« Die Menschen wollen wieder zurück zur Natur. »

Sommer 2/15
Tischlektüre
« Die Menschen wollen
wieder zurück zur Natur. »
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Ober- und Unter­wallis
spannen zusammen
Visitenkarte im Jura
Auch die Kunden von
Tischlein deck dich profitieren vom Bio-Boom
Liebe Leserin, lieber Leser
An der Generalversammlung vom 21. Mai 2015 ist Stephan
Baer einstimmig zum neuen Präsidenten von Tischlein deck dich
gewählt worden. Sie konnten über ihn in der letzten Ausgabe
der Tischlektüre (01/2015) lesen.
Ober- und Unterwallis
spannen zusammen
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Visitenkarte im Jura
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Direkt dort Hilfe leisten,
wo Hilfe nötig ist
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Auch die Kunden von
Tischlein deck dich
profitieren vom Bio-Boom
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Mehr gerettete
Lebensmittel dank
optimierter Logistik
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Neues aus der
Tischlein deck dich-Welt
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Feedback erwünscht
Gerne nehmen wir Anregungen,
Wünsche und Rück­meldungen zur
Tischlektüre entgegen. E-Mail an:
[email protected]
Tischlein deck dich wird unterstützt von:
Lieber Stephan
Als Verantwortlicher für dein früheres Familienunternehmen in Küssnacht am Rigi hast
du schon vor Jahrzehnten wirtschaftliche, soziale und auch ökologische Werte und
Ziele verfolgt. Bei der Biomilch für Bio-Weichkäse hast du Pionierarbeit geleistet und
Nachhaltigkeit vorgelebt, als dieser Begriff nur Wenigen bekannt war. Daher ist es gar
nicht verwunderlich, dass sich unsere Wege bei Tischlein deck dich wieder kreuzen. Auf
unsere erneute Zusammenarbeit freue ich mich sehr und wünsche dir viel Freude mit dem
Präsidium unseres Vereins.
Wenn Sie glauben, dass der Graben zwischen den Deutsch sprechenden Ober- und den
Französisch sprechenden Unterwallisern unüberwindbar ist, dann beweisen wir Ihnen
mit folgender Erfolgsgeschichte das Gegenteil. Unsere Partnerorganisation Tables du
Rhône aus dem Unterwallis hat es in kürzester Zeit geschafft, eine gemeinsame Lebensmittelhilfe mit den Oberwallisern unter dem Namen Tables du Rhône/Rottu Tisch
auf die Beine zu stellen (Seite 3).
Kürzlich konnten wir einen neuen Gemüse- und Früchte-Produktspender aus dem
Mittelland gewinnen: Terraviva beliefert uns jede Woche mit rund 3000 Kilogramm
frischem Gemüse und Saisonfrüchten. Ausschliesslich in Bio-Qualität ! Auf unserer
Plattform Mittelland in Grenchen werden Gemüse und Früchte durch Mitarbeitende
aus der Arbeitsintegration gerüstet und für die Belieferung der 26 Abgabestellen kommissioniert. Wir haben Terraviva in Kerzers besucht (Seite 6).
Und zu guter Letzt: Was wäre Tischlein deck dich ohne Freiwillige? Ein Meer ohne Wasser.
Unsere Abgabestellen wären leer, denn ohne die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und
Helfer gäbe es Tischlein nicht. Wir zählen heute 2250 aktive Vereinsmitglieder (2550
inkl. Tables du Rhône/Rottu Tisch). Sie sorgen dafür, dass jede Woche über 15’000 bedürftige Menschen einwandfreie Lebensmittel erhalten. In dieser Ausgabe porträtieren
wir Sonja Eberhardt aus Alle aus dem Kanton Jura. Als Bilingue hat sie Tischlein deck
dich, respektive Table couvre-toi in den Jura geholt, aufgebaut und dabei viele Fäden
gesponnen. Seit sechs Jahren wirbelt und weibelt sie für Table couvre-toi. Liebe Sonja,
ein grosses Dankeschön für deine wirkungsvolle ehrenamtliche Mithilfe !
und der Kooperationspartnerin:
Alex Stähli
Geschäftsführer
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Ober- und Unterwallis spannen zusammen
Sind Hindernisse und Sprachbarrieren überwindbar? Ja !
