E d i to r i a l E ditorial E d i to r i a l E ditorial E d i to r i a l E ditorial E ditorial E ditorial Programm – Mai / Juni / Juli Aktuelle deutschsprachige Literatur Literarische Stimmen Europas im Dialog Der Frühsommer im Literaturhaus steht in diesem Jahr ganz im Zeichen der Begegnung neuer europäischer Literaturen. So führt das »Europäische Festival des Debütromans« bereits zum 14. Mal Autorinnen und Autoren aus elf verschiedenen Ländern mit ihren Verlagsbegleitern nach Kiel. Eine literarische Stimme aus Italien präsentiert das Projekt »leggìIO« mit der Autorin Chicca Gagliardo. Außerdem machen Autorinnen und Autoren des europäischen Literaturnetzwerks CROWD auf ihrer europaweiten OMNIBUS-Lesetour im Literaturhaus halt, wo sie in einer multilingualen Lesung auf Kieler Autoren treffen. Schriftsteller auf eine Lesereise quer durch Europa schickt auch der Georgier Lasha Bugadze in seinem Roman »Der Literaturexpress«. In der LeseLounge reist derweil Shida Bazyar mit vier Erzählstimmen zwischen Deutschland und Iran, während Senthuran Varatharajah mit dem Dialog zweier Fremder im virtuellen Raum die Grenzen der Sprache erfahrbar macht. Wie Sprache einen ins Schleudern bringen kann, zeigt auch die Lyrikerin Kerstin Hensel. Und dass das Fallenstellen literarisch reizvoll ist, beleuchtet Saša Stanišić in seinem ersten Erzählband. Beunruhigende Zukunftsszenarien entwerfen NisMomme Stockmann und der algerische Schriftsteller Boualem Sansal in ihren aktuellen Romanen, während Norbert Niemann in einen literarischen Dialog mit der Musik tritt. ¬ Wir laden Sie ein, uns auf diese Reise durch die literarische Stimmvielfalt Europas und darüber hinaus zu begleiten. Ihr Literaturhaus-Team Saša Stanišić N.-M. Stockmann Norbert Niemann Kerstin Hensel Zuletzt begeisterte Saša Staniši ć das Kieler Publikum mit seiner Lesung aus dem Spiegel-Bestseller »Vor dem Fest«, welcher mit dem Alfred-Döblin-Preis und dem Preis der Leipziger Buchmesse 2014 ausgezeichnet wurde. Nun legt der Autor mit »Der Fallensteller« seinen ersten Erzählband vor, der sich in der kürzeren Form mit Menschen befasst, die sich locken lassen. Darunter Ganoven, Liebende, Geflüchtete und Gealterte – Menschen, die sich im Krieg oder im Spiel mit Trug und Kniff sowie mit Mut und Witz befreien. Der literarische Reiz der Falle wird von allen Blickwinkeln ausgelotet, denn wo Menschen auftreten, werden oft auch Fallen gestellt. Mit seinen Geschichten über das Fallenstellen erweist Saša Stanišić sich erneut als lustvoller und virtuoser Erzähler. ¬ Stanišić, 1978 in Višegrad geboren, lebt und arbeitet in Hamburg. Sein Debütroman »Wie der Soldat das Grammofon repariert« (Adelbert-von-Chamisso-Preis) wurde in 31 Sprachen übersetzt. Sein letzter Roman »Vor dem Fest« wurde von Lesern und Kritikern gleichermaßen als Literaturereignis gefeiert. ( 0 4 . 0 5 . ) ¬ Der vielfach (u. a. mit dem Hebbelpreis 2011) ausgezeichnete Dramatiker Nis-Momme Stockmann, der 1981 auf Föhr geboren wurde, liest im Literaturhaus aus seinem Debütroman »Der Fuchs«. In diesem Roman, der für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert war, steigt das Wasser in Thule über Nacht in unvorstellbarem Ausmaß. Für den dreißigjährigen Finn heißt das: sich zusammen mit seinen Freunden auf das Hausdach zu retten. Über den Trümmern seiner Heimat, unter einer gnadenlos brennenden Sonne beschwört er die verdrängten Bilder seiner Kindheit herauf. Laut Ijoma Mangold (DIE ZEIT) bewege sich von da an »Der Fuchs« auf atemberaubend kühne Weise zwischen Dorfroman, ScienceFiction, Schöpfungsmythos, Verschwörungsthriller und großer Gegenwartsdiagnose. Es gehe um alles: um Metaphysik, um den Sinn des Lebens, um Zivilisationskritik, um das Grau der Gegenwart und das Elend der Postmoderne. ( 0 9 . 