Teil 12-15 - Universität Bonn

Teil 12
Rechtskraft und Abänderung
rechtskräftiger Entscheidungen
Familiengerichtliches Verfahren, Universität Bonn,
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I. RECHTSKRAFT
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1. Formelle und materielle Rechtskraft
Formelle Rechtskraft:
Eine gerichtliche Entscheidung kann nicht mehr mit den
ordentlichen Rechtsbehelfen angefochten werden.
Materielle Rechtskraft:
• Eine formell rechtskräftige Entscheidung ist auch für künftige
Streitfälle unter denselben Beteiligten über denselben
Verfahrensgegenstand maßgeblich
• Eine erneute gerichtliche Entscheidung über denselben
Verfahrensgegenstand darf nicht mehr ergehen.
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2. Rechtskraft in FG-Familiensachen
a) Formelle Rechtskraft:
§ 45 FamFG: Die Rechtkraft eines Beschlusses tritt nicht
ein, bevor die Frist für die Einlegung des zulässigen
Rechtsmittels oder des zulässigen Einspruchs, des
Widerspruchs oder der Erinnerung abgelaufen ist. Der
Eintritt der Rechtskraft wird dadurch gehemmt, dass
das Rechtsmittel, der Einspruch, der Widerspruch oder
die Erinnerung rechtzeitig eingelegt wird.
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(1) Rechtskraftfähige Entscheidung:
– Nur Beschlüsse?
h.M.: alle sachlichen Entschließungen des Gerichts mit Außenwirkung
MM.: nur Beschlüsse (andere Entscheidungen § 705 ZPO analog)
– Nur Endentscheidungen nach § 38?
h.M.: alle Endentscheidungen, Entscheidungen in selbstständigen
Zwischen- und Nebenverfahren sowie „nicht selbstständig
anfechtbare Vorentscheidungen, die mit der selbstständig
anfechtbaren Endentscheidung, der sie zugrunde liegen,
angefochten werden können und daher erst mit dieser in Rechtskraft
erwachsen“ (Rosenberg/Schwab/Gottwald , Zivilprozessrecht, 17.
Aufl. 2010, § 150 Rn.1).
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(2) Zeitpunkt der Rechtskraft:
• negative Bestimmung in § 45:
Rechtskraft tritt nicht ein, ehe nicht die Frist für die Einlegung der ordentlichen
Rechtsbehelfe des FamFG-Verfahrens, denen S. 2 Suspensiveffekt einräumt,
abgelaufen ist.
• ohne Einfluss auf die Rechtskraft:
Außerordentliche Rechtsbehelfe (Wiederaufnahme, § 48 II i.V.m. §§ 578 ff. ZPO;
Anhörungsrüge, § 44, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, § 18 I,
Verfassungsbeschwerde)
• Statthaftigkeit eines ordentlichen Rechtsbehelfs:
Rechtskraft tritt mit Ablauf der Frist zur Einlegung ein.
• Unstatthaftigkeit eines ordentlichen Rechtsbehelfs:
Rechtskraft tritt mit Erlass der Entscheidung ein.
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b. Materielle Rechtskraft:
Gesetz enthält keine Äußerung zur materiellen
Rechtskraft einer Entscheidung im FamFG-Verfahren.
Es gilt – wie vor der Reform - :
Entscheidungen in reinen FG-Familiensachen
erwachsen grundsätzlich nicht in materielle
Rechtskraft
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3. Rechtskraft in Ehe- und
Familienstreitsachen
a) Formelle Rechtskraft:
§§ 113 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 705 ZPO:
In Familienstreitsachen gilt § 45 nicht, sondern § 705
ZPO. Da § 45 dem § 705 ZPO nachempfunden ist (BTDrs. 16/6308, 198) gelten die Ausführungen
entsprechend.
§ 705 ZPO:
„ Die Rechtskraft der Urteile tritt vor Ablauf der für die Einlegung des
zulässigen Rechtsmittels oder des zulässigen Einspruchs bestimmten Frist
nicht ein. Der Eintritt der Rechtskraft wird durch rechtzeitige Einlegung des
Rechtsmittels oder des Einspruchs gehemmt.“
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b. Materielle Rechtskraft:
Gesetz enthält keine Äußerung zur materiellen
Rechtskraft einer Entscheidung im FamFG-Verfahren.
Es gilt – wie vor der Reform - :
Die materielle Rechtskraft in echten
Familienstreitsachen ist anerkannt (BayObLG NJW-RR
1996, 3217, 3218)
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4. Rechtskraft im Verbundverfahren
§ 145 FamFG:
Die Vorschrift ermöglicht die vorzeitige Teilrechtskraft einzelner Teile einer
einheitlichen Verbundentscheidung, insbesondere der Scheidung selbst.
Zweck der Vorschrift: Die isolierte Anfechtung einer Teilentscheidung (z.B.
Sorgerechtsentscheidung durch das JA, VA-Entscheidung durch Versorgungsträger)
hindert grundsätzlich den Eintritt der formellen Rechtskraft der Scheidung: Da die
Anschließung an ein Rechtsmittel grundsätzlich keinen Fristen unterliegt (§ 66 S. 1),
könnten die Eheleute an sich bis zur Rechtskraft der Entscheidung in der Folgesache
sich dem Rechtsmittel eines anderen Beteiligten anschließen. Um dies zu vermeiden,
bestimmt § 145 für die nachträgliche Anfechtung eines anderen Teils der
Entscheidung, dass sowohl die Erweiterung des Rechtsmittels als auch die
Anschließung nur noch bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der
Rechtsmittelbegründung erfolgen kann, allerdings in mehreren Stufen. Um die
Rechtskraft der Scheidung vorzeitig zu ermöglichen, können die Eheleute nach § 144
auf Rechtsmittel und Anschlussrechtmittel verzichten, was in der Praxis häufig
geschieht.
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Verhältnis § 145 und §§ 66,73 FamFG
• § 145 betrifft die nachträgliche Anfechtung
von Teilen des Verbundbeschlusses, die
andere Familiensachen betreffen
(verschiedene Gegenstände)
• §§ 66, 73 betreffen den Gegenstand des
Hauptrechtsmittels (einheitliche
Gegenstände)
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Folgen des § 145 FamFG
• Andere Verfahrensbeteiligte haben neue Frist
zur Anfechtung bisher unangefochtener Teile
der Entscheidung
• Hauptrechtsmittelführer kann sein RM nicht
erweitern, sich aber der Anschlussbeschwerde
wiederum anschließen (Gegenanschließung)
• Bei unzulässigem RM:
• Wirkungslosigkeit der Anschließung erst bei
Rücknahme oder Verwerfung
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Beispiel
Verbundurteil: Scheidung ausgesprochen; Versorgungsausgleich wird
durchgeführt; Ehegattenunterhalt für Ehefrau F wird teilweise tituliert.
Rechtsmittelverzicht der Eheleute nur hinsichtlich der Scheidung.
Zustellung an alle am 1.4.
