UNIVERSITÄT LEIPZIG EVANGELISCH-THEOLOGISCHE FAKULTÄT Institut für Neues Testament Hauptseminar WS 2008/09 „Gleichnisse im Mt-Evangelium“ Dozent: PD. Dr. Rainer Metzner Gott ruft alle – diese Be-Rufung verpflichtet Eine exegetisch-auslegende Hausarbeit zu der Parabel von der königlichen Hochzeitsfeier in Mt 22,1-14 in besonderer Beachtung von Motivgeschichte und Deutungshorizonten Jonas Großmann Cranachstraße 6 04177 Leipzig 8. Fachsemester Ev. Theologie KE [email protected] Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1-2 2 Analytische Entfaltung 2-11 2.1 Übersetzung 2-3 2.2 Textanalyse 3-7 2.2.1. Kontext 3-4 2.2.2. Gliederung 4-5 2.2.3. Personen und Wortanalyse 5-7 2.2.4. Form 7 2.3 Paralleltexte, Quellen und Herkunft 7-11 3 Erörternde Entfaltung bzw. Auslegung zu Mt 22,2-14 11-26 3.1 Das Bild vom Hochzeitsmahl – Mt 22,2 11-12 3.2 Die Knechte und die Strafexpedition – Mt 22,3-7 12-16 3.3 Die Gäste und heilsgeschichtliche Deutung – Mt 22,8-10 16-20 3.4 Das hochzeitliche Gewand – Mt 22,11-13 20-26 3.5 Die Warnung – Mt, 22,14 26 4 Zusammenfassung 5 Abkürzungs- und Literaturverzeichnis Selbstständigkeitserklärung 27-28 1 Einleitung „Dies Evangelium ist nicht schwer und ist ein schrecklich Evangelium.“1 „So ist nun dies die Summe der heutigen Predigt, daß uns der Herr gern reizen und schrecken wollte, daß wir das Wort mit Ernst hören, glauben und fassen lernten und so auf seine fröhliche Ankunft hofften, wenn er am Jüngsten Tage wiederkommen wird, uns von aller Not zu erlösen und an Leib und Seele zu helfen.“2 Ob sich Mt 22,1-14 tatsächlich in dieser paränetischen Dimension der Warnung an die Gemeinde und in diesem eschatologischen Horizont auslegen lässt, soll in dieser exegetischen Erörterung verifiziert werden. Dabei ist – wie im vorangestellten Zitat Luthers deutlich wird – dieser Text in seiner Auslegung nach Söding „sehr umstritten“3 und hat nach Jeremias „seit jeher … der Exegese Kopfzerbrechen verursacht.“4 Einige seltsame Begebenheiten – z.B. die absurde Episode in 11-13 – und auffallende Brüche auf der Erzählebene5 erzeugen auf der einen Seite Interesse, auf der anderen Meinungsverschiedenheiten. Dies zeigt sich z.B. an den von den Exegeten gegebenen verschiedenen Titeln des Gleichnisses, welche stark differieren und je eigene Schwerpunkte setzen.6 In dieser Hausarbeit soll der ntl Text des Matthäusevangeliums Mt 22,1-14 unter besonderer Berücksichtigung von Motivgeschichte und Deutungshorizonten exegetisch ausgelegt und interpretiert werden. Dabei wird nach der Übersetzung (2.1) zunächst 1 Zitat Luthers bei Diße, Mt, 2. Mit dieser Paradoxie leitet Luther eine Predigt (1531) zu Mt 22,1-14 ein. 2 Luthers Schluss seiner Predigt zu Mt 22,1-14 am 20. Sonntag nach Trinitatis 1533 (WA 37, 180-183); hier zitiert aus Luther deutsch, 396. 3 Söding, Festmahl, 59. 4 Jeremias, Gleichnisse, 62. Vgl. auch Schnackenburg, Mt, 208. Er stellt auch fest, dass Mt 22,1-14 viel diskutiert und sehr unterschiedlich erklärt wurde. 5 22,6f stellt z.B. eine komische, unpassende und dann auch überzogenen Reaktion dar. Der Übergang von 5 zu 6 ist sperrig. Vgl. Münch, Gleichnisse, 178. In der Untersuchung von Fiktionalität und Kohärenz der Erzählung wird für ihn hier die Grenze der Plausibilität überschritten. Die Wirkungen, die die Anstößigkeiten dieses Textes hervorrufen, resümiert Luz, 232: „Der Mt-Text verunsichert, so wie er vorliegt, seine Leser/innen: Sie merken, daß die Geschichte als Geschichte nicht trägt, und werden durch die Brüche dazu angeregt, sie zu dekodieren und zu hinterfragen.“ 6 Vgl. insgesamt Söding, Festmahl, 59f. Dabei bleibt unklar, ob der Akzent auf der Einladung oder dem Fest liegt, ob der erste oder zweite Teil betont wird und ob der Gastgeber oder die Gäste im Mittelpunkt stehen. Die Spannbreite reicht von „(Großes) Gastmahl“ (die meisten; z.B. Jeremias, Gleichnisse, 61), „Hochzeitsmahl des Königssohnes“ (Luz, Mt, 229), „Widerwillige Gäste“ (Jülicher, Gleichnisreden, 407), „Das Doppel-'Gleichnis' über den Ausschluss vom messianischen Mahl“ (Fiedler, Mt, 333 ) und bis zu „Einladung zum Festmahl“ (Vögtle, Einladung, 171) bzw. „Vergebliche Einladung“ (Reiser, Gerichtspredigt, 227). Bei dem Letzten liegt der Akzent auf dem ersten Teil und damit im Horizont der Gerichtsbotschaft Jesu. So auch Linnemann, Gleichnisse, 101. Sie meint, das Urteil über und die Unwürdigkeit der Erstgeladenen ist betont. Vgl. dagegen Kähler, Jesu Gleichnisse, 117. Er übertitelt mit: „Das dennoch geglückte Fest“. Er legt also den Akzent auf den zweiten Teil und hebt das souveräne Handeln des Hausherrn hervor. Vgl. auch Luz, Mt, 236f. Er stellt dar, dass der volle Saal am Ende der Geschichte schwer deutbar sei. Entweder das Gewicht liegt auf der zweiten Aussendung, wo trotz der ersten Absage es zu einem guten Ende kommt freudigen Grundton); oder auf der ersten Aussendung mit der Absage dunklen Grundton). Das volle Haus hieße dann, dass die zuerst Eingeladenen ihre Chance bzw. den Kairos definitiv verpasst haben. -1- analytisch vorgegangen (2), indem der Kontext (2.1), die Gliederung bzw. Aufbau (2.2), die Personen und Wortanalyse (2.3), die Form (2.4) und allgemein die sprachliche Gestalt in den Blick geraten. Abgeschlossen wird dieser Abschnitt der Untersuchung mit dem Heranziehen von Parallelüberlieferungen (Synoptischer Vergleich) und Ermitteln von Quellen bzw. Herkunft (Literar- und Redaktionskritik). Im zweiten Teil der Entfaltung steht die konkrete Exegese und Deutung von Mt 22,2-14 – Vers 22,1 wird schon in 2.1 behandelt – im Vordergrund. Entsprechend der Gliederung (2.2) wird dabei folgendermaßen vorgegangen:7 Mt 22,2 (das Bild vom Hochzeitsmahl, Mt 22,3-7 (die Knechte und die Strafexpedition; Zerstörung Jerusalems), Mt 22,8-10 (die Gäste und heilsgeschichtliche Deutung), Mt 22,11-13 (das hochzeitliche Gewand) und Mt, 22,14 (die Warnung). Die Arbeit mündet schließlich in einem zusammenfassenden Schlussfazit (4).8 2 Analytische Entfaltung 2.1 Übersetzung 1 Und Jesus antwortete und und redete wieder in Gleichnissen zu ihnen und sagte: 2 Das Himmelreich gleicht9 einem König10, der die Hochzeitsfeier11 für seinen Sohn bereitete.12 3 Und er schickte seine Knechte aus, um die zur Hochzeitsfeier Geladenen zu rufen, und sie wollten nicht kommen. 4 Wieder schickte er andere Knechte aus und sagte: „Sagt den Geladenen: 'Siehe, mein Mahl13 habe ich bereitet, meine Ochsen und die Mastkälber sind geschlachtet und alles ist bereit. Kommt zur Hochzeitsfeier!'“ 5 Sie aber kümmerten sich nicht darum und gingen fort, der eine auf seinen Acker, der andere aber zu seinem Geschäft. 6 Die Übrigen aber ergriffen seine Knechte, misshandelten und töteten sie. 7 Der König aber wurde zornig und schickte sein Heere und richtete jene Mörder zu Grunde und zündete ihre Stadt an. 7 In Klammern jeweils thematische Schwerpunkte des Abschnittes. Dabei werden auch die Bereiche bildspendender Bereich, Metaphernpotential, Traditions- bzw. Motivgeschichte, Deutungshorizonte und Fragen nach der pragmatische Funktion behandelt. Die auch interessante Wirkungsgeschichte kann leider aus Platzgründen kaum dargestellt werden. Vgl. Diße, Mt, 7f und Luz, Mt, 246f. 8 Als eine persönliche Vorbemerkung – v.a. in Bezug zum hochzeitlichen Gewand in 11f – kann gelten, dass der Verfasser im Sommer auf zwei Hochzeiten – auch als Trauzeuge und Prediger – gehen wird und mit seiner Frau schon geplant hat, welche Kleidung dafür besonders schön, sauber und passend wäre. Gut ist, dass frühe Einladungen viel Zeit für nötige Vorbereitungen ermöglichten. Wenn die Zeit knapper gewesen wäre, hätte evt. nichts Passendes mehr besorgt bzw. bereitet werden können. 9 Oder auch: Verglichen wurde die Königsherrschaft der Himmel. Vgl. Münch, 135-140. Die passivische Form hat folgende Bedeutungen: gleich oder ähnlich sein bzw. werden, d.h. gleichen. Zudem resümiert er, dass die Aoristform hier präsentisch übersetzt werden kann. 10 Wörtlich: Einem Menschen, einem König; d.h. einem königlichen Menschen. 11 Oder Hochzeitsmahl bzw. allgemein die Hochzeit. S.u. 2.3 und 3.1. 12 Wörtlich machte. 13 Wörtlich Frühmahl bzw. Mittagsmahl. -2- 8 Dann sagt er zu seinen Knechten: „Die Hochzeitsfeier ist zwar bereit, aber die Geladenen waren nicht würdig. 9 Geht nun an die Ausgänge14 der Straßen und wen ihr findet, ruft zur Hochzeitsfeier.“ 10 Und jene Knechte gingen hinaus auf die Straßen und versammelten15 alle, die sie fanden, Böse und Gute. Und die Hochzeitsfeier16 füllte sich mit Gästen.17 11 Als der König aber hineinging, sich die Gäste anzusehen, sah er dort einen Menschen, der kein Hochzeitsgewand anhatte.18 12 Und er sagt zu ihm: „Freund, wie kamst du hier herein ohne ein Hochzeitsgewand?“ Er aber schwieg. 13 Da sagte der König den Dienern: „Bindet seine Füße und Hände und werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.“ 14 Viele nämlich sind berufen, wenige aber auserwählt. 2.2 Textanalyse 2.2.1 Kontext Die zu erörternde Parabel ist eingebettet in den Kontext der Auseinandersetzung Jesu mit seinen Gegnern in Jerusalem (Mt 21,1 – 23,39), d.h. in den Kontext der Jerusalemer Streitgespräche19, und stellt das dritte und letzte Stück innerhalb einer Gleichnisfolge bzw. Gleichnistrias dar:20 Das Gleichnis von den ungleichen Söhnen (21,28-32), das Gleichnis 14 Verschiedene Möglichkeiten sind noch: Ausfallstraßen der Stadtstraßen, Enden der Straßen, Straßenausmündungen an der Stadtgrenze oder Quergassen der Hauptstraßen. 15 Auch möglich ist zusammenführen oder zusammenbringen. Vgl. Gnilka, Mt, 240. Er assoziiert mit diesem Verbum die Synagoge, was für ihn die Versammlung der Gemeinde andeutet. 16 Vgl. Sand, Mt, 437. Er meint, dass sonst „der Text der Parabel relativ gut überliefert“ ist. Außer hier, wo der Hochzeitssaal als alexandrinische Korrektur bzw. Erleichterung angesehen werden kann, weil ὁ γάμος - was als lectio diffcilior zu bevorzugen ist – schlecht zu ἐπλήσθη passt, d.h. die Hochzeitsfeier kann nicht voll werden. Daher kann hier auch mit „Hochzeitssaal“ übersetzt werden. Vgl. auch Luz, Mt, 231 und Gnilka, Mt, 240. 17 Wörtlich ist das damals übliche zu Tische Liegende. 18 Bzw.: Nicht bekleidet mit einem Hochzeitskleid. 19 Vgl. Wiefel, Mt, 374. Dabei wird die Akoluthie von Mk unterbrochen. Vgl. auch Gnilka, Mt, 233 und Fiedler, Mt, 333. Er differenziert, dass Jesus in Mk 12,12 die Angegriffenen gehen lässt, bei Mt bekommen sie ein drittes Gleichnis zu hören. Vgl. Limbeck, Mt, 245. Mt unterbricht den Zusammenhang der MkVorlage (Mk 12,1-12 – Mt 21,33-46; Mk 12,13-17 – Mt 22,15-22). In der erzählerischen Chronologie des Mt wird die Parabel am zweiten Tag von Jesu Aufenthalt in Jerusalem als ersten Teil der großen Abrechnung Jesu mit Gegnern gesprochen. Im größeren Rahmen stehen die Ereignisse, die zur Passion führen werden (vgl. in 21,46 den Plan, Jesus zu verhaften). Als Szenerie für die Jesus-Rede hat Mt den Tempel in Jerusalem gewählt. Vgl. auch Diße, Mt, 1. 20 Vgl. Münch, Gleichnisse, 70.79. Er sieht diese Trias als indirekte Antwort auf die Vollmachtsfrage (21,23ff). Vgl. auch Kähler, Jesu Gleichnisse, 133. Die drei Parabeln sind durch gemeinsame Themen eng verknüpft: V.a. den an die Führer Israels gerichteten Gerichtsgedanken, d.h. die Ablösung Israels durch die neue Heilsgemeinde, aber auch die Geschichte der Profeten bzw. Zeugen in Israel (AT, Johannes der Täufer, Jesus, christliche Missionare) und die Bindung des Heils an Bedingungen (Glauben 21,32, Fruchtbringen 21,41.43 bzw. hochzeitliches Gewand 22,11f). Vgl. auch Luz, Mt, 196f. 249. Er stellt neben thematischer auch formale Ähnlichkeit zwischen den ersten beiden und gleiche Quellenherkunft des ersten und dritten Gleichnisses fest. Das dritte und letzte Gleichnis führt dabei die große Abrechnung mit Israel zum Höhepunkt bzw. Ende, ist dabei schärfer und direkter als die beiden anderen – z.B. beim Gericht über Israel ist 22,7 konkreter als 21,41.43 – und weitet den Blick noch weiter aus: Über Jesu Tod hinaus, auf die Heidenmission und das Jüngstes Gericht. -3- von den bösen Winzern (21,33-46; vgl. Mk 12,1-12) und das vorliegende Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl (22,1-14). Neben der klaren Abgrenzung des Gleichnisses – durch den Redeeinleitungssatz (22,1), das Schlusslogion (22,14) und den fortsetzenden Neueinsatz mit Subjektwechsel von Jesus21 zu den Pharisäern in 22,15ff – ist aber dennoch eine enge Bezogenheit des Textes auf das vorhergehende Gleichnis festzustellen22: Die Einleitungen sind miteinander verknüpft (21,33a ἄλλην παραβολήν; 22,1 πάλιν ἐν παραβολαῖς).23 Neben πάλιν, welches einen Neuansatz markiert24, weist auch das auf die Hohenpriester und Pharisäer bezogene Personalpronomen αὐτοῖς25, das reagierende Einleitungsverbum ἀποκριθεὶς (22,1) und zwei Reminiszenzen – die doppelte vergebliche Sendung der Knechte in 21,34.36 findet Entsprechung in 22,3f und die Misshandlung bzw. Tötung derer von 21.35 in 22,6 – zu der Parabel von den bösen Pächtern hin.26 Zur Verknüpfung dieser beiden Gleichnisse trägt auch das zunächst schwer verständliche Partizip ἀποκριθεὶς (22,1) – „inwiefern ist Reden Jesu ein Antworten?“27 – bei, welches als Bindeglied in dem Sinne verstanden werden kann, dass Jesus die feindlichen Absichten der Hohenpriester und Pharisäer (21,45f) mit einem Gleichnis beantwortet.28 2.2.2 Gliederung Die Parabel beginnt – nach dem eben angeführten Einleitungsvers (22,1) –, indem Jesus die Hauptperson ὁ βασιλεὺς einführt und als Hörhinweis für die folgende Gleichniserzählung gibt, diesen König, der die Hochzeit für seinen Sohn bereitet, mit der ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν zu vergleichen. Die eigentliche Erzählung 22,2-13 wird vom einführenden Vers 21 Vgl. Sand, Mt, 437. Jesus wird in 22,1 namentlich genannt. 