lsv_trit

Einschätzung von Triticalesorten in ihrer Neigung zur Bildung von Deoxynivalenol
(DON)
Ch. Guddat, E. Schreiber (Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft)
V. Michel (Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern)
M. Sacher (Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft)
G. Hartmann (Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau Sachsen-Anhalt)
U. Nickl (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft)
G. Barthelmes (Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg)
Einleitung
Fusariumpilze führen zu Ertrags- und Qualitätsverlusten im Getreidebau. Die von ihnen produzierten Mykotoxine, vor allem das vornehmlich von Fusarium graminearum gebildete Deoxynivalenol (DON), aber auch Zearalenon (ZEA), stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko
für Mensch und Tier dar. Daher wurde in der Europäischen Union in der Höchstmengenverordnung für unverarbeitetes Getreide ein Grenzwert von 1.250 µg DON/kg festgelegt (Ausnahmen Hartweizen, Hafer und Mais mit 1.750 µg/kg). In der Schweinefütterung (Orientierungswert für kritische Konzentration im Schweinefutter 1.000 µg/kg Futterration bei 88 %
TS) und bei der Vermarktung als Ethanolgetreide (Grenzwert zwischen 500 µg/kg und 1.000
µg/kg je nach Verarbeiter) liegen die Grenzwerte noch deutlich darunter.
Triticale zeigt eine erhöhte Anfälligkeit für Ährenfusarium, die zu einer höheren Belastung der
Körner mit DON führen kann. Dies bestätigten die jährlichen repräsentativen Ernteproben
aus Thüringen, in denen Triticale den höchsten mittleren DON-Gehalt unter allen beprobten
Getreidearten erreichte und am häufigsten den Orientierungswert für die kritische Konzentration im Schweinefutter überschritt. Bei der Verwertung des Triticale als Schweinefutter und
Rohstoff zur Herstellung als Bioethanol sind hohe DON-Gehalte unerwünscht. Deshalb werden bei Triticale Maßnahmen zur Minderung des Ährenfusariumbefalls bzw. des DONGehaltes empfohlen.
Dazu gehören die Stellung in der Fruchtfolge (insbesondere Verzicht auf die Vorfrucht Mais),
wendende Bodenbearbeitung, Fungizidmaßnahmen zum Schutz der Ähren und Reinigung
von belasteten Partien. Eine wesentliche Komponente zur Verringerung des Mykotoxinrisikos
ist die Wahl von Sorten mit guter Resistenz gegen Ährenfusarium. Vom Bundessortenamt
sind die meisten in Deutschland zugelassenen Winterweizensorten bezüglich dieses Merkmals offiziell eingestuft. Für Wintertriticale fehlt aber bisher eine derartige Einschätzung. Daher war es das Ziel einer länderübergreifenden Zusammenarbeit, eine geeignete Methode
zur Einschätzung von Triticalesorten zu erarbeiten. Die Ergebnisse daraus fließen in die regionale Sortenbeschreibung bzw. Sortenempfehlung der Bundesländer ein, um letztlich das
Risiko für den Landwirtschaftsbetrieb zu verringern.
Material und Methoden
In den Versuchen von 2003 bis 2007 wurden Triticalesorten mit größerer Anbaubedeutung
sowie zur Zulassung anstehende Wertprüfungsstämme in mehreren Jahren und an mehreren Orten mit mindestens 2 Wiederholungen in Feldversuchen geprüft. Die Versuchsdurchführung erfolgte in Anlehnung an die „Richtlinien zur Durchführung von Wertprüfungen und
Sortenversuchen“ des Bundessortenamtes. Die Versuchsorte lagen in den beteiligten Bundesländern zumeist auf Löss-Standorten. Die Versuchsflächen wurden mit Maisstoppeln
kontaminiert, um möglichst praxisrelevante Voraussetzungen zu schaffen. Das Einstreuen
des Infektionsmaterials, das von vorjährigen Maisschlägen stammte, erfolgte zu Vegetationsbeginn gleichmäßig in den Versuchsparzellen. Zur besseren Einschätzung der Sorten
wurden im Prüfjahr 2005 auch zusätzlich einige Landessortenversuche (hier fand keine
Maisstoppelinfektion statt) in die Untersuchungen mit einbezogen. Am Erntegut wurde der
DON-Gehalt der einzelnen Prüfglieder mit Hilfe des ELISA-Tests (Thüringen, Sachsen und
Sachsen-Anhalt) bzw. der HPLC-Methode (Bayern) ermittelt. Die statistische Auswertung der
unbalanzierten Versuchsserie erfolgte mit der Hohenheim-Gülzower Methode.
