Hygienefortbildung Prävention von Katheter-assoziierten Harnwegsinfektionen an der Charité 0 UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN Hintergrund Prävention und Kontrolle Katheter-assoziierter Harnwegsinfektionen Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (Veröffentlichung wahrscheinlich Juni 2015) 1 Evidenz-Kategorien I A: Diese Empfehlung basiert auf gut konzipierten systematischen Reviews oder einzelnen hochwertigen randomisierten kontrollierten Studien. I B: Diese Empfehlung basiert auf klinischen oder hochwertigen epidemiologischen Studien und strengen, plausiblen und nachvollziehbaren theoretischen Ableitungen. II: Diese Empfehlung basiert auf hinweisenden Studien / Untersuchungen und strengen, plausiblen und nachvollziehbaren theoretischen Ableitungen. III: Maßnahmen, über deren Wirksamkeit nur unzureichende oder widersprüchliche Hinweise vorliegen, deshalb ist eine Empfehlung nicht möglich. IV: Anforderungen, Maßnahmen und Verfahrensweisen, die durch allgemein geltende Rechtsvorschriften zu beachten sind. 2 Prävalenz von HWI • 2. häufigste nosokomiale Infektionsart • ca. ¼ aller nosokomialen Infektionen im Krankenhaus 3 Surveillance-Daten ITS STATIONS 82 % 81 % HarnwegskatheterAnwendungsrate 4 15 % 3.53 Katheter-assoziierte Infektionsrate (Katheter-assoziierte HWI /1000 HWK-Tage) 1.83 2 0.89 0 4 Berechnungszeitraum Januar 2010 bis Dezember 2014 (Raten ab Jan 2011) Erregerspektrum Normalstationen Enterobacter spp. 4,9% Intensivstationen Koag.-neg. Staph. S. aureus 1.7% 1.6% Koag.-neg. Staph. 1.2% C. albicans , 9.0% Proteus spp. , 8.9% Klebsiella spp. 10.7% E. coli, 45.4% P. aeruginosa, 10.6% E. coli, 33.1% Klebsiella spp. 9.9% P. aeruginosa, 14.9% Enterococcus spp. 23,0% Enterococcus spp. , 26.6% Infektionssurveillance: KISS-Referenzdaten, Januar 2010 bis Dezember 2014 5 Ist eine HWI harmlos? Katheter-assoziierte Infektionen der Harnwege sind Ursache von ca. 17% aller Fälle von nosokomialen Bakteriämien Klinisch relevante Bakteriämien im Sinne einer Urosepsis sind mit einer Mortalität von ca. 10% verbunden erhöhen Morbidität und Mortalität verlängern die Dauer der stationären Behandlung ! erhöhen die Behandlungskosten 6 Unterschiede in der klinischen Bewertung asymptomatische Bakteriurie vs. symptomatische Harnwegsinfektion antibiotische Behandlung nur unter strenger Indikationsstellung P O bedarf einer Behandlung P 90% der Patienten mit einer asymptomatischen Bakteriurie entwickeln keine symptomatische Infektion 7 Risikofaktoren für HWI • Dauer der Katheterisierung • eingeschränkte Immunität / Diabetes mellitus • fortgeschrittenes Lebensalter (> 50 Jahre) • weibliches Geschlecht • Missachtung von Hygieneregeln bei der Katheterisierung und Katheterpflege 8 Risikofaktoren für HWI Größter Risikofaktor: der transurethrale Blasenverweilkatheter! 9 Prävention von Katheter-assoziierten Harnwegsinfektionen im Krankenhaus Indikationen und Art der Harndrainage Infektionswege Entnahme von Urin und Katheterwechsel Do Not Grundlegende Maßnahmen Interventionsbündel 10 Indikationen für einen Blasenverweilkatheter Medizinisch begründet: • akuter Harnverhalt/Obstruktion P • Bilanzierung bei schwer kranken Patienten • Patienten mit urologischen Operationen • mehrstündige Operationen mit hohem Flüssigkeitsumsatz • Förderung der Wundheilung im Bereich des äußeren Genitale bei Harninkontinenz • Ausnahme: palliative Therapie am Lebensende Unnötig: • Harninkontinenz !!! 