das wesentliche ist einfach

"DAS WESENTLICHE IST EINFACH"
Worte sind zwar nur Worte - aber sie können zum
NACHDENKEN (Erinnern) anregen !
"DER STROM DES LEBENS"
Ich weiß nicht, ob Sie auf Ihren Spaziergängen einmal einen kleinen Teich neben einem Fluss
bemerkt und beobachtet haben?
Der Fluss fließt stetig, tief und breit dahin, aber den Teich überzieht ein schmieriger Film,
weil er mit dem lebendigen Fluss nicht verbunden ist und weil es keine Fische in ihm gibt.
Er ist ein stehendes Gewässer, der tiefe Strom voller Leben und Vitalität aber fließt rasch
dahin.
Nun, denken Sie nicht, dass Menschen auch so sind ?
Sie graben ihren kleinen Teich, abseits vom raschen Strom des Lebens. In diesem kleinen
Teich stagnieren sie und sterben, und diese Stagnation, dieses Verkommen nennen wir
Existenz. Denn wir alle wollen stabile Verhältnisse; wir möchten, dass die Erfüllung
bestimmter Wünsche ewig anhält, wir wollen Freunde ohne Ende. Wir graben ein kleines
Loch und verbarrikadieren uns darin mit unseren Familien, mit unserem Ehrgeiz, unserer
Kultiviertheit, unseren Ängsten, unseren Göttern, unseren unterschiedlichen Gebetsritualen;
und dort lassen wir das Leben vorüberziehen und sterben - jenes Leben, das nicht von Dauer
ist, sich ständig wandelt, so rasch ist, solche enormen Tiefen, solche außergewöhnliche
Vitalität und Schönheit hat.
Haben Sie bemerkt, dass Sie das Lied des Flusses hören, wenn Sie still an seinem Ufer sitzen
- das Schwapppen des Wassers, das Geräusch der vorbeiziehenden Stömung?
Immerfort ist Bewegung zu spüren, eine außerordentliche Bewegung zum Tieferen und
Weitern hin. Im kleinen Teich gibt es keinerlei Bewegung, sein Wasser stagniert. Und durch
Beobachtung werden Sie erkennen, dass es das ist, was die meisten von uns wünschen: kleine
unbewegte Teiche einer vom Leben getrennten Existenz. Wir sagen, dass unsere TeichExistenz richtig ist, und wir haben eine Philosophie erfunden, um sie zu rechtfertigen.
Wir haben soziale, politische, ökonomische und religiöse Theorien entwickelt, die sie stützen,
und wir wollen nicht gestört werden, denn wir suchen das Gefühl von Dauer.
Wissen Sie, was es bedeutet, Dauer anzustreben? Es bedeutet man wünscht, das Erfreuliche
möge endlos dauern und das Unerfreuliche so schnell wie möglich aufhören. Wir wollen, dass
der Name, den wir tragen, bekannt und durch Familie, durch den Besitz weitergeführt wird.
Wir wünschen uns ein Gefühl von Dauer in unseren Beziehungen, in unserer Tätigkeit, und
das bedeutet, wir suchen ein bleibendes, stetiges Leben im stagnierenden Teich.
Wir wollen dort keinerlei wirkliche Veränderungen, also haben wir eine Gesellschaft
aufgebaut, die uns die Dauer des Besitzes, des Namens, des Ruhms garantiert.
Aber sehen Sie, das Leben ist nicht so, Leben ist nichts Bleibendes. Wie die Blätter, die vom
Baum fallen, sind alle Dinge vorübergehend, nichts überdauert, immer gibt es Wandel und
Tod. Haben Sie je beachtet, wie sich ein kahler Baum gegen den Himmel abhebt, wie schön er
ist?
Jeder einzelne Zweig zeichnet sich ab, seine Kahlheit formt sich zum Lied oder zum Gedicht.
Jedes Blatt hat er verloren, und nun erwartet er den Frühling.
Wenn der Frühling kommt, erfüllt er den Baum erneut mit der Musik seiner Blätter, welche zu
ihrer Zeit wieder fallen werden und verwehen - das ist der Lauf des Lebens.
Aber wir wollen nichts, was dem ähnlich ist. Wir klammern uns an unsere Kinder, an unsere
Traditionen, an unsere Gesellschaft, an unsere Namen und unsere kleinen Tugenden, weil wir
Dauer wollen; und deshalb haben wir Angst davor zu sterben. Wir fürchten uns Dinge zu
verlieren, die wir kennen. Aber das Leben ist nicht so, wie wir es gerne hätten; Leben ist
überhaupt nicht dauerhaft. Vögel sterben, Schnee schmilzt, Bäume werden gefällt oder vom
Sturm geknickt, und so weiter. Wir aber wollen, dass alles, was uns Befriedigung gibt, von
Dauer ist; wir wollen, dass unsere Stellung und Autorität, die wir bei Menschen haben,
andauern. Wir weigern uns, das Leben so zu akzeptieren, wie es tatsächlich ist.