Ehemann M legt am 30.4. Beschwerde gegen Ausspruch zum nachehelichen
Unterhalt ein und begründet diese am 15.5. Die Begründung wird F am 20.5.
zugestellt.
Versorgungsträger V legt ebenfalls am 30.4. Beschwerde gegen die VAEntscheidung ein und begründet sie am 31.5. ; die Beschwerde wird allen
Beteiligten am 21.5., die Begründung am 8.6. zugestellt.
F legt nun am 20.6. Rechtsmittel gegen die Scheidung, den VA und ihrerseits
gegen die teilweise Abweisung des Unterhaltsanspruchs ein und begründet
diese. Die Rechtsmittelschrift wird an M am 15.7. zugestellt. Er wendet sich
nun auch gegen den VA mit Beschwerde vom 16.8.
Das Berufungsgericht entscheidet am 2.11. Die Entscheidung wird allen am
10.11. zugestellt.
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Fragen:
1.Welche zulässigen Rechtsmittel gegen das
Verbundurteil sind eingelegt?
2.Wann wird die Scheidung rechtskräftig?
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Lösungshinweise
Frage 1:
1. Beschwerde des Mannes gegen Entscheidung zum nachehelichen
Unterhalt ist zulässig, §§ 63, 117.
2. Beschwerde des Versorgungsträgers V ist ebenfalls zulässig. Begründung
nicht erforderlich, § 65
3. Beschwerde der Ehefrau ist Anschlussbeschwerde:
a.
b.
4.
Gegen Scheidungsausspruch zulässig, zwar insoweit verzichtet, aber nicht auf
Anschlussrechtsmittel. ZU der Beschwerdebegründung M 20.5., Einlegung AB
20.6.
Gegen nachehelichen Unterhalt? Anschluss an RM des M (+), und zwar
unbefristet, da dieselbe Familiensache, § 66. Auch Anschluss an RM des V
möglich. ZU der Beschwerde des V am 20.5., RM der F am 20.6. rechtzeitig.
Anschlussbeschwerde des Mannes zum VA:
Nicht mehr innerhalb der Frist des § 145, aber auch F hatte sich gegen den VA gewandt, also
keine andere Familiensache, daher unbefristete Anschließung nach § 66 möglich
(vgl. instruktiv OLG Stuttgart Beschl. v. 30.12.2013 – 15 UF 306/13, juris).
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Frage 2:
1 Monat nach Zustellung, also am 10.12. Zwar keine
Rechtsbeschwerde zulässig, aber an sich statthaft.
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II. DURCHBRECHUNG DER RECHTSKRAFT
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1. ABÄNDERUNG NACH § 48
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Regelungsgegenstände des § 48
§ 48 betrifft nur FG-Familiensachen (s. § 113) und regelt zwei Fälle:
Abs. 1: Abänderung rechtskräftiger Entscheidung mit Dauerwirkung
• Endentscheidung
• formell rechtskräftig
• Dauerwirkung
• Nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage
– Str., ob objektiv vorliegende, aber dem Gericht und den
Beteiligten trotz ordnungsgemäßer Ermittlung und Beteiligung
nicht bekannte Tatsachen zur Abänderung berechtigten; h.M.
wohl (-)
• Antrag bei Antragsverfahren erforderlich
• Gebundene Entscheidung des Gerichts
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Abs. 2 i.V.m. §§ 578 ff. ZPO: Wiederaufnahme des Verfahrens
• Beschränkung auf Nichtigkeits- und Restitutionsgründe
• Schlüssige Behauptung des Wiederaufnahmegrundes
erforderlich
• Prüfung des Antrags von Amts wegen
• Antragsberechtigung nach § 59
Beachte Sonderregelungen zur Wiederaufnahme:
§§ 118, 185, 197 III, 198 (Ausschluss), 264 (Ausschluss), 439 IV
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2. Gehörsrüge
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§ 44 FamFG
• FG-Familiensachen (in Ehe- und Familienstreitsachen
§§ 113 i.V.m. 321a ZPO)
• Entscheidung (auch in Nebenverfahren, z.B. VKH,
und selbständigen Zwischenverfahren; gegen § 44
Abs. 1 S. 2?; auch in EA-Verfahren)
• Unanfechtbarkeit der Entscheidung
• Gehörsverletzung
• Entscheidungserheblichkeit
• Beschwer i.S.d. § 59
• Frist ab positiver Kenntnis
• Kein Rechtsmittel
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3. WIEDEREINSETZUNG
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§ 17 FamFG
• FG-Familiensachen (in Ehe- und Familienstreitsachen
§§ 113 I i.V.m. § 233 ZPO)
• Zweck: Ausgleich zwischen allgemeinem Interesse an
Rechtssicherheit und individuellem Interesse des
Beteiligten auf rechtliches Gehör und effektiven
Rechtsschutz
• Versäumung gesetzlicher Frist
• Wiedereinsetzungsgrund
– Hindernis
– Fehlendes Verschulden
– Ursachenzusammenhang
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4. ABÄNDERUNG VON
UNTERHALTSTITELN
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A. ABÄNDERUNG VON GERICHTLICHEN
ENTSCHEIDUNGEN,
§ 238 FAMFG
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1. Normzweck des § 238
• Spezialregelung für Endentscheidungen
– in der Hauptsache (nicht eA)
– in Unterhaltssachen, die eine Verpflichtung zu zukünftig fällig werdenden
wiederkehrenden Leistungen enthält
• Ziel: Berücksichtigung unvorhersehbarer Veränderungen der
maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse
– Rechtskraft erfasst auch die auf der richterlichen Prognose beruhenden
künftigen Entwicklung, Geltendmachung einer davon abweichenden
zukünftigen Entwicklung zielt daher auf Durchbrechung der Rechtskraft ab
durch Anpassung an die stets wandelbaren Verhältnisse.
– Bei Abweisung des Antrags auf Grund der gegenwärtigen Verhältnisse keine
Prognoseentscheidung, also keine in die Zukunft reichende
Rechtskraftwirkung. Daher bei Veränderung der Verhältnisse neue
Leistungsklage und keine Abänderungsklage (BGHZ 82, 246, 251 = FamRZ
1982, 259). Anders bei Abweisung durch Abänderungsbeschluss (BGH FamRZ
2007,983).
