ein
reines Herz, und gib mir einen neuen,
beständigen Geist! […]
Dann lehre ich Abtrünnige deine Wege, und die Sünder kehren um zu dir« (V.
12.15). Liebe Brüder und Schwestern,
die Vergebung Gottes ist das, was wir
alle brauchen, und sie ist das größte Zeichen seiner Barmherzigkeit: ein Ge-
schenk, das jeder Sünder, dem vergeben
wurde, mit jedem Bruder und jeder
Schwester, denen er begegnet, teilen
muss. Mit allen, die der Herr uns zur Seite gestellt hat: Familienangehörige,
Freunde, Kollegen, Mitglieder der Pfarrgemeinde… alle bedürfen wie wir der
Barmherzigkeit Gottes. Es ist schön,
Vergebung zu empfangen, aber wenn du
Vergebung empfangen willst, dann vergib auch deinerseits. Vergib! Der Herr
gewähre uns durch die Fürbitte Marias,
Mutter der Barmherzigkeit, Zeugen seiner Vergebung zu sein, die das Herz rein
macht und das Leben verwandelt. Danke.
Grußwort an die deutschsprechenden Pilger
Der Heilige Vater
Ein Sprecher
Do il benvenuto ai pellegrini di lingua tedesca e di lingua neerlandese. Saluto in
particolare i fedeli della Diocesi di Regensburg con il loro Vescovo Mons. Rudolf Voderholzer, e i seminaristi di Rolduc, Diocesi di Roermond, accompagnati
dal Vescovo Mons. Franz Wiertz. Il Signore ci aiuti ad essere testimoni del suo
perdono, che purifica il cuore e trasforma
la vita. La pace del Risorto vi accompagni sempre.
Mit Freude heiße ich die Pilger deutscher
und niederländischer Sprache willkommen. Besonders grüße ich die Gläubigen
der Diözese Regensburg mit ihrem Bischof Rudolf Voderholzer sowie die Seminaristen aus Rolduc im Bistum Roermond in Begleitung von Bischof Franz
Wiertz. Der Herr helfe uns, Zeugen seiner Vergebung zu sein, die das Herz reinigt und das Leben umwandelt. Der Friede des Auferstandenen begleite euch
allezeit.
Bericht in „Kathpress“
Generalaudienz: Papst lädt zu
großen Barmherzigkeitsfeiern ein
Franziskus bei Generalaudienz: Alle Menschen bedürfen der Vergebung, die das
„größte Zeichen seiner Barmherzigkeit“
ist – Jubiläum und von Kardinal Schönborn geleiteter EACOM-Kongress zur
Barmherzigkeit am Wochenende in Rom
Vatikanstadt, 30.03.2016 (KAP) Papst
Franziskus hat bei der Generalaudienz am
Mittwoch nach Ostern zum Mitfeiern des
Barmherzigkeitsjubiläums eingeladen, das in
den kommenden Tagen durch viele Ereignisse gekennzeichnet sein wird. Der Papst wies
darauf hin, dass bei allen Menschen ein Bedürfnis nach Vergebung bestehe.
„Das Einzige, was wir wirklich brauchen,
um zu leben, ist die Vergebung und die Befreiung vom Bösen und seinen todbringenden
Folgen“, sagte Franziskus am Mittwoch auf
dem Petersplatz. Mit einer Betrachtung zum
Bußpsalm 51 beschloss er seine Katechesen
über die Barmherzigkeit im Alten Testament.
In Psalm 51, dem „Miserere“ geht es um ein
Schuldbekenntnis und die Bitte um Vergebung und Neuschaffung.
„Gott ist größer als unsere Sünde“, betonte
der Papst und ließ auch die mehr als 30.000
Pilger diesen Satz mehrmals wiederholen.
Gott allein könne von Sünden befreien, und
seine Vergebung sei das größte Zeichen seiner Barmherzigkeit. „Seine Liebe ist ein Ozean, in dem wir untertauchen können, ohne
Angst davor haben zu müssen, überwältigt zu
werden.“ Was auch immer man sich selbst
vorzuwerfen habe, Gott sei immer größer als
alles. Gott befreie nicht nur oberflächlich von
Sünden, sondern radiere diese aus und zerstöre sie in ihrer Wurzel – „nicht wie in der Wäscherei, wo bloß der Fleck gereinigt wird“.
Wer bei Gott die Vergebung suche, werde
von ihm ganz gereinigt, von allen Unreinheiten befreit und „weißer als frischer Schnee“.
Er werde zudem mit großer Freude erfüllt
über das „neue Herz, den neuen Geist und
das neue Leben“, das Gott schenke. Franziskus rief zudem dazu auf, die Erfahrung von
Gottes Barmherzigkeit mit allen zu teilen und
auch selbst anderen zu vergeben.
Schönborn leitet Kongress in Rom
Im von Papst Franziskus ausgerufenen
„Heiligen Jahr der Barmherzigkeit“ stellt das
kommende Wochenende einen besonderen
Höhepunkt dar: Das dreitägige „Jubiläum
aller, die sich der Spiritualität der Göttlichen
Barmherzigkeit verbunden fühlen“ beginnt in
Roms Kirchen am Freitag mit einer „Nacht
der Versöhnung“, ehe am Samstag Katechesen zur Barmherzigkeit, eucharistische Anbetungen und ein Pilgerzug zu den Heiligen
Pforten der vier Papst-Basiliken stattfinden.
Am Samstagabend leitet Papst Franziskus
eine Gebetswache auf dem Petersplatz, mit
Glaubenszeugnissen, Texten und Musik. Höhepunkt ist am Sonntag ein PapstGottesdienst auf dem Petersplatz.
Zeitgleich und mit dem Jubiläum überschneidend widmet sich bereits ab Donnerstag ein theologischer Kongress in Rom dem
Jahresthema der Barmherzigkeit Gottes: Bei
dem von Kardinal Christoph Schönborn geleiteten „European Apostolic Congress on
Mercy“ (EACOM; 31. März bis 4.April), bei
dem auch Kardinal Walter Kasper sprechen
wird, stehen Vorträge, Gottesdienste und
Gebete auf dem Programm. Schönborn beendete am Mittwoch seinen Irak-Besuch und
wird den Kongress in Rom auch eröffnen.
Der Zeitpunkt für Jubiläum und Kongress
kommt nicht von ungefähr: Der „Weiße
Sonntag“ eine Woche nach Ostern wurde von
Papst Johannes Paul II. als „BarmherzigkeitsSonntag“ im Kirchenjahr eingeführt. Der
Todestag des vor zwei Jahren heiliggesprochenen Pontifex jährt sich zudem am Samstag zum elften Mal.