Jahrestagung 2015 AG 5: Die Rolle des Betreuers bei Betreuten mit Kindern und Jugendlichen Kindeswohlgefährdung Hilfeplanung ASD / KSD Erzieherische Hilfen Rolle Auftrag des Betreuers Focus: Wohl des Betreuten und dessen rechtliche Vertretung Der Betreuer hat die Aufgabe, im Rahmen seines Aufgabenkreises die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen und diesen gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Rechtshandlungen des Betreuers erfolgen also im Namen des Betreuten. Der Betreuer soll nach dem Gesetz für den Betroffenen eine Hilfe sein und diesen nicht bevormunden. Der Betreute soll auch weiterhin über seine Angelegenheiten selbst entscheiden, sowie dies verantwortet werden kann. (§§ 1901, 1902 ff / § 53 ZPO / § 164 BGB) Vgl. analog: Berufsbild und Qualitätsischerung in der Berufsbetreuung BdB eV 2003 / Berufsethik und Leitlinien BdB 2005 Jugendhilfe im Spannungsfeld differenziert wahrzunehmender Anforderungslagen Elternrecht/ Elternpflicht Art. 6 Abs. 2 GG § 1 BKiSchG § 1 Abs. 2 SGB VIII Vormund §§1773 BGB ff. Hilfe / Fördern § 1 – 4 KKG (BiSchG) § 1 SGB VIII §§ 16, 17,18ff SGB VIII §§ 27 ff. SGB VIII § 52a SGB VIII Kontrolle Eingriff Kind / Jugendlicher §§ 1666, 1666a BGB § 8a SGB VIII Kindeswohl / Kindeswille §§ 42 SGB VIII §§ 1, 8, 8a, 9 SGB VIII Fördern Artikel 3,12 UN Kinderrechtskonvention Schutz Rechte des Betreuten vs. Rechte des Kinder / Kindeswohl Betreuer § 1896 BGB ff PersonensorgeBerechtigte Wohl Kindesdes wohl Betreuten Jugendamt als Vormund od. Psersp Andere Verfahrensbeistand Familiengericht Einwilligungsvorbehalt Bestimmte höchstpersönliche Handlungen sind einer gesetzlichen Vertretung von vorne herein nicht zugänglich, daher ist in diesen Fällen auch kein sog. Einwilligungsvorbehalt möglich. Beispiel: Wahrnehmung des Wahlrechtes bei Wahlen aller Art. Die Wahrnehmung der elterlichen Sorge (§ 1626 BBG ff.) von Kindern des Betreuten fällt ebenfalls nicht unter die Vertretungsbefugnis des Betreuers. Ggf. muss für das Kind ein Vormund bestellt werden, falls der unter Betreuung stehende Elternteil geschäftsunfähig ist. Eine Kindeswohlgefährdung i. S. d. § 1666 BGB ist gegeben, wenn eine gegenwärtige oder zumindest nahe bevorstehende Gefahr für die Entwicklung des Kindes vorliegt, die so ernst zu nehmen ist, dass sich eine Gefährdung seiner körperlichen, geistigen oder sittlichen Wohls mit ziemlicher Sicherheit voraussagen läßt (vgl. BGH, FamRZ 2005, 344, 345) Einordnungsschema zur „Erfüllung kindlicher Bedürfnisse“ Name: Fachkraft: Kindliche Bedürfnisse Qualität elterlicher Fürsorge oder der Fürsorge Dritter Deutlich unzureichend Grenzwertig Ausreichend Gut Sehr gut Datum: Physiologische Bedürfnisse Schlaf, Essen, Trinken, Wachund Ruherhythmus, Körperpflege, Gesundheitsfürsorge, Körperkontakt Schutz und Sicherheit wetterangemessene Aufsicht, Kleidung, Schutz vor Krankheiten, Schutz vor Bedrohung innerhalb und außerhalb des Hauses Soziale Bindungen Wertschätzung Respekt vor der physischen, sexuellen und psychischen Bezugsperson(n), Unversehrtheit, Respekt vor der Konstante einfühlendes Verständnis, Zuwen- Person und ihrer Individualität, dung, emotionale Verlässlichkeit, Anerkennung