Folgende Erfolgsgeschichte spielt sich im Wallis ab, dem
Kanton, dessen Bewohner nach Meinung des Schweizer
Volksmunds besonders stur sind. Doch die Walliser, um die
es hier geht, leben Pragmatismus und Unkompliziertheit
in Reinform vor.
verwies uns an Siegfried Dengler von Tables du Rhône », erzählt
Maria Oester, Geschäftsführerin der Winterhilfe Oberwallis. Kurz
darauf trafen sich die beiden. Sie strebten dasselbe Ziel an. Und
ergänzten sich perfekt. Tables du Rhône stellte das Konzept,
sein langjähriges Wissen und anfänglich ein Kühlfahrzeug zur
Verfügung. « Wir sind flexibel, packen an und bringen die dazu
nötige Zeit mit », erklärt Oester. Freiwillige für die LebensmittelVerteilungen und Abholungen fanden sich schnell. « Wir führen
sogar Wartelisten für Freiwillige », betont Oester stolz. Wenige
Monate nach dem ersten Treffen wurde die erste Abgabestelle
in Visp in Betrieb genommen und alles lief wie am Schnürchen.
« Siegfried war für uns ein Glücksfall », meint Oester rückblickend.
Mit seiner perfekten Zweisprachigkeit ist er das ideale Bindeglied
für diese Zusammenarbeit über die Sprachgrenze. Unterdessen
sitzt Maria Oester auch im Vorstand von Tables du Rhône/Rottu
Tisch: « Ich bin für den Informationsfluss zwischen dem Ober- und
dem Unterwallis zuständig. Unser Austausch ist unkompliziert. »
Im nächsten Jahr feiert der Verein sein 10-jähriges Bestehen.
« Geplant sind etliche Festivitäten im ganzen Wallis », sagt Vizepräsident Dengler.
Diese Geschichte zeigt, dass Kooperationen Grenzen sprengen
können. Tables du Rhône/Rottu Tisch haben es eindrücklich im
Wallis bewiesen.
Eine Lebensmittelhilfe für das ganze Wallis
Seit über einem Jahr ist die Lebensmittelhilfe Tables du Rhône
auch im Oberwallis erfolgreich tätig. Der Name des Vereins Tables
du Rhône wurde ergänzt mit der Oberwalliser Übersetzung « Rottu
Tisch ». Innert kurzer Frist ist es gelungen, dass das Unter- und
das Oberwallis gemeinsam eine Lebensmittelhilfe – Tables du
Rhône/Rottu Tisch – betreiben. Sprachgrenzen überschreitend
und verbindend. Bereits drei Abgabestellen sind im Oberwallis
in Betrieb, im Unterwallis und der Waadtländer Region Chablais
sind es deren fünf.
« Es war eine glückliche Fügung, dass diese Zusammenarbeit so
reibungslos zustande gekommen ist », betont Siegfried Dengler,
Vizepräsident von Tables du Rhône/Rottu Tisch. « In unserer Strategie
hatten wir immer die Absicht, unsere Tätigkeit in das Oberwallis
auszuweiten. Gleichzeitig fanden sich engagierte Personen der
Winterhilfe Oberwallis zusammen, die eine Lebensmittelhilfe
ins Leben rufen wollten. An der Delegiertenversammlung der
Winterhilfe traf ich auf Alex Stähli von Tischlein deck dich. Er
Über Tables du Rhône/Rottu Tisch
Der Verein wurde 2006 mit dem Zweck gegründet, die nationalen
Konzepte der beiden Lebensmittelhilfen Tischlein deck dich und
Schweizer Tafel für den Kanton Wallis unter einem Dach zu
vereinen und als eigenständiger Verein zu betreiben. Beide Organisationen unterstützen den Walliser Verein mit je 20’000 Franken
pro Jahr und sind mit je einem Vertreter im Vorstand vertreten.