22 In der exegetischen Forschung wird besonders auf die enge Zusammengehörigkeit dieser beiden Gleichnisse hingewiesen. Vgl. ausführlich Vögtle, Seine Gäste, 51ff. Vgl. auch Jeremias, Gleichnisse, 66; Fiedler, Mt, 333; Hasler, Königliche Hochzeit, 30; Luz, Mt, 232; Diße, Mt, 1; Schottroff, Gleichnisse, 67; Kähler, Jesu Gleichnisse, 133; Söding, Festmahl, 62; Wiefel, Mt, 375. 23 Dieser Plural in 22,1 ist merkwürdig, da nur ein Gleichnis folgt. Vgl. auch Sand, Mt, 437; Wiefel, Mt, 376 und Luz, Mt, 239. Er meint – mit Hinweis auf 13,10.13 (Sinn der Gleichnisse) –, dass dies Jesus nicht störe. Vgl. auch Hasler, Königliche Hochzeit, 28. Er zieht in Erwägung, dass durch diesen Plural angedeutet werden soll, dass zwei ursprünglich selbständige Gleichnisse (2-10 und 11-13) vorliegen. Vgl. Gnilka, Mt, 237. Er vermutet, dass Jesus in Bildern redete. Vgl. ausführlicher Münch, Gleichnisse, 73-75. 24 Vgl. Wiefel, Mt, 376; Sand, Mt, 437 und Vögtle, Seine Gäste, 48. 25 Vgl. 21,23 (die Hohenpriester und Ältesten) und 21,45 (die Hohenpriester und Pharisäer). Jesus wendet sich an diese religiösen Instanzen Israels, mit denen er in Konflikt geraten ist und wird. Vgl. Jeremias, Gleichnisse, 63f. Er stimmt zu, dass das Gleichnis ursprünglich an die religiösen Führer gerichtet wurde und ergänzt, dass es später auch auf die Führer in der Gemeinde gedeutet wurde. Besonders beachtenswert ist jedoch, dass diese Personengruppe nicht nur direkt vorher in 21,45f als Subjekte auftreten – sie trachten, Jesus zu ergreifen –, sondern auch in dem Vers (22,15), der sich direkt an die Hochzeitsparabel anschließt. Die Pharisäer gingen hin und berieten, wie sie Jesus eine Fangfrage stellen könnten. Es schließt sich bekanntlich in 22,15-22 die Frage nach der Steuer bzw. der Zinsgroschen an. 26 Vgl. Luz, Mt, 232. Vgl. auch Wiefel, Mt, 375. Er ergänzt zudem noch das Umbringen der Übeltäter als Strafe (21,41 und 22,7) und den Gerichtsgedanken (21,44 und 22,13). 27 Wiefel, Mt, 376. Vgl. auch Sand, Mt, 437. Er stellt heraus, dass Mt 45 Mal dieses Partizip und 55 Mal das Verb gebraucht. 28 Vgl. Gnilka, Mt, 233; Vögtle, Seine Gäste, 48 und Schnackenburg, Mt, 209. Mt verwendet ἀποκριθεὶς in 11,25 ähnlich, d.h. ohne direkte vorherige Frage. -4- 22,1 und dem abschließenden Logion 22,14 gerahmt. 22,2-13 wird manchmal nach literarkritischen Aspekten in zwei (2-10 und 11-13), viel häufiger aber in drei Teile (2-7, 810 und 11-13) eingeteilt. Da 22,2 eine weitere nähere Einleitung bietet, kann dieser Vers als formelhafte Überschrift verstanden und von der Erzählung geringfügig ausgerückt werden. 3-7 und 8-13 beginnen beide mit der königlichen Aussendung der Knechte, um die Geladenen zu rufen. Dabei endet die erste erfolglos und die zweite erfolgreich, aber beide mit einer Katastrophe, die zuerst alle, dann nur einen trifft. 8-13 besteht aus zwei locker zusammengefügten Teilen (8-10,11-13), wobei nach 10 bereits Schluss sein könnte. Aber die zunächst merkwürdige Formulierung πονηρούς τε καὶ ἀγαθούς bedarf einer erklärenden Fortsetzung.29 Es ist daher in drei größere Teile zu gliedern – (2)3-7, 8-10 und 11-13 –, welche von 1 und 14 gerahmt werden.30 Dabei sind die beiden ersten Teile natürlich in einer besonderen Weise stark miteinander verbunden.31 2.2.3 Personen und Wortanalyse Der βασιλεὺς ist die einzige bestimmende und sehr dominante Person32, d.h. nur er spricht, es gibt keine Dialoge und außer 5f.10 handelt nur er.33 Die δοῦλοι, welche in 3.4.6.8.10 vorkommen, stehen immer als Objekt formal im Akkusativ (3.4.6.) oder im Dativ (8; auch die Diener in 13); außer in 10 bei der Ausführung des königlichen Befehls; dort auch näher mit ἐκεῖνοι bestimmt (sonst immer mit αὐτοῦ). Zudem werden sie immer pluralisch angesprochen, d.h. der Einzelne tritt hinter die gesamte Gruppe zurück. Damit wird zusätzlich das strenge Autoritätsgefälle zwischen herrschenden König und seinen Knechten verdeutlicht. Das eher unübliche Einsetzen neuer Nebenfiguren (ἄνθρωπον34 in 11 und διακόνοις in 13) und die Tatsache, dass keine andere Person die ganze Erzählung durchzieht, verstärkt, dass die Einheit der Parabel nur durch den Handlungssouverän, den 29 Vgl. Luz, Mt, 243. 30 Vgl. ähnlich Gnilka, Mt, 233f. Auch er gliedert in drei Handlungsabläufe: 2-6 (dazu 7 als Überleitung), 810 und 11-13. 31 Vgl. z.B. auch Kähler, Gleichnisse Jesu, 131. Er setzt zwei Schwerpunkte: 1-10 israelkritisch und 11-14 kirchenkritisch. 32 22,2 ἀνθρώπῳ βασιλεῖ und τῷ υἱῷ αὐτοῦ, 22,3 τοὺς δούλους αὐτοῦ, 22,6 τοὺς δούλους αὐτοῦ, 22,7 ὁ δὲ βασιλεὺς und τὰ στρατεύματα αὐτοῦ, 22,8 δούλοις αὐτοῦ, 22,11 ὁ βασιλεὺς, 22,13 ὁ βασιλεὺς. Vgl. auch Schottroff, Verheißung, 480; Söding, Festmahl, 65 und Gnilka, Mt, 234. Er sieht den König als beherrschende Figur in der Geschichte. Dies wird auch – aufgrund der direkten Rede – in quantitativer Hinsicht deutlich. 33 Aktive Verba: 22,2 ἐποίησεν; 22,3 ἀπέστειλεν; 22,4 ἀπέστειλεν; 22,7 ὠργίσθη und πέμψας; 22,11 εἰσελθὼν, θεάσασθαι und εἶδεν. Auch sehr häufig sind Befehle an seine Knechte, Diener und Geladenen und daraus folgende Imperative: 22,4 λέγων, Εἴπατε, Ἰδοὺ und δεῦτε; 22,8 λέγει und πορεύεσθε; 22,12 λέγει; 22,13 εἶπεν, Δήσαντες und ἐκβάλετε. 34 22,11. Vgl. auch noch 22,12 αὐτῷ, ὁ δὲ und 13 αὐτοῦ πόδας καὶ χεῖρας, αὐτὸν. Er gehört zu den Zweitgeladenen (22,8ff) bzw. zu Tische Liegenden (22,10f) und trägt kein Hochzeitsgewand (ἔνδυμα γάμου). Auf die Frage, wie er hineingekommen sei, reagiert er mit einem Schweigen. -5- König, gegeben ist. Er schickt und befiehlt seinen Knechten bzw. Sklaven (3f.8), seine Heere (7) und seinen Dienern (13).35 In allen drei großen Abschnitten erfolgt eine direkte Rede des Königs – 4, 8b.9 und 12f –, welcher besonders das explizite Schweigen des Gastes in 12 gegenübersteht.36 Neben dem König ist γάμος das zentrale Wort (s.u. 3.1), welches insgesamt acht Mal vorkommt: Vier Mal im Akkusativ (εἰς τοὺς γάμους)in 3.4.9 und nur γάμους in 2), im Singular Nominativ in 5 und in 11f zwei Mal als näher Bestimmung im Genitiv (ἔνδυμα γάμου). Wiederholende Stichwörter sind: πάλιν, welches in 1 und auch in 4, wo es die erneute geduldige königliche Einladung einleitet, auftritt. Weiterhin ist das Bereitsein – ἡτοίμακα und ἕτοιμα in 4 sowie ἕτοιμός in 8, d.h. das Mahl ist vor und nach der Strafaktion in 6f bereit – und die Vollständigkeit (πάντα in 4; das Mahl ist komplett fertig) bzw. Universalität ( πάντας in 10; alle sind eingeladen) betont. Die Wiederaufnahme von ἀνακειμένων (10) in 11 (ἀνακειμένους) verbindet die beiden Teile 2-10 bzw. 8-10 und 11- 13. Ebenso τότε in 8 und 13, welches jeweils einen entscheidenden Neueinsatz darstellt: Die Verwerfung der Erstgerufenen und Einladung der Zweitgäste in 8 sowie die Verwerfung bzw. Verurteilung des unwürdigen Gastes in 13. Interessant ist auch die Wortgruppe kommen bzw. gehen: ἐλθεῖν in 3 (Erstgeladene kommen nicht), ἀπῆλθον in 5 (Erstgeladenen gehen weg; Steigerung), ἐξελθόντες in 10 (Knechte gehen heraus, um Zweitgäste einzuladen), dazu direkt antithetisch parallel εἰσελθὼν in 11 (König geht herein zum Hochzeitsmahl), genauso εἰσῆλθες in 12 (Gast wird gefragt, wie er hereingekommen sei) und daran anknüpfend ἐκβάλετε in 13 (Gast wird verurteilt und rausgeworfen). Die Bewegungen deuten jeweils Ablehnung bzw. Hinwendung an, genauer die ablehnende Haltung der Erstgeladenen, die Hinwendung der königlichen Knechte und des Königs selbst und – nach der Frage in 12 – die gesteigerte, konsequente und endgültige Verurteilung in 13. Das letzte auffällige Wortfeld ist καλέσαι in 3 und καλέσατε in 9. Die Erstgeladenen und die Zweitgäste werden jeweils gerufen; in 9 erst, nachdem die Unwürdigkeit der eigentlich Gerufenen (κεκλημένοι in 8; vorher auch schon bei beiden Einladungen: κεκλημένους in 3 und κεκλημένοις in 4) festgestellt wurde. Bei der Bedeutung dieses Wortfeldes ist es wichtig und interessant, dass dabei jeweils das Gerufen-sein und das Berufensein, auch erlesen, eingeladen oder willkommen, inkludiert sind;37 außerdem, dass mit κλητοὶ in 14 erneut dieser Wortstamm aufgenommen wird.38 35 Vgl. Wiefel, Mt, 377. 36 Vgl. Schottroff, Verheißung, 480. Sie ergänzt, dass allgemein das gleichmäßige Erzähltempus in der Vergangenheit nur zweimal durch Präsens durchbrochen wird (8.12). 37 Vgl. Gnilka, Mt, 238. Er ergänzt, dass jeweils ein eschatologischer Klang (4,21; 9,13) und bei Paulus auch der Ruf in die Basileia Gottes (1.Thess 2,12) mitgemeint ist. 38 Vgl. Albright, Mt, 269. Er meint, „the Greek is derived from the same verb as 'invited' in vs. 3.“ Vgl. auch Allen, Mt, 236. Er sieht ebenso diese „verbal connection.“ -6- Aufgrund dessen wird die erste Einladung und deren Absage in 3 mit der zweiten Einladung und deren parallele Absage in 4-7 verbunden. Es liegt dabei eine Steigerung vor, d.h. in 4-7 führt die ausführlichere, geduldige und gesteigerte Einladung zu einer entsprechend gesteigerten Ablehnung, die sich in Misshandlung und Tötung der Knechte ausdrückt. Es folgt – erst dann – eine königliche Reaktion in 6f, bevor in 8ff die dritte Einladung an nun andere, bisher Ungeladene ergeht und erfolgreich ist.39 2.2.4 Form Formal liegt eine Parabel vor. Eine Parabel thematisiert im Gegensatz zum Gleichnis, wo das Typische und Regelhafte zur Sprache kommt, einen prägnanten Einzelfall bzw. „ein Ereignis einmaliger, besonderer, nicht-alltäglicher Art,“40 wie es in Mt 22,1-14 klassisch vorliegt. Näher kann 22,1-14 in die eschatologischen Gleichnisse bzw. Himmelreichparabeln eingeordnet werden.41 Stilgemäß ist der Bezug zur Sachhälfte durch eingefügte Allegorien klar sichtbar gemacht, wobei in 11-13 die Bildhälfte absurd wird und nur noch als allegorische Verschlüsselung einer Sachhälfte verständlich ist. Daher ist in dieser Episode folgende Tendenz festzustellen: Weg von der Parabel, hin zum allegorischen Text.42 2.3 Paralleltexte, Quellen und Herkunft Der synoptische Vergleich zeigt, dass in Lk 14,16-24 ein Paralleltext – eingebettet in eines der typisch lk Gastmähler (Lk 14,1ff) – mit ähnlichem Handlungsgerüst vorliegt, der sich jedoch in zahlreichen Details unterscheidet. Jeweils ein Gastgeber gibt ein Festmahl und lädt dazu ein (Lk 14,16 und Mt 22,2f); es ist bereitet (Lk 14,17 und Mt 22,4). Gemeinsam ist beiden Gleichnissen auch, dass die geladenen Gäste die Einladung ablehnen (Lk 14,1820 und Mt 22,3-6), der Gastgeber zornig wird (Lk 14,21 und Mt 22,7) und andere stattdessen gerufen werden (Lk 14,21 und Mt 22,9).43 Es lässt sich feststellen, dass in der ersten Hälfte Übereinstimmungen und im zweiten Teil eher die Differenzen überwiegen,44 doch insgesamt sind die Abweichungen erheblich: Lk bietet eine kürzere und einfachere Form.45 Aus dem vornehmen Gastgeber wird bei Mt ein König. Bei Lk wird zunächst ein 39 Vgl. auch Söding, Festmahl, 64. Für ihn passt daher der Anfang in 2 und der vorläufige Schluss in 10 gut zusammen: Ein König machte ein Festmahl und lud viele ein und schließlich füllte sich der Saal. Zudem erörtert verschiedene dramaturgische Effekte (z.B. regel de tri oder eine szenische Zweiheit. 40 Vgl. Harnisch, Gleichniserzählungen, 67. Vgl. auch Kähler, Gleichnisse Jesu, 117. Er urteilt aufgrund Tempora und Einmaligkeit des Geschehens ähnlich. Vgl. Luz, Mt, 232. 41 Vgl. ähnlich 13,24; 18,23 und 25,1. Vgl. Schnackenburg, Mt, 209. 42 Vgl. Luz, Mt, 232. 43 Vgl. Wiefel, Mt, 375. 44 Vgl. Sand, Mt, 436 und Luz, Mt, 232f. Aufgrund der großen Unterschiede wurde in der Kirchengeschichte von den meisten Auslegern von zwei verschiedenen Gleichnissen ausgegangen. Dies wird heute kaum noch vertreten. Luz nennt nur Plummer und Zahn. 45 Vgl. Wiefel, Mt, 375. -7- Knecht einmal, bei Mt mehrere Knechte zweimal ausgesandt. Die Entschuldigungen differieren in Inhalt und Ausführlichkeit – Lk: Ackerkauf, Kauf von fünf Gespannen Ochsen und Hochzeit bzw. Ehe; bei Mt: Kein Kauf, sondern Gang zum eigenen Acker bzw. zum Geschäft. Die Knechte werden bei Mt zudem nicht nur abgewiesen, sondern auch misshandelt und getötet. Die Stadtzerstörung und die Schlussszene (Mt 22,11-13) fehlt bei Lk.46 Dafür kommt es bei ihm am Ende zu einer zweifachen Einladung von Ersatzgästen, „damit mein Haus voll werde.“47 Auch die Schlussfolgerungen am Ende differieren: Die Schluss-Sentenz des Lk bekräftigt den Ausschluss der Erstgeladenen: „Keiner von denen, die eingeladen waren, wird an meinem Mahl teilnehmen.“48 Es fällt dabei auf, dass bei Mt eine definitive Behauptung wie Lk 14,24 fehlt.49 Ein wesentlicher Unterschied ist schließlich noch, dass alle Elemente des Königs-, Hochzeits- und Gerichtsmotivs bei Lk entfallen.50 Trotz aller Differenzen handelt es sich aber doch um dasselbe Gleichnis51 bzw. traditionsgeschichtlich um denselben Stoff.52 Eine Rekonstruktion der gemeinsamen Urform aus den Parallelüberlieferungen der Synoptiker ist aber höchst unsicher, schwierig und umstritten.53 Außerdem, ob es eine gemeinsame literarische Vorlage – evt. in der Spruchquelle Q – gab?54 Eine andere Möglichkeit ist es, verschiedene Rezensionen von Q 46 Vgl. Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 128. Es sind „grelle Züge“, die Mt über Lk hinaus hat. Vgl. auch Hasler, Königliche Hochzeit, 27. Er meint, dass Lk gegen anhebende Verbürgerlichung seiner Christenheit kämpfte. Von einer missionarischen Betonung – wie bei Lk – sei bei Mt nichts zu sehen. Zudem breche Mt die Erzählung nicht ab wie Lk, sondern lässt den Hochzeitssaal gefüllt werden und fügt eine spezielle Fortsetzung an. 47 Lk 14,23; bei Mt 22,10 füllte sich die Hochzeitsfeier mit Gästen. Bei Lk werden diese Zweitgeladenen konkret zuerst als Arme, Verkrüppelte, Blinde und Lahme beschrieben, dann auch von den Landstraßen und Zäunen geholt; in der mt Fassung ist nicht sozialer Status, sondern geografische Herkunft entscheidend: ἐπὶ τὰς διεξόδους τῶν ὁδῶν (Mt 22,9) bzw. εἰς τὰς ὁδοὺς (Mt 22,10). 