11 Prävention durch Indikationsprüfung Indikationsstellung jede Anwendung eines Blasenkatheters von einer strengen, medizinisch begründeten und ärztlich angeordneten Indikation abhängig machen und diese dokumentieren (Kat. IB) das Weiterbestehen einer Indikation täglich ärztlich überprüfen und dokumentieren (Kat. IB) Liegedauer die Liegedauer eines Blasenverweilkatheters stets auf ein erforderliches Minimum beschränken (Kat. IB) 12 Auswahl der Art der Harndrainage 2+3 1 2+3 einen aseptischen, intermittierenden Katheterismus dem Blasenverweilkatheter vorziehen wo immer dies praktikabel ist! 13 Auswahl der Art der Harndrainage Einmalkatheter vor jeder Anwendung eines Blasenverweilkatheters überprüfen, ob alternativ nicht ein aseptischer, intermittierender Einmal- (Selbst-) Katheterismus in Frage kommt (Kat. II) dazu eine Schulung des Patienten bzw. der Pflegenden vornehmen + durch geeignetes Informationsmaterial ergänzen (Kat. II) Blasenverweilkatheter Ausbleiben des Spüleffektes! suprapubische vs. transurethrale Harnableitung keine eindeutige Verringerung von Infektionen suprapubische Katheterdrainage bei längerfristig Katheterisierten nach größeren operativen Eingriffen, insbesondere im kleinen Becken und am Genitale (Kat. II) 14 Auswahl der Art der Harndrainage Kondomableitung Alternative für männliche Patienten z.B. bei • Harninkontinenz !!! • Bilanzierung • mehrstündige Operationen • palliative Therapie am Lebensende Befestigung mittels - Hautkleber - doppelseitigem Haftstreifen - selbstklebendem Kondom-Urinal 15 Kathetermaterial bzw. Beschichtung des Katheters Aus Gründen der Infektionsprävention kann keine Empfehlung zur bevorzugten Verwendung von: • bestimmten Kathetermaterialien • Hydrogel-beschichteter Katheter • antimikrobiell beschichteter Katheter gegeben werden (Kat. III) 16 Prävention von Katheter-assoziierten Harnwegsinfektionen im Krankenhaus Indikationen und Art der Harndrainage Infektionswege Entnahme von Urin und Katheterwechsel Do Not Grundlegende Maßnahmen Interventionsbündel 17 Infektionswege bei Katheteranlage durch extraluminäre Besiedlung 18 Infektionswege durch intraluminäre Besiedlung durch Rückfluss von Urin 19 Prävention bei Katheteranlage Händedesinfektion vor der Katheteranlage Schleimhautantiseptikum für die Desinfektion der Harnröhrenöffnung und ihrer Umgebung Katheterset mit sterilen Handschuhen Abdeckmaterial Loch-/Schlitztuch Pinzette Tupfern Aqua dest.-Spritze zur aseptischen Katheterisierung + steriles Gleitmittel 20 Prävention bei Katheteranlage Katheterstärke an die Maße des Meatus urethrae externus anpassen, um Urothelschäden zu minimieren Ballon des Katheters Überblockung vermeiden + Befüllung nach Herstellerangaben mit - sterilem Aqua dest. oder - steriler 8-10%igen Glycerin-Wasserlösung Teamarbeit Anlage möglichst zu zweit durchführen! eine Person legt, die andere assistiert 21 Prävention der extraluminären Besiedlung Händedesinfektion vor und nach allen Manipulationen am Katheter/ Ableitungssystem Einmalhandschuhe zum Eigenschutz (Kat. IV) Pflege der Urogenitalregion mit Trinkwasser und Seifenlotion ohne Zusatz antiseptischer Substanzen (Kat. II) im Rahmen der normalen, täglichen Körperpflege nach jeder Stuhlentleerung Inkrustationen des Katheters im Bereich der Urethraöffnung schonend entfernen (Kat. II) 22 Prävention der intraluminären Besiedlung Händedesinfektion vor und nach allen Manipulationen am Katheter/ Ableitungssystem Einmalhandschuhe zum Eigenschutz (Kat. IV) System nur geschlossene Ableitungssysteme einsetzen! (Kat. II) mit • Probeentnahmestelle • Rückflusssperre • Luftausgleichsventil • Ablassstutzen • Ablassventil 23 Prävention der intraluminären Besiedlung Diskonnektion den Katheter und den Drainageschlauch grundsätzlich nicht diskonnektieren (Kat. II) Ausnahmen: • spezifische urologische Indikationen falls Diskonnektion nicht zu vermeiden nur unter aseptischen Kautelen die Konnektionsstelle (Katheter und Konus) mit einem alkoholischen Präparat wisch- oder sprühdesinfizieren (Kat. II) • vor Diskonnektion • vor Rekonnektion 24 Vermeidung von Rückfluss und retrograder Kontamination Katheter- und Drainageschlauch durchhängende Schlaufen, in denen der Urin länger verweilt, vermeiden (Kat.II) Abknickung vermeiden (Kat. II) Auffangbeutel frei hängend ohne Bodenkontakt und stets unter Blasenniveau anbringen (Kat. II) rechtzeitig zu entleeren, bevor der Harn mit der Rückflusssperre in Kontakt kommt (Kat. II) vor jedem Transport des Patienten leeren, vor allem wenn eine Umlagerung des Patienten erforderlich ist (Kat.II) 25 Prävention von Katheter-assoziierten Harnwegsinfektionen im Krankenhaus Indikationen und Art der Harndrainage Infektionswege Entnahme von Urin und Katheterwechsel Do Not Grundlegende Maßnahmen Interventionsbündel 26 Entleerung des Auffangbeutels Händedesinfektion vor und nach allen Manipulationen am Katheter/ Ableitungssystem nach der Harnentsorgung Einmalhandschuhe zum Eigenschutz (Kat. IV) • auf Spritzschutz und die Verhinderung des Nachtropfens (an der Rückstecklasche) achten (Kat. II) • den Ablassstutzen nicht mit dem Auffanggefäß in Kontakt kommen lassen (Kat. II) • das Auffanggefäß patientenbezogen einsetzen und nach der Entleerung desinfizierend reinigen (Kat. II) 27 Gewinnung von Harnproben zur mikrobiologischen Diagnostik WANN? - nur bei klinischer Symptomatik - ggf. vor Operationen am Harntrakt - ggf. aus epidemiologischen Gründen (Kat. II) WIE? - Harn nur aus der dafür vorgesehenen patientennahen Entnahmestelle am Drainagesystem entnehmen - unter aseptischen Bedingungen - nach vorheriger Wischdesinfektion mit einem alkoholischen Präparat (Kat. II) 28 Wechsel des Blasenverweilkatheters WANN? nach individuellen Gesichtspunkten und nach ärztlicher Indikationsstellung (Kat. II) - z.B bei Infektion, Obstruktion, technischem Defekt usw. - bei HWI: wenn möglich zu Beginn/im Verlauf der antibiotischen Therapie wechseln oder ganz entfernen (Kat II) beim Wechsel stets das gesamte Harnableitungssystem austauschen (Kat. II) WANN nicht? nicht routinemäßig in festen Intervallen wechseln! (cave: Herstellerangaben beachten) keinen routinemäßigen Wechsel des HWK: - als festen Bestandteil einer Sepsis-Evaluation - bei Übernahme eines Patienten aus einem Pflegeheim 29 Prävention von Katheter-assoziierten Harnwegsinfektionen im Krankenhaus Indikationen und Art der Harndrainage Infektionswege Entnahme von Urin und Katheterwechsel Do Not Grundlegende Maßnahmen Interventionsbündel 30 „Blasentraining“ = Abklemmen des Katheters vor der Entfernung ist unnötig und erhöht möglicherweise die Häufigkeit von Katheter-assoziierten Infektionen grundsätzlich sollte darauf verzichtet werden (Kat. II) 31 Prophylaktische Maßnahmen? system. Antibiose keine prophylaktische Anwendung von Antibiotika bei Legen eines Dauerkatheters bzw. während der Katheterliegedauer (Kat. II) Instillation keine Instillation von antiseptischen oder antimikrobiellen Substanzen in das Harndrainagesystem zur Behandlung und Prävention Katheter-assoziierter Infektionen (Kat. II) Spülungen auf regelmäßige