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• Dogmatische Einordnung:
Verfahrensrechtlicher Anwendungsfall der clausula rebus sic
stantibus (Bestimmung der gleich bleibenden Umstände; Klausel
über die gleich bleibenden Umstände)
- vgl. § 313 BGB, §§ 38 Abs. 3, 60 VwVfG, § 59 SGB X, Art. 62
des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge
(WÜV) von 1969
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2. Abgrenzung zu anderen Rechtsschutzmöglichkeiten:
– § 48 ist für künftig fällig werdende Unterhaltsleistungen
nicht anwendbar (§ 113)
– § 767 ZPO i.V.m. § 120 Abs. 1 FamFG: keine
Wahlmöglichkeit, im Zweifelsfall aus anwaltlicher Sicht
echten Hilfsantrag stellen
• Beispiel: Vollstreckung nachehelichen Unterhalts aus
Trennungsunterhaltstitel; Trennungs- und
Familienunterhalt; nicht aber Minderjährigenunterhalt
nach Eintritt der Volljährigkeit (dort Abänderung)
• Beispiele: Verzicht, Verwirkung, zeitliche Begrenzung
(Abgrenzung schwierig)
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3. Antragsfassung
– Negativer Feststellungsantrag : keinen Unterhalt
mehr zu schulden;
– bei Herabsetzung: Abänderungsantrag
– Neuer Leistungsantrag (Nachforderung):
• Wenn im ersten Verfahren Unterhalt abgelehnt wurde
• Anderer Verfahrensgegenstand (Trennungs- und
nachehelicher Unterhalt; Teilantrag im ersten
Verfahren)
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4. Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen
• Identität des Verfahrensgegenstandes
• Identität der Beteiligten oder ihrer Rechtsnachfolger (z.B. § 94
I 1 SGB XII, § 7 I 1 UVorschG); bei gesetzlicher
Verfahrensstandschaft nach § 1629 III 1 BGB wirkt Titel nach §
1629 III 2 BGB auch für und gegen das Kind (ggfs.
Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes)
• Vortrag wesentlicher Veränderung der Verhältnisse
• Rechtsschutzbedürfnis (entfällt erst bei Rückgabe des Titels
oder Erklärung, ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr
zu vollstrecken, wenn er den Titel noch braucht)
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5. Begründetheit des Antrags
a) Wesentliche Veränderung der Verhältnisse:
• Gegenstand: die der Endentscheidung zugrunde liegenden
Verhältnisse
• Veränderung:
– Tatsächliche Verhältnisse
– Rechtliche Verhältnisse
•
•
•
•
Gesetzesänderung
Entscheidungen BVerfG
Düsseldorfer Tabelle
Höchstrichterliche Rechtsprechung
• Wesentlichkeit der Veränderung (Anhaltspunkt: 10%)
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b) Besondere Präklusion (Abs. 2):
• Zweck: Schutz der (materiellen) Rechtskraft
• Schluss der Tatsachenverhandlung
(bei Beschwerderücknahme: Tatsachenverhandlung in erster Instanz)
• Ausschluss nachträglicher Veränderungen, wenn sie
Gegenstand der Prognoseentscheidungen gewesen sind (z.B.
§§ 1579, 1578b), vgl. BGH FamRZ 2004, 1357
• Billigkeitskorrekturen (z.B. § 308 ZPO, Vorsorgebedarf)
• Nur Präklusion für den Antragsteller („Der Antrag kann nur
…“)
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c. Anpassung unter Wahrung der Grundlagen
(Abs. 4)
• Rechtliche Bindung an die frühere
Entscheidung
– hinsichtlich der Tatsachen
– hinsichtlich der Rechtsfragen
• Berücksichtigung der Veränderungen
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d. Zeitpunkt der Abänderung (Abs. 3)
• S. 1 Grundsatz: ab Rechtshängigkeit
• S. 2: Bei Erhöhung rückwirkend, wenn Anspruch auf
Unterhalt für Vergangenheit besteht, also grds. ab
Auskunftsbegehren oder Verzug (§§ 1613 I 1, 1360a
II, 1361 IV 4, 1585b II, 1615l III 1), bei Sonderbedarf
unbeschränkt
• S. 3, 4: Bei Herabsetzung rückwirkend ab 1. des auf
das Auskunfts- oder Verzichtsverlangen folgenden
Monats, maximal 1 Jahr vor Rechtshängigkeit
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B. Abänderung von Vergleichen und
vollstreckbaren Urkunden
§ 239 FamFG
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1. Vergleiche und vollstreckbare Urkunden
1. Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
2. Vollstreckbare Urkunden
a. nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO (Definition)
b. andere vollstreckbare Urkunden (z.B. solche, die
nicht auf einer Vereinbarung der Beteiligten
beruhen, z.B. Jugendamtsurkunden nach §§ 59 I
1 Nr. 3, 60 1 SGB VIII)
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2. Zulässigkeit des Abänderungsantrags
a. Beteiligte: Vollstreckungsschuldner und –
gläubiger
b. Vortrag veränderter Tatsachen ohne
Präklusion nach § 238 II
 Darstellung der Vergleichsgrundlagen
 Darstellung der derzeitigen Verhältnisse, aus
denen sich die wesentliche Veränderung ergeben
soll
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3. Begründetheit des Abänderungsantrags
(Abs. 2)
a.
b.
c.
d.
Parteiwille
Grundsätze der Störung der GG
Darlegungs- und Beweislast
Umfang der Abänderung
 Grundsatz: Anpassung nach Parteiwillen
 Ausnahme: Neufestsetzung bei tiefgreifenden
Veränderungen oder Nichtfeststellbarkeit der
Grundlagen
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4. Rückwirkende Abänderung
a. Keine Beschränkung auf Zeit nach
Rechtshängigkeit
b. Grundsätze der Störung der GG
c. Darlegungs- und Beweislast
d. Umfang der Abänderung
 Grundsatz: Anpassung nach Parteiwillen
 Ausnahme: Neufestsetzung bei tiefgreifenden
Veränderungen oder Nichtfeststellbarkeit der
Grundlagen
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5. Abänderungsentscheidung
Richterlicher Gestaltungsakt
a. materiell-rechtlicher Anspruch aus § 313 auf
Zustimmung des anderen zur Vertragsanpassung
b. Bei Erhöhung auch Leistungsantrag auf
Erhöhungsbetrag möglich oder Abänderungsklage
c. Beschlussformel: In Abänderung des (näher
bezeichneten) Vergleichs wird der Antragsgegner
verpflichtet, an den Antragsteller ab … einen
monatlich im Voraus zu zahlenden Unterhalt von ….
zu zahlen.
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C. § 240 ABÄNDERUNG VON UNTERHALTSTITELN
BEI FESTSTELLUNG DER VATERSCHAFT (§ 237) ODER
IM VEREINFACHTEN VERFAHREN (§ 253)
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1. Rechtskräftige Endentscheidungen nach §§ 237 und
253
a. § 237 III Titulierung des Mindestunterhalts (100%)
gem. § 1612a BGB bei Feststellung der Vaterschaft
b. Festsetzung des Unterhalts nach § 257 im
vereinfachten Unterhaltsverfahren nach §§ 249 ff.
