Was Auszubildende wirklich wollen - e

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Leitartikel // IMPULSE // 09
WAS
AUSZUBILDENDE
WIRKLICH
WOLLEN
Eine neue Azubi-Studie zeigt, was der Nachwuchs von den Betrieben
erwartet. Wichtigstes Ergebnis: Das Handwerk kommt gut an.
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WIRKLICH
WOLLEN
Die gute Nachricht zuerst: Auszubildende, die den Weg ins Handwerk gefunden haben, sind mit
ihrer Arbeit so zufrieden, dass sie
auch nach der Lehre im erlernten
Beruf bleiben wollen. Das erklärten
76 Prozent von 451 befragten jungen Männern und Frauen, die an der
neuesten Studie „Azubi im Handwerk 2.0“ teilgenommen haben.
Die schlechte Nachricht ist, dass zu
wenig Schulabgänger überhaupt im
Handwerk landen und deshalb von
den Vorzügen des vielseitigsten Wirtschaftsbereichs in Deutschland offensichtlich kaum etwas erfahren.
„Dass drei Viertel der von uns befragten Lehrlinge im Handwerk bleiben
wollen, hat uns doch positiv überrascht“, erklärt Professor Dirk Hass,
Leiter des Künzelsauer Instituts für
Marketing an der Hochschule Heilbronn (KIM), das die Studie erstellte.
Die Untersuchung – sie ist die größte
wissenschaftliche Studie dieser Art in
Deutschland – stellt mit den Azubis
ganz bewusst die künftigen Mitarbeiter
in den Fokus und soll zeigen, welche
Anforderungen die Nachwuchskräfte
an ihren Beruf stellen und welche Erwartungen sie an das Handwerk und
ihre Arbeitgeber haben.
Der zweite Schwerpunkt der Befragung
sollte herausfinden, welche Bedeutung
und Relevanz die Azubis den neuen
Medien beimessen. Und zwar als Konsumenten, insbesondere jedoch auch
als Nachwuchs- oder Führungskräfte
in einem Handwerksbetrieb.
ARBEITSZUFRIEDENHEIT I DAS KLIMA IST WICHTIGER ALS GELD
„Wie wichtig sind die nachfolgenden Kriterien bei der Auswahl des Berufes bzw. Arbeitsplatzes?“
Gutes Verhältnis zu den Kollegen 84 %
16 %
Wertschätzung der geleisteten Arbeit im Unternehmen 62 %
36 %
Gute Arbeitsmarktchancen im erlernten Beruf 70 %
28 %
Unterstützung im Unternehmen 56 %
41 %
Gutes und direktes Verhältnis zum Vorgesetzten / Chef 53 %
44 %
Angemessenes Gehalt nach der Ausbildung 53 %
44 %
Weiterbildungsmöglichkeiten nach der Ausbildung 59 %
37 %
Abwechslungsreiche Aufgaben im Beruf 49 %
44 %
Aufstiegsmöglichkeiten (Meister, Vorarbeiter, Selbstständigkeit) 60 %
33 %
Ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeitszeit und Freizeit 41 %
50 %
Freiraum bei Ausführung der Arbeiten / eigenständiges Arbeiten 44 %
47 %
Herausfordernde tägliche Aufgaben im Beruf 37 %
53 %
Angemessenes Gehalt während der Ausbildung 20 %
53 %
Arbeitszeiten (Gleitzeit, Urlaub, Tagesarbeitszeit) 25 %
47 %
Engagement der Firma bei Umwelt- und sozialen Themen 11 %
40 %
30 %
Image / Bekanntheit des Unternehmens 10 %
Angebot an betrieblichen Zusatzleistungen
7%
Größe des Unternehmens
2%
31 %
17 %
Sehr wichtig
Eher wichtig
MEDIENNUTZUNG I DAS INTERNET ERSETZT NICHT ALLES
„Welche Möglichkeit nutzen Sie, um sich über ein Produkt zu informieren,
das Sie für Ihren Betrieb beschaffen sollen?“
Nutzung Produktinformationen auf Homepage des Lieferanten 93 %
Telefonisches Nachfragen beim Lieferanten 91 %
Nachschlagen in gedruckten Produktblättern/Anleitungen 90 %
Informationssuche über Suchmaschinen (z.B. Google) 89 %
Anfragen per Mail beim Lieferanten 85 %
Nutzung des gedruckten Produktkatalogs des Lieferanten 85 %
Produktbewertungen, Testergebnisse, Erfahrungsberichte 77 %
Online-Communitys/-Netzwerke und Foren 71 %
Nachschlagen der Informationen in Online-Shops 68 %
Videos ansehen, die Produkte und Anleitungen zeigen 67 %
Nutzen von Wikipedia oder anderen Nachschlagewerken 61 %
Nutzung von Lieferanten-Apps zur Information über Produkte 56 %
Weblogs nutzen, besonders bei ganz speziellen Informationen 37 %
Anfrage per Instant-Messenger beim Lieferanten 27 %
Chatten mit dem Lieferanten 24 %
Quelle: Würth Handwerkswstudie
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WAS AUSZUBILDENDE
WIRKLICH WOLLEN
PFLICHTLEKTÜRE FÜR CHEFS
Die Ergebnisse der Studie zeigen, wie
Handwerksazubis ticken, was sie für
Erwartungen an ihren Ausbildungsbetrieb haben, welche Vorstellungen sie
von ihrer beruflichen Zukunft haben,
aber auch, wie sie mit den neuen Medien umgehen. Eigentlich eine Pflichtlektüre für jeden Handwerksunternehmer, der wissen will, wie er seinen
Betrieb attraktiv für den Nachwuchs
macht und wo er gegebenenfalls nachbessern muss, um nicht in naher Zukunft ohne Fachkräfte dazustehen.
VORTEIL HANDWERK
Fragt man die Handwerks-Azubis,
welche Faktoren bei der Wahl ihres Arbeitsplatzes und Berufes wichtig sind
(siehe Grafik „Arbeitszufriedenheit“
auf Seite 11), fällt auf:
Die „weichen“ Faktoren, wie das Verhältnis zu Kollegen, Wertschätzung,
Anerkennung der Arbeit und ein gutes Verhältnis zum Chef, sind deutlich
wichtiger als das Gehalt während der
Ausbildung, die Größe des Unternehmens, betriebliche Zusatzleistungen
oder Arbeitszeiten.
Für Professor Hass ist das ein Beweis,
dass „große Unternehmen bei den
Jobeinsteigern nicht so viele Vorteile
haben wie angenommen“. Denn die
kleineren Firmen seien sehr nah an
den Mitarbeitern. Die Firmenchefs im
Handwerk könnten durchaus attraktive Lehrstellen bieten, sie müssten nur
auf die richtigen Werte setzen.
FIRMEN-HOMEPAGE IST WICHTIG
Der zweite Teil der Studie befasst
sich mit dem Mediennutzungsverhalten – mit interessanten Ergebnissen. Mehr noch als über E-Mails und
Online-Communitys kommunizieren
die ­
jungen Handwerker privat über
Instant-Messenger wie Skype und
­
WhatsApp. Über drei Viertel der Befragten machen das täglich. Dagegen
wird nur selten getwittert. Für die
Information im Internet sind Suchmaschinen, Nachrichtenportale und
Unternehmens-Homepages von überragender Bedeutung für die junge
Zielgruppe. Wer also als Unternehmen
beim Nachwuchs Eindruck machen
will, muss über einen guten Internetauftritt verfügen.
Wenn sich Azubis im Betrieb über
Dass dies in vielen Fällen auch geein Produkt informieren sollen, dann
schieht, zeigen die Antworten auf die
zeigt sich, dass die klassischen MediFragen nach der aktuellen Situation
en nicht von den neuen Medien veram Ausbildungsplatz. So herrscht
drängt, sondern durch diese ergänzt
z. B. eine hohe Zufriedenheit bei dem
werden. Ganz oben steht als InformaVerhältnis zu den Kollegen und zum
tionsquelle inzwischen die Homepage
Vorgesetzten. Auch die Arbeitsmarktdes L
­ieferanten, aber dicht d
­ahinter
chancen und die Möglichkeiten der
kommt schon das TeleWeiterbildung sind aus Sicht
fongespräch (siehe Grader Auszubildenden eine „DIE BEFRAGTEN
­AZUBIS FINDEN
fik „Mediennutzung“ auf
Stärke des Handwerks. FaIHRE ARBEITSBESeite 11). Müssen Produkzit von Forscher Hass: „Die
DINGUNGEN UND
te für die Firma bestellt
befragten Azubis finden ihre PERSPEK­TIVEN
werden, setzt der NachArbeitsbedingungen
und GUT.“
wuchs klar auf den MulPerspektiven gut.“
tikanalvertrieb: Telefon, Online-Shop,
Außendienst und Mail werden als fast
gleichwertig geeignet eingestuft.
Für Dirk Hass steht fest: „Die digitalen
Veränderungen im Handwerk werden
von den heutigen Azubis getragen.“
Deshalb sollten die Firmenchefs die
nötigen technischen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen.
Quelle: Würth Handwerksstudie „manufactum“,
mit freundlicher Genehmigung: handwerk magazin