Spülungen der Harnblase bei liegendem Katheter verzichten (Kat. II) Ausnahme: spezielle urologische Indikationen Ansäuerung des Urins keine Empfehlung bezüglich der Ansäuerung des Urins im Sinne der Infektionsprophylaxe (Kat. III) 32 Prävention von Katheter-assoziierten Harnwegsinfektionen im Krankenhaus Indikationen und Art der Harndrainage Infektionswege Entnahme von Urin und Katheterwechsel Do Not Grundlegende Maßnahmen Interventionsbündel 33 Präventionspotential bis zu 70% aller HWI könnten durch geeignete Präventionsmaßnahmen verhindert werden! regelmäßige Personalschulung (Kat. II) in • aseptischer Katheterisierung • Umgang mit dem liegenden Katheter • Erkennung Katheter-assoziierter Komplikationen 34 Präventionspotential besonders durch: • die tägliche Überprüfung der Indikation + Dokumentation • Vermeidung unnötiger Katheterisierungen • die Beschränkung der Liegedauer auf ein Minimum • eine stringente Surveillance im Hinblick auf die HWI-Prävalenz • die Einführung und strikte Umsetzung von Interventionsbündeln (Kat. IB) 35 Prävention von Katheter-assoziierten Harnwegsinfektionen im Krankenhaus Indikationen und Art der Harndrainage Infektionswege Entnahme von Urin und Katheterwechsel Do Not Grundlegende Maßnahmen Interventionsbündel 36 Interventionsbündel = Implementierung von Kombinationen verschiedener Einzelmaßnahmen 37 Was ist neu? Einmalkatheter gegenüber Verweilkathetern bevorzugen + Alternativen prüfen (z.B. Kondomableitung) Kathetermaterial keine Empfehlung zur bevorzugten Verwendung von bestimmten Kathetermaterialien Auffangbeutel vor jedem Transport des Patienten leeren, vor allem wenn eine Umlagerung des Patienten erforderlich ist Urin-Auffanggefäß patientenbezogen einsetzen und nach der Entleerung desinfizierend reinigen 38 Was ist neu? Indikationsstellung Indikationen nun näher definiert System einführen zur täglichen Überprüfung der Indikation + zur Dokumentation • tägliche Kathetervisiten • standardisiertes Dokumentationsystem: Ärztliche Anordnung Indikation Datum und Uhrzeit der Anlage + Entfernung Name des Durchführenden bei Anlage Doku über Anlage (Durchführende/r) Täglich dokumentieren: HWK in korrektem situ? Pflegeschritte Begründung für fortgeführten Gebrauch 39 Was ist neu? Indikationsstellung • Erinnerungssysteme 40 Was ist neu? Interventionsbündel Implementierung von Kombinationen verschiedener Einzelmaßnahmen 41 Reminder-Testlauf Normalstationen angegebene HWK-Indikation 25 Total: 57 Z. kurz n. OP: - 1-3 d - 1x 28 d 20 15 10 5 0 Keine Indikation z.B.: - Arabischer Patient - Muskuläre Schwäche: kann Flasche nicht halten - Keine Zeit Mittlere Katheter-Tage pro Patient: 11,2 42 Reminder-Testlauf Intensivstationen angegebene HWK-Indikation 35 Total: 45 30 25 20 15 10 5 0 Mittlere Katheter-Tage pro Patient: 20 43 Vielen Dank! 44 Ansprechpartner Krankenhaushygiene/Infektionsprävention Funktion Name Telefon-Nr. Hygienebeauftragter Arzt/Ärztin des Centrums NAME eintragen Tel.Nr. eintragen Hygienebeauftragte Schwester/Pfleger des Bereichs NAME eintragen Tel.Nr. eintragen Hygienefachschwestern am Campus NAMEN eintragen Tel.Nr. eintragen Hygiene-Arzt des Instituts für Hygiene am Campus CBF: Dr. Leistner/ Dr. Diedrichs CCM: Dr. Breier CVK: Dr. Kämpf/ Dr. Bischoff 450 570 043 450 577 608 450 570 021/ - 670 082 450 570 161/ - 570 133 450 570 161/ - 570 133 Krankenhaushygienisches Labor Leitung: PD Dr. A. Kola Leitung: 8445 3671 Labor: 8445 3660/-3674 45 46 47
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