CS
Steckbrief
Abgabestellen
8: Aigle, Martigny, Sion, Monthey, Bex,
Brig, Visp, Susten
Verteilte Menge 2014
180’000 kg
Anzahl unterstützte
Personen
Rund 1000 pro Woche
Anzahl Freiwillige
300
Anzahl Fahrzeuge
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www.tablesdurhone.ch
www.rottutisch.ch
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Visitenkarte im Jura
Bei meiner Ankunft in Delsberg wartet Sonja Eberhardt bereits
vor dem Bahnhof. Ich erkenne sie sofort. Nicht nur wegen des
typischen roten Polo-Shirts, das sie als Freiwillige einer Abgabestelle auszeichnet. Sie entspricht dem Bild, das ich mir während
unserer Telefongespräche von ihr gemacht habe: eine zierliche,
energische Person, ständig in Bewegung. Ihre vielen Ideen,
Pläne und Projekte halten sie auf Trab.
Es ist Mittwochmorgen. Abgabetag in Delémont. Wir fahren
gleich zur Abgabestelle, wo bereits emsiges Treiben herrscht.
Sonja ist gleich zur Stelle, begrüsst alle, packt mit an, beantwortet
Fragen, bespricht sich mit ihrer Stellvertreterin, da sie in der vergangenen Woche nicht vor Ort war, trifft letzte Vorbe­reitungen,
bevor sie schliesslich die wartenden Kundinnen und Kunden
aufruft. Alles läuft wie am Schnürchen, man merkt, dass die
Freiwilligen ein eingespieltes und motiviertes Team bilden. Einige
Kundinnen und Kunden bleiben gerne für einen kleinen Schwatz
stehen. « Die Menschen, die zu uns kommen, erleben täglich viel
Schweres, da sollen sie bei uns mit einem freundlichen Lächeln
empfangen werden », erklärt Sonja.
Abgabestelle Delsberg feiert fünften Geburtstag
Die Abgabestelle Delsberg hat am 9. Juni 2015 ihr fünfjähriges
Bestehen gefeiert. Dazu hat Sonja einen wesentlichen Beitrag
geleistet. Als die Baslerin vor rund sieben Jahren auch ihren
Arbeitsort in den Jura wechselte, wollte sie sich hier sozial engagieren. Als sie in der Coopzeitung einen Artikel über Tischlein deck
dich las und feststellte, dass es in ihrem neuen Heimatkanton
noch keine Abgabestelle gab, erkannte sie sofort ihre soziale
Aufgabe: Sonja kontaktierte die Geschäftsstelle in Winterthur,
suchte nach Gönnern und Räumlichkeiten und informierte sich
über Sozialorganisationen und -fachstellen. Die Besonderheit
im Kanton Jura liegt darin, dass zwar die Sozialfachstellen Anfragen von Armutsbetroffenen nach Sozialhilfe prüfen, über
die Vergabe von Unterstützung entscheidet aber der Kanton.
Als Sonja mit ihren Plänen an das Sozialdepartement des Kantons Jura gelangte, erhielt sie wider Erwarten eine Abfuhr. Der
Kanton sah sein Prinzip der Gleichheit für die Sozialhilfe nicht
gewährleistet: entweder Lebensmittelhilfe für alle oder für niemanden. Aufgeben war für Sonja keine Option und so hat sie
nach einem neuen Weg gesucht. Tischlein deck dich hat überall
in der Schweiz Abgabestellen, warum also nicht auch im Jura?
Um Gerechtigkeit als oberstes Gebot zu wahren, holte sich
Sonja Unterstützung und rief eine Ethikkommission ins Leben.