1
Ergebnisse
In den Versuchen variierte der DON-Gehalt zwischen den Jahren und zwischen den Versuchsorten erheblich (Abb. 1). Am höchsten war die Mykotoxinbildung im Jahr 2004 am
Standort Dornburg mit durchschnittlich 7300 µg/kg, am niedrigsten im Jahr 2006 am Standort
Walbeck, wo trotz Maisstoppelinfektion keine der geprüften Sorten die Nachweisgrenze des
ELISA-Tests überschritt.
14.000
DON-Gehalt (µg/kg)
12.000
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
Geslau 2007 1) 4)
Landsberg 2007 1) 4)
Frankendorf 2007 1) 4)
Feistenaich 2007 1) 4)
Eiselried 2007 1) 4)
Salbitz 2007 1) 3)
Walbeck 2007 1) 3)
Friemar 2007 1) 3)
Dornburg 2007 1) 3)
Feistenaich 2006 1) 4)
Frankendorf 2006 1) 4)
Salbitz 2006 1) 3)
Friemar 2006 1) 3)
Dornburg 2006 1) 3)
Christgrün 2005 2) 3)
Forchheim 2005 2) 3)
Roda 2005 2) 3)
Bollberg 2005 2) 3)
Nossen 2005 2) 3)
3) ELISA-Test
4) HPLC-Methode
Schrobenhausen 2006 1) 4)
1) mit Maisstoppelinfektion
2) ohne Maisstoppelinfektion
Friemar 2005 1) 3)
Haufeld 2005 1) 3)
Dornburg 2005 1) 3)
Haufeld 2004 1) 3)
Dornburg 2004 1) 3)
Haufeld 2003 2) 3)
Dornburg 2003 1) 3)
0
Abbildung 1: Mittlere DON-Gehalte und Schwankungsbreiten in den Einzelversuchen der
Versuchsserie in den Jahren 2003-2007
Die Unterschiede zwischen den in der Versuchsserie geprüften Sorten ermöglichten eine
Einteilung in drei Gruppen (Abb. 2).
Gruppe 1:
Sorten mit überwiegend unterdurchschnittlichen DON-Gehalten in der
Versuchsserie
Gruppe 2:
Sorten mit meist mittleren DON-Gehalten in der Versuchsserie bzw.
DON-Gehalten, deren Niveau in den einzelnen Versuchen zwischen
unter- und überdurchschnittlich schwankte
Gruppe 3:
Sorten mit überwiegend überdurchschnittlich DON-Gehalten in der
Versuchsserie
2
1500
DON-Gehalt (µg/kg)
1250
1000
750
500
250
Gruppe 1
Gruppe 2
Gruppe 3
* = einjährige Ergebnisse
Trimester
Rotego
Versus
Vitalis
Witon *
SW Talentro
Magnat
Lamberto
Cando *
Inpetto
Cultivo *
Madilo *
Grenado
Tremplin
Benetto
Tritikon
Triplus *
0
Abbildung 2: mittlere DON-Gehalte der Triticalesorten in der Versuchsserie 2003-2007 (überwiegend nach Maisstoppelinfektion) mit Intervallen für den paarweisen Vergleich (90%)
nach Hohenheim-Gülzower Methode
Madilo 1)
Cultivo 1)
Inpetto
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
Cando 1)
Lamberto
Magnat
SW Talentro
*
Witon 1)
Vitalis
Versus
Rotego
Trimester
* signifikant
1)
*
*
*
*
*
*
*
*
*
*
einjährige Ergebnisse
Abbildung 3: Paarweiser Vergleich (t-test, 10 %) der Sorten im DON-Gehalt in der Versuchsserie 2003-2007
3
Gruppierung
*
*
*
Trimester
Rotego
*
*
*
Versus
*
*
*
Vitalis
Magnat
*
*
*
Witon
Lamberto
*
*
*
SW Talentro
Cando
Cultivo
Madilo
Grenado
Tremplin
Inpetto
1)
Triplus
Tritikon
Benetto
Tremplin
Grenado
Benetto
Tritikon
Triplus
In der Abb. 3 ist ersichtlich, welche Sorten sich hinsichtlich des DON-Gehaltes signifikant
voneinander unterschieden.