48 Lk 14,24. Vgl. Reiser, Gerichtspredigt, 227. Wie dieses Schlusswort wird v.a. die doppelte Einholung Lk 14,21-23 als sekundär betrachtet. Zum mt Schlusslogion 22,14 s.u. 3.5. 49 Vgl. Fiedler, Mt, 333. 50 Vgl. Diße, Mt, 3f. 51 Vgl. Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 128. Vgl. auch Linnemann, Überlegungen, 247. Sie präzisiert, dass es sich dabei um Varianten desselben Gleichnisses handelt. 52 Vgl. Schnackenburg, Mt, 208. „Eine literarische Beziehung zwischen Lk und Mt müßte auf einer gemeinsamen Grundlage in der Spruchquelle beruhen, die dann jeder Evangelist in seiner Weise ausgeschöpft hätte.“ Vgl. auch Harnisch, Gleichniserzählungen, 230. Er rechnet „mit einem gemeinsamen Wurzelboden der Stücke.“ 53 Vgl. z.B. Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 128 oder Diße, Mt, 4. Vgl. auch Sand, Mt, 436. Er resümiert: Das Rekonstruieren einer Urfassung bleibt „letztlich ein hypothetisches Unterfangen.“ Vgl. Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 145. Auch für ihn ist eine Urform des Gleichnisses nur schwer zu rekonstruieren; ein Subtraktionsverfahren z.B., d.h. alle Sonderzüge von Lk und Mt werden abgezogen und der verbleibende Rest ist das Ursprüngliche – stellt keine angemessene Methode dar. 54 Vgl. Diße, Mt, 4. Diese hätte – gemäß der Zweiquellentheorie – für Mt und Lk in der Logienquelle gestanden, was vor allem von den Forschern postuliert wird, die Q-Rekonstruktionen vorgelegt haben (z.B. Polag, Schenk, Internationales Q-Projekt). Vgl. Jones, Mt, 401. „… may will be best explained by the Q hypothesis, although opinion is divided on this point.“ Vgl. Söding, Festmahl, 61. Er resümiert z.B. trotz der erheblichen Abweichungen, dass story, plot und patterns eng beieinander sind, so dass er von einer gemeinsamen Vorlage in der Redenquelle ausgeht. Vgl. Wiefel, Mt, 375. Er meint, dass die meisten Interpreten von einer gemeinsame Vorlage ausgehen (dagegen Vögtle). Vgl. auch Hasler, Königliche Hochzeit, 25. Er nimmt eine je verschieden bearbeitete Vorlage aus der Redequelle an. -8- anzunehmen, d.h. QLk für das lk Gastmahl und QMt für das mt Hochzeitsmahl. Weiterhin wird eine mutmaßliche Herkunft aus der jeweiligen mt bzw. lk Sondergutüberlieferung vermutet.55 Aufgrund kaum gemeinsamen Wortlautes und geringer wörtlicher Übereinstimmungen ist eine Zugehörigkeit zur Redequelle nicht so sicher bzw. zumindest unsicher.56 Daher meint Luz: „Es ist deshalb wohl richtiger, Lk 14,16-24 als literarisch unabhängige Variante unseres Textes anzusehen.“57 Durch sprachliche und intensive Bearbeitung erweist es sich zudem als schwierig, die mt Redaktion von einer theoretisch angenommenen vormt Textfassung abzuheben.58 Sehr wahrscheinlich redaktionell bearbeitet ist 22,1, da – wie oben festgestellt – der Kontext vorausgesetzt ist und an vorangehendes Gleichnis anklingende Formulierungen aufgenommen werden.59 Oft wird auch 6f als sekundär eingestuft, da sich 8 problemlos an 5 anschließt; Es ist unwahrscheinlich, dass die Ersatzgäste erst nach Vollendung der Strafaktion zum bereits vorher bereiten Mahl eingeladen werden.60 Sekundär aber auch, weil sich eine sprachliche Sperrigkeit61 im Anschluss an 5 ergibt: Nach ὃς μὲν – ὃς δὲ ergibt οἱ δὲ λοιποὶ wenig Sinn. πονηρούς τε καὶ ἀγαθούς wird zumeist als Vorbereitung für 11-13 und daher als sekundär gesehen62, was aber nicht sehr zwingend ist. Sprachlich weitgehend mt ist 11-14, wobei für 11-13 v.a. zwei Fragen diskutiert werden: Zum einen, ob dieser Teil schon vormt mit dem Text 2-10 verbunden war – so z.B. Trilling oder Dillon – oder ob erst Mt diese Verknüpfung hergestellt hat?63 Zum anderen, ob Mt auf ein ausgeführtes Gleichnis vom Gast ohne Hochzeitsgewand zurückgreifen konnte? Es wird 55 Vgl. Diße, Mt, 4. Die gemeinsame Basis wäre dann in der vorliterarischen Überlieferung von Jesusworten zu verorten. 56 Vgl. Kähler, Jesu Gleichnisse, 117. Er nennt Lk – aufgrund der relativ geringen Übereinstimmung in Vokabeln – eine entfernte Parallele. Vgl. auch Luz, Mt, 233: „Ausführliche Parabeln gibt es sonst in Q keine mehr.“ 57 Luz, Mt, 233. Dem ist sicherlich zuzustimmen. Vgl. Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 128. Er bezeichnet Lk und Mt als „literarisch voneinander unabhängige Erzählungsvarianten“ Vgl. auch Reiser, Gerichtspredigt, 227. Er hält aus eben genannten Gründen eine Verortung in Q für „eher unwahrscheinlich,“ aber das „Grundgerüst“ sei dasselbe. Vgl. Albright, Mt, 270. Die lk Parallele ist für ihn „not a true parallel … both the language and the details are quite different.“ Vgl. auch Allen, Mt, 235: „The two Evangelists clearly are not borrowing from the same written source.“ 58 Vgl. Luz, Mt, 233. Vgl. dagegen Hasler, Königliche Hochzeit, 29. Er nimmt eine konkrete dreifache redaktionelle Schichtung – die eschatologische, die ekklesiologische und die polemische Schicht – an. Vgl. Linnemann, Gleichnisse Jesu, 169. Sie wendet sich gegen diese Schichtung von Hasler; v.a. gegen die polemische. 59 Vgl. Luz, Mt, 233 und Sand, Mt, 437. 60 Vgl. z.B. Wiefel, Mt, 375; Limbeck, Mt, 246 oder Sand, Mt, 436: „Der Aufbau bei Mt macht einen uneinheitlichen Eindruck.“ Dabei meint er, in 3b.4.6f.11-14 sekundäre Züge zu erkennen. „Dennoch hat Mt die Parabel seiner Gemeinde als eine 'Einheit' vorgelegt, so daß letztlich die synchrone Auslegung den ersten Platz einnehmen muß.“ 61 Vgl. Luz, Mt, 234. Er nennt das Zornigwerden des Königs (7aa) als nicht sekundär; die Ausnahme in 6f. 62 Vgl. Sand, Mt, 438. 63 Luz, Mt, 234. Diese Variante wird aus inhaltlichen Gründen meist bevorzugt, da das Nebeneinander von heilsgeschichtlicher und paränetischer Sinndimension für mt Gleichnisse typisch ist. Vgl. z.B. Gnilka, Mt, 236. -9- dafür der Wechsel der königlichen Gehilfen angeführt; von δοῦλοι (2ff) zu διακόνοις (13).64 Meistens aber wird heute nur auf traditionelle Motive (z.B. 25,1-13, Offb 19,7-9 und z.T. 2.Kor 11,2) verwiesen, die Mt aufgenommen hat.65 Ein den synoptischen Überlieferungen ähnliches Gleichnis liegt im Logion 64 des Thomasevangeliums vor.66 Es weist viele Berührungen v.a. mit der lk Fassung auf. Dabei sind die Entschuldigungen noch breiter ausgeführt und verlagern sich inhaltlich auf den weltlichen bzw. ökonomischen Bereich (Geldforderungen an Kaufleute, Hauskauf, Mahl für einen Freund, Pachtzins für ein Gut). Nachdem die Einladung der Ersatzgäste in Befehl und Ausführung sehr kurz ausgefallen ist, mündet die Erzählung in die Pointe, dass Käufer und Kaufleute nicht in die Orte des Vaters eingehen werden.67 Zu bewerten ist diese Fassung als klassisch „gnostische Rezeption der Gastmahlsparabel“68 Dabei wird die gnostische Kritik an den Weltmenschen, die den Ruf zur Gnosis nicht hören, deutlich. Auch aus der rabbinischen Tradition werden von vielen Exegeten einige motivähnliche Passagen aus Midrasch und Talmud herangezogen;69 v.a. für die Interpretation von 11-13.70 Weiterhin ist festzuhalten an dieser Stelle, dass herkunftsmäßig eine Parabel Jesu zu Grunde liegt.71 Sie passt zu den überlieferten eigenen Mahlzeiten Jesu und zur ihm bekannten Vorstellung einer Mahlzeit im Gottesreich (8,11f; Mk 14.25).72 Diese seine ursprüngliche Erzählung dürfte polemisch gegen führende Kreise des religiösen Judentums gerichtet gewesen sein.73 Das heute nicht mehr rekonstruierbare „Erzählgerüst“74 dieser von Mt und Lk überlieferten Parabel könnte nach Einschätzung einiger Exegeten in etwa so gelautet haben: Ein Mann veranstaltet ein Gastmahl und schickt seinen Knecht aus, um die 64 Vgl. Jeremias, Gleichnisse, 62.168; Sand, 439 und Bindemann, Mahl, 21. Dagegen Luz, Mt, 234. Er erachtet diese Unterscheidung auf der Bildebene für sinnvoll, und differenziert mit Hinweis auf 13,27.30 (Knechte und Schnitter) auf der Sachebene zwischen Missionaren und Gerichtsengeln. 65 Luz, Mt, 235. So optieren mit Trilling heute die meisten Exegeten. Nach Luz gebe es keine zwingenden Gründe für ein selbstständiges Gleichnis, aber es sei kaum entscheidbar. Dass die Episode 11-13 sekundär ist, wird meist vertreten. Vgl. z.B. Wiefel, Mt, 376; Limbeck, Mt, 247; Schnackenburg, Mt, 208; Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 144 oder Fiedler, Mt, 333. Vgl. dagegen Jones, Mt, 407-409. Er zeigt ausführlich auf, dass es durchaus sinnvoll sein kann, von einer notwendigen Zusammengehörigkeit von 210 und 11-13auszugehen. 66 Vgl. Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 139; Schnackenburg, Mt, 208; Fiedler, Mt, 333 oder Luz, Mt, 232. 67 Vgl. Diße, Mt, 4 und Luz, Mt, 235. Vgl. auch Schnackenburg, Mt, 209. Er stellt heraus, dass die Entschuldigungen hier als Verstrickung in die Welt erweitert und betont wurden. 68 Vgl. Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 139f. Er stellt deutlich fest, dass dieser Text gnostisch zu interpretieren ist. Vgl. auch Söding, Festmahl, 59. Er meint, dass Thomas von den Synoptikern abhängig ist. Vgl. dagegen Luz, Mt, 235. Er kann kaum synoptischen Einfluss erkennen und dieser Version durchaus die Beinhaltung alter Züge zugestehen kann. Vgl. Jones, Mt, 241. „Thomas … is probably independent of both Matthew and Luke.“ 69 Vgl. v.a. Billerbeck I, 878-883. 70 Aus diesem Grund erfolgt eine ausführlichere Behandlung in 3.4. 71 Vgl. Reiser, Gerichtspredigt, 227 und Gnilka, Mt, 244. 72 Vgl. Luz, Mt, 236. 73 Vgl. Schnackenburg, Mt, 208 und Jeremias, Gleichnisse, 61. Jesus wendet sich an seine Kritiker und Gegner – Pharisäer/Hohenpriester –, die als Außenstehende nicht verstehen bzw. falsche Konsequenzen ziehen. So vertieft sich die Feindschaft und die Gemeinde lernt die Wahrheit über diese und sich selbst. 74 Reiser, Gerichtspredigt, 227. - 10 - schon Geladenen herbeizurufen. Diese wollen – trotz des Hinweises, es sei bereit – nicht kommen und gehen fort. Darauf erzürnt der Gastgeber und lässt überraschend seinen Knecht andere Gäste von den Straßen einladen und herbeiholen, dass das Haus voll wird.75 3 Erörternde Entfaltung bzw. Auslegung zu Mt 22,2-14 3.1 Das Bild vom Hochzeitsmahl – Mt 22,2 Von der Bildebene ausgehend soll eine Aussage über die βασιλεία τῶν οὐρανῶν, d.h. die himmlische Größe Reich Gottes, getroffen werden. Dafür wird in 22,2 der βασιλεὺς als konstitutiv Handelnder bzw. als der „Angelpunkt der Parabel, in dem Bild- und Sachhälfte verbunden sind“76, eingeführt, dem das himmlische Königreich – verbunden mit dem typischen ωμοιώθη77 – gleicht bzw. verglichen werden soll. Dieser König wird vom judenchristlichen Leser des Mt aufgrund jüdischen Hintergrundes und aufgrund z.B. von 18,23 sofort auf Gott bezogen.78 Näher charakterisiert wird dieser Hauptakteur der Erzählung als der, der seinem Sohn die Hochzeit bzw. die Hochzeitsfeier bereitet. γάμος, welches in 22,2ff acht Mal gehäuft auftritt79, hat im Plural eine gleiche bzw. ähnliche Bedeutung wie im Singular80: Unter den Hochzeitsfeierlichkeiten sind nach altjüdischer Sitte mehrere Tage bzw. ein mehrtägiges Fest zu verstehen.81 Es wird dabei ein Motiv der Mahlfeier als Bild des Himmelreiches82 bzw. der messianischen Freudenzeit83 aufgegriffen. Die jüdisch-eschatologische Erwartung weiß um eine kommende Mahlzeit im 75 Vgl. z.B. Diße, Mt, 4 und Luz, Mt, 235f. 76 Linnemann, Überlegungen, 254. Zitiert auch bei Hasler, Königliche Hochzeit, 28. Vgl. auch die formale Parallele Mt 18,23-34; v.a. 32f. Vgl. auch Linnemann, Überlegungen, 246. Sie stellt fest, dass sich sonst Bild- und Sachhälfte kaum entsprechen. 77 Vgl. Hasler, Königliche Hochzeit, 28; Gnilka, Mt, 237 und Jones, Mt, 402. Er stellt fest, dass ωμοιώθη „appears as first word in 13:24, 18:23 and 22:2.“ 78 Vgl. Luz, Mt, 239 und Münch, Gleichnisse, 199. Er stellt den βασιλεὺς als in einer Tradition atl Gottesmetapher stehend – Jes 6,5; Ps 24,7-9; Ps 29,9f; Ps 93 und Ps 96-99 – dar, welcher dabei als gegenwärtig (Ps 93) , zukünftig (Jes 24,3 und 33,17-22) oder ewig herrschend (Ps 145,13) gedacht werden kann. „Am deutlichsten begegnet der Titel [im NT] bei Matthäus … in 22,2.7.11.13 ist sicher der himmlische Vater gemeint.“ An dieser Stelle sei auf die außergewöhnliche Position Schottroffs hingewiesen. Vgl. Schottroff, Politik, 56.58.67 und Schottroff, Verheißung, 482-485. Für sie handelt der König nicht so wie Gott – „nicht per analogiam, sondern e contrario“ (Politik, 67) –; vielmehr soll der König als Negativfolie mit Gott verglichen werden. Diese Differenz folgert sie aus eigenem Gleichnisverständnis sowie der Wendung ἀνθρώπῳ βασιλεῖ in 22,2. Daraus ergibt sich ihre sozialkritische Interpretation, in der sie die imperiale Gastmahlpolitik und den Antijudaismus kritisiert. 22,14 versteht sie demnach als Verheißung Jesu angesichts der als aussichtslos erfahrenen Gewalt, wobei das kleine Israel die Wenigen und die großen Völker die Vielen sind: „Gott ruft alle Völker, aber das schwächste liebt Gott besonders.“ (Politik, 67) Zusammenfassend liegt für sie in 22,1-14 keine Kette allegorischer Elemente vor, sondern „eine fiktive Skizze imperialer Strukturen, die mit Gottes Königsein und seinen Rufen verglichen werden soll.“ (Verheißung, 484.) Vgl. die ausführliche und berechtigte Kritik Vögtle, Seine Gäste, 68-71. 79 Vgl. Münch, Gleichnisse, 196. 80 Vgl. Sand, Mt, 437. 81 Vgl. Wiefel, Mt, 377 und Staufer, Art. γάμος, 646. Er merkt an, dass der Begriff nur drei Mal in der LXX vorkommt: Gen 29,22; Est 2,18 und 9,22. 82 Vgl. Fiedler, Mt, 333. 83 Vgl. Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 137. Vgl. auch ausführlich Staufer, Art. γάμος, 651ff. Er stellt dar, dass dieses Motiv der Vereinigung bzw. engen Verbundenheit von Gott und Mensch schon im alten Orient geläufig ist. - 11 - neuen Äon; auch von der atl Vorstellung liegt diese metaphorische Bedeutung der eschatologischen Vollendung der Gottesherrschaft im Bild eines Festmahles nahe.84 Zum Vergleich heranzuziehen sind auch andere Gleichnisse, die eine Szenerie eines festlichen Mahles als Symbol des vollendeten Gottesreiches verwenden: Lk 15,22; Mt 25,113 und einzelne Logien: Mk 2,18f parr; Mt 8,11f par; 13,28f; Lk 6,21 par. Jesus hat Gastmähler v.a. in offenkundig kerygmatischer Absicht gefeiert als profetische Zeichenhandlung.85 Als Bräutigam dieses Hochzeitsmahles wird der Königssohn in 22,2 genannt, welcher als der Gottessohn Jesus gedeutet wurde bzw. zu deuten ist. Die Leser des Mt kennen Jesus als Bräutigam aus 9,15; auch als kommenden aus 25,1-13; 2.Kor 11,2 und Offb 19,6-9.86 Interessanterweise spielt der Sohn im weiteren Erzählverlauf keine aktive Rolle mehr.87 Bereits diese Überschrift bzw. Gleichnisformel88 des Himmelreichgleichnisses in 22,2 ist durchtränkt von jüdischer und christlicher Tradition. Die Deutung der Parabel als ReichGottes-Gleichnis ist also richtig, da sie sich aus dem Bildfeld des Festmahles ergibt, welches „ein sprechendes Symbol für das Reich Gottes“89 ist. Zudem ist schon hier die starke allegorische Tendenz der mt Parabel zu erkennen: Die Hochzeitsfeier als eschatologische Vollendung, der König als Gott und der Sohn als Jesus selbst. 3.2 Die Knechte und die Strafexpedition – Mt 22,3-7 Die Geladenen werden zur Hochzeitsfeier gerufen, doch sie wollen nicht (22,3). Hier könnte schon der Schluss der Erzählung sein, aber der König bleibt geduldig und lässt erneut die Gäste dringlich rufen, indem er ihnen das Mahl durch seine Knechte 84 Vgl. Schnackenburg, Mt, 209. Er stellt deutlich heraus, dass diese Mahlvollendung bzw. das Freudenmahl auch sonst ein Bild für das erwartete Endheil bzw. das künftige Gottesreich darstellt. Und führt dazu 8,11; 25,11.13 und 26,29 an. Vgl. Wiefel, Mt, 377. Er nennt in diesem Zusammenhang auch Offb 19,9 und verweist auf die rabbinische Überlieferung: Vgl. Billerbeck I, 517f. Vgl. auch Vögtle, Einladung, 175; Luz, Mt, 239 und Söding, Festmahl, 66. Er erwähnt Jes 25,66f und äth Hen 62,13 im Kontext dieser bildhaft dargestellten zukünftigen Vollendung der Herrschaft Gottes und betont dabei die Festlichkeit bzw. die Freude und den kommunialen Charakter des Festmahles. Vgl. auch Münch, Gleichnisse, 195f und Schnackenburg, Mt, 208. Er sieht dabei auch die atl Symbolik von Gottes Ehe mit Israel in Hos 2,18; 3,1; Jes 54,5-8; 62,4f und Ez 16,7f angesprochen. Vgl. Reiser, Gerichtspredigt, 228. Er sieht das Motiv vom eschatologischen Festmahl angeregt durch Jes 65,13 und Ps 23,5. Vgl. auch Staufer, Art. γάμος, 651f. Deutlich wird bei ihm, dass dieses Motiv im AT keine sinnlich fühlbare Vereinigung, sondern als den Bund darstellt. 85 Vgl. dazu Söding, Festmahl, 67f. Es seien genannt: Mk 2,15ff parr; Lk 7,36-50; 15,2; 19,1-10 oder Mt 11,19 par Lk 7,34. Das Letzte Abendmahl setzt dabei den betonten Schlusspunkt dieser Zeichenhandlungen. 86 Vgl. Staufer, Art. γάμος, 652-654 und Münch, Gleichnisse, 195f. Im AT wird noch nicht Christus, sondern v.a. Gott selbst als Bräutigam gesehen (Jes 62,5). Vgl. auch ntl Eph 5,22. Vgl. Luz, Mt, 239 und Schnackenburg, Mt, 209. Er meint, dass die Hörer sich nicht mit der Braut identifizieren, sondern mit den Gästen (Vgl. 9,15). Über die Braut ist hier tatsächlich nichts explizit ausgesagt; sonst oft die Gemeinde. 87 Vgl. Schnackenburg, Mt, 209 und Luz, Mt, 250. Er sieht eher – im Gegensatz zu 25,14-30 – ein christologisches Defizit. Vgl. dagegen Gnilka, Mt, 237. Er hält richtigerweise dagegen, dass Jesus der zu Feiernde ist und damit „sogar das magnetische Zentrum des Handlungsablaufs“ ausmacht. 88 Vgl. Münch, Gleichnisse, 82. Er argumentiert, Mt verwende diese als Mittel, „um die Notwendigkeit und Besonderheit des Deutungsaktes aufzuzeigen.“ 89 Dieses Zitat von Hahn findet sich bei Söding, Festmahl, 66. - 12 - schmackhaft macht und vor Augen führt (22,4).90 Doch sie kümmern sich nicht darum, gehen auf ihren Acker bzw. ins Geschäft – andere misshandeln und töten die königlichen Gesandten (22,6), was den Zorn des Königs, die Aussendung seiner Truppen, die Vernichtung der Mörder und die Verbrennung der Stadt zur Folge hat (22,7). Der in der Antike üblichen mündlichen Voreinladung der vom König ausgesandten Knechte bzw. Sklaven folgt eine zweite nochmalige und entscheidende Einladung der Gäste zur Stunde des Mahles bzw. des Essensbeginns.91 In dieser ist die Aussage der Eindringlichkeit, Ermunterung und drängende Zeit enthalten,92 um dadurch die bereits Eingeladenen zum Kommen aufzufordern. Der Kontrast zwischen Rang des königlichem Gastgebers bzw. der Größe des Festes und seiner untertänigen Gäste, welche vorher nur nicht wollten und jetzt gesteigert sich nicht darum kümmern und ohne Entschuldigungen einfach weggehen, lässt diese Absagen und das Nichtkommen unverschämt, unverständlich, herausfordernd und wahnwitzig erscheinen.93 Nun sollen die Knechte bzw. Sklaven in den Blick genommen werden – die Gäste erst in 3.3 –, indem auch die hinter der Bildebene gelegene Sachebene erörtert wird. Immer wieder wurden Knechte ausgeschickt, um Einladungen auszusprechen, ohne erwartete Resonanz zu finden; genannt sei hier v.a. die zweimalige Sendung der Knechte in der Winzerparabel (21,34.36).94 Der chronologische Ablauf wird dort bis zur Ermordung Jesu geschildert, so dass die Leser jetzt eine Fortsetzung erwarten.95 Bei den Knechten ist dabei anscheinend 90 Vgl. Vögtle, Seine Gäste, 55. Er sieht dahinter die Absicht, „die Intensität des an Israel ergangenen Heilsangebotes hervorzuheben.“ Vgl. Luz, Mt, 240. Er betont hier die entspannte und geduldige Reaktion des Königs, der seine Sklaven erneut ausschickt und dadurch seinen Gästen die Genüsse des bevorstehenden Mahles vor Augen stellt. Das ἄριστόν meint das Mittagessen. Zu dieser Zeitangabe passten auch besser die Absagen in 22,5. Vgl. Hasler, Königliche Hochzeit, 26. Er zeigt zwei rabbinische Beispiele auf, in denen das ἄριστόν für das Festessen im Himmelreich verwendet wird. Zusätzlich meint er, dass die Ochsen und das Mastvieh gut zum messianischen Sieges- und Freudenmahl passen. Vgl. auch Wiefel, Mt, 377. Er stellt in Zusammenhang mit Spr 9,2 dar, dass die Mastkälber (Vgl. Lk 15,23) die Größe des Festmahls anzeigen. 91 Vgl. Billerbeck I, 880f. Diese Brauch ist im Midr Klgl 4,2 für Jerusalem belegt. Vgl. auch Gnilka, Mt, 237f; Wiefel, Mt, 377; Luz, Mt, 235.240 und Schnackenburg, Mt, 209. Vgl. auch Est 5,8; 6,14. 92 Vgl. Sand, Mt, 437. Das imperativische Adverb δεῦτε als Ermunterungsartikel steht hier absolut. 93 Vgl. Diße, Mt, 3. Für ihn lässt sich dies nicht „aus der immanenten Erzähllogik des Textes“ plausibel machen. Er zitiert Jülicher: „Das geschilderte Verhalten von Geladenen ist bodenlos unwahrscheinlich; entweder ist der König wahnwitzig, der so gesinnte Unterthanen erst einlädt, oder die Bürger jener Stadt sind es, die den König so schnöde provozieren.“ Vgl. Jülicher, Gleichnisreden, 422. Vgl. auch Luz, Mt, 240 und Wiefel, Mt, 377. Er ergänzt, dass der knappe Bericht über die Absagen oft als zusammenfassender Bericht der ausführliche Ausreden bei Lk gesehen wird. Vgl. auch Schnackenburg, Mt, 209. Statt des dritten lk Beispiels der Eheschließung bringt Mt – wieder in Anschluss an das Winzergleichnis – die Misshandlung und Tötung der Knechte. Vgl. Sand, Mt, 438. Er erkennt, dass das Verbum des Partizips ἀμελήσαντες – auch „vernachlässigen“ oder „nicht beachten“ – nur hier in der synoptischen Tradition begegnet. Er zitiert weiterhin Vögtle: „Die dringlich wiederholte Bitte ignorierend, gehen die einen zur Tagesordnung ihrer Arbeitsinteressen über, und die andern mißhandeln und töten sogar, gänzlich unmotiviert und unbegreiflich, die Knechte des Königs, die ihnen dessen erneute Einladung überbringen.“ (Vgl. Vögtle, Einladung, 178.) 94 Vgl. Fiedler, Mt, 333 und Schnackenburg, Mt, 209. 95 Vgl. Luz, Mt, 240-242. Er meint, dass z.B. die Leerstelle aus 21,41 – der Weingärtner wird den Bösen ein böses Ende bereiten und seinen Weinberg anderen Weinpächtern verpachten – in 22,1-14 und v.a. dann in 22,7 – im Vernichten der Mörder und Verbrennen der Stadt – seine Erfüllung findet. - 13 - zunächst an die atl Profeten gedacht, aber dann auch an Boten des Messias Jesus bzw. christliche Glaubensboten;96 eine präzise Zuordnung ist aber nicht möglich und auch besser zu unterlassen.97 Dass an Profeten – im Allgemeinen – gedacht ist, kann mit Sicherheit angenommen werden. Doch es bleibt nicht nur bei den Absagen (22,5), sondern es folgt in 22,6 abrupt die oft als unlogisch angesehene Erwähnung der λοιποὶ, welche in einer dreigliedrigen steigernden Folge die Knechte ergreifen, misshandeln und töten.98 Im Hintergrund steht dabei eindeutig der verdichtete Topos in der deuteronomistischen Tradition vom gewaltsamen Profetengeschick. Diese Misshandlungen und Tötungen sind dem Leser also durchaus aus biblisch-jüdischer Überlieferung – 2.Sam 10,4f; 2.Chr 30,1.10f; Jdt 1,11f – bekannt; aber auch von den eigenen in Israel verfolgten Missionaren (10,16-23) und biblischen Profeten vor ihnen (5,12; 21,35).99 Aus dem nachvollziehbaren, aber doch herausfordernd harten Zorn des Königs heraus wird in 22,7 eine Strafexpedition gegen die Mörder – mit der Einäscherung der Stadt – angesetzt, welchen den dramatischen Höhepunkt100 der Parabel darstellt und zugleich den Verlauf der Erzählung völlig durchbricht. Auffällig ist dabei, dass der Gedanke an das Mahl zunächst scheinbar verschwindet, obwohl doch alles schon bereitet ist, und dass der Übergang zu 22,8 sich als recht sperrig erweist – Wo soll denn nun die Hochzeitsfeier stattfinden? Ist das Mahl immer noch bereit?101 Das Verbrennen der ganzen Stadt wirkt überzogen und merkwürdig v.a. auch aufgrund der Generalisierung und der kollektiven Schuldzuweisung. Die ganze Stadt verbrennt, so dass uneingeschränkt alle Bewohner derselben betroffen sind.102 Dabei ist es ein vertrautes atl Bild.103 Rengstorf hat dieses Motiv des erzürnten Herrschers, der daraufhin eine militärische Strafexpedition veranlasst, als uralt 96 Am Häufigsten wird dabei die erste Aussendung (22,3) den atl Profeten und die zweite (22,4-6) den ntl, d.h. den Apostel, zugeschrieben. Vgl. z.B. Wiefel, Mt, 375; Jeremias, Gleichnisse, 66 Hasler, Königliche Hochzeit, 31 oder Schnackenburg, Mt, 209. Im Gegensatz zum Winzergleichnis (21,37) wird hier aber nicht eigens der Sohn genannt, was in der Identifizierung Jesu mit dem Königssohn begründet zu sein scheint. Vgl. auch 20,23; 23,29-34. Vgl. aber dagegen Luz, Mt, 240. Ihm es wahrscheinlicher, dass die Knechte jeweils zu Jesus Christus rufende Apostel bzw. Missionare in Israel waren, da es ja schließlich um das Hochzeitsmahl Christi geht. Eine Trennung in vorösterliche Sendung der Jünger und nachösterliche Mission – so Hahn – erscheint Luz nicht nötig. Vgl. ähnlich Vögtle, Einladung, 204-207. Eine Auflösung der beiden Deutungen der Knechte erscheint schwierig. Vgl. Sand, Mt, 439; Münch, Gleichnisse, 202f und Kähler, Jesu Gleichnisse, 132. Er behauptet, dass die zeitlichen Grenzen zwischen Passion bzw. Ostern, der Zerstörung Jerusalem und der darauf folgenden Heidenmission nicht chronologisch zu verstehen ist, was auch eine eindeutige Zuweisung der Knechte verhindert. 97 Vgl. Gnilka, Mt, 238. 98 Vgl. Wiefel, Mt, 377 und Luz, Mt, 241. Dieses kriminelle Handeln ist nicht zu erwarten gewesen und könnte vielleicht mit allegorischen Pointierungen zusammenhängen. 99 Vgl. Fiedler, Mt, 333; Luz, Mt, 241 und Wiefel, Mt, 377. 100Vgl. Hasler, Königliche Hochzeit, 28. Vgl. auch Diße, Mt, 3. Er hält diese königliche Reaktion für einen weiteren „Fremdkörper“ des Gleichnisses. Der Kriegszug gegen die „Stadt der Mörder“ (Rengstorf) würde den situativen Rahmen der missglückten Einladung zum Hochzeitsmahl sprengen. 101Vgl. Luz, Mt, 241f. Vgl. auch Sand, Mt, 438.Das rächende Verhalten des Königs passt für ihn nicht in die Logik der Bildebene. Die Intention sei evt. gewesen, einen radikalen Gegensatz zwischen dem geduldig werbenden König und dem ablehnend feindlichen Verhalten der Geladenen darzustellen. 102Vgl. auch ähnlich 23,34-36 (Generation) und 23,37-39 (Jerusalem für ganz Israel). 103Vgl. Gnilka, Mt, 239. - 14 - eingeschätzt.104 Es ist ein altorientalischer Topos, der auch im AT zu finden ist – Ri 1,8; 2.Sam 12,26-30; 1.Makk 5,28 und Jes 5,24ff – und kein Ausdruck rächender Vergeltung, sondern von einer königlichen Souveranität, die den Mord an den eigenen Boten nicht einfach hinnimmt.105 Daraus folgert Rengstorf nun, dass es sich in 22,7 nicht um die Zerstörung Jerusalems handelt, wovon jedoch die Mehrheit der Exegeten ausgeht.106 „Als traditionellen Topos allein kann man ihn [den Vers 22,7 mit der Stadtverbrennung] nicht erklären.“107 Die Stadtzerstörung bezieht sich dann fraglos auf die Zerstörung Jerusalems,“108 welche innerhalb dieser Ereignisfolge sodann einen Strafgerichtscharakter hat.109 Die Zerstörung Jerusalems als Strafe für die Misshandlung und Tötung der Profeten entspricht dem Denkmodell der deuteronomistischen Profetenmordtradition und zeigt: „Die Geschichte von Gottes Zuwendung zu Israel scheint zu ihrem Ende gekommen zu sein.“110 „Die römischen Legionen, die gegen Jerusalem marschierten, sind in Gottes Auftrag marschiert!“111 Im Kontext des Mt ist dazu insgesamt auch 23,37f112 und 24,1f113 – innerhalb 104Vgl. z.B. Jones, Mt, 403. „A literary topos identified by Rengstorf.“ 105Vgl. Wiefel, Mt, 378. 