der (altersabhängigen) Eigenständigkeit Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen Soziale, kognitive, emotionale und ethische Erfahrungen Altersentsprechende Anregungen, Spiel und Leistung, Vermittlung von Werten und Normen, Gestaltung sozialer Beziehungen, Umwelterfahrungen, Förderung von Sprachanregung, Motivation, Grenzsetzung Das Kind steht im Mittelpunkt!? …Außerdem gehören die Eltern und deren sozioökonomische Verhältnisse grds. zum Schicksal und zum Lebensrisiko eines jeden Kindes. Ein Anspruch des Kindes auf optimale Förderung und Erziehung besteht nicht.(vgl. OLG Hamm, FamRZ 2004, 1664/65) Das Grundgesetz hat den Eltern zunächst die primäre Entscheidungszuständigkeit bezüglich der Förderung ihrer Kinder zugewiesen. Dabei wird auch in Kauf genommen, dass Kinder durch den Entschluss der Eltern wirkliche oder vermeintliche Nachteile erleiden (vgl. BVerFGE 60, 79 <94>; ständige Rechtssprechung) Ein Blick auf die Kinder: mit wem haben wir es zu tun? Junge Menschen im Kontext intensiver Hilfen der Jugendhilfe Missbrauchserfahrungen Vernachlässigung Gewalterfahrungen Verwahrlosung Elternkonflikte Traumatisierungen, Deprivationen Trennung- und Scheidung Beziehungsabbrüche und -Verluste subjektive Interessen Kindeswille und Kindeswohl Institutionenkonflikte Rechte der Kinder 20% der Kinder sind schon in jungen Jahren Verlieren (World Vision Kinderstudie 2007 - 2010) •Deutlich Polarisierung von privilegierten und nicht privilegierten Familien •Multiples Armutsrisiko, insbesondere bei Alleinerziehenden mit Unterversorgungslagen •eine wachsende Gruppe von hoch belasteten Familien. In diesen Familien häufen sich Unterversorgungslagen: fehlende Bildungsanreize, diskontinuierliche Erwerbstätigkeit •Frühe Deprivationserfahrungen führen zu mangelnder Beziehungskompetenz •Erfahrung von Ausgrenzung und Wertlosigkeit •Diese Familien (Eltern) repräsentieren eine hohes Resignationsverhalten, Entwickeln Negativmodelle für die Kinder, bilden keine eigene Ressourcen aus, schaffen kaum noch ein förderndes Milieu und und und…….. Die kinder- und jugendnahen Berufsgeheimnisträger nach § 4 KKG •Ärztinnen oder Ärzte, Hebammen oder Entbindungspfleger, Angehörige anderer staatlich anerkannten Heilberufe; •Berufspsychologinnen oder –psychologen; •Ehe- Familien. Erziehungs- oder Jugendberaterinnen oder -berater; •Beraterinnen oder Berater in anerkannten Suchtberatungsstellen; •Mitglieder einer anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle; •Staatlich anerkannte Sozialarbeiterinnen- oder arbeitern bzw. Sozialpädagoginnen oder –pädagogen •Lehrerinnen oder Lehrer an öffentlichen Schulen •Lehrerinnen und Lehrer an anerkannten privaten Schulen Quelle: Dr. Hans Jürgen Schimke Kinder- und jugendnahe Berufsgeheimnisträger, „Kinderschutzfachkräfte“ und Jugendamt im Zusammenwirken Berufsgeheimnisträger nach § 4 KKG Öffentlicher Träger der Jugendhilfe nach § 8b SGB VIII Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für Kindeswohlgefährdung Verpflichtung, den Beratungsanspruch der Berufsgeheimnisträger zu erfüllen Erörterung der Situation mit Kindern/Jugendlichen und Personensorgeberechtigten Schaffung eines „Pools“ geeigneter „im