Es ist eine Tatsache, dass das Leben wie ein Fluss ist: In unaufhörlicher Bewegung, immer
auf der Suche, forschend, drängend, tritt er über seine Ufer, dringt sein Wasser durch jede
Öffnung. Aber sehen Sie, der Geist gestattet sich nicht, dass dasselbe mit ihm geschieht. Der
Geist sieht es als gefährlich, als riskant an, in einem Zustand der Unbeständigkeit und
Unsicherheit zu leben; also baut er eine Mauer um sich herum - die Mauer der Tradition, der
organisierten Religion, der politischen und sozialen Theorien. Familie, Name, Besitz, die
kleinen Tugenden, die wir kultiviert haben - all dies befindet sich innerhalb der Mauern, vom
Leben getrennt. Leben bewegt sich ohne Dauer und versucht unaufhörlich, diese Mauer zu
durchdringen, nieder zu brechen, hinter denen Verwirrung und Elend ist.
Die Götter innerhalb der Mauern sind alles falsche Götter, und sie betreffende Schriften und
Philosophien haben keine Bedeutung, weil das Leben sich außerhalb von ihnen befindet.
Nun, für einen Geist, der keine Mauern hat, der unbelastet von eigenen Erwerbungen, von
angehäuften Besitztümern, von eigenem Wissen ist, der zeitlos und ungesichert lebt - für
einen solchen Geist ist Leben etwas Außerordentliches. Ein solcher Geist ist selbst Leben,
weil Leben keinen Rastplatz hat. Aber die meisten von uns möchten einen Rastplatz; wir
wollen ein kleines Haus, einen Namen, eine Stellung, und wir sagen, dass diese Dinge sehr
wichtig sind. Wir verlangen Dauer und schaffen eine Kultur, die auf diesem Verlangen
beruht, und erfinden Götter, welche ganz und gar keine Götter sind, sondern lediglich eine
Projektion unserer eigenen Wünsche.
Ein Geist, der Dauer sucht, wird bald stagnieren; wie jener Teich neben dem Fluss wird er
bald ganz verdorben und faulig sein. Nun der Geist, der keine Mauern, keinen sicheren Halt,
keine Schutzschranke, keinen Rastplatz hat und der ganz der Bewegung des Lebens folgt,
zeitlos weiterdrängt, forscht und sich explosionsartig öffnet - nur ein solcher Geist kann ewig
und glücklich neu sein, weil er in sich kreativ ist.
Verstehen Sie, worüber ich spreche?
Das sollten Sie, weil dies alles Teil einer wirklichen Erziehung ist. Indem Sie es verstehen,
verwandelt sich Ihr ganzes Leben; Ihr Verhältnis zur Welt, zu Ihrem Nachbarn, zu Ihrer Frau
oder zu Ihrem Mann wird einen ganz anderen Inhalt haben. Dann werden Sie nicht versuchen,
sich durch irgendetwas anderes zu erfüllen, weil Sie sehen, dass das Verlangen nach Erfüllung
nur Kummer und Not mit sich bringt. Deshalb sollten Sie ihre Lehrer darüber befragen und es
auch untereinander diskutieren. Wenn Sie es dann begreifen, werden Sie angefangen haben,
die außergewöhnliche Wahrheit über das Leben zu verstehen; und in diesem Verstehen liegt
große Schönheit und Liebe, das Aufblühen der Güte. Aber die Bemühungen eines Geistes, der
einen Teich der Sicherheit und Dauer sucht, kann nur zu Dunkelheit und Verderben führen.
Wenn der Geist sich erst einmal in einem solchen Teich eingerichtet hat, hat er Angst, sich
herauszuwagen, zu suchen, zu erkunden; aber Wahrheit, Gott, Realität oder wie Sie es nennen
wollen, liegt weit außerhalb des Teichs.
Wissen Sie, was Religion ist?
Sie ist nicht im Lobgesang, nicht in der Ausübung eines Rituals, nicht in der Anbetung eines
Götzen oder eines Steinbildnisses, sie ist nicht in den Tempeln und Kirchen, nicht im Lesen
der Bibel oder der Bhagavad Gita, nicht in der Wiederholung eines heiligen Namens oder im
Befolgen irgendeines Aberglaubens, den Menschen erfunden haben. Nichts davon ist
Religion.
Religion ist das Gefühl von Güte, ist jene Liebe, die wie der Fluss ist, lebendig und
immerwährend bewegt. In jenem Zustand werden Sie feststellen, dass ein Augenblick kommt,
in dem es überhaupt keine Suche mehr gibt; und dieses Ende des Suchens ist der Anfang von
etwas total anderem. Die Suche nach Gott, nach Wahrheit, das Gefühl, vollständig gut zu sein
- nicht die Kultivierung von Güte, von Demut, sondern das Aufsuchen von etwas jenseits der
Empfindungen und Tricks des Geistes, was bedeutet, ein Gespür für jenes Etwas zu haben, in
ihm zu leben, es zum sein - , das ist wahre Religion. Aber Sie können das nur tun, wenn Sie
den Teich verlassen, den Sie sich selbst gegraben haben, und in den Fluss des Lebens
hinausgehen. Dann nimmt sich das Leben auf erstaunliche Weise Ihrer an, indem es sich um
Sie kümmert, weil Sie sich keine Sorgen mehr machen.
Das Leben trägt Sie, wohin es will, weil Sie selbst Teil des Lebens sind. Dann ist Sicherheit
kein Problem mehr und auch nicht, was Leute sagen oder nicht sagen, und das ist die
SCHÖNHEIT des LEBENS.!!
ENDE