106Dabei wird die Argumentation von Rengstorf oft angeführt und eben so oft und im allgemeinen Konsens widersprochen. Vgl. nur Sand, Mt, 438. Er ist fast der Einzige, der ihm folgt. So ist seiner Meinung nach das Verbrennen der Stadt nicht auf die Zerstörung Jerusalems bezogen, sondern Übernahme atl Gerichtssprache, wofür folgende Verweisstellen anbietet: Lev 26,31; Jos 6,5.16.20; 2.Kg 23,27 und Jes 1,7.9. Vgl. dagegen als Beispiel der mehrheitlichen Meinung Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 138. Er gesteht die Aufnahme traditioneller Topoi durchaus zu, sieht aber darin keine hinreichende Begründung, warum damit der Bezug auf die Zerstörung Jerusalems wegfallen würde. Vgl. so auch Hasler, Königliche Hochzeit, 34. Es ist für ihn nicht einsichtig, warum der literarische Topos nicht auch zur Mitteilung eines historischen Ereignisses verwendet werden soll. Vgl. Vögtle, Seine Gäste, 54 und Schnackenburg, Mt, 210. Für ihn denkt Mt unverkennbar an Jerusalem und seine Zerstörung. Das Kriegsbild nimmt typische Züge auf, aber doch ist es hier auf einen bestimmten Fall angewendet. 107Luz, Mt, 242. Für ihn ist 22,7 nur verstehbar, wenn die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 dafür den Anstoss gegeben hat. Er kritisiert auch, dass es noch nicht einmal ein traditioneller Topos, sondern einzelne Belege sind. Diese entstammen der Profetenmordtradition. 108Wiefel, Mt, 376. Vgl. auch Jeremias, Gleichnisse, 66; Kähler, Jesu Gleichnisse, 132f oder Schottroff, Verheißung, 484. Die Frage, ob eine geschichtliche Erinnerung bzw. historisierende oder profetische Deutung der Zerstörung Jerusalems oder eine tatsächliche profetische Vorankündigung derselben vorliegt, ist entscheidend für die Bestimmung der Abfassungszeit. Vgl. Wiefel, Mt, 377 und Schlatter, Mt, 636. Er verneint, dass aus 22,7 ein Datum für die Niederschrift des Evangeliums abzuleiten ist. Aber sehr klar ist der Bezug an die konkrete geschichtliche Zerstörung der Stadt im Jahre 70 n. Chr. durch die Römer im Jüdischen Krieg festzustellen. Vgl. auch Gnilka, Mt, 239. „Es ist die Frage, ob V 7 nur einen Gerichtstopos bietet oder ob sich hier bereits die Erfahrung der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 durch Titus ausspricht. Die Beantwortung bietet auch eine Stütze für die Bestimmung der Abfassungszeit des Evangeliums.“ 109Vgl. Wiefel, Mt, 377 und Luz, Mt, 243. Er sieht dieses definitive Verwerfungsgericht nicht als vorweggenommenes Jüngstes Gericht, sondern innergeschichtlich. 110Luz, Mt, 242. 111Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 139f. Diese profetische Deutung der Geschichte nennt er kühn, aber doch plausibel – nichts geschieht in der Geschichte ohne Gottes Willen. Dabei verweist er als Bsp. auf den König von Assyrien als Gottes Werkzeug (Jes 10). 112„Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken versammelt unter ihre Flügel; und ihr habt nicht gewollt! Siehe, 'euer Haus soll euch wüst gelassen werden' (Jer 22,5; Ps 69,26). Denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht: Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ 113„Und Jesus ging aus dem Tempel fort und seine Jünger traten zu ihm und zeigten ihm die Gebäude des Tempels. Er aber sprach zu ihnen: Seht ihr nicht das alles? Wahrlich, ich sage euch: Es wird hier nicht ein Stein auf dem andern bleiben, der nicht zerbrochen werde.“ - 15 - der Endzeitrede 24f – zu bedenken.114 3.3 Die Gäste und heilsgeschichtliche Deutung – Mt 22,8-10 In 22,8 beginnt ein neuer Abschnitt mit der nun dritten Einladung zur Hochzeitsfeier; nun aber ergeht diese an andere neue Gäste. Verstärkt wird dieser Neuansatz mit τότε sowie dem imperfektischen ἦσαν in 22,8 und οὖν in 22,9. Der ursprüngliche Erzählfaden wird wieder aufgenommen.115 Der König gibt seinen Knechten116 in 8b das antithetische Zwischenfazit, dass das Hochzeitsmahl zwar bereit ist, aber die bisher Geladenen nicht würdig waren. Entscheidend ist, dass die Hochzeit nicht abgesagt wird und dass sie zu feiern gilt.117 Da die Zuerstgeladenen die Einladungen nicht angenommen, sondern die königlichen Boten misshandelt und getötet haben, werden sie von der eschatologischen Hochzeitsfeier ausgeschlossen. Diese werden nun hier als nicht würdig (22,8; ἄξιοι) befunden.118 So wird daraus resultierend ein neues Motiv eingeführt: Der König befiehlt jetzt – nicht mehr aus Zorn (22,7)119 – seinen Sklaven, bisher Ungerufene zur Hochzeitsfeier zu rufen.120 Diese Anweisung wird – anders als bisher – auch in seiner Ausführung (22,10a) beschrieben, um dann schließlich auf dessen Erfolg hinzuweisen. Die Hochzeitsfeier füllt sich mit zu Tische liegenden Gästen und kann nun beginnen.121 Damit wird eine Conclusio zum einleitenden Vers 22,2 geschlossen, in dem dies angekündigt wurde. In 22,3 und 22,4 wurde schließlich erfolglos für das Hochzeitsmahl eingeladen, 114Thema in 24f ist u.a. Mahnung zur Wachsamkeit. Vgl. Fiedler, Mt, 334. Er meint, dass Jerusalem primär als Ort der Hinrichtung Jesu gemeint sei, was die Zerstörung Jerusalems als göttliche Strafe zur Folge habe. Dafür sei aber die Oberschicht verantwortlich. Vgl. dazu 23,38. Als ähnliches Bsp. Nennt er 587/6, wo Gott sich feindlicher Armeen bedient. Eine andere Beurteilung der Ereignisse von (66-)70 biete dagegen 24,9-13.15-24. Dabei sei hier angefragt, ob diese Stellen nicht eschatologisch zu verstehen sind. Vgl. auch Vögtle, Seine Gäste, 56f. Er ergänzt 27,25, wo das ganze Volk von Jerusalem die Schuld an Jesu Tod übernimmt. U.a. daraus folgert er, dass bei der Deutung der Knechte auch an Jesus selbst zu denken ist. Dies führe – wie er selbst zugibt – auf der Bildebene zu Widersprüchlichkeiten. 115Vgl. Wiefel, Mt, 378. Er stellt die auf der Bildebene durchaus seltsame Tatsache fest, dass das fertige Festmahl schon vor dem Feldzug fertig war und erst jetzt seine Gäste finden soll. 116Vgl. Hasler, Königliche Hochzeit, 29. Er fragt skeptisch an, wie die bereits ermordeten Knechte hier wieder zur Verfügung stehen können. Vgl. dagegen Luz, Mt, 243. Er entkräftet diese zunächst auf der Textebene richtig erkannte Schwierigkeit mit der einfachen Aussage, dass es sich hier um andere Knechte als in 22,6 handelt, was nicht extra erwähnt werden muss. 117Vgl. Wiefel, Mt, 378 oder Sand, Mt, 438. 118Vgl. würdig auch bei 3,8; 10,10f und 11,37f. Vgl. Hasler, Königliche Hochzeit, 29 und Kähler, Jesu Gleichnisse, 132. Er verweist bei dem Motiv der Würdigkeit auf die Jüngerrede in Mt 10, in der der ekklesiologische Horizont der folgenden Einladung anklingt. Tatsächlich ist der Zusammenhang zu Mt 10,13 interessant, da erstens die Würdigkeit als Kriterium des Annehmens bzw. Ablehnens aufgenommen wird und zweitens das Motiv der kollektiven bzw. generalisierenden Bewertungen der Häuser als Ganzes (10,12f) parallel zu der kollektiven Strafaktion – Verbrennen der Stadt als Ganze – in 22,7 gesehen werden kann. 119Vgl. Söding, Festmahl, 78. Vgl. dagegen Reiser, Gerichtspredigt, 227. Er meint: „Aus Zorn über die unerhörte Brüskierung läßt er darauf von der Straße weg wahllos andere, nicht vorgesehene Gäste an seinen Tisch holen.“ 120Vgl. Sand, Mt, 438 und Luz, Mt, 240. Vgl. auch Gnilka, Mt, 240. Er merkt an, dass Juden aber von nun an nicht grundsätzlich ausgeschlossen sind. 121Die etwas sperrige Zuordnung von Subjekt und Verb – wie kann eine Feier bzw. ein Mahl voll werden? wurde schon bei der Textübersetzung angesprochen. Für die damalige Zeit ist ἀνακειμένων üblich. - 16 - obwohl es jeweils bereit war (22,4.8). Erst nun in 22,10 erfüllt sich das Ziel, in dem sich ὁ γάμος ἐπλήσθη und die Hochzeitsfeier beginnen kann.122 Im Folgenden soll neben der Bedeutung der τὰς διεξόδους τῶν ὁδῶν (22,9) v.a. erörtert werden, wie die beiden verschiedenen eingeladenen Gästegruppen verstanden werden können und inwieweit in dieser Parabel ein „Abriß der Heilsgeschichte“123 zu erkennen ist. Der königliche Gastgeber befiehlt, nun zu den διεξόδους hinauszugehen.124 Damit sind zunächst End- bzw. Ausgangspunkte, d.h. äußerste Punkte eines Territoriums und auch Durchgänge gemeint, an denen Straßen aufhören bzw. anfangen; konkreter die Ausgänge der Stadt als Grenzen oder dort, wo die Straßen der Stadt enden und in Landstraßen übergehen.125 Entscheidend ist m.E., dass diese nun Geladenen nicht zu den Stadtbewohnern gehören – zu beachten ist zudem, dass die gesamte Stadt ja auch verbrannt ist –, sondern es sich um Menschen aus den Bereich vor den Toren der Stadt, also um Fremde bzw. Unbekannte handelt.126 Zudem ist zunächst kein Kriterium bzw. keine Würdigkeit nötig, das Motiv der universalen und grenzüberschreitenden Wahllosigkeit dominiert.127 Mit diesen Fremden und Heimatlosen sind oft die Heiden identifiziert wurden,128 so dass nun dieser wichtigen Frage nach der Deutung der Erst- und Zweitgeladenen nachgegangen wird. Für diese Identifizierung der beiden kontrastierenden Gruppen sind drei Möglichkeiten zu diskutieren.129 Es wird z.B. bei den Erstgeladenen an die Frommen bzw. das religiöse 122U.a. wird daher angenommen, dass das eigentliche Gleichnis bei 22,10 endet. Vgl. z.B. Schnackenburg, Mt, 208. 123Jeremias, Gleichnisse, 66. 124Das imperativische Verbum πορεύεσθε knüpft dabei erneut an die Jüngerrede an (10,6) und präludiert zudem dem Missionsbefehl in 28,19, wobei dort auch das universale πάντας (22,10) zu finden ist. Vgl. Wiefel, Mt, 378; Kähler, Jesu Gleichnisse, 132 und Bindemann, Mahl, 22. 125Vgl. Wiefel, Mt, 378. Vgl. auch ausführlicher Luz, Mt, 243. Luz denkt weiter an die Grenzen des königlichen Gebietes, d.h. an die Straßen, die aus der Stadt und bis an die Grenzen der Stadt hinausgehen. Vgl. auch Diße, Mt, 3. Er übersetzt mit „Enden der Straßen“, mit welchen die Ortsausgänge, wo die Straßen in die offene Landschaft münden, gemeint sind. Vgl. Schottroff, Gleichnisse, 57. Ihrer Meinung nach handelt es sich um Stellen, an denen Wege bzw. Straßen durch eine beengte Passage nach draußen führen, d.h. also um Stadtausgänge verschiedener Straßen. Vgl. auch Gnilka, Mt, 240. Er denkt an „die Tore der Stadt, von denen aus die Straßen in das Land ihren Ausgang nehmen,“ und führt an, dass LXX das Wort 25 Mal gebraucht; für Ausgänge einer Quelle oder Endpunkte einer Grenzlinie. Vgl. z.B. Num 24,4.5.8.9 oder Jos 15,4.7.11;16,3.8. 126Vgl. Sand, Mt, 438. 127Vgl. dafür Luther deutsch, 393: „Die lagen draußen auf der Straße, hatten kein Gesetz noch Gottes Wort wie die Juden, waren also nicht durch Mauern geschützt, so daß der Teufel hindurch und wieder herdurch rennen konnte … er [der König] beruft alle ohne allen Unterschied.“ 128Vgl. z.B. Wiefel, Mt, 378 oder Schlatter, Mt, 637: „Der Gegensatz ist nicht der, statt der Reichen werden Arme berufen, sondern statt der Bürger werden die Fremden zu Gästen des Königs.“ 129Vgl. dafür und im Folgenden v.a. Diße, Mt, 5 und Luz, Mt, 237f. Vgl. auch Harnisch, Gleichniserzählungen, 246-252 und Gnilka, Mt, 243. Eine weitere Deutung nehmen Weder und Harnisch vor. Sie gehen nicht von zwei verschiedenen Gruppen, sondern von zwei Weisen der Reaktion bzw. zwei Seiten in einem Menschen aus: Bei der ersten wird die Notwendigkeit des Alltags wichtiger als die Freude des Festes, so dass der Mensch sich selbst verliert. Bei der anderen lässt er sich einladen und erlebt das Glück erfüllter Zeit. Vgl. auch ausführlich Vögtle, Seine Gäste, 71-75 und Söding, Festmahl, 72f. Er analysiert und kritisiert, dass das Gleichnis damit zur Analyse menschlicher Existenz im Horizont der Reich-Gottes-Erwartung wird. - 17 - Establishment (Pharisäer und Hohenpriester) gedacht.130 Danach würde die spätere Einladung die Zuwendung zum Volk, zu den Sündern und Zöllnern beinhalten. Dies würde durchaus gut zum eigenen Verhalten Jesu passen, der mit Sündern und Zöllnern gegessen hat.131 Schwierig ist jedoch, dass die Entschuldigungsgründe in 22,5 keinen religiösen Charakter haben, so dass an dieser Stelle nicht zwingend an z.B. Pharisäer gedacht werden muss.132 Eine zweite Variante unterscheidet die beiden Gruppen in Reiche und Arme. Die Entschuldigungsgründe – z.B. der eigene Acker – scheinen besser zu passen, doch diese sozialgeschichtliche Deutung ist bei Mt kaum wahrzunehmen, da die Zweitgeladenen nicht als Arme, sondern nur als Fremde bezeichnet werden.133 Dem zeitlichen Nacheinander der Einladungen steht außerdem entgegen, dass Jesus sich von vornherein den Armen zugewandt hat (z.B. Mt 5,3). Auch stört die von den Ersatzgästen eingenommene Lückenbüßerrolle.134 Bei der dritten und m.E. einleuchtendsten Deutungsvariante werden zunächst Juden135 und später Heiden eingeladen,136 worauf die eben erörterte Herkunft der Zweitgeladenen von draußen bzw. von außerhalb der Stadtgrenzen schon hindeutete. Dagegen spricht sicher, dass die Entschuldigungsgründe keinen genuin israelitischen Charakter haben und dass es dem Selbstverständnis Jesu fernzuliegen scheint.137 Doch Jesus spricht in dieser Parabel nicht von seiner eigenen Sendung, sondern von dem im Einleitungsvers eingebetteten Bild vom Hochzeitsmahl als Metapher für das kommende Gottesreich. Daran schließt auch die Parallele in 8,11f an, die in einem Drohwort Juden und Heiden provokant gegenüberstellt: „Viele werden von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tische sitzen; die aber, für die das Reich bestimmt war, werden 130Vgl. z.B. Jeremias, Gleichnisse, 179. Vgl. auch Mt 21,46, d.h. die Anlehnung an den unmittelbaren Kontext. So auch Fiedler, Mt, 334. Er meint, dass die Gruppen von 21,45 im Visier seien und darum als Gegenüber nur andere Landsleute in Betracht (von 21,31 eben Sünder) kommen. „Sie richten sich auf die Einladung von Jes 25,6-8 aus und kümmern sich dabei nicht darum, dass Gott eben dieses endzeitliche Mahl jetzt als Festmahl für seinen Sohn Jesus Christus ausrichtet. Mt hat dieses Ignorieren in 22,5 angesprochen, verquickt es jedoch mit dem Vorwurf der Todfeindschaft gegen Jesus und nachösterliche Christusboten (V.6).“ 131z.B. Mk 2,16. Vgl. auch Mk 2,17: Jesus ruft nicht die Gerechten, sondern die Sünder. Damit würde Jesus sein eigenes Verhalten mit Gottes analogem Handeln verteidigen. 