Ihre Gesprächspartner: Siegfried Wambacher AK-Bezirksstellenleiter Michael Steffan AK-Rechtsexperte Aktuelles aus der AK Ried: Im Dauereinsatz gegen systematische Unterentlohnung Sommergespräch am Donnerstag, 6. August 2015, um 12 Uhr im Kellerbräu Beratungsleistung der AK Ried bleibt auf hohem Niveau Beratung und Vertretung in arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten sind das Kerngeschäft der AK Ried. Tausende Arbeitnehmer/-innen aus dem Bezirk suchen Rat und Hilfe in der Bezirksstelle. Im ersten Halbjahr 2015 wandten sich 3.911 Beschäftigte mit arbeits- und sozialrechtlichen Fragen an die AK Ried, der überwiegende Teil davon telefonisch (2451). Durch außergerichtliche Interventionen und auf dem Gerichtsweg hat die AK Ried in den ersten sechs Monaten des Jahres rund 360.000 Euro an vorenthaltenem Entgelt eingebracht. Dabei ging es hauptsächlich um offene Löhne und Gehälter, aber auch um Sonderzahlungen, Überstunden und Abfertigungen. Hauptthema in der Beratung und Vertretung ist aber systematische Unterentlohnung. Dauerproblem Unterentlohnung In den Kollektivverträgen, die zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern/-innen ausgehandelt werden und in der Regel für eine gesamte Branche gelten, sind alle wichtigen wechselseitigen Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis geregelt. Das sind vor allem Bestimmungen zu Entlohnung (Mindestgehälter bzw. Mindestlöhne), Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) und Arbeitszeit. Die Einstufung der Arbeitnehmer/-innen in den Lohn-/Gehaltsordnungen der Kollektivverträge erfolgt nach bestimmten Kriterien (Ausbildung, Vordienstzeiten etc.), wobei der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit die Hauptrolle zukommt. Die Tätigkeiten sind in den Kollektivverträgen genau umschrieben. Immer wieder kommt es aber vor, dass die Einstufung bzw. Bezahlung nicht den in den Kollektivverträgen vorgesehenen Lohn-/Gehaltsstufen entspricht oder dass erbrachte Leistungen und Ansprüche, wie Überstunden oder Zulagen, einfach nicht bezahlt werden. In der Arbeiterkammer Ried häufen sich in den vergangenen Monaten derartige Fälle systematischer Unterentlohnung. 2 Beispiel aus der Praxis: 158 unbezahlte Überstunden Ein Angestellter aus dem Bezirk Ried hatte mit seinem Arbeitgeber im Arbeitsvertrag eine Überstundenpauschale vereinbart, die 40 Überstunden pro Monat abdeckte. Tatsächlich machte er in den sieben Monaten seiner Tätigkeit für eine Instandhaltungsfirma um 158 Überstunden mehr als für die Pauschale erforderlich waren. Als die AK Ried nach der Kündigung darauf hinwies, erwiderte die Firma, dass mit der Pauschale sämtliche Überstunden abgegolten seien. Bei der Endabrechnung wurden die Überstunden zwar angeführt, aber nicht bezahlt. In einer nochmaligen Intervention erklärte die AK dem Arbeitgeber, dass dieses Vorgehen ungesetzlich ist und alle über die Pauschale hinausgehenden Überstunden zusätzlich bezahlt werden müssen. Das Unternehmen sah den Fehler ein und einigte sich mit dem früheren Mitarbeiter auf einen außergerichtlichen Vergleich. Er bekam rund 3.000 Euro netto nachbezahlt. Ein weiteres Beispiel: Mehr als 5.000 Euro für Lkw-Fahrer Ein Lkw-Fahrer aus Ried war knapp drei Jahre lang bei einer Firma aus dem Bezirk beschäftigt. Monatelang musste er jeweils rund 50 Überstunden machen, bekam sie aber nicht bezahlt. Der Mann kam zweimal in die AK zur Beratung und forderte dann selbst seine Ansprüche ein – ohne Erfolg. Im Gegenteil: Als er seinem Chef sagte, er gehe jetzt zur Arbeiterkammer, kündigte ihm dieser mündlich. Der Chef behauptete dann, der Fahrer habe selbst gekündigt, nahm diesen Vorwurf wieder zurück und übergab ihm zwei Wochen später auch noch die in der Güterbeförderung erforderliche schriftliche Kündigung. Gleichzeitig behauptete er, dass der Mann einen Gehaltsvorschuss erhalten hatte und zog ihm bei der Endabrechnung einfach 3.000 Euro ab. Die AK setzte sich für den Mann ein, konnte nachweisen, dass der Lkw-Fahrer keinen Gehaltsvorschuss bekommen hatte. Auf gerichtlichem Wege wurden schließlich offener Lohn, die Überstunden der letzten drei Monate, anteilige Sonderzahlungen und offener Urlaub sowie eine Kündigungsentschädigung eingeklagt. In Summe bekam der Lkw-Fahrer mehr als 5000 Euro nachgezahlt. 