0 5 . ) ¬ Norbert Niemann (geb. 1961 in Niederbayern) zählt zu den provokativsten und kraftvollsten Erzählern unserer Zeit. In seinem Künstler- und Liebesroman »Die Einzigen« nimmt er mit seinen Ausführungen zur unwiderstehlichen Macht der Musik das Ganze unserer Gegenwart in den Blick. Die Komponistin Marlene trifft in Venedig auf ihren alten Bandkollegen Harry. Dieser wiederum wird von ihrer Art zu musizieren angezogen. DIE ZEIT schrieb: »Es mündet alles in einem großen, widersprüchlichen, vielschichtigen Bild: Die Musik, die Marlene ohne alle Kompromisse anstrebt, setzt rigoros den eigenen Körper ein und begreift ihn als das letzte mögliche Reservoir. Das hat etwas Verstörendes, aber auch Unbedingtes.« ( 2 8 . 0 5 . ) ¬ Kerstin Hensel, geboren 1961 in Karl-Marx-Stadt und Dozentin an der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch«, liest aus ihrem neuen Gedichtband »Schleuderfigur«. Der Titel steht für ein riskantes Spiel, in dem man aus den gewöhnlichen Bahnen seines Lebens herausgerissen und überwältigenden Gefühlen unterworfen wird. Dies können der Verlust der sozialen Stellung oder eines Menschen, Naturkatastrophen oder die Liebe sein. In vielfältigsten Formen versuchen Hensels Gedichte diese extremen Lebenssituationen zu verstehen und damit der Eigenmacht der Gefühle etwas entgegenzusetzen. Vor der Lesung bietet Kerstin Hensel, ausgehend von ihrem Band »Das verspielte Papier – Über starke, schwache und vollkommen misslungene Gedichte«, einen Lyrikworkshop an. ( 1 5 . 0 7 . ) Internationale Literatur Der frankophone algerische Schriftsteller Boualem Sansal, der 2011 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde, ist wieder zu Gast in Kiel und liest aus seinem neuen Roman »2084 – Das Ende der Welt«. In Abistan, Boualem Sansal einem riesigen Reich, dessen Gründung ein Mysterium ist, bestimmen die Verehrung eines Gottes und die Abschaffung individuellen Denkens das System des Herrschers Abi. Offiziell heißt es, die Bevölkerung lebe glücklich und ohne Zweifel in diesem Glauben. Doch am Rande Abistans lebt Ati, den erste Zweifel plagen. Aus diesem Grund begibt er sich in das abgelegene Ghetto, wo die Menschen ohne die Gesetze des Glaubens leben. ( 0 6 . 0 6 . ) Bei einer literarischen Fahrt mit 100 Autoren in einem Zug quer durch Europa erwartet den wenig erfolgreichen georgischen Autor Zaza eine denkbar ausgefallene Schicksalsgemeinschaft. Mit an Bord ist der zweite georgische Autor und hochneurotische Lyriker Zwiad. Dieser, der ausLasha Bugadze brechende Kaukasuskrieg und die Trennung von seiner Freundin Elene stellen Zazas Leben während der abenteuerlichen Lesereise des Literaturexpresses auf den Kopf. Der erfolgreiche georgische Schriftsteller Lasha Bugadze, geboren 1971 in Tbilissi und u.a. ausgezeichnet mit dem Hauptpreis der International Playwriting Competition der BBC, präsentiert mit »Der Literaturexpress« seinen ersten Roman auf Deutsch. Dieser ist eine herrliche Satire über den Literaturbetrieb, ein lebendig-humorvolles Panoptikum voller situativer Komik und eine komplikationsreiche Liebesgeschichte. Dank Nino Haratischwilis brillianter Übersetzung gibt es eine der wichtigsten neuen Stimmen der georgischen Gegenwartsliteratur zu entdecken, reich an Sprachwitz, Selbstironie und feiner Beobachtungsgabe. ( 1 5 . 