132Auch das zeitliche Nacheinander der Einladungen bereitet Unstimmigkeiten. Vgl. Jülicher, Gleichnisreden, 418. Er wendet ein, „ob denn Gott Zöllner und Heiden erst nachdem der Pharisäismus sich das Heil verscherzt hatte [...] berufen hat.“ Vgl. auch Reiser, Gerichtspredigt, 228. 133Diese Deutung ist evt. in der lk Fassung der Parabel herauszuarbeiten. Zu bedenken ist dabei aber, dass das Heiraten (Lk 14,20) nicht extra spezifisch für Reiche ist. Vgl. Diße, Mt, 5. Er zitiert Schottroff, die diese Deutung v.a. hervorgehoben hat. „Nur die Armen sind beim Festmahl Gottes anwesend … sich nicht so zu verhalten wie die Erstgeladenen, also besitzorientiert.“ 134Vgl. Reiser, Gerichtspredigt, 228f. 135Vgl. Sand, Mt, 439. 136Vgl. Vögtle, Einladung, 194. Ihm ist es verwunderlich, dass dieser alte Vorschlag von Schlatter kaum Beachtung gefunden hat. Vgl. auch Vögtle. Seine Gäste, 58 und Harnisch, Gleichniserzählungen, 234f. 137Vgl. z.B. Mt 15,24: „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt.“ Vgl. Wiefel, Mt, 376. Er lehnt die Interpretation auf Juden und Heiden ab und lässt offen, ob konkrete Gruppen (Zöllner, Sünder) im Blick sind oder ob es universal zu verstehen ist. - 18 - hinausgeworfen in die äußerste Finsternis …“138 Wenn man dementsprechend Mt 22,1-14 als „Androhung einer für ihr Empfinden unerhörten Möglichkeit“139 versteht, dann würde diese Deutung auch zur jesuanischen Reich-Gottes-Botschaft passen, die die Gesamtheit der Hörer in Israel im Blick hat.140 Weiterhin kann als Grund für diese Möglichkeit angeführt werden, dass schon 21,43 ein anderes Volk im Blick hat, welches auf die hier explizierte Heidenmission vorbereitet.141 Die mit dem Verständnis der beiden Gruppen von Gästen verbundene Frage nach den Adressaten wird meistens in Richtung der Pharisäer und Frommen des Volkes gelöst. Dies ist richtig, muss aber für die Deutung der beiden Gruppen m.E. um die Öffnung zum Ganzen des Volkes Israel erweitert werden. Die geladenen Gäste sind die Hohenpriester und Pharisäer, weil sie die Adressaten der Parabel sind; aber nicht exklusiv, weil die Boten Jesu zu ganz Israel gesandt sind (10,5f.23).142 So ergibt sich eine Kombination aus der dritten und ersten Variante.143 Es ist eine Warnung an die Hörer und eine Drohung mit klarem Gerichtsaspekt für die Ablehnenden, dass die große Gelegenheit verpasst wird, dass das Fest ohne sie stattfindet.144 Das Problem des oben oft angesprochenen Nacheinander der Einladungen führt zur Bedeutung der heilsgeschichtlichen Perspektive. Schon angesprochen wurden folgende Motive: Der König als Gott, der Sohn als Messias, das Hochzeitsmahl als eschatologisches Heil, die zweimalige Sendung der Knechte als Profeten und Apostel. Daran schließt sich die negative Bilanz der Judenmission an, d.h. die Juden haben als zuerst geladene Gäste bzw. als auserwähltes Gottesvolk die Einladung nicht angenommen, haben die atl und ntl Boten umgebracht (Märtyrer) und wurden so von der eschatologischen Hochzeit ausgeschlossen.145 Die jüdische Hauptstadt Jerusalem wird daraufhin – als Gericht Gottes – 138Vgl. auch Reiser, Gerichtspredigt, 229-231. 139Vögtle, Einladung, 195. 140Vgl. Schlatter, Mt, 633; Diße, Mt, 5 und Vögtle, Einladung, 195. Er weist hier auf ähnliche Stellen hin, die Israel als Ganzes im Blick hat und als Drohworte Israel mit den Heiden konfrontiert. Er nennt Mt 11,20-24 und Mt 12,41f. Vgl. auch Jones, Mt, 405. Er zitiert in diesem Zusammenhang Vögtle. Vgl. Reiser, Gerichtspredigt, 229. Auch seiner Meinung nach wendet sich Jesus an das Volk als Ganzes. Dieser kollektive Gedanke, der die Pharisäer natürlich auch und im Besonderen im Blick hat, kommt in der Hochzeitsmahlparabel auch schon in der Strafaktion 22,7 vor, was die These an dieser Stelle unterstützt. 141Vgl. Luz, Mt, 243; Limbeck, Mt, 248f oder Schlatter, Mt, 636. „So wenig der Weinberg verödet, so wenig bleibt die Hochzeit ungefeiert.“ Vgl. auch Jeremias, Gleichnisse, 62.66. Er stimmt zu und meint, dass daher die Kirche damals das Gleichnis als Missionsbefehl gedeutet hat. 142Vgl. Luz, Mt, 241. 143Sie hebt sich von der ersten Möglichkeit in der Weise ab, dass keine konkrete Gegenüberstellung zwischen Frommen und Sündern inkludiert ist, und von der dritten, dass aufgrund der Adressierung an Pharisäer und Hohenpriester (21,45f; 22,15) diese Gruppe der religiösen Oberschicht neben dem ganzen Volk besonders im Blick ist. 144Vgl. Luz, Mt, 238f. 145Vgl. Reiser, Gerichtspredigt, 230f. „Das Unerhörte, ja Irreale einer solchen allgemeinen Abfuhr kann nicht genug betont werden. „Denn so unwahrscheinlich, ja ausgeschlossen es ist“, dass die Geladenen alle absagen, „so unwahrscheinlich, ja ausgeschlossen schien es Jesus, daß Israel, das ausersehene Volk, jetzt, da 'alles bereit' war, die Einladung ausschlagen und das angebotene Heil abweisen könnte. Die Parabel ist offenbar zu einem Zeitpunkt entstanden und gesprochen, als dieses Unwahrscheinliche Wirklichkeit zu werden drohte. Mit ihr stellte Jesus dem Volk anschaulich vor Augen, was auf dem Spiel stand und welche Folge ein Nein auf seine Einladung nach sich ziehen mußte.“ - 19 - 70 n.Chr. von den Römern in Schutt und Asche gelegt (Mt 23,37-24,2). Mit dem Kommen Jesu, der erweckten Jüngerschaft und der geistgewirkten apostolischen Kirche öffnete sich der Heilswillen Gottes zu den Heiden bzw. zu allen Menschen – zu denken ist v.a. auch an die paulinischen Gemeindegründungen, Briefe und Missionsreisen. Durch die allegorisierende Ausdeutung ist die Parabel ähnlich wie das Winzergleichnis zu einer breit angelegten heilsgeschichtlichen Schau entworfen146 bzw. bietet ein „großes allegorisches Panorama der Heilsgeschichte aus der Sicht der mt Gemeinde.“147 Das Jüngste Gericht wird v.a. gedeutet aus 22,11-13 (s.u. 3.4), wo auch die Kirche – bis dahin als corpus permixtum (πονηρούς τε καὶ ἀγαθούς)148 – letztlich geschieden und gerichtet wird.149 Dieser überraschende Terminus in 22,10, der nun noch thematisiert werden soll, steht im Kontext der Erfüllung des königlichen Auftrags, alle zur Hochzeitsfeier einzuladen. Da diese Redewendung ungewöhnlich ist, zugleich unklar bleibt und damit eine Fortsetzung150 verlangt, wird häufig vertreten, dass sie als späterer Einschub die Textteile 2-10 und 11-13 verbinden und die Schlussepisode vorbereiten soll.151 3.4 Das hochzeitliche Gewand – Mt 22,11-13 Diese überraschende und entscheidende Fortsetzung ist neu, sehr charakteristisch für Mt und so liegt auf dieser Episode das Gewicht, welcher dem ganzen Gleichnis sein spezielles Profil verleiht. Anders als Lk 14,23 kommt die Parabel mit der Ladung beliebiger Gäste 146Vgl. Schnackenburg, Mt, 208. 147Kähler, Jesu Gleichnisse, 131. Vgl. auch Diße, Mt, 5: Nach ihm habe Mt die Parabel zu einem „Abriß der Heilsgeschichte vom Auftreten der Propheten des Alten Bundes über die Zerstörung Jerusalems bis zum Jüngsten Gericht“ ausgestaltet. (Er zitiert dabei Jeremias, Gleichnisse, 66.) Diße ergänzt dabei, dass Allegorien-Reihen in sich nicht völlig konsistent zu sein brauchen; darum können z.B. die Knechte des Königs auch unterschiedlich interpretiert werden. 148Vgl. Schlatter, Mt, 637. Er legt den Zweck der Reihenfolge dar und meint, dass τε den stärkeren Ton auf das erste Glied legt. Dadurch wird die Berufung der Bösen hervorgehoben; auch Jesus gebrauchte τε oft, wenn beide Glieder nicht einander gleichstehen. Zudem weist er auf Spr 15,3 hin, wo diese Formel ebenso vorkommt. Vgl. auch Kähler, Jesu Gleichnisse, 132. Er ergänzt, dass πονηρούς vorangestellt sind, weil sie die fehlende Auswahl bei der Einladung markieren. 149Vgl. Schnackenburg, Mt, 210. Für die Scheidung, die erst am Ende erfolgt, zieht er ein ähnliches Gleichnis heran: 13,24-30.36-43. Vgl. auch Wiefel, Mt, 378. Auch er zieht diese Parallele zu mt Sondergutgleichnissen, die auch als Himmelreichgleichnisse gelten. Er ergänzt zu Vom Unkraut unter dem Weizen auch noch Vom Fischnetz (13,47-52), welches zudem mit πάντας in 13,47 mit 22,10 (πάντος) zu vergleichen ist. Vgl. Schlatter, Mt, 637. Er bestärkt, dass mit dieser universalen Wahllosigkeit – Böse und Gute, d.h. ohne Rücksicht auf das frühere Verhalten – „das mit dem Fischergleichnis Gesagte wiederholt“ wird. Vgl. auch Jones, Mt, 405. 150Vgl. auch Luz, Mt, 243. Er resümiert, dass alle eingeladen werden, die gefunden werden; nicht Arme oder Bettler wie bei Lk, aber Böse und Gute. Diese Spannung bleibt für Luz offen und erfordert eine Fortsetzung. 151Vgl. Fiedler, Mt, 333; Wiefel, Mt, 378; Luz, Mt, 245; Sand, Mt, 438 oder Schnackenburg, Mt, 208. Für ihn leitet dieser Zusatz zum zweiten Teil über, „der offensichtlich auf die sich bildende neue Gemeinde, die Kirche, gemünzt ist.“ Die vorfindliche Kirche besteht aus verschiedenartigen Christen. Vgl. auch Limbeck, Mt, 247. Er schließt ebenfalls aus dieser Formel, dass Mt seine Gemeinde, die gesellschaftliche Wirklichkeit, schildert. Wie andere sieht auch er hierin den dogmatisch-ekklesiologischen Begriff corpus permixtum begründet. Vgl. auch 13,24-30.36-43, was oft angeführt wird. Aber unsicher ist in Mt 13, ob dabei an die Gemeinde als corpus permixtum oder ob doch an die ganze Welt gedacht wird, die im Gericht – wie die Gemeinde auch – geschieden wird. - 20 - noch nicht an sein letztes Ziel.152 Der König mit richterlichen Zügen betritt die Hochzeitsfeier und hält eine Musterung, bei der hier nun die eschatologische Ausscheidung der bösen Glieder der Kirche veranschaulicht wird;153 an einem exemplarisch dargestellten Mann154, der als unwürdiger Gast kein hochzeitliches Gewand trägt, vom Gastgeber darauf angesprochen keine Antwort zu geben weiß und daraufhin rausgeworfen wird (22,11-13). „Die Visitation wird zur Allegorie auf das endzeitliche Gericht.“155 Auf der Erzähl- bzw. Bildebene wirkt diese Begebenheit absurd, willkürlich, eklatant ungerecht und irritierend, da man den Gästen, die man direkt und spontan von den Straßen eingeladen hat, nicht den Vorwurf machen kann, dass sie nicht mit einem hochzeitlichen Festgewand bekleidet sind; widerspricht es nicht auch der eben befohlenen und ausgeführten (22,9f) universalen, bedingungslosen und gnädigen Einladung?156 Auf die direkte und kompromisslose Anrede des Königs – Ἑταῖρε, was bei Mt an allen Stellen neutral gebraucht wird157 – bzw. Nachfrage, wie er denn ohne Hochzeitsgewand hineingekommen sei, schweigt der ἄνθρωπος. Er verstummt aufgrund überraschter Hilflosigkeit oder, weil es einfach keine Entschuldigung dafür gibt.158 Bevor nun das Gerichtsmotiv in 22,13 und die ekklesiologisch-paränetische Bedeutung des Gleichnisses diskutiert werden, soll v.a. nun die Deutung des Hochzeitskleides – auch im Rahmen seiner Wirkungsgeschichte – im Vordergrund der Erörterung stehen. Das Fehlen dieses stellt ja schließlich den Grund des negativen Ausganges der Episode dar. Es handelt sich dabei nicht um ein besonders festliches bzw. schönes, sondern v.a. um ein sauberes bzw. reines Gewand.159 Oft wurde daran gedacht, dass jeder Gast solch ein Festkleid beim Eintritt angeboten bzw. geschenkt bekommen habe.160 Dieser eine Gast ohne Gewand hätte dieses aber abgelehnt. Im 18. Jahrhundert – als bekannt wurde, dass im Orient den Gästen bei Feiern Kleider geschenkt wurde – tauchte diese eigentümliche und einflussreiche Deutung auf, welche ja einleuchtet und gut zum reformatorischen Grundaxiom vom 152Vgl. Luz, Mt, 244 und Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 141. Vgl. auch Wiefel, Mt, 376. Er erwähnt das Achtergewicht, welches ebenfalls dieser Schlussepisode ein besonderes Gewicht zuspricht. Vgl. dazu Harnisch, Gleichniserzählungen, 40. 153Vgl. Hasler, Königliche Hochzeit, 29 und Schnackenburg, Mt, 439. Der König, der bisher nur befohlen hat, wird nun erstmals selbst aktiv. 154Vgl. Luz, Mt, 245. Da es zur Freiheit erzählerischer Fiktion gehört, beruhigt es nicht, dass es nur einem Gast passiert. 155Gnilka, Mt, 240. 156Diese Merkwürdigkeit ist von fast allen Exegeten hervorgehoben worden. Vgl. z.B. Schnackenburg, Mt, 210; Wiefel, Mt, 378; Luz, Mt, 232.244; Diße, Mt, 3 oder Limbeck, Mt, 247. 157Vgl. 20,13 die Anrede des Hausvaters im Weinberggleichnis bzw. 26,50 die Anrede Jesu im Garten Gethsemane, mit der er den Verräter Judas begrüßt. Vgl. Sand, Mt, 439 und Wiefel, Mt, 378. 158Vgl. Sand, Mt, 439; Luz, Mt, 244; Fiedler, Mt, 334 oder Wiefel, Mt, 378. Er stellt dar, dass das Verstummen an die Sprachlosigkeit des Schuldigen in der Gerichtssituation erinnere. Ob der Mann durch eine mögliche Antwort etwas hätte ändern können – dann wäre das Verstummen Teil der Ursache des Gerichtsurteils –, muss offen bleiben. 159Vgl. Schnackenburg, Mt, 208 oder Luz, Mt, 244. Er führt für das Genügen eines normalen sauberen Gewandes folgende Verweise an: Billerbeck I, 878.882 und Jeremias, Gleichnisse, 186. 160Vgl. Wiefel, Mt, 378. Er nennt als Belegstellen Gen 45,25; Ri 14,12 und 2.Kg 5,22. - 21 - geschenkten Glauben bzw. der paulinisch geprägten iustitia aliena zu passen scheint. Allerdings ist festzuhalten, dass diese Sitte im alten Judentum nicht belegt oder nachgewiesen wurde und dass der Text diese Möglichkeit auch nicht bietet.161 Eine andere Interpretationsmöglichkeit, die oft in Erwägung gezogen wird und tatsächlich eine interessante und gute Deutung ermöglicht, bietet der Blick auf die rabbinische Tradition, in welcher ähnliche Gleichnisse zu finden sind.162 Dabei handelt es sich zum einen um Midr Qoh 9,8 (42a)163, in welchem die weißen Kleider und Öl von Pred 9,8 – „Lass deine Kleider immer weiß sein und lass deinem Haupt nicht an Öl mangeln.