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v.l.n.r. Sonja Eberhardt, Josiane Seuret, Véronique Menozzi und
Manuela Theurillat
Gemeinsam hat die Kommission, die neben Sonja aus Fachleuten
aus dem Sozialbereich besteht, Richtlinien erarbeitet, wer für
eine Bezugskarte berechtigt ist. Diese Richtlinien übernahmen
in der Folge auch alle sozialen Organisationen im Kanton. Dank
der Unterstützung eines grossen Netzwerkes und ihrer Hartnäckigkeit ist es ihr schliesslich gelungen, alle vom Projekt zu
überzeugen und Tischlein deck dich im Jura zu lancieren. In den
Räumlichkeiten der reformierten Kirche in Delémont wurde am
9. Juni 2010 die erste jurassische Abgabestelle eröffnet. An­
gefangen hat sie mit fünf Freiwilligen. Inzwischen wird Sonja in
Delsberg von 20 Helferinnen und Helfern unterstützt. Und seit
dem 18. Mai 2011 gibt es in Pruntrut eine weitere Abgabestelle.
Als « coordinatrice bénévole du Jura » ist Sonja nicht nur für die
Leitung der Abgabestelle in Delémont zuständig. Sie schult neue
Freiwillige und ist für die gesamte Administration zuständig.
Rund zwei Drittel der Kunden sind Sozialhilfeempfänger, deren
Anfragen die Kommission prüft und die Karten für die beiden
Abgabestellen ausstellt.
Tischlein deck dich im Jura:
Delsberg
Pruntrut
seit 9. Juni 2010
seit 18. Mai 2011
20 Freiwillige
16 Freiwillige
158 unterstützte Personen
78 unterstützte Personen
36’330 kg verteilte
Lebensmittel in 2014
21’359 kg verteilte
Lebensmittel in 2014
Nach der Abgabe arbeiten alle Hand in Hand, und innert Kürze
ist alles aufgeräumt. Kurzes Zusammenstehen, um sich über
den Verlauf der Abgabe auszutauschen. « Unsere Abgabestelle ist
ein Gemeinschaftswerk, jedes Teammitglied hat seine Aufgabe »,
erklärt Sonja. « Und nicht zuletzt dank einer klaren Stellvertretung
läuft es reibungslos. »
MDB
Ein treuer Pate für das Baarer Tischlein deck dich
Die Clary Foundation ist seit 2011 Patin der Absollte. Seither werden jedes Jahr verschiedene
gabestelle Baar. Mit der Patenschaft einer AbgaOrganisationen weltweit aus den Erträgen des
bestelle übernimmt ein Gönner alle anfallenden
Stiftungskapitals unterstützt. Der Stiftungsrat
Kosten für den Betrieb einer Abgabestelle: das
besteht aus vier jüngeren Herren. « Wir haben
Abholen der Produktspenden, die Lagerung
klare Vergabekriterien, nach denen Anträge gesowie die Kommissionierung der Lebensmittel
prüft werden. Das kontinuierliche und professio­
auf der Plattform und die Belieferung der Abnelle Engagement sowie der regionale Bezug
gabestelle. Dank der treuen Unterstützung der
von Tischlein deck dich haben den StiftungsClary Foundation ist die Lebensmittelabgabe in
rat überzeugt, weshalb wir die Patenschaft der
Baar auch 2015 sichergestellt und kommt den
Thomas Christmann ist Stiftungs­
Abgabestelle Baar gerne übernommen haben »,
armutsbetroffenen Menschen aus der Region
ratspräsident der Clary Foundation
sagt Christmann. Die Stiftung unterstützt gemein­
zugute. « Die Philosophie der Clary Foundation
und entscheidet mit, in welche Pronützige und nachhaltige Projekte im sozialen,
zielt auf direkte Hilfe », erklärt Stiftungsratsjekte das Stiftungsgeld fliesst.