(maximal 120 % des Mindestkindesunterhalts nach
§ 1612a BGB)
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2. Zulässigkeit des Abänderungsantrags
a. Antragsberechtigt jeder Teil
b. Keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen,
insbesondere keine wesentliche Veränderung
erforderlich
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3. Begründetheit des Abänderungsantrags
a. Neufestsetzung ohne Bindung an bisherigen Titel
b. Darlegungs- und Beweislast wie im Erstverfahren
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4. Umfang der Abänderung
a. Herabsetzung (Abs. 2):
 Innerhalb eines Monats nach Rechtskraft auch für Zeiten
vor Rechtshängigkeit möglich, längstens 1 Jahr
 Danach: ab Rechtshängigkeit, es sei denn, der andere hat
Antrag auf Erhöhung gestellt (S. 2) oder ein Auskunftsoder Verzichtsverlangen ist gestellt (S. 3)
b. Erhöhung:
Keine Einschränkung in § 240, also auch vor Rechtshängigkeit
des Abänderungsverlangens zulässig, soweit die materiellrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind (§§ 1360a III, 1361
IV 4, 1585b, 1613, 1615l III 1 BGB)
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Teil 13
Rechtsbehelfe gegen
Entscheidungen
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I. ALLGEMEINES
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Rechtsmittel des FamFG
Betreuungs- und
Unterbringungssachen
Freiheitsentziehungssachen
Sonstige FamFG-Sachen
Amtsgericht
Amtsgericht
§ 23a II Nr. 1, 6 GVG
§ 23a II Nr. 2-5, 7-11GVG
Landgericht
Oberlandesgericht § 119 GVG
§ 72 GVG
Bundesgerichtshof § 133 GVG
Bundesgerichtshof § 133 GVG
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Rechtsmittel des FamFG
Sofortige Beschwerde
gegen
Endentscheidungen in allen
Familiensachen
gegen
Neben- und
Zwischenentscheidungen
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1. Endentscheidungen
• Einführung eines einheitlichen
Hauptsacherechtsmittels in Familiensachen durch
das FamFG unter Einbeziehung der Ehe- und
Familienstreitsachen: Befristete Beschwerde
• § 58 FamFG gilt für alle im ersten Rechtszug
ergangenen Endentscheidungen (Funktion der
Berufung in anderen Verfahrensordnungen)
• Sonderregelungen für Ehe- und Familienstreitsachen
in § 117 mit entsprechender Anwendung einzelner
Berufungsvorschriften nach ZPO
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2. Zwischen- und Nebenentscheidungen
Sofortige Beschwerde entsprechend §§ 567 – 572 ZPO
zulässig,
sofern das Gesetz die Anfechtbarkeit ausdrücklich
bestimmt, sonst ggfs. nur mit Endentscheidung
anfechtbar
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II. BEFRISTETE BESCHWERDE GEGEN
ENDENTSCHEIDUNGEN NACH § 58
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Prüfungsschema
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
Statthaftigkeit
Beschwerdeberechtigung, § 59
Beschwerdeberechtigung Minderjähriger, § 60
Beschwerdewert; Zulassungsbeschwerde, § 61
Statthaftigkeit der Beschwerde nach Erledigung der Hauptsache, § 62
Beschwerdefrist, § 63
Einlegung der Beschwerde, § 64
Beschwerdebegründung, §§ 65, 117 ZPO
Anschlussbeschwerde, § 66
Verzicht auf die und Rücknahme der Beschwerde, § 67
Gang des Beschwerdeverfahrens, § 68
Beschwerdeentscheidung, § 69
Rechtsbeschwerde, § 70
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1. Statthaftigkeit
a) Endentscheidungen
§ 58 I:
• Im ersten Rechtszug ergangene Endentscheidungen
• in Angelegenheiten nach dem FamFG ,
• sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt wird
b) Zwischen- und Nebenentscheidungen
§ 58 II:
• Inzidenter Überprüfung
• nicht selbstständig anfechtbarer Entscheidungen,
• die der Endentscheidung vorausgegangen sind
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a) Endentscheidungen
Legaldefinition in § 38 Abs. 1:
Beschluss, mit dem der Verfahrensgegenstand ganz oder
teilweise erledigt wird.
 Erledigungswirkung in Bezug auf den Verfahrensgegenstand
(z.B. auch einstweilige Anordnung)
 Voll- oder Teilentscheidung
 Sach- oder Verfahrensentscheidung
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(1) in Angelegenheiten des FamFG
Entscheidung muss Verfahren betreffen, die unter den
Geltungsbereich des FamFG fallen,
Hier: alle Endentscheidungen in Familiensachen
z.B. auch Festsetzung der Vergütungsansprüche des
Verfahrensbeistandes nach § 158 Abs. 7 S. 3, BGH,
Beschl. v. 19.1.2011 – XII ZB 400/10
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(2) Keine andere gesetzliche Bestimmung
• Gesetzesbegründung enthält keine Erläuterungen
• Haußleiter: z.B. § 3 III 1, § 19 II FamFG (sind aber
keine Endentscheidungen)
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b) Zwischen- und Nebenentscheidungen
Zwischen- und Nebenentscheidungen sind nicht
instanzbeendende Beschlüsse
Anlehnung an § 512 ZPO
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(1) nicht selbstständig anfechtbar
Grundsatz:
Neben- und Zwischenentscheidungen sind grundsätzlich nicht
selbstständig anfechtbar (z.B. Beweisbeschlüsse, Verbindungsund Trennungsbeschlüsse)
Ausnahmen z.B.:
• § 6 II: Ablehnung von Gerichtspersonen
• § 7 V 2: Zurückweisung des Antrags auf Hinzuziehung als
Beteiligter
• § 21 II: Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens
• § 76: Ablehnung von VKH
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WS 2015/2016, Gabriele Ey
60
(2) Anfechtbarkeit nicht ausgeschlossen
Ist die Anfechtbarkeit von Zwischen- oder
Nebenentscheidungen ausgeschlossen (z.B. § 3 III 1, §
19 II FamFG), so können sie auch nicht zusammen mit
der Endentscheidung überprüft werden. Sonst erfolgt
eine Überprüfung im Rahmen der Endentscheidung
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61
(3) Anfechtbarkeit in Ehe- und Familienstreitsachen
• Kein genereller Verweis in § 113 Abs. 1 S. 2 auf die §§ 567 ff.
ZPO
z.B. Ablehnung einer Protokollierung:
Die Zurückweisung eines das Verfahren betreffenden Gesuches, welche keiner
mündlichen Verhandlung bedarf, unterliegt in Ehe- und Familienstreitsachen nicht
der Anfechtung mittels der (sofortigen) Beschwerde (OLG Frankfurt, Beschluss
vom 12. Dezember 2012 – 4 WF 183/12 –, juris,= FamRZ 2013, 1672).