“ – gedeutet werden: „Gleich einem König,“164 der zu einem unbestimmten Zeitpunkt zu einem Gastmahl einlud – Einige kluge Gäste putzen sich und waschen ihre Kleider, da sie wissen, dass das Mahl jederzeit beginnen kann. Andere törichte Gäste gehen zunächst ihren Geschäften nach. Als plötzlich das Mahl beginnt, sind die Klugen vorbereitet, die Törichten nicht und können daher auch nicht am Mahl teilnehmen. Zum anderen wird Schab 153a (Rabbi Elieser)165 angeführt: Auf die Aussage „Tue Buße einen Tag vor dem Tod!“ wird der Rabbi gefragt, woher dieser Zeitpunkt denn gewusst werden kann. Die Antwort ist, dass aufgrund des Nichtwissens heute und jeden Tag, d.h. lebenslang, Buße getan werden soll. Zum Abschluss wird wieder Pred 9,8 zitiert.166 Zusammenfassend ist hier die Mahnung zur ständigen Wachsamkeit und zum täglichen Bereitsein167, d.h. Buße und Umkehr, verdeutlicht.168 161Vgl. Limbeck, Mt, 247; Schnackenburg, Mt, 210 oder Luz, Mt, 248. Er führt die geschichtliche Genese dieser Deutung auf und nennt Francke als kirchengeschichtliches Beispiel. Aber auch in der aktuellen Auslegung findet er diese exegetisch nicht haltbare Deutung noch wieder; z.B. bei Lohmeyer, Barth oder Haacker. Vgl. dazu auch Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 141. Er führt Bengel an: „Haec vestis est iustitia Christi.“ (Dies ist die Gerechtigkeit Christi.) und zitiert dagegen Schlatter. Vgl. Schlatter, Mt, 639f: „Wird die Erzählung des Mat dadurch erweitert, daß der König allen auch ein Festgewand angeboten habe, so schafft man ein neues Gleichnis, das aber in einer anderen Ethik wurzelt als der des Mat.“ Dem ist mit Eichholz zuzustimmen. Statt einer falschen Harmonisierung von Paulus und Matthäus sind die Differenzierungen wichtig und herauszustellen. 162Vgl. Schnackenburg, Mt, 208; Sand, Mt, 439; Luz, Mt, 245; Limbeck, Mt, 247f; Hasler, Königliche Hochzeit, 28 oder Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 141f. Er meint: Das „Matthäus-Gleichnis wird hier in einer Analogie zum rabbinischen Mahlgleichnis zu interpretieren sein.“ 163Vgl. Billerbeck I, 878f. Dieses jüdische Gleichnis wird dem Rabbi Jochanan (um 80 n.Chr. gestorben) zugeschrieben. 164Billerbeck I, 878. Die Ähnlichkeit zu Mt 22,2 ist schon am Anfang nicht zu übersehen. 165Vgl. Billerbeck I, 878f. 166Vgl. Limbeck, Mt, 248. Das Gleichnis bezieht sich also auf die Buße vor dem ungewissen Zeitpunkt des Todes. Für ihn war Mt 22,1ff in der damaligen Zeit also verständlich: „Durchsichtig auf jene letzte, alles entscheidende Begegnung des Menschen mit dem richtenden Gott.“ Vgl. auch die Parallel Ps 90,12: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ 167Vgl. Münch, Gleichnisse, 214. Er stellt dar, dass dieses Stichwort außerdem im Gleichnis von den zehn Jungfrauen (25,10) auftaucht und zudem ein eschatologisches Geschehen thematisiert (25,34.41). Zu sagen ist an dieser Stelle sicherlich auch, dass in der Erzählung v.a. das Mahl bereit ist; nicht nur die Gäste, die sich vorbereiten bzw. bereit halten sollen. 168Vgl. Hasler, Königliche Hochzeit, 28. Er zieht neben Midr Spr 16,11 auch noch Seph 1,7-9 (LXX) heran, wo in 8 das ἐνδεδυμένον ἔνδυμα von 22,11 vorweggenommen ist. Dabei finden sich weitere ähnliche Elemente: Tag des Herrn als Gerichtstag, König, Opfervieh, Berufene, Verdammung der Führenden und aller, die fremde Kleider tragen. Vgl. dagegen Diße, Mt, 4. Er wendet sich gegen die Parallelität dieser rabbinischen Texte, denn diese (Schab 153a oder Midr Qoh 9,8) unterscheiden sich für ihn deutlich in der Zielrichtung im Vergleich zu Mt 22,1-14. Das Bereitsein für das Kommen des Königs passe bei - 22 - „Umkehr im Sinne Jesu … ist Hochzeitskleid … ist Freude.“169 Auch andere biblische Motive werden in der Episode 11-13 aufgenommen bzw. können für die Deutung des Hochzeitskleides hilfreich sein, welches aufgrund seiner Metaphorik dazu anregt. Apokalyptische Texte sprechen von reinen Gewändern als Zeichen der Schuldlosigkeit und Schuldvergebung (Sach 3,3-5; Offb 3,4f.18) bzw. als Symbol gerechter Taten der Heiligen (Offb 19,8f. s.u.)170 Apokalyptische Texte sprechen zudem auch vom unvergänglichen Gewand des Lebens bzw. der Herrlichkeit (äth Hen 62,14-16).171 V.a. aber Jes 61,10 ist als deutliche und geprägte Traditionsparallele heranzuziehen: „Ich freue mich im Herrn, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott; denn er hat mir die Kleider des Heils angezogen und mich mit dem Mantel der Gerechtigkeit gekleidet, wie ein Bräutigam mit priesterlichem Kopfschmuck geziert und wie eine Braut, die in ihrem Geschmeide prangt.“ Dabei klingt also neben dem Motiv der Hochzeit besonders die „Teilhabe am endzeitlichen Heil als dem Menschen zugemessenes Gewand“172 an. Sinnvoll ist es zusätzlich, den Sinn aus den beiden mt Parallelgleichnissen zu konstruieren. Dabei würde das Gewand dem Gehorsam gegenüber dem Willen des Vaters (21,31) und den Früchten bzw. guten Werken (21,41.43) entsprechen.173 Im gesamten mt Kontext gesehen gilt auch, was Allen meint: „The wedding garment obviously symbolises a condition of readiness and equipment with the necessary qualification. What this is need not be further defined than by saying that it is the righteousness obtained by obdience to Christ's teaching, 5,20; or by doing the will of God, 7,21; or the moral qualifications which Christ recommends, 18,3; or confession of Him before men, 10,32.“174 Das Kleid muss also etwas bezeichnen, „für das der Mensch die Verantwortung trägt … das Tun der 13. Vgl. ähnlich, Fiedler, Mt, 333 und Linnemann, Gleichnisse Jesu, 170. Sie sieht „erhebliche Unterschiede“ zu den rabbinischen Texten. Vgl. Allen, Mt, 236. Er sieht richtigerweise die Verbindung zu The parable of the Tares (13,24-30.36-43) und v.a. auch zu „that of the Virgins, 25,1-13.“ Dennoch können – trotz des teilweise berechtigen Einwandes von Diße – m.E. die rabbinischen Parallelen zum Verständnis etwas Erhellendes beitragen. 169Jeremias, Gleichnisse, 189. Er zitiert dabei Schniewind – Die Freude der Buße – und ergänzt: „Aber echt ist die Heimkehr nur, wenn sie das Leben erneuert.“ Vgl. auch Linnemann, Gleichnisse Jesu, 102. Sie zitiert ebenso Schniewind: „Wenn du zu Gottes Mahl geladen wirst, sieh wohl zu, daß du bereitet bist.“ 170Vgl. Luz, Mt, 245. Er ergänzt, dass „bekleiden“ häufig mit Tugenden bzw. Lastern in Verbindung gebracht wird. Vgl. auch Gal 3,27 oder Kol 3,12ff. 171Vgl. Luz, Mt, 245 und Sand, Mt, 440. Vgl. 2.Kor 5,3; 5.Esr 2,44 und sl Hen 22,8 für Verbindung mit himmlischer Mahlzeit; äth Hen 71,1 für weiße Kleider der Engel und äth Hen 62,16 als paränetische Spitze dafür, dass das Kleid nicht alt bzw. unansehnlich werden und nicht gegen ein irdisches eingetauscht werden darf. Vgl. sl Hen 9. 172Vgl. Wiefel, Mt, 378. Vgl. auch Sand, Mt, 440. Er meint, dass Gottes Heil wie ein Kleid für die eschatologische Hochzeit rüstet. Vgl. dagegen Hasler, Königliche Hochzeit, 29. Seiner Meinung nach ist bei Mt 22 nicht an dieses jesajanische Heilsgewand – so z.B. auch Jeremias – zu denken. 173Vgl. Luz, Mt, 245.248f. Für ihn ist bei Mt klar an Werke zu denken. „Von Mt her gesehen ist beim Hochzeitskleid klar an die Werke und nicht an den Glauben zu denken.“ Vgl. auch Kähler, Jesu Gleichnisse, 133. Für ihn stellt das Gewand das der Basileia gemäße Tun dar. 174Vgl. Allen, Mt, 236. Vgl. auch ähnlich Gnilka, Mt, 241 und Hasler, Königliche Hochzeit, 30. Er summiert die bessere Gerechtigkeit (5,20) und das Tun der Gottesforderung (z.B. 7,16ff; 25,40). Vgl. Jülicher, Gleichnisreden, 428. Er verweist ebenso auf die Werke der Gerechtigkeit, die Mt 25,35ff. auflistet. - 23 - Gerechtigkeit (vgl. 3,15).“175 Eine große Spannweite ergibt sich auch bei einem Blick auf die Wirkungsgeschichte der Deutung des ἔνδυμα γάμου. Die Väter der Alten Kirche deuteten das Kleid allegorisch auf die Heiligkeit des Fleisches (Tertullian), die guten Werke (Irenäus, Origenes, Chrysostomus, Hieronymus), die Liebe (Augustinus), aber auch die Taufe (Ps Clem Hom 8,22), den Heiligen Geist (Hilarius) oder Christus, der bei der Taufe angezogen wird (Thomas von Aquin mit Bezug auf Röm 13,14, Gal 3,27; auch Augustinus).176 In der Reformation wird im Kleid v.a. der Glaube gesehen; bei Zwingli z.B. die fides interna, d.h. der aktive Glaube, der durch die Liebe und gute Werke tätig ist; so auch Luther.177 Luther kann aber auch die thomistische Deutung auf Christus annehmen: „Der Glaube an Christus ziehet Christus an; das hochzeytt kleydt ist Christus.“178 So ist es m.E. einleuchtend, die verschiedenen Akzente der Deutung des Hochzeitskleides nicht gegeneinander auszuspielen, sondern komplementär miteinander zu sehen: Das Bereitsein, das Heil bzw. die Gerechtigkeit, die guten Werke; aber auch die Deutungen der Kirchenväter und Reformatoren sind durchaus bedenkenswert.179 In 22,13 tauchen schließlich – innerhalb der eschatologisch zu deutenden Gerichtsszene – die διακόνοις als königliche Helfer auf. Dieser Wechsel – Diener statt Knechte (22,2-10), der für einige Exegeten die Eigenständigkeit der Episode 11-13 untermauert (s.o. 2.2), lässt aber wahrscheinlich auf eine andere Personengruppe schließen. Die Diener nehmen als Tischdiener eine ungewöhnliche Funktion wahr: Als Schergen des Königs werfen sie den Verurteilten in die äußerste Finsternis;180 sie werden auch als „angels“181, d.h. näher als Gerichtsengel, angesehen.182 Der Vollzug derselben ist sehr drastisch dargestellt: Fesselung von Händen und Füßen (mehr als 25,30), Hinauswerfen in die äußerste Finsternis und das 175Gnilka, Mt, 241. 176Vgl. Diße, Mt, 7; Luz, Mt, 248 oder Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 142. 177Vgl. Diße, Mt, 7. 178Zitat Luthers (WA 10 III, 413) bei Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 142. 179Vgl. ähnlich auch Luz, Mt, 250f. Er versteht die protestantische Umakzentuierung des Hochzeitskleides auf den Glauben - von Paulus her – als Erweiterung des mt Textes, welcher das Sinnpotential der Voraussetzungslosigkeit des Rufs zum Mahl erschließt. „Vielleicht kann man den mt Textsinn und die protestantische Auslegungstradition als komplementäre Akzentuierungen des Evangeliums verstehen, die im ganzen beide durch die Jesustradition gedeckt sind.“ Dadurch kann auch auf der einen Seite die Gefahr des notwendigen Leistungsnachweises im Gericht und auf der anderen Seite die der Abwertung der Werke zu etwas, was die menschliche Identität nicht mehr betrifft, abgewendet werden. 180Vgl. Luz, Mt, 232. Er führt auch die Deutungen von Hasler und Bindemann an, die – auf die Gemeindesituation gerichtet – an Diakone denken. Vgl. Bindemann, Mahl, 23-25. Für ihn, der die Parabel durchgängig ekklesiologisch deutet, schimmert in 11-14 eine frühchristliche Gemeindeordnung durch. So interpretiert er das Gewand auch nicht allegorisch, sondern wortwörtlich als einen Terminus einer konkreten Situation in der Gemeinde. Er verortet es daher in streng judenchristliche Kreise, für die das Zeremonialgesetz noch Gültigkeit besaß. 181Albright, Mt, 269. 182Vgl. Jülicher, Gleichnisreden, 425. Er verweist auch auf Joh 2,5.9 und Est 1,10; 2,2; 6,1.3.5. Vgl. auch Luz, Mt, 244. Er nennt erneut das Unkraut- bzw. Weizengleichnis als Parallele (13,41f.49). Er merkt an, dass dem Leser spätestens hier klar wird, dass die Parabel von der Sache her, die sie erzählen will, konstruiert ist und in Wirklichkeit vom Jüngsten Gericht und der Hölle spricht. - 24 - dortige Heulen und Zähneknirschen.183 Dabei werden geprägte refrainartige Motive verwendet: Der Ort des Verderbens ist durch Heulen bzw. Zähneklappern gekennzeichnet (8,13; 13,42 und 24,51)184 und die äußerste Finsternis ist ein verwendetes Bild für die Strafe und den Ausschluss vom Gottesreich.185 Die Verbindung von Mahl- und Gerichtsmetaphorik entstammt atl bzw. jüdischer Eschatologie.186 Resümierend möchte Mt in 11-13 vor einer falschen Sicherheit der Glieder der Gemeinde warnen;187 zudem vor der Missachtung der ethischen Verpflichtungen.188 Das Gericht über Israel darf für die Gemeinde keine Selbstsicherheit bedeuten, sondern soll sie warnen.189 Nachdem in 22,8 die Unwürdigkeit der Erstgeladenen festgestellt und neue Gäste zunächst unabhängig ihrer Würdigkeit eingeladen wurden, wird nun in 11-13 – stärker paränetisch akzentuiert – die Vorstellung einer persönlichen Würdigkeit in aller Schärfe herausgestellt.190 Es geht daher also um eine Entsprechung zur Einladung,191 die „kein Garantieschein“192 ist. „La grace a un prix.“193 So könnte – innerhalb der reformatorischen Rechtfertigungslehre – von einer forensischen Rechtfertigung gesprochen werden: Durch die angenommene 183Vgl. Diße, Mt, 2. Die Kombination der letzten beiden Elemente wird auch in Mt 8,12 und 25,30 erwähnt. 184Vgl. Wiefel, Mt, 378 und Sand, Mt, 439. Vgl. auch Luz, Mt, 231. Er erkennt, dass unsicher ist, ob dieser Versteil (13c) dem König in den Mund zu legen ist oder ob er bereits einen Kommentar darstellt. 185Vgl. 8,12; 13,42.50; 24,51 und 25,30. Vgl. auch Schnackenburg, Mt, 210. 186Vgl. Vögtle, Seine Gäste, 61. 187Vgl. Limbeck, Mt, 248 und Schnackenburg, Mt, 210. Er sagt, dass Mt mit der Hinausweisung seiner Gemeinde einen warnenden Spiegel vor Augen halten will. Vgl. Wiefel, Mt, 376. Er bekräftigt, dass die Geschichte Israels zum warnenden Beispiel innerkirchlicher Paränese wird. „Dem zeitlichen Strafgericht über die Stadt der Erstgeladenen tritt die ewige Strafe für die unwürdigen Nachberufenen an die Seite.“ Vgl. Kähler, Jesu Gleichnisse, 134. Er akzentuiert das Gericht über Israel als ein Exempel für mögliches Gericht über Christen. Vgl. auch Luz, Mt, 249. „Zur Gemeinde gerufen zu sein bedeutet noch längst nicht, gerettet zu sein. Auch die Gemeinde wird die Basileia nur empfangen, soweit sie ihre Früchte bringt (21,43).“ muss auch Jüngstes Gericht bestehen. „Das Ende der besonderen Heilsgeschichte Israels bedeutet keineswegs, daß nun die Gemeinde das Heil nicht mehr verlieren kann. Auch ihr steht das Schicksal Israels als eigene Möglichkeit bevor.