kulturellen, sportlichen oder wissenschaft­lichen
präsident Thomas Christmann. Dieses Konzept
Bereich: ein Anlass in einem Pfadiheim, die
wird bei Tischlein deck dich Woche für Woche gelebt. So wurden
Ausrüstung von Schweizer Paralympics-Teilnehmenden, Bil2014, mit der Clary Foundation im Rücken jede Woche rund
dungsprojekte oder eben die Finanzierung einer Abgabestelle
1100 kg Lebensmittel an durchschnittlich 232 Kunden in Baar
von Tischlein deck dich. « Unsere Stiftung will sehen, dass die
verteilt. Pro Jahr sind das rund 53’000 kg Lebensmittel im Wert
gesprochenen Mittel sinnvoll genutzt werden », unterstreicht
von 344’500 Franken. « Die langjährige Unterstützung der Clary
Christmann. Dieser Vorgabe wird bei der Abgabestelle Baar
Foundation ist für uns sehr wertvoll, denn sie gibt uns PlanungsWoche für Woche entsprochen. « Der Pate erhält von uns jedes
sicherheit », erklärt Alex Stähli, Geschäftsführer von Tischlein
Jahr einen Leistungsbericht, in dem er sieht, was mit seinem
deck dich.
Betrag alles erreicht werden konnte », sagt Stähli.
Doch wer ist die Clary Foundation? Die Stiftung wurde in 2009
« Wir freuen uns, dass unsere Stiftung Tischlein deck dich mit
gegründet und hat ihren Sitz im Kanton Zug. Ein anonymer
der Patenschaft zur Seite steht und damit die Situation von arStifter stellte einen namhaften Geldbetrag zur Verfügung, der als
mutsbetroffenen Menschen etwas lindert » schliesst Christmann.
Gründungskapital für eine wohltätige Stiftung verwendet werden
MDB
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Auch die Kunden von Tischlein deck dich
profitieren vom Bio-Boom
Terraviva* ist eine Vertriebsorganisation, in welcher rund
100 Bio-Gemüse-Produzenten vom Genfersee bis zum
Bodensee zusammengeschlossen sind. Seit diesem Frühjahr
2015 spendet das Unternehmen jede Woche rund 3000
Kilogramm frisches Biogemüse an Tischlein deck dich. In
dieser neuen Zusammenarbeit steckt noch viel Potential.
Terraviva vermarktet, lagert, verpackt und kommissioniert Biofrüchte
und -gemüse und beliefert den Detailhandel.
In Kerzers, dem Standort von Terraviva, werden die angelieferten
Früchte und Gemüse aufbereitet, verpackt, etikettiert und schnell
an den Detailhandel und die Grossverbraucher geliefert. Terraviva
berät seine Produzenten bei der Anbauplanung, bei produktespezifischen Fragen und übernimmt die ganze Vermarktung.
« Weil wir eine Produzentenorganisation sind, ist der Weg zum
Detailhandel direkt, das heisst, es gibt keine zusätzliche Handelsstufe dazwischen. Damit garantieren wir unseren Landwirten
faire Preise », sagt Roland Meuter, Geschäftsführer der Terraviva.
Von den Anfängen des Biomarktes
Terraviva blickt auf eine fast 70-jährige Firmengeschichte zurück.
Nach dem zweiten Weltkrieg begann die Schweizer Landwirtschaft mit chemischen Düngemitteln die Erträge zu steigern,
um künftige Hungersnöte zu vermeiden. Dies widerstrebte dem
Agronomen und Nationalrat Dr. Hans Müller. Müller wollte be­
weisen, dass Lebensmittel nachhaltig, gesund und umweltschonend produziert werden können. Er gründete zusammen mit
einer Handvoll Pionieren 1946 die Anbau- und Verwertungsgenossenschaft Heimat und legte damit den Grundstein der
« Bio-Bewegung ». Damals galten sie als Spinner und Exoten. In
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den 60er und 70er Jahren wurde das Bio-Gemüse per Paket an
die Haushalte verschickt. « Zu jener Zeit existierten noch keine
Biolabels, und die Produkte wurden zu denselben Preisen wie
konventionelle Produkte verkauft », erklärt Meuter. In den 80er
Jahren stand die Biobewegung kurz vor dem Aus, bis Coop Anfang der 90er Jahre das Naturaplan-Programm ins Leben rief.