• Sofortige Beschwerde gegen VKH-Entscheidungen: BGH,
Beschl. v. 18.5.2011 – XII ZB 265/10
• Sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der öffentlichen
Zustellung eines Scheidungsantrags: BGH, Beschl. v. 25.2.2015
– XII ZB 242/14
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Bonn, WS 2012/2013, Gabriele Ey
62
2. Beschwerdeberechtigung, § 59
• Abs. 1: Grundsätzlich materielle Beschwer
(Rechtsbeeinträchtigung)
• Abs. 2: Im Antragsverfahren auch formelle
Beschwer nötig
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63
3. Beschwerderecht Minderjähriger, § 60
• § 60 als Sondernorm:
Selbständiges Beschwerderecht des
Minderjährigen über 14 Jahre in besonders
wichtigen Angelegenheiten (so
Gesetzesbegründung)
Richtiger wohl: Beschwerdeführungsbefugnis,
Verfahrensfähigkeit = wirksame Einlegung der
Beschwerde
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64
4. Beschwerdewert,
Zulassungsbeschwerde, § 61
• Abs. 1: mehr als 600 € in
vermögensrechtlichen Angelegenheiten
oder
• Abs. 2: Zulassung durch Gericht des ersten
Rechtzugs mit Bindungswirkung für
Beschwerdegericht
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65
5. Statthaftigkeit der Beschwerde nach
Erledigung der Hauptsache, § 62
Feststellung der Rechtsverletzung durch die
angefochtene Entscheidung bei berechtigtem Interesse
Voraussetzungen:
1. Feststellungsinteresse (vgl. Abs. 2: schwerwiegender
Grundrechtseingriff [Zwangsmaßnahmen, Untersuchungen,
Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht, allgemeine
Handlungsfreiheit bei Unterbringung, Freiheitsentziehung;
nicht: nur wirtschaftliche Beeinträchtigung] oder konkrete
Wiederholungsgefahr)
2. Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit
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66
6. Beschwerdefrist, § 63
Abs. 1: Grundsatz: 1 Monat
Abs. 2: Ausnahmen: 2 Wochen
1. einstweilige Anordnung
2. Genehmigung eines Rechtsgeschäfts (z.B. Anerkennung
der Vaterschaft nach § 1596 I 3 BGB, Rechtsgeschäfte für
und Überlassung von Vermögensgegenständen an das
Kind, §§ 1643, 1644, Betrieb eines Erwerbsgeschäfts nach
§ 112)
:
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7. Einlegung der Beschwerde, § 64
Abs. 1: Einlegung beim Ausgangsgericht (judex a quo), auch für
VKH-Gesuch für eine beabsichtigte Beschwerde
Abs. 2 S. 1 u. 2: Form der Beschwerdeeinlegung
 Einreichung einer Beschwerdeschrift
 Übermittlung eines elektronischen Dokuments unter den
Voraussetzungen des § 14 (BGH, Beschl. v. 18.3.2015 –
XII ZB 424/14)
 Erklärung zur Niederschrift der Geschäftsstelle bei
persönlicher Anwesenheit des Beschwerdeführers (nicht
möglich in Ehe- und Familienstreitsachen, Abs. 2 S. 2)
Abs. 2 S. 3 u. 4: notwendiger Inhalt und Unterschrift
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8. Beschwerdebegründung, § 65
Abs. 1: Sollvorschrift [gilt nicht in Ehe- und Familienstreitsachen (§ 117): dort
zum notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung: BGH, Beschl. v.
10.6.2015 – XII ZB 611/14 und Beschl. v. 1.4.2015 – XII ZB 503/14)]; dient der
Verfahrensförderung, soll aber nicht zur Verwerfung des Rechtsmittels führen
Abs. 2 : Einräumung einer Begründungsfrist: Beschleunigung und Transparenz
für die Verfahrensbeteiligten, keine Präklusion
Abs. 3: Zulassung neuer Tatsachen und Beweismittel [gilt nicht in Ehe- und
Familiensachen, dort Zurückweisung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln,
§ 115: Bei Verzögerung und grober Nachlässigkeit]
Abs. 4: keine Überprüfung der erstinstanzlichen Zuständigkeit (auch nicht der
funktionellen Zuständigkeit) durch das Beschwerdegericht [anders:
internationale Zuständigkeit]; Grund: Entlastung der Gerichte von rein
prozessualen Streitigkeiten
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9. Anschlussbeschwerde, § 66
• Allgemeine Regelung für das Beschwerdeverfahren
in FamFG-Verfahren:
 Jeder Beteiligte (nicht nur der Beschwerdeberechtigte!)
kann sich der wirksam eingelegten Beschwerde des
Beschwerdeführers anschließen
 Auch wenn er auf Beschwerde verzichtet hat oder die
Beschwerdefrist abgelaufen ist, und zwar
 Unbefristet, also bis Erlass der Entscheidung des
Beschwerdegerichts
 Vom Bestand der Beschwerde abhängig (unselbstständige
Anschlussbeschwerde)
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• Für Ehe- und Familiensachen: §§ 117 II 1 i.V.m. § 524 II S. 2, 3
ZPO:
• Zulässig nur bis zum Ablauf der gesetzten Frist zur
Beschwerdeerwiderung, es sei denn, die Anschließung hat
eine Verpflichtung zu künftig fälligen, wiederkehrenden
Leistungen zum Inhalt
• Für Verbundentscheidungen: § 145 nur noch 1 Monat ab
Zustellung der Beschwerdebegründung bzw. Beschwerde bei
begründungsfreien Rechtsmitteln
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10. Verzicht auf die und Rücknahme der
Beschwerde, § 67
Abs. 1: Der Verzicht auf die Beschwerde nach Bekanntgabe des
Beschlusses durch Erklärung gegenüber dem Gericht hat die
Unzulässigkeit des Rechtsmittels zur Folge.
Gesetzesbegründung BT-Drs. 16/6308 S. 207 : wirksamer
Verzicht soll sowohl vor als auch nach Bekanntgabe möglich sein.
Passte für Referentenentwurf, nicht aber Regierungsentwurf;
streitig.
Abs. 2 : Der nach Einlegung der Beschwerde erklärte Verzicht auf
die Anschlussbeschwerde hat die Unzulässigkeit der
Anschlussbeschwerde zur Folge.
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Sonderregelung in Ehesachen in § 144: Verzicht
auf Anschlussbeschwerde vor Einlegung der
Beschwerde möglich
Abs. 3: Verzicht gegenüber einem anderen
Beteiligten als prozessuale Einrede
Abs. 4: Rücknahme bis zum Erlass der
Beschwerdeentscheidung möglich.
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11. Gang des Beschwerdeverfahrens, § 68
Abs. 1 S. 2: Keine Abhilfe durch Ausgangsgericht gegen
Endentscheidungen in Familiensachen!
Abs. 2 : Prüfung der Zulässigkeit durch das Beschwerdegericht;
bei Unzulässigkeit Verwerfung als unzulässig
Abs. 3 :
S. 1: Grundsatz: Verfahren wie erste Instanz
S. 2: Absehen von mündlicher Verhandlung und einzelnen
Verfahrenshandlungen, wenn zusätzliche Erkenntnisse
hiervon nicht zu erwarten sind (Rspr. des EGMR zu Art. 6
EMRK beachten; BGH, Beschl. v. 24.6.2015 – XII ZB 98/15)
Beachte: Hinweispflicht in Ehe- und Familienstreitsachen (§
117 III).
Abs. 4: Übertragung auf den Einzelrichter (in der Praxis ganz
selten)
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12. Beschwerdeentscheidung, § 69
Abs. 1 S. 1: Entscheidung des Beschwerdegerichts über
den Gegenstand der Entscheidung
• Bindung an den bestimmten Verfahrensgegenstand
– Z.B. : Bei Entscheidung über Umgang darf nicht über Sorgerecht
entschieden werden, allerdings Umgangspflegschaft (Teileingriff in die
elterliche Sorge) angeordnet werden, BVerfG, Beschl. v. 30.8.2005 – 1
BvR 1895/03, NJW-RR 2006, 1)
• Bindung an Antrag im Antragsverfahren (für Ehe- und
Familienstreitsachen nach § 117 II 1, § 528 ZPO
• Keine Bindung an Anträge in Amtsverfahren
• Verschlechterungsverbot (reformatio in peius) in
Antragsverfahren, nicht in Amtsverfahren
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Abs. 1 S. 2 und 3: Aufhebung und
Zurückverweisung, in Ehe- und
Familienstreitsachen § 117 II 1, § 538 II ZPO.
