Café complet Vom Einfluss der Sorgfalt Sind uns die Vielfalt der Qualitäten und die Geschmacksunterschiede sowie deren Wichtigkeit noch zu wenig bewusst? Beim Wein haben die gleichen Faktoren Einfluss auf das Endprodukt. Diese Erkenntnis würde der Kaffeequalität in der Tasse – mittel- und langfristig gesehen auch dem gesamten Kaffeemarkt – gut tun. Einer der vier Hauptfaktoren für die Rohkaffeequalität ist die Pflanzenauswahl. Von den verschieden Coffea-Arten sind zwei weltweit von Bedeutung: 1. Die Coffea (Gattungsname) arabica (Artname) hat einen sinkenden Produktionsanteil (70 Prozent, 40 US-Cents pro Pfund). 2. Die Coffea canephora mit der Sorte Robusta mit steigendem Produktionsanteil (zirka 30 Prozent, 20 US-Cents pro Pfund). Foto: Tony Baggenstos Ingo Rogalla Von der Arabica haben sich im Laufe der Verbreitung hunderte von Varietäten entwickelt. Zum Beispiel C. Arabica Mocca, Maragogype, Bourbon, Tipica usw. Teils natürlich entstanden durch Zufall, meiwegen hält die Crema bei Robustastens aber Neuzüchtungen. Die Gründe hiefür sind vor allem: mischungen länger. Wie beim Bier höhere Ertragsmengen, geringere Anfälligkeit gegen Krankwerden die Gas- oder Schaumbläschen heiten, bessere Anpassungsfähigkeit ans Klima, im besten durch einen höheren Fettanteil schneller Fall Geschmacksverbesserungen. zerstört. In den Plantagen findet man oft traditionelle Sorten Aber wir trinken ja nicht nur mit dem Auge. Ist neben Neuzüchtungen, was die genaue Sorten- uns nicht der Geschmack des Getränkes wichdefinition erschwert. Die Hauptbewertungskriterien bei tiger? Espresso nur nach der Dauer der Crema den Arabica sind Aroma, Fülle und Säure. Die Arabica zu beurteilen wäre wie Rotwein nur nach seiner wird von den meisten Nordeuropäern als die Pflanze Farbe zu werten. Einige Regionen bevorzugen diemit dem typischen Kaffeearoma und -geschmack as- sen Geschmack, zum Beispiel Süditalien. soziiert. Aber halt – 100 Prozent Arabica heisst noch lange nicht, dass der Kaffee Topqualität hat. Das Im Spezialitätenkaffeebereich geben Röstereien wäre dasselbe, wie wenn man sagen würde: Jeder kleine Mengen sorgfältig verarbeitete Robusta Rotwein ist gut. dazu, meist um die Dauer der Crema zu verbessern. Ein seltener Beweggrund; Hauptgrund sind Die anderen drei Kriterien (Anbauort, Ernte und Ver- gerade in Nordeuropa und USA die tiefen Robusarbeitung) entscheiden, ob ein Gourmet-Arabica ent- tapreise. steht oder nur Füllmaterial für preiswerte Mischungen. Nun ja, der Mensch gewöhnt sich an alles. Beim Robu- Auch mit der Möglichkeit, Robusta künstlich sta wird nach Intensität dieses Robustageschmacks ent- zu behandeln, um den strengen Geschmack durch Bedampfung zu neutralisieren, kann schieden, wieviel eine Espresso- oder Kaffeemischung man ihn als Billigfüllmaterial verwenden. bekommen kann, bevor sie der Konsument als unangeOb man das als angenehm empfindet, nehm und bitter empfindet. Gründe hierfür sind der bittere, ist eine Frage des persönlichen Geholzige Geschmack, der eine starke Adstringenz auf der Zunge schmacks. Aber eben: Qualität bewirkt. Die wichtigen Unterschiede zwischen Arabica und Robudurch Ernte und Aufbereitung sta sind Koffein- und Fettgehalt (Robusta bis 4 Prozent Koffein, bis sollte keine Frage des Ge7 Prozent Öl; Arabica bis 2 Prozent Koffein, bis 15 Prozent Öl). Desschmacks sein. Salz&Technik 3/2002
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