Bioblütezeit
« Mit dem Naturaplan-Label war gleichzeitig die Kehrtwende
in unserer Firmengeschichte geschafft. » Jetzt ging es mit Bio
bergauf ! Der Biomarkt wuchs kontinuierlich. Bio rückte stärker in
den Fokus der Öffentlichkeit und verlor sein « Birkenstock-Image ».
Inzwischen macht der Biomarktanteil heute in der Schweiz
zwischen 12 und 20 Prozent aus – je nach Produkt. « Und er
wächst weiter, weil immer mehr Produkte entwickelt werden »,
erklärt der gelernte Obstbauer Meuter. Wichtig sei, dass der Konsument auch innerhalb von Bio Wahlmöglichkeiten habe. Meuter
betrachtet den Bio-Boom als Gegenreaktion zu Gen-Tech. « Der
Konsument möchte wissen, woher das Produkt stammt. Und:
Er will kein Labor-Gentech-Produkt, das auf der Substratmatte
herangewachsen und mit Chemie versorgt worden ist. »
Heute arbeitet nur noch ein Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft. Die jetzige Generation wisse kaum noch, woher die
Lebensmittel stammen. Der Bezug und das Wissen seien verloren
gegangen. Deshalb finde auch hier eine Wende statt. Meuter bezeichnet es als regelrechten « Hype ». « Die Menschen wollen wieder
zurück zur Natur ». « City oder Urban Gardening » florieren. Die Stadtmenschen pflegen ihr eigenes kleines Gärtchen. Und die Konsumenten mögen es, wenn sie ihren Gästen eine Geschichte rund
um eine alte Gemüsesorte, einer sogenannten ‹Pro Spezia Rara›
erzählen können. «Es macht doch Spass, ein Baselbieter Röteli
(Tomate) mit purpurfarbenen Rüebli, geschmackvollen blauen
Kartoffeln und dazu ein saftiges Stück Fleisch vom Simmentaler Rind
zu servieren ! »
Und schliesslich überzeugt Bio aufgrund seiner Vorteile. « Biogemüse
ist in der Regel länger haltbar als ein konventionelles Produkt »,
erklärt Meuter und begründet: « Ein Bio-Produkt ist nicht von
Kunstdünger ‹ getrieben ›. Es wächst folglich langsamer und entwickelt dadurch mehr Geschmack und wird widerstandsfähiger. » Und
Bioprodukte haben keine Rückstände von chemisch-synthetischen
Pestiziden. Und Meuter selbst? Ist er auch bio-infiziert? Er kaufe
immer noch beiderlei Produkte. « Aber das Gefühl beim Kauf eines
Bioproduktes ist einfach besser. Wenn ich die Wahl habe, greife
ich zu Bio », sagt der 35-jährige Geschäftsführer.
In der Zusammenarbeit stecken noch viel Potential und
eine Innovation
Seit Frühjahr 2015 spendet Terraviva regelmässig frisches Biogemüse aus Überbeständen an Tischlein deck dich. « Als nachhaltiges
Unternehmen ist es für uns logisch, dass wir auch beim Thema
Food Waste umsichtig und sozial handeln und überschüssige
Produkte an Tischlein deck dich spenden », sagt Meuter. Das
Ziel des neuen Produktspenders ist es, Tischlein deck dich in
Zukunft mit seinem ganzen Sortiment zu beliefern. Das Potential sei gross, noch mehr Produkte zu spenden. « Das bringt
aber zusätzlichen Aufwand mit sich. » Es brauche eine separate
Lagerbewirtschaftung. Konkret heisst das: Es muss ein separater
Warenfluss aufbereitet werden, Lagerplatz zur Verfügung gestellt, Gebinde getauscht und das Ganze organisiert werden. Für
Tischlein falle ebenfalls Zusatzaufwand an, weil die gespendeten
Produkte zuerst sortiert und gerüstet werden müssen, bevor sie
verteilt werden können. « Letztlich ist das aber eine Win-winwin-Situation für alle » ist Meuter überzeugt: Terraviva führt so
mehr Lebensmittel in den Speisekanal zurück, welche ansonsten
zu Tierfutter verarbeitet würden. Tischlein deck dich wiederum
kann seinen Kunden frisches und gesundes Bioge­müse anbieten,
und die Kooperationspartner auf den Plattformen von Tischlein
deck dich haben zusätzliche und sinnvolle Arbeit für Menschen
aus Arbeitsintegrationsprogrammen. « Das ist doch alles in allem
eine sinnvolle Innovation », sagt Meuter voller Elan.