Abs. 2 : Begründungszwang
Abs. 3: Verweis auf §§ 38 bis 45
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III. RECHTSBESCHWERDE NACH § 70
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1. Ziele der Neuregelung der §§ 70 ff.
• Einheitliche Regelung für Familiensachen und NichtFamiliensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit
• Vorbild: Rechtsbeschwerde nach §§ 574 ff. ZPO in Anlehnung
an die Zulassung der Revision in § 543 ZPO
• Grundsatz: Zulassung durch Beschwerdegericht erforderlich
• Konzentration der Rechtsbeschwerden beim BGH
• Sicherung zügiger höchstrichterlicher Entscheidungen von
Grundsatzfragen
• Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung
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2. Voraussetzungen der Zulassung, § 70
1. Entscheidungserheblichkeit
2. Zulassungsgründe:
a.
b.
c.
Grundsätzliche Bedeutung
Fortbildung des Rechts
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
3. Bindung des BGH an Zulassung
4. Zulassungsfreie Rechtsbeschwerde in Betreuungs-,
Unterbringungs- (auch § 151 Nr. 6 und 7) und
Freiheitsentziehungssachen
5. In Ehe- und Familienstreitsachen auch bei Verwerfung der
Beschwerde als unzulässig (§ 117 II 3 FamFG, § 522 I 4 ZPO)
6. Keine Rechtsbeschwerde in eA-Verfahren
7. Keine Nichtzulassungsbeschwerde
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3. Einlegung der Rechtsbeschwerde, §§ 71 f.
1. Einlegung und Begründung binnen eines Monats
nach schriftlicher Bekanntgabe des Beschlusses
1. Einreichung beim Rechtsbeschwerdegericht
2. Form und Inhalt der Rechtsbeschwerdeschrift
3. Anwaltszwang (§ 10 IV 1, § 114 II)
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80
4 . Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, §§ 74, 74a
1.
2.
Prüfung der Zulässigkeit
Prüfung der Begründetheit
a. Mangelnde Entscheidungserheblichkeit der Rechtsverletzung, Abs. 2
b. Bindung an Anträge, Abs. 3 S. 1
c. Keine Bindung an Sachrügen, Abs. 3 S. 2
d. Beschränkte Prüfung von Verfahrensmängeln. Abs. 3 S. 3
e. Beschränkte Prüfung tatsächlicher Feststellungen, Abs. 3 S. 4, § 559
ZPO
3. Entscheidung
a. Verwerfung bei Unzulässigkeit
b. Zurückweisung ohne mündliche Verhandlung bei Fehlen der
Zulassungsvoraussetzungen, § 74a
c. Zurückweisung bei Unbegründetheit
d. Aufhebung des angefochtenen Beschlusses
e. Eigene Sachentscheidung oder Zurückverweisung
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5. Sprungrechtsbeschwerde, § 75
Voraussetzungen:
• Einwilligung der Beteiligten in die
Übergehung der Beschwerdeinstanz
• Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde
durch das Rechtsbeschwerdegericht
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IV. SONSTIGE RECHTSBEHELFE
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1. Sofortige Beschwerde, §§ 567- 572 ZPO
entsprechend
• Richtet sich gegen Zwischen- und
Nebenentscheidungen
• Nur zulässig, wenn das Gesetz die
Anfechtbarkeit ausdrücklich bestimmt,
sonst ggfs. nur mit Endentscheidung
anfechtbar
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a. Anwendbare Normen
• Verweis auf §§ 567 – 572 ZPO im FamFG
(gesetzgeberische Form der Analogie)
• Daneben anwendbar §§ 58 ff. FamFG, wenn sie den
Besonderheiten des FG-Verfahrens besser Rechnung
tragen (z.B. §§ 60, 62)
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b. Einzelfälle
• Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs, § 6 II
• Ablehnung eines Antrags auf Hinzuziehung zum Verfahren, §
7V2
• Aussetzung des Verfahrens, § 21 II
• Verhängung eines Ordnungsmittels, § 33 III 5
• Anordnung von Zwangsmaßnahmen, § 35 V
• Berichtigungsbeschluss, § 42 III 2
• Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren, § 87 IV
• Entscheidungen im VKH-Verfahren, § 76 II i.V.m. § 127 II, III
• Entscheidungen im Kostenfestsetzungsverfahren (§ 85
FamFG i.V.m. § 104 III 1 ZPO
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c. Verfahren der sofortigen Beschwerde
1. Einlegung beim erstinstanzlichen Gericht oder beim
Beschwerdegericht (§ 569 I ZPO)
a. in Verfahren mit Anwaltszwang durch Beschwerdeschrift (114)
b. sonst auch durch Erklärung zu Protokoll (§ 569 ZPO)
2. innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung
der angefochtenen Entscheidung (§ 569 I ZPO)
Beachte: Bei VKH-Beschwerden innerhalb eines Monats (§ 127 ZPO)
3. Beschwerde soll begründet werden (§ 571b ZPO)
4. Abhilfemöglichkeit des Ausgangsgerichts (§ 572 ZPO)
5. Entscheidung durch den originären Einzelrichter des
Beschwerdegerichts (§ 568 ZPO)
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2. Sonstige Rechtsbehelfe
• Befristete Beschwerde und sofortige Beschwerde sind
Rechtsmittel, die eine Überprüfung durch eine weitere
Instanz ermöglichen.