Kinderschutz erfahrener Fachkräfte“ (Gesetzesbegründung) Hinwirken auf Hilfe Erweiterter Auftrag der im Kinderschutz erfahrenen Fachkräfte in einem System des kooperativen Kinderschutzes (Gesetzesbegründung) Anspruch auf Beratung durch „insoweit erfahrene Fachkraft„ (s. § 8b SGB VIII) Befugnis zur Information des Jugendamts (s. § 34 StGB) Quelle: Dr. Hans Jürgen Schimke Die Weitergabebefugnis nach § 4 KKG Voraussetzungen Eine Abwendung der Gefährdung scheidet nach Abs. 1 aus oder Ein Vorgehen nach Abs. 1 ist erfolglos und Der Geheimnisträger hält ein Tätig werden des Jugendamts zur Gefährdungsabwendung für erforderlich und Die Betroffenen wurden darauf hingewiesen (Ausnahme: Schutz des Kindes) Quelle: Dr. Hans Jürgen Schimke Rechtsfolge Die Geheimnisträger sind befugt (nicht verpflichtet!), das Jugendamt zu informieren und Dem Jugendamt die erforderlichen Daten mitzuteilen Verantwortungsgemeinschaft im Kontext Kinderschutz – In verschiedenen Rollen gemeinsam zum Ziel Familiengericht Beratungsträger Gutachter Rechtsanwälte Jugendamt Eltern Verfahrensbeistand Betreuer § 1896 BGB ff. Vormund ? Was braucht das Helfersystem? gemeinsame Haltung gute Kenntnis von u. übereinander fachliches Grundverständnis, abgestimmtes Vorgehen Konzeptentwicklung tragendes u. belastungsfähiges Netzwerk Bekenntnis zur Kooperation und aktive Mitgestaltung und Mitwirkung Kritische Reflexion der Handlungsvollzüge Unterstützung und Ressourcenzugang Differenzierte Beratungsangebote unter Berücksichtigung des Wunsch- u. Wahlrechtes Leistungen und Maßnahmen der Jugendhilfe im Kontext des Kinderschutzes Förderung Hilfe • Jugendarbeit • Hilfe zur Erziehung • Erzieherischer Kinderund Jugendschutz • Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche • Förderung in Tageseinrichtungen • Allg. Förderung der Erziehung i. d. Familie • Hilfe für junge Volljährige Schutz • Maßnahmen nach Feststellung einer Gefährdung bei der Risikoabschätzung gem. § 8 a Abs. 1 • Anrufung d. Gerichts nach § 8 a Abs. 3 • Inobhutnahme Unterstützung Förderung von Kinder und Jugendlichen sowie Beratung und Unterstützung von Eltern. Eingriff Eine dem Wohl d. Kindes entsprechende Erziehung Ist nicht gewährleistet. Das Kindeswohl ist gefährdet. Eingriffsschwelle Gesamtverantwortung des Staates zur Schaffung positiver Lebensbedingungen einschließlich der Bereitstellung von Einrichtungen, Diensten und Veranstaltungen der Kinder- und Jugendhilfe Hilfeplanung / Casemanagement als Schlüsselprozess Hilfewahrnehmung / Hilfekontakt: Der Leistungsanspruch ist sozialrechtlich nicht an Betroffenenbeteiligung als Prinzip ein formelles Antragsverfahren gebunden. Die Kenntnis der Behörde hiervon reicht zur Einleitung eines Prüfverfahrens aus. Bedarfsfeststellung: Informationssammlung, Datenauswertung Entwicklung einer sozialpädagogischen Diagnose (Psychosoziale Entwicklungs- und Existenzbedingungen d. jungen Menschen, Defizitkriterien, Potentialkriterien) Einbeziehungen von Drittinformationen u.a. kinder- und jugendärztliche Diagnostiken, jugendpsychiatrische Diagnostiken Leistungs- und Maßnahmenplanung Umsetzungsbegleitung und Controlling Evaluation u. Wirkungskontrolle Fazit: Die Rolle des Betreuers ! ? ! Vertreter der Interessen und Rechte (je n. Wirkungsbereich / u. Grenzen des Betreuungsauftrages) des Betreuten Vertrauensperson des Betreuten (Wohl u. Wille) Teile des Helfersystems – Abgrenzung und Verbindung Teil des Systems Verantwortungsgemeinschaft Kinderschutz § 4 BKiSchG – KKG) Den Blick auf die Kinder richten, aber nicht für deren Wohl ausschließlich Verantwortlich sein… Die Interessen des Betreuten wahren, aber nicht auf dem Rücken der Kinder. Den Betreuten beraten und unterstützen mit dem Ziel, für die Kinder eine gute Lösung zu finden, die auch mit externen Lösungswegen begründet sein kann. Kinder als Träger eigener, subjektive Rechte sehen und verstehen. Die Belange der Kinder dem / der Betreuten deutlich machen. Das Kind ist im Kontext der Betreuung nicht zu instrumentalisieren. Kooperation im Helfersystem, soweit es die Interessen und Rechte des Betreuten zulassen. Pflicht des Vormundes zum persönlichen Kontakt. Der Vormund soll sich in regelmäßigen Abständen ein genaues Bild von den persönlichen Lebensumständen des Mündels verschaffen. Dies entspricht der umfassenden Gesamtverantwortung des Vormundes für das Mündel. Die Kontaktintensität ist von den Lebensumständen im Einzelfall abhängig, erhält mit dem Hinweis „einmal im Monat“ eine deutliche Orientierung. Der Vormund ist gehalten, sich intensiv – auch unter Aspekten des Schutzauftrages – mit der Lebenssituation des Kindes zu befasse. § 1800 BGB….Der Vormund hat die Pflege und Erziehung des Mündels persönlich zu fördern und zu gewährleisten. Gemeint ist hiermit die Pflicht und Verantwortung des Vormundes, die Pflege und Erziehung des Kindes zu gewährleisten und persönlich nachzukommen. Es reicht nicht aus, dass er diese Pflicht ausschließlich Dritten überlässt, z. B. dem ASD des JA. § 1837 BGB…. FamGericht: Es hat insbesondere die Einhaltung der erforderlichen persönlichen Kontaktes des Vormundes zu den Mündeln zu beaufsichtigen. Die Kontrolle des Vormundes durch das FamGericht wird intensiviert. Kontrollmerkmal ist die Kontaktfrequenz des Vormundes zum Mündel und einer hiermit in Verbindung stehenden Bewertung. § 1840 BGB…Der Bericht hat auch Angaben zu den persönlichen Kontakten des Vormundes zu den Mündeln zu enthalten. Definition eines Berichtsinhaltes: Wie viele Kontakte fanden statt mit welchem Inhalt und Ergebnis. Hierdurch erhalten die bis dahin nicht spezifisierten Berichtes des Vormundes einen „Qualitätshinweis“. Der Bericht als Kontaktnachweis. § 55 SGB VIII… Vor der Auswahl des Beamtes / Angestellten als Vormund ist das Kind / der Jugendliche zu hören…. Max. 50 Fälle pro Vollzeitkraft. Hierdurch werden die Rechtes der betroffenen Kinder gestärkt. Allerdings bleibt unklar, wie bei Ablehnung eines Amtsvormundes in der Behörde gehandelt werden sollt. Gilt analog auch für den Vorschlag eines Berufs- oder ehrenamtlichen Vormundes. N e u N e u § 1793 BGB…der Vormund hat mit dem Mündel pers. Kontakt zu halten. Er soll den Mündel in der Regel einmal im Monat in dessen üblicher Umgebung aufsuchen, es sei denn im Einzelfall sind kürzere oder längere Besuchsabstände oder ein anderer Ort geboten.
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