CS
* Terraviva und bioGROUPE sind Vertriebsorganisationen der AV-AG Galmiz. Die AV-AG
Galmiz ist die Produzentenorganisation, in welcher die Bio-Gemüseproduzenten vereint sind.
www.terraviva.ch
www.biogroupe.ch
Mehr gerettete Lebensmittel dank optimierter Logistik
Bereits an über 100 Abgabestellen in der Schweiz wirkt
der Zauberspruch « Tischlein deck dich » aus dem Märchen
der Gebrüder Grimm. Dafür braucht es eine ausgeklügelte
Logis­tik. Tischlein deck dich hat die Abläufe analysiert und
griffige Massnahmen in die Wege geleitet, um mehr Abholungen zu tätigen und die Belieferungen effizienter zu
gestalten. Die Summe vieler, kleiner Verbesserungen zeigt
grosse Wirkung.
In der Lebensmittelindustrie fallen selbst bei kleinen Fehlern –
z.B. in der Planung – grössere Mengen an einwandfreien Produkten an, die aus verschiedensten Gründen nicht mehr in die
Verkaufsregale des Detailhandels gelangen. Diese werden immer
häufiger an Tischlein deck dich gespendet. Aufgrund der grossen
Mengen an gespendeten Produkten und der Nachfrage nach weiteren Abgabestellen baut Tischlein deck dich seine Dienstleistung
laufend aus. Der Verein hat seine Logistik-Prozesse unter die Lupe
genommen, um die Abhol- und Verteilkapazität zu optimieren
und zu erhöhen. Herausgekommen sind Verbesserungen, die sich
in höherer Effizienz und Kosteneinsparungen niederschlagen.
Höhere Umschlagsgeschwindigkeit führt zu grösserer Verteilkapazität
Naturgemäss gibt es bei Spenden aus der Lebensmittelindustrie
grosse Schwankungen bei den Mengen. Als Ausgleich ist deshalb
die enge Zusammenarbeit von Tischlein deck dich mit der Schweizer
Tafel sehr wichtig. Die beiden Organisationen tauschen gegenseitig
Produkte aus. Die Schweizer Tafel beliefert die Plattformen von
Tischlein deck dich mit grossen Mengen an Frischprodukten aus
dem Detailhandel. Gemüse und Früchte müssen für die Verteilung
gerüstet und gleichentags an die Abgabestellen geliefert werden.
« Unsere Rüstkapazitäten haben wir deshalb ausgebaut. Öffnungszeiten von neuen Abgabestellen werden am späten Nachmittag geplant, damit die Frischprodukte möglichst am gleichen
Tag an Mann und Frau kommen. Bei der Tourenplanung stellen wir
immer häufiger von Morgen- auf Nachmittagstouren um. Damit
erhöht sich unsere Verteilkapazität, sodass wir kurzfristig auf
grössere Mengen an gespendeten Frischprodukten reagieren
können », sagt Alex Stähli, Geschäftsführer von Tischlein deck dich.
Die Schweizer Tafel beliefert Tischlein deck dich mit Frischprodukten aus
dem Detailhandel.
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Neues aus der
Tischlein deck dich-Welt
Eröffnungen
Kühlkette, Nutzlast und straffere Touren
Um die Kühlkette weiter zu optimieren, erfolgen die Anlieferungen
an die Abgabestellen kurzfristiger, d.h. 60 Minuten vor Start der
Verteilung. Abholungen bei nahegelegenen Produktspendern
erfolgen erst nach der Belieferung der Abgabestellen. Damit
wird die Kühlkette geschont. Das Stillstehen von Kühlfahrzeugen
und Wartezeiten werden auf ein Minimum reduziert. Ökonomische und ökologische Gesichtspunkte fliessen bei der Tourenplanung mit ein. « Doppel- und Leerfahrten gehören definitiv
der Vergangenheit an. Rückfahrten nutzen wir konsequent für
zusätzliche Produkteabholungen sowie für die Rückgabe von
Tauschgebinden », erklärt David Kranjcec, Leiter der Plattform
Ost von Tischlein deck dich. « Unsere Fahrzeuge werden während
der ganzen Woche optimal ausgelastet. Die maximale Nutzlast
jedes Fahrzeugs halten wir dabei strikt ein. Sonst drohen Bussen »,
erklärt Kranjcec weiter.
All diese Massnahmen wirken sich positiv aus: « Bei einer einzigen
Tourenoptimierung gelang es uns, 3’000 Fahrkilometer im Jahr
zu eliminieren. Damit sparen wir Diesel und somit Kosten ein.
Durch die verbesserte Nutzung der bestehenden Infrastruktur
verarbeiten und verteilen wir mehr Frischprodukte und können
zusätzliche Abholungen tätigen. Und zwar mit der gleichen Anzahl Fahrzeuge wie im Vorjahr », sagt Chef Stähli. Die Konsequenz
davon ist: « Wir eröffnen in diesem Jahr mehr Abgabestellen als
geplant. » Diese Massnahmen wirken sich direkt auf die Hauptanliegen von Tischlein deck dich aus: noch mehr Lebensmittel vor
der Vernichtung zu retten um noch mehr bedürftige Menschen
zu unterstützen.
Worb (BE):
Meilen (ZH):
Locarno Centro Arca (TI):
Münchenbuchsee (BE):
Bellinzona S. Biagio (TI):
Herzogenbuchsee (BE):
24. Februar 2015
31. März 2015
13. April 2015
21. April 2015
7. Mai 2015
vorgesehen im August 2015
Stephan Baer ist neuer Präsident
An der Generalversammlung vom 21. Mai 2015 in Zürich ist
Stephan Baer als neuer Präsident von Tischlein deck dich gewählt
worden. Er übernimmt die Nachfolge von Beat Curti, der Tischlein
deck dich seit der Gründung vor 16 Jahren präsidierte. Beat Curti
wird Ehrenpräsident auf Lebzeiten. Als Vertreter der Romandie
wurde Nicolas Gueissaz in den Vorstand gewählt.
Sonja Zangger, zaso.ch
Der neu siebenköpfige Vorstand (v.l.n.r): Lukas Niederberger, Stephan Baer,
Beat Curti (Ehrenpräsident), Alessandra Niedecker, Samuel Sägesser, Annina
Policante, Nicolas Gueissaz, Daniel Böhny.
Sonja Zangger, zaso.ch
CS
Impressum
Herausgeber: Verein Tischlein deck dich
Rudolf Diesel-Strasse 25
8405 Winterthur
[email protected]
Telefon 052 557 95 05
www.tischlein.ch
Spendenkonto: PC 87-755687-0
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Redaktion: Caroline Schneider (CS),
Mina Dello Buono (MDB)
Lektorat: Martina Beranek
Erscheinungsweise: vierteljährlich
Grafik/Layout: grafisch.ch
Auflage: 7000 Ex (d, i, f)
Nächste Ausgabe: September 2015
Das Abonnement kostet 20 Franken im Jahr
und ist für Mitglieder, Gönnerinnen und
Gönner im Beitrag enthalten.
561 Vereinsmitglieder stimmten bei den Vorstandswahlen ab.