• Daneben ist auch eine Überprüfung in derselben Instanz und
damit eine Selbstkorrektur durch die erste Instanz möglich
(Rechtspflegererinnerung, Erinnerung entsprechend § 573
ZPO, Einspruch im Zwangsgeldverfahren (§ 388) , gegen eine
Versäumnisentscheidung in Ehe- und Familienstreitsachen (§
113 I 2 FamFG, 338 ZPO), Widerspruch gegen einen Arrest (§
119 II 2 FamFG, § 924 I ZPO)
• Rechtsbehelfe besonderer Art (Wiederaufnahme,
Wiedereinsetzung, Dienstaufsichtsbeschwerde)
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88
Teil 14
Der vorläufige Rechtsschutz in
Familiensachen
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Allgemeines
• Vorläufige Maßnahme
• Keine einstweiligen Verfügungen im
Anwendungsbereich des FamFG
• Unterhaltsarrest (§ 119 Abs. 2 S. 1) möglich
• Trennung von einstweiliger Anordnung und
Hauptsacheverfahren
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90
I. EINSTWEILIGE ANORDNUNG
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1. Anwendungsbereich
• Beschluss in einem Eilverfahren
• §§ 49 bis 57 FamFG gelten in allen Verfahren
des FamFG, auch in Ehe- und
Familienstreitsachen (§§ 113, 119)
• Sondervorschriften in den einzelnen Verfahren
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2. Einstweilige Anordnung und Hauptsache
• Trennung von einstweiliger Anordnung und
Hauptsacheverfahren
• Selbständigkeit der Verfahren (§ 51 III 1)
• Keine Notwendigkeit eines Hauptsacheverfahrens
(entsprechend der einstweiligen Verfügung in §§
935 ff. ZPO)
• Einleitung des Hauptsacheverfahrens in Amts- und
Antragsverfahren
• Rechtsschutzbedürfnis für Hauptsacheverfahren
• VKH für eA-Verfahren und Hauptsacheverfahren
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3. Voraussetzungen der einstweiligen
Anordnung
Erlass der eA setzt voraus:
a. Anordnungsanspruch
b. Anordnungsgrund
c. Evtl. Antrag (§ 51 I 1)
d. Keine Vorwegnahme der Hauptsache
e. Sondervorschriften
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a. Anordnungsanspruch
Anordnungsanspruch = materiell-rechtlicher
Anspruch auf die begehrte Maßnahme
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b. Anordnungsgrund
Anordnungsgrund = dringendes Bedürfnis für
ein sofortiges Tätigwerden
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c. Antrag
• Notwendigkeit eines Antrags, wenn auch für
entsprechendes Hauptsacheverfahren
Antragserfordernis besteht (§ 51 I 1)
• Begründung des Antrags (§ 51 I 2):
Schlüssige Darlegung des
– Anordnungsanspruchs und
– des Anordnungsgrundes
• Glaubhaftmachung der
Anordnungsvoraussetzungen (§ 51 I 2, § 31 I, II bzw.
in Familienstreitsachen – wortgleich - § 294 ZPO)
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d. Keine Vorwegnahme der Hauptsache
Beschränkung auf vorläufige Maßnahmen
§ 49 II:
• Sicherung oder vorläufige Regelung eines
bestehenden Zustands
• Gebot oder Verbot einer Handlung,
insbesondere Verfügungsverbot
(Beispiele: Regelung des Umgangs, Kindesherausgabe,
Gewaltschutz, Nutzung der Ehewohnung)
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e. Sondervorschriften über eA
Wichtige Sondervorschriften in Familiensachen sind:
§§ 246 ff.: eA auf Kostenvorschuss, §§ 1360a IV, 1361 IV
4 BGB, und Unterhalt
 Dringendes Regelungsbedürfnis muss nicht
besonders festgestellt werden, keine Beschränkung
auf vorläufige Maßnahmen
§§ 157, 156 III: Erlass von eA während des laufenden
Kindschaftsverfahrens
§§ 214, 96 II: eA bei Taten nach § 1 GewSchG
 Vermutung des dringenden Bedürfnisses
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4. Verfahren
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100
a. Zuständigkeit
• Sachliche Zuständigkeit: Amtsgericht (§ 23 GVG)
• Funktional: Familiengericht, Richter oder RPfleger
• Örtlich: § 50 FamFG (wie Arrestverfahren nach §§
916 ff., 937, 942)
– Gericht, das in der Hauptsache zuständig wäre
– Ist Hauptsache anhängig, so Hauptsachegericht, ggfs. auch
Beschwerdegericht
– In besonders dringenden Fällen auch das Gericht, in
dessen Bezirk das Regelungsbedürfnis besteht oder wo
sich Person oder Sache befindet; unverzügliche Abgabe an
das an sich zuständiges Gericht
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101
b. Antrag
• In Amtsverfahren ohne Antrag, z.B. § 1666
BGB
• Sonst auf Antrag
• Kein Anwaltszwang, auch nicht in
Familienstreitsachen (§ 114 IV 1)
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c. Weiteres Verfahren
Grundsatz: wie Hauptsacheverfahren
Berücksichtigung der Besonderheiten des
einstweiligen Rechtsschutzes (§ 51 II 1):
• Eilbedürftigkeit
• summarischer Zuschnitt, aber volle
Schlüssigkeitsprüfung bei geringeren Beweis- und
Ermittlungsanforderungen
• fakultative mündliche Verhandlung (§ 51 II 2)
• Keine Versäumnisentscheidung (§ 51 II 3)
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5. Inhalt und Wirksamkeit der eA
• § 49 II: nur vorläufige Maßnahmen
• § 40 I: Wirksamwerden mit Bekanntgabe
• Befristung:
- In Betreuungs-, Unterbringungs- und
Freiheitsentziehungssachen, §§ 302, 333, 334, 427 I 2
- In Gewaltschutzsachen nach materiellem Recht, §§ 1 I 2, 2
II GewSchG
- Auch im Übrigen zulässig, folgt aus § 56 I.
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6. Außerkrafttreten, § 56 FamFG
Grundsatz, § 56 I 1: Wirksamwerden einer
anderweitigen Regelung, falls nicht frühere
Bestimmung durch das Gericht
Familienstreitsache, § 56 I 2: Bei Rechtskraft einer
anderweitigen Regelung, soweit nicht die Wirksamkeit
später eintritt.
Zusätzlich in Antragsverfahren, § 56 II:
Erledigung der Hauptsache durch Rücknahme,
Abweisung der Hauptsache, übereinstimmende
Erledigung oder sonstige Erledigung
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7. Feststellung des Außerkraftgetretenseins
§ 56 III: Auf Antrag hat das Gericht die in § 56 I
und II genannten Wirkungen durch Beschluss
auszusprechen:
 Antrag auf Feststellung
 Anhörung des Gegners
 Feststellung durch Beschluss
 Beschwerde (§§ 56 III 2, 58 ff.), Frist: 1 Monat, da
Feststellungsbeschluss selbst keine eA ist.
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8. Rechtsbehelfe
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a. Rechtsmittel der Beschwerde
• In FGG-Sachen: §§ 58 ff, befristete Beschwerde, Frist: zwei
Wochen, § 63 II
• In Familiensachen: § 57 I 1, Grundsatz der Unanfechtbarkeit,
aber
• § 57 I 2, 63 II, befristete Beschwerde bei Entscheidungen auf
Grund mündlicher Erörterung (§ 32) über
– Elterliche Sorge (nicht Umgang !)
– Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil
– Antrag auf Verbleiben des Kindes bei einer Pflege- oder Bezugsperson
– Antrag nach §§ 1, 2 GewSchG
– Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung
• Beachte: Geschlossene Unterbringung eines Kindes wegen §§ 167 I, 331
und aus verfassungsrechtlichen Gründen (Recht auf Freiheit) ebenfalls
anfechtbar.
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b. Antrag auf Aufhebung oder Änderung, § 54
§ 54 II: Bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung in einer
Familiensache ist auf Antrag aufgrund mündlicher Verhandlung
neu zu entscheiden.