1
1
1
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
3
3
3
Das Risiko einer Grenzwerteüberschreitung ist aufgrund der Versuchsergebnisse bei Triplus,
Tritikon und Benetto am geringsten. Diese Sorten zeigten in der Versuchsserie einen gegenüber der Mehrzahl der geprüften Sorten gesichert geringeren DON-Gehalt. Am höchsten ist
die Gefahr der DON-Bildung bei Sorten der Gruppe 3. Das erhöhte DON-Niveau ließ sich
z.B. bei Trimester gegenüber 11 der insgesamt 16 Sorten statistisch sichern.
Wegen der komplexen Eigenschaften (Ertragsfähigkeit und -sicherheit, Qualität, Winterfestigkeit, Standfestigkeit, Krankheitsanfälligkeit) ist die Anbaubedeutung der Sorten sehr unterschiedlich. Bei der Sortenwahl wird auch in Zukunft Ertragsfähigkeit und -sicherheit im Vordergrund stehen, so dass nach der Ernte 2007 SW Talentro und Grenado uneingeschränkt
für den Anbau auf allen Standorten in Ostdeutschland empfohlen wurden. Benetto (Löss[Lö] und Verwitterungs- [V] Standorte), Dinaro (Diluvial- [D] Süd, Lö, V), Inpetto (D-Nord, DSüd, V), Magnat (D-Nord, D-Süd) und Vitalis (D-Nord, D-Süd) wurden, zum Teil mit Hinweisen zum Einsatz von Halmstabilisatoren (Benetto, Vitalis) oder Fungiziden (Inpetto, Magnat),
für bestimmte Anbaugebiete empfohlen.
In vielen Regionen ist der Anbau von Triticale nach Weizen, Mais und in Selbstfolge üblich.
Besonders hoch ist das Risiko hoher DON-Gehalte nach der Vorfrucht Mais, aber auch Weizen und Triticale sind in dieser Hinsicht ungünstige Vorfrüchte. Wenn nach diesen Vorfrüchten beim Anbau von Triticale aus betrieblichen Gründen auf wendende Bodenbearbeitung
verzichtet werden muss, sollte auf Grund der Versuchsergebnisse unter den genannten
Empfehlungssorten Benetto der Vorzug gegeben werden. Die statistische Auswertung ergab,
dass die Sorte insbesondere in Versuchen mit hohem DON-Niveau vergleichsweise günstiger abschnitt. Beim Anbau von Sorten wie Trimester ist auf Grund der Versuchergebnisse
bei Mais- oder Getreidevorfrucht wendende Bodenbearbeitung dringend zu empfehlen. Trimester zeigte sich in Versuchen mit hohem DON-Niveau als besonders ungünstig.
Sorten, die zwar mit überwiegend unterdurchschnittlichen DON-Gehalten in der vorliegenden
Versuchsserie abschnitten, aber in anderen wichtigen Merkmalen den Anforderungen nicht
genügen, werden nicht zwangsläufig für den Anbau empfohlen.
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