“ Vgl. auch 23 und 24,42-25,30; ähnliches Nebeneinander von Gerichtsansage an Israel und Warnung an die Gemeinde. Vgl. dagegen Bindemann, Mahl, 21f. Er spricht sich gegen eine zu stark paränetische Tendenz der Erzählung aus. 188Vgl. Diße, Mt, 7. Er meint, mit 11-14 solle dem Missverständnis gewehrt werden, dass es – nach der wahllosen Einladung – auf das Verhalten der Menschen überhaupt nicht mehr ankomme. Vgl. auch Jeremias, Gleichnisse, 62. Er sagt ähnlich, dass 11-13 „das Prinzip der Würdigkeit nachträgt und die Umkehr als die Voraussetzung für das Bestehen im Gericht einschärft.“ 189Vgl. Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 144. 190Vgl. Wiefel, Mt, 376. „Die Bedingungslosigkeit der Einladung hebt für Matthäus die Frage nach subjektiver Eignung und Würdigung nicht auf.“ 191Vgl. Sand, Mt, 440 und Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 142. Er betont, dass im Leben des geladenen Gastes, des Christen, nun nicht alles beim alten bleiben könne. 192Luz, Mt, 249. Er äußert, dass man das Heil nicht besitze; es sei verlierbar und durch Werke zu bewähren. „Es genügt nicht, berufen – d.h. getauft – zu sein; es genügt nicht, die Einladung zum Hochzeitsmahl angenommen zu haben ... Es kommt vielmehr darauf an, wie wir am Ende vor Gott 'aussehen'.“ 193Marguerat bei Kähler, Jesu Gleichnisse, 134. Er argumentiert, dass dabei die drohende Paränese (der Gemeindeleitung, die das Schlimmste befürchtet) den Ton trägt (7,21ff; 24,10ff). Die mt Gemeinde wird aufgefordert, die Aufgabe wahrzunehmen, die sich aus der unbeschränkten Gabe bzw. Einladung ergibt (Vgl. 28,20). Zu ergänzen ist hier auch die unterscheidenden Termini der billigen und teuren Gnade von Bonhoeffer. Vgl. auch Schlatter, Mt, 638. Er artikuliert, dass die empfangene Gnade nicht missachtet werden darf, sondern dass auf die Berufung die Bewährung folgt. So resümiert er: „Der Schluss der Erzählung wächst in strenger Folgerichtigkeit aus dem Vorangehenden heraus.“ - 25 - universale Einladung bzw. das Hineintreten, d.h. der Taufe, oder durch das Anziehen des Mantels des Heils bzw. das Anziehen Christi –, welche aber die effektive Rechtfertigung keineswegs ausschließt, sondern komplementär mit einschließt. D.h., dass der gnädigen Einladung die guten Werke, die Früchte des Glaubens (21,43), der Gehorsam des Vaterwillens (21,28-32) bzw. das Tun des Gerechten folgen muss. Beide Seiten sind verbunden im Glauben, welcher Gabe und Aufgabe ist, und im Bereitsein, welches aktiv und passiv sowie vorbereitet und empfangend wartet auf die königliche Hochzeitsfeier. 3.5 Die Warnung – Mt, 22,14 Das abschließende Logion als abschließendes Deutewort, welches im NT nur bei Mt und nur hier vorkommt, ist parallel aufgebaut und schließt die Parabel scheinbar unpassend ab.194 Dabei stehen Viele und Wenig sowie Gerufene und Erwählte antithetisch bzw. kontrastierend gegenüber,195 was dieses sprichwortartige Schlusswort als zusammenfassende Sentenz mit absolutem Charakter bzw. als allgemeinen Satz verstärkt.196 Es stammt evt. aus dem Umkreis der apokalyptischen Tradition; 4Esr 8,3: „Viele sind geschaffen, wenige aber gerettet.“197 Diese Abschlusssentenz ist besonders als Warnung – v.a. für die christliche Gemeinde – zu deuten.198 Dabei wird der Gedanke der endzeitlichen Scheidung zugespitzt und die paränetische Absicht verdeutlicht.199 194Vgl. Limbeck, Mt, 249 und Wiefel, Mt, 378. Er meint, dass 22,14 nicht zum Vorhergehenden passe, da vorher die Nichterwählten als Ausnahme galten, was in 22,14 nun „andersrum“ sei. Vgl. auch Schnackenburg, Mt, 210. Auch für ihn erscheint es unlogisch in Bezug zu 11-13, da der Saal doch eigentlich voll sei und nun von nur Wenigen gesprochen wird. Vgl. auch Hasler, Königliche Hochzeit, 29. „Obwohl nur ein Einziger am Festmahl nicht teilnehmen darf, spricht V. 14 dennoch nur von wenigen Erwählten.“ Hasler deutet diese quantitativen Angaben heilsgeschichtlich als die Vielen des alten und die Wenigen des neuen Bundes. Zu beachten ist dagegen, dass der eine Gast ein Beispiel für viele andere war. 195Vgl. auch ὃς μὲν – ὃς δὲ. Vgl. Gnilka, Mt, 241 und Limbeck, Mt, 249. Formel „Gerufene und Erwählte“ findet sich auch in Offb 17,14, wobei Mt den zweiten Ausdruck von Mk übernimmt (13,20.22.27). 196Vgl. Münch, Gleichnisse, 259; Sand, Mt, 439. Vgl. auch Luz, Mt, 231. Seiner Meinung nach kann 22,14 am ehesten als „Kommentar des Erzählers Jesus“ verstanden werden. 197Vgl. Wiefel, Mt, 378; Luz, Mt, 246 und Fiedler, Mt, 334. Er ergänzt aber, dass 22,14 nichts mit dem Pessimismus von 4Esr 8,1-3 zu tun hat. 198Vgl. 19,30 und 20,16. Vgl. auch Schnackenburg, Mt, 208.210; Linnemann, Gleichnisse Jesu, 103 und Luz, Mt, 246: „Sowohl für Israel als auch für die Heidenkirche gilt, daß alle eingeladen, nur wenige aber gerettet werden.“ Vgl. dagegen Gnilka, Mt, 241f. Er bezieht den Vers 22,14 – welcher die Antwort auf die Frage, wer gerettet sei (die Erwählten), gibt – nur auf 8ff und nicht auf die Kirche. 199Vgl. 7,13f. Vgl. auch Wiefel, Mt, 378 und Albright, Mt, 269: „Many are called into the Messianic Kingdom, but few will be finally chosen for the Father's Kingdom at the judgement.“ Vgl. auch Schnackenburg, Mt, 210. Er stellt zudem dar, dass dabei die göttliche Erwählung und die menschliche Bewährung sich nicht gegenseitig ausschließen und dass diese nicht als Gnadentat und menschliches Mühen gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Vgl. ähnlich Fiedler, Mt, 334 und Luz, Mt, 246. Es geht für ihn nicht um einen theoretischen Lehrgrundsatz über die göttliche Erwählung. Für Mt sei ein freier Wille klar und dadurch die Möglichkeit, durch Werke die göttliche Berufung zu bewähren. - 26 - 4 Zusammenfassung „Alles ist bereit! Kommt zum Mahl! … „Geht hin und wen immer du findest, lade ein!““200 Gott lädt alle bedingungslos ein, d.h. Gott ruft alle – doch dieser Be-Rufung201 zum ewigen und himmlischen (eschatologischen) Hochzeitsmahl Gottes muss jeder auch gerecht werden. Die Parabel spricht also der damaligen und heutigen Gemeinde Jesu Gesetz und Evangelium – in umgekehrter Reihenfolge – gleichermaßen zu. Heilsgeschichtlich werden zunächst die Juden eingeladen (22,3.4f). Nach ihrer Ablehnung (22,3.5f) werden die Menschen von den διεξόδους τῶν ὁδῶν, d.h. die Fremden bzw. Heiden, bedingungslos und allgemein eingeladen (22,8-10; vgl. Röm 9-11). Aber „die Einladung verpflichtet auch.“202 „Hat einer Gottes Einladung angenommen, dann muß er sich dieser Einladung würdig erweisen.“203 Und so ergeht der dringende Appell, dem Ruf im Leben ganz zu entsprechen (22,11-13). Dazu passt auch abschließend 22,14: Denn viele sind berufen, d.h. gerufen und eingeladen, aber wenige sind auserwählt, d.h. nicht alle Eingeladenen sind richtig bekleidet und haben sich nicht als würdig erwiesen. Die Parabel von der königlichen Hochzeitsfeier ist dabei eingebettet in den näheren und weiteren Kontext. Der enge Bezug zum Winzergleichnis (21,33-46) ist ebenso deutlich geworden wie die Verbindung zum gesamten mt Kontext. Hervorzuheben sind z.B. Mt 3,710 – Umkehrruf und entsprechende Frucht –, das Gerichtswort in Mt 8,11f, die Aussendungsrede in Mt 10, das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen und vom Fischnetz in Mt 13, bezogen auf die Zerstörung Jerusalems Mt 23f und das Gleichnis von den törichten und klugen Jungfrauen in Mt 25.204 Im synoptischen Vergleich (Lk 14,16-24) wurden die Parallelität, aber auch einige Differenzen herausgearbeitet. Dabei fiel auf, dass bei Lk alle königlichen, hochzeitlichen und gerichtlichen Motive fehlen. Zudem werden bei Mt einige stehende Metaphern und geprägte Motive v.a. aus der jüdischen, d.h. atl und rabbinischen, Tradition und auch der ntl aufgenommen, was die Differenz zu Lk u.a. 20022,4.8. Vgl. Reiser, Gerichtspredigt, 230. Er sieht diese Einladung zum eschatologischen Mahl des Reiches Gottes als die sachgerechte Zusammenfassung der Botschaft bzw. Sendung Jesu (Vgl. Mk 1,15) und als Hauptthema dieser ganzen Parabel. Vgl. auch Söding, Festmahl, 67f. 22,4.8 „ist eine signifikante Variation der ureigenen Botschaft Jesu.“ Das Hauptthema ist für ihn die von Jesus verkündete Gottesherrschaft. „Die Basileia ereignet sich als Einladung, an ihr teilzunehmen, und sie spricht die Einladung so aus, daß schließlich das Festmahl doch mit einer Fülle von Gästen gefeiert werden kann … Gott konstituiert sich sein Volk.“ Die Warnung dagegen lenke das Augenmerk auf die Reaktion der Menschen, nicht auf Gottes Aktion: Die Bildung des eschatologischen Gottesvolkes durch die Verkündigung der Basileia. Dies ist ein richtiger und nötiger Akzent. 201S.o. Titel dieser Arbeit. Vgl. die in der Wortanalyse (2.2.3) erörterte vielfältige und zentrale Verwendung dieses Wortstammes in 22,1-14. Daran anknüpfend ist zu sagen, dass die eben dort erarbeitete Analyse von gehen in seiner Relevanz bisher kaum bzw. nicht von den Exegeten genannt ist. Das jeweilige ab- bzw. hinwendende Gehen ist als direkte Reaktion auf das Rufen zu verstehen. 202Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 142.144. 203Sand, Mt, 440. Vgl. auch Gnilka, Mt, 242-244. Das Thema der Parabel ist für ihn die Geschichte Gottes mit seinem Volk als Geschichte der Himmelsherrschaft. Zwischen Berufung und Erwählung liege die Bewährung. Bei diesen Werken als Kriterium spricht er die Gefahr der Werkgerechtigkeit an. Der Erwählungsgedanke schließe zudem die menschliche Freiheit nicht aus. 204Vgl. auch Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 144. Er nennt auch die Nähe zur gesamt-mt Linie. - 27 - begründet. Als damals geläufige Metaphern werden verwendet: als dominante Hauptfigur der König als Gott, der Sohn als Jesus, die Hochzeitsfeier im Besonderen als eschatologische Vollendung und Freudenzeit des Himmelreiches, die Knechte als Profeten (evt. atl und ntl), die Erstgeladenen als das ganze jüdische Volk im Allgemeinen – dabei ist nicht nur, aber auch besonders an die Hohenpriester und Pharisäer zu denken – und die Zweitgeladenen als Fremden, d.h. Heiden. Zu dieser heilsgeschichtlichen Perspektive kommt die Zerstörung Jerusalems und das Jüngste Gericht hinzu.205 Das Gericht – bzw. die Warnung davor – an Israel wird in 11-13 gerichtsparänetisch auch als Möglichkeit für die Kirche betrachtet. Dabei sind Bild- und Sachebene jeweils deutlich zu unterscheiden – nicht zu trennen –; das Allegorische der mt Parabel ist dabei insgesamt sehr deutlich geworden. Als pragmatischer Zweck kann demnach also die typisch mt katechetische bzw. kirchlichunterweisende Orientierung – das Betonen des Hören und Tuns des handlungsorientierten und praktischen Christentums – herausgestellt werden. Dabei ist sicherlich ekklesiologisch an die Gemeindesituation gedacht, in der konfliktbewältigend Verfehlungen aufgegriffen und zu Lösungen (Vgl. Mt 13 und 18) ermuntert wird. Es erfolgt eine Abgrenzung nach Innen und Außen, bei welcher das eschatologische Gerichtsmotiv innerhalb einer heilsgeschichtlichen Gesamtschau nicht abschreckend, sondern paränetisch und verhaltensprofilierend aufgenommen und gebraucht wird (Vgl. auch Mt 7). Durch dieses warnende Mahnen soll zum Bekleiden des Hochzeitsgewandes – z.B. also zu guten Früchten – aktiviert und aufgefordert werden, wobei das Gericht an Israel, welches der Trennung zwischen Judentum und Kirche den Impuls gibt, nicht Selbstsicherheit geben, sondern die warnende Funktion verstärken soll. Heilsgeschichtliche und eschatologische Metaphern der Parabel von der königlichen Hochzeitsfeier werden also verbunden und ekklesiologisch, d.h katechetisch und v.a. paränetisch, gedeutet und angewendet.206 Luther ist mit seiner Deutung in seinem Predigtschluss (s.o. 1) also Recht zu geben, wobei bei ihm an dieser Stelle aber nicht alle wichtigen Aspekte genannt werden; was aber auch nicht Aufgabe einer Predigt, sondern eher einer Exegese sein sollte. „Halleluja! Denn der Herr, unser Gott, der Allmächtige, hat das Reich eingenommen! Lasst uns freuen und fröhlich sein und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Braut hat sich bereitet. Und es wurde ihr gegeben, sich anzutun mit schönem reinem Leinen. Das Leinen aber ist die Gerechtigkeit der Heiligen. Und er sprach zu mir: Schreibe: Selig sind, die zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen sind. Und er sprach zu mir: Dies sind wahrhaftige Worte Gottes.“ (Offb 19,6b-9) 205Vgl. Schnackenburg, Mt, 209. Er äußert, dass die Geschichte Israels bis zur Zerstörung Jerusalems einbezogen wird, doch die endzeitliche Hochzeit der eigentliche Blickpunkt ist. Alle Motive verbinden sich in einer zeitbezogenen und doch auf das Ende gerichteten Darstellung. 206Sichtbar wird also eine für Mt typische Verklammerung von Paränese (v.a. 22,11-13) und Heilsgeschichte (v.a. 2-10) bzw. Eschatologie (v.a. 7.13) und Ekklesiologie. Vgl. auch Luz, Mt, 234. Vgl. auch Eichholz, Gleichnisse der Evangelien, 144. Er hebt richtig hervor, dass 22,1-14 in „eine paränetische Grundlinie des ganzen Matthäus-Evangeliums hineingehört,“ und dabei das mt Kirchenverständnis zum Ausdruck kommt. Diese Paränese ist zugleich in den Missionsbefehl mit hineingenommen. - 28 - 5 Literatur- und Abkürzungsverzeichnis Abkürzungen Die Abkürzungen dieser Arbeit richten sich nach Schwertner, Siegfried, IATG, Berlin und New York 21992. Im Besonderen seien hier Folgende aufgeführt: AT - Altes Testament äth Hen - Äthiopisches Henochbuch atl - alttestamentlich bzw. - beziehungsweise d.h. - das heißt ebd. - ebenda evt. - eventuell Lk - Lukas (ähnlich andere biblische Bücher) lk - lukanisch LXX - Septuaginta m.E. - meines Erachtens Midr - Midrasch Mt - Matthäus mt - matthäisch n.Chr. - nach Christus NT - Neues Testament ntl - neutestamentlich Ps Clem Hom - Pseudo-Clement, Homiliae Q - Spruch- bzw. Redequelle sl Hen - Slawisches