Gegen diese Entscheidung befristete Beschwerde zulässig unter
den Voraussetzungen des § 57 I 2.
§ 54 I, III: Aufhebung oder Änderung, bei Antragsverfahren nur
auf Antrag, es sei denn, die Entscheidung wurde ohne die nach
dem Gesetz notwendige Anhörung erlassen (z.B. §§ 159, 160).
§ 54 IV: keine Aufhebung oder Abänderung durch
erstinstanzliches Gericht, wenn Sache beim Beschwerdegericht
anhängig ist.
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c. Antrag auf Einleitung des
Hauptsacheverfahrens, § 52
Amtsverfahren, § 52 I:
Ist eA erlassen, so hat das Gericht auf Antrag eines Beteiligten das
Hauptsacheverfahren einzuleiten. Über das Antragsrecht ist der Betroffene
nach § 39 zu belehren. Das Gericht kann eine Wartefrist von max. 3 Monaten
bestimmen.
Antragsverfahren, § 52 II:
Ist eA erlassen, hat das Gericht auf Antrag des Gegners anzuordnen, dass der
Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist (maximal 3 Monate) Antrag
auf Einleitung des Hauptsacheverfahrens oder Antrag auf Bewilligung von
Verfahrenskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren stellt. Wird der
Anordnung nicht Folge geleistet, ist die einstweilige Anordnung aufzuheben
(Anlehnung an den Arrest, § 926 ZPO). Vor Aufhebung: rechtliches Gehör,
Aufhebungsbeschluss nicht anfechtbar.
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110
d. Keine Rechtsbeschwerde
Gegen einen Beschluss über die Anordnung,
Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen
Anordnung findet die Rechtsbeschwerde nicht statt, §
70 IV.
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II. ARREST IN
FAMILIENSTREITSACHEN
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112
• Arrest nach § 119 II 1, II i.V.m. § 916
bis 934 und §§ 943 bis 945 ZPO in
Familienstreitsachen
(Unterhaltsarrest) möglich
• Keine Rechtsbeschwerde, § 70 IV.
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113
Teil 15
Kosten und Vollstreckung
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114
I. KOSTENENTSCHEIDUNGEN IN
FAMILIENSACHEN
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1. Kostenwesen - Allgemeines
1. Sind Gerichtskosten angefallen, in welcher Höhe, wer ist
Kostenschuldner
FamGKG
2. Schuldet ein Beteiligter seinem RA eine Vergütung, ggfs. in
welcher Höhe
RVG
3. Hat ein Beteiligter einem anderen Beteiligten Kosten zu
erstatten?
a.
b.
Auf Grund gerichtlicher Entscheidung (Kostengrundentscheidung)
Prozessualer Kostenerstattungsanspruch
Aus materiellen Anspruchsgrundlagen (Vertrag, Vergleich, sonstiger
materieller Anspruchsgrundlage)
Materieller Kostenerstattungsanspruch
4. Wie hoch sind die zu erstattenden Kosten
Kostenfestsetzungsverfahren
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2. Anzuwendende Vorschriften
a. Ehe- und Familienstreitsachen:
Sonderregelungen:
• Aufhebung der Ehe, § 132
• Scheidung, § 150
• Unterhaltsstreit, § 243
Hilfsweise: ZPO-Regelungen, §§ 113 I FamFG, 91 ff. ZPO
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b. Sonstige Familiensachen:
Sonderregelungen:
• Anfechtung der Vaterschaft, § 183
• Unterbringungssachen, § 337
Im Übrigen: §§ 80 ff. FamFG
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c. Wichtiger Unterschied:
Ehe- und Familienstreitsachen: § 91 II 1 ZPO:
Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des RA der
obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten ….
Sonstige Familiensachen:
Gebühren und Auslagen des RA sind nur zu erstatten, wenn eine
gewisse Schwierigkeit, also Notwendigkeit der Hinzuziehung
eines RA besteht.
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3. Begriff der Kosten
§ 80: Kosten sind:
Notwendige
Aufwendungen der
Beteiligten
Gerichtskosten
(Gebühren und Auslagen)
Eigene
Auslagen
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Anwaltskosten
(Gebühren und
Auslagen)
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4. Pflicht zur Kostengrundentscheidung
§ 81 Abs. 1 S. 3:
In Familiensachen ist stets über die Kosten zu
entscheiden
§§ 132, 243 i.V.m. § 308 II ZPO:
Auch in Ehe- und Familienstreitsachen ist eine
Kostenentscheidung erforderlich
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5. Inhalt der Kostenentscheidung
In FG-Familiensachen:
§ 81 Abs. 1 S. 1:
„Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den
Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von
der Erhebung der Kosten abzusehen ist.“
Sonderregelungen:
• Anfechtung der Vaterschaft, § 183: „Hat ein Antrag auf Anfechtung der
Vaterschaft Erfolg, so tragen die Beteiligten, mit Ausnahme des
minderjährigen Kindes, die Gerichtskosten zu gleichen Teilen; die
Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.“
• Unterbringungssachen, § 337: Das Gericht kann die notwendigen
Auslagen des Betroffenen ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen
…
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In Ehe- und Familienstreitsachen:
§ 132 FamFG: Grundsatz der Kostenaufhebung
gegeneinander
§ 150 FamFG: Grundsatz der Kostenaufhebung
gegeneinander
§ 243 FamFG: Grundsatz der Kostenentscheidung nach
billigem Ermessen
§§ 113, 91 ff.: In den übrigen Familienstreitsachen
außerhalb des Verbundes Grundsatz des Obsiegens
und Unterliegens
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6. Ermessenskriterien
Entscheidung nach Billigkeit erfordert sorgfältige
Abwägung aller Gesichtspunkte.
Kriterien sind u.a. (vgl. Regelbeispiele in § 81 II):
•
•
•
•
Obsiegen/ Unterliegen
Verfahrensführung
Unwahre Behauptungen
Veranlassung des Verfahrens durch Verzug oder sonst
schuldhaftes Verhalten
• Wirtschaftliche und persönliche Verhältnisse
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7. Kosten bei Vergleich, Erledigung und
Rücknahme: § 83
Abs. 1: Vergleich, wenn keine Bestimmung getroffen:
Gerichtskosten zu gleichen Teilen, außergerichtliche
Kosten jeder selbst.
Abs. 2: Bei Erledigung auf sonstige Weise oder
Rücknahme des Antrags gilt § 81 (anders § 269 ZPO).
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7. Rechtsmittelkosten, § 84
Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten
Rechtsmittels der Partei auferlegen, die es eingelegt hat.
Gesetzesbegründung: Abweichung nur in besonders gelagerten
Einzelfällen (z.B. Fälle wie § 97 II ZPO, oder summarische
Beurteilung der Erfolgsaussichten zum Zeitpunkt der
Rücknahme)
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II. VOLLSTRECKUNG
FAMILIENGERICHTLICHER ENTSCHEIDUNGEN
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1. Anzuwendende Bestimmungen
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2. Vollstreckung in Ehe- und
Familienstreitsachen
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3. Vollstreckung in FG-Familiensachen
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