0 6 . ) CROWD in Kiel – Literatur als europäische Muttersprache? Maria C. Barbetta Judith Keller Elias Knörr Olga Pek 100 AutorInnen, 12 Wochen, 15 Länder und eine europaweite OMNIBUS-Lesetour: Das europäische Literaturnetzwerk CROWD lässt AutorInnen aus verschiedenen Sprachräumen von Finnland nach Zypern reisen. Auf der gesamten Strecke finden Lesungen und Workshops statt, die einen intensiven Dialog mit dem Publikum ermöglichen. In Kiel treffen Maria Cecilia Barbetta (D / AR), Judith Keller (CH), Elias Knörr (IS / ES) und Olga Pek (CZ) die Kieler Autoren Feridun Zaimoglu und Stephan Turowski zu einer Lesung. ( 2 4 . 0 5 . ) »Frühstück im Frühling« Zu seiner alljährlichen Frühjahrsveranstaltung lädt der Freundeskreis des Literaturhauses wieder ein. In diesem Jahr ist der Kieler Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer zu Gast, der über literarische Vorlieben sprechen wird. Eingeladen sind natürlich auch NochNicht-Mitglieder des Freundeskreises. ( 2 9 . 0 5 . ) Werden Sie Mitglied ! Wir unterstützen insbesondere das Junge Literaturhaus und das Europäische Festival des Debütromans. Freundeskreis Literaturhaus Schleswig-Holstein e.V. Schwanenweg • Kiel • T ⁄ • [email protected] Das 14. Europäische Festival des Debütromans Bruno Pellegrino Tiril Broch Aakre Morten Pape den Niederlanden (Neske Beks), Norwegen (Tiril Broch Aakre), Österreich (Sandra Gugić), Polen (Liliana Hermetz), der Schweiz (Bruno Pellegrino) und Spanien (Carlos Fortea). ( 1 9 . – 2 2 . 0 5 . ) Neske Beks Anlässlich des 14. Europäischen Festivals des Debütromans reisen Autorinnen und Autoren aus verschiedenen europäischen Ländern mit ihren Erstlingswerken und begleitet von ihren Verlagsvertretern nach Kiel. Vier Tage lang klingen die Stimmen und Geschichten Europas durch das Literaturhaus. Das Publikum ist eingeladen, beim eröffnenden Lesefest in die Klangvielfalt der jungen europäischen Prosa in Originalsprache einzutauchen. Deutsche Probeübersetzungen, gelesen von Eva Krautwig und Nils Aulike, vereinfachen den Zugang zu den Texten, denen die Besucher auch bei einem Spaziergang entlang des Textparcours im Alten Botanischen Garten auf die Spur kommen können. ( 1 9 . 0 5 . ) ¬ Im Rahmen der anschließenden Fachtagung mit den Festivalteilnehmern findet als weitere öffentliche Veranstaltung eine Gesprächsrunde zum Thema »Der Schriftsteller und das gesellschaftliche Engagement. Die Europäische Schriftstellerkonferenz« statt. Nicol Ljubić, Schriftsteller und Mitinitiator der Europäischen Schriftstellerkonferenz, die im Mai zum zweiten Mal in Berlin stattfindet, wird die Veranstaltung moderieren. ( 2 0 . 0 5 . ) ¬ Zum Festival liegt bei den Veranstaltern Institut Français de Kiel und Literaturhaus S-H ein eigener Programmfolder aus. Zudem erscheint eine Broschüre mit Probeübersetzungen der Romane ins Deutsche, Englische und Französische sowie Angaben zu den teilnehmenden AutorInnen und Verlagen aus Belgien / Flandern (Michael Bijnens), Dänemark (Morten Pape), Deutschland (Shida Bazyar), Frankreich (Benjamin Haegel), Italien (Alice Torriani), Auch das Projekt »leggìIO« des Lektorats für Italienisch im Romanischen Seminar der CAU schafft einer neuen literarischen Stimme aus Italien in Kiel Gehör. Chicca Gagliardo hat nach Chicca Gagliardo drei Werken, aus denen eine Ausstellung und ein Kurzfilm entstanden, 2004 ihren Roman »Il poeta dell’aria« (Der Dichter der Luft) veröffentlicht. Der Dichter spricht den Leser direkt an. Er lädt ihn ein, sich neben ihn auf den Felsvorsprung zu setzen, um die eigene Art zu fallen oder zu fliegen zu finden. In der Geschichte gibt es viele Fäden, Luftlinien, Drahtseile und Handlungsstränge. Ihn begleiten die Worte und Gesten von Bruno Munari, Emily Dickinson, Marina Zwetajewa, Marc Chagall und vielen anderen Dichtern der Luft. ( 1 6 . 0 6 . ) Junges Literaturhaus In der Schreibwerkstatt »Texte unter der Lupe« mit Christopher Ecker haben Jugendliche und junge Erwachsene Gelegenheit, eigene und fremde Texte zu diskutieren und Anregungen für das eigene Schreiben zu finden. ( 11 . 0 5 . ) Bei den »Leseratten des Literaturhauses« lesen Kinder und Jugendliche Neuerscheinungen aus der Welt der Kinder- und Jugendbücher, schreiben Rezensionen und stellen die »Lesetipps« zusammen. ( T e r m i n e a u f A n f r a g e ) Jeweils dienstags sind nach Vereinbarung Kindergarten- und KITAGruppen zu Vorlesevormittagen zu Gast. Dank der Vorlesepatinnen vom Freundeskreis des Literaturhauses wird Literatur greifbar und zu etwas ganz Besonderem. LeseLounge – Zwei AutorInnen und Livemusik Im Juni erzählen die Debütanten in der LeseLounge von Brüchen in Biographien. Ihre Figuren bewegen sich an den Rändern S. Varatharajah Shida Bazyar der Sprache und zwischen den Kulturen. Live-Musik liefert die Hamburger Band Helgen. ¬ »vielleicht sprechen wir, um an das ende dieser und jeder möglichen sprache zu gelangen«, schreibt Senthil Vasuthevan an Valmira Surroi. Ohne sich je begegnet zu sein, erzählen sich der Berliner Philosophiedoktorand und die Kunstgeschichtsstudentin aus Marburg auf Facebook sieben Tage lang von ihrem Leben. Sie schreiben von ihren Familien und der Flucht aus Sri Lanka und dem Kosovo, von ihrer Kindheit in Asylbewerberheimen und der Schul- und Studienzeit. Für einen Auszug seines Debütromans »Vor der Zunahme der Zeichen« wurde Senthuran Varatharajah im Rahmen des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs 2014 mit dem 3sat-Preis ausgezeichnet. Hochreflektiert lotet er mit lyrischen Mitteln die Grenzen der Sprache und des Erinnerns aus. ¬ Ein dichtes und mitreißendes Familienmosaik zwischen Deutschland und Iran stellt »Nachts ist es leise in Teheran« von Shida Bazyar dar. Es erzählt vom kommunistischen Revolutionär Behsad, der 1979 im Iran für eine neue Ordnung kämpft, von seiner Frau Nahid, die zehn Jahre später nach der gemeinsamen Flucht in Deutschland eine neue Heimat sucht, von ihrer Tochter Laleh, die 1999 in den Iran reist und das Land nicht mit den Erinnerungen ihrer Kindheit zusammenbringen kann, und von Behsads Bruder Mo, der 2009 als Student den deutschen Bildungsstreik erlebt, während in Teheran die Grüne Revolution ausbricht. Für alle diese Figuren findet Bazyar eine eigene Stimme, die zart und unmittelbar den unbedingten Wunsch nach Freiheit spüren lässt. ( 0 8 . 0 6 . )
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