3 Großer Wermutstropfen bei diesem Fall: Der Großteil der Überstunden war der kurzen Verfallsfrist im Transportwesen zum Opfer gefallen. ACHTUNG! Verfallsfristen, die kürzer als drei Monate sind, sind in der Regel unzulässig. Ausständige Forderungen sollten daher rechtzeitig und schriftlich geltend gemacht werden. AK fordert Abschaffung der Verfallsfristen Das Beispiel des Lkw-Fahrers zeigt, wie wichtig die Abschaffung der Verfallsfristen ist. Kurze Verfallsfristen führen dazu, dass Beschäftigte Geld verlieren, obwohl sie dafür gearbeitet haben und ihnen die AK zu ihrem Recht verhilft. Fälle, in denen Menschen jahrelang unterentlohnt werden, aber aufgrund der kollektivvertraglichen Bestimmungen nur drei Monate nachbezahlt bekommen, sind keine Seltenheit. Die AK fordert daher die Abschaffung dieser Verfallsfristen. Damit käme die im ABGB festgesetzte dreijährige Verjährungsfrist zum Tragen. Die Forderung nach Abschaffung der Verfallsfristen ist Teil einer Parlamentarischen Bürgerinitiative der AK Oberösterreich. Diese beinhaltet zusätzlich noch die Forderung nach einer Informationspflicht bei Unterentlohnung. Erste Erfolge für AK-Bürgerinitiative Die Initiative der AK brachte nun erste Erfolge: Arbeitnehmer/-innen müssen nun informiert werden, wenn es infolge einer Betriebsprüfung durch die Gebietskrankenkasse oder das Finanzamt zu einer Strafanzeige wegen Unterentlohnung kommt. Zudem machen sich Arbeitgeber seit 1.1.2015 nach dem neuen Lohn- und Sozialdumping Bekämpfungsgesetz (LSDBG) strafbar, wenn sie ihren Beschäftigten nicht zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt leisten, also den Lohn oder das Gehalt inklusive Überstunden, Zulagen, Zuschlägen, Sonderzahlungen und Urlaubs- oder Krankengeld. Die AK wird die Umsetzung des neuen Gesetzes genau überwachen und sich dafür einsetzen, dass den von Lohn- und Sozialdumping betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern das vorenthaltene Entgelt nachgezahlt wird. 4 AK-Tipps Lohnabrechnungen kontrollieren lassen: Die Praxis-Beispiele zeigen recht deutlich: Nie darauf vertrauen, dass die Lohnabrechnung stimmt. Es können sich bei einer Überprüfung (große) Nachzahlungen ergeben. Infos einholen: Viele Arbeitnehmer/-innen kommen erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses zur Arbeiterkammer. Es sollten aber schon im aufrechten Arbeitsverhältnis Informationen eingeholt werden – so kann manche böse Überraschung verhindert werden. Arbeitszeiten genau aufzeichnen: Es kann nicht oft genug und deutlich genug gesagt werden: Alle Arbeitszeiten minutiös aufzeichnen und wenn möglich von Arbeitskollegen/-innen bestätigen lassen. Denn damit hat man im Falle des Falles ein Beweismittel in der Hand, um Forderungen durchsetzen zu können. 5 AK Ried Beratung in arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten Öffnungszeiten Montag bis Donnerstag: 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr Freitag: 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr Persönlich: während der Öffnungszeiten. Um Terminvereinbarung unter der Telefonnummer 050/6906-4813 wird gebeten. Damit werden längere Wartezeiten vermieden. Telefonisch: während der Öffnungszeiten und am Dienstag bis 19.00 Uhr unter der Telefonnummer 050/6906-1 – aus ganz Oberösterreich. Homepage: ooe.arbeiterkammer.at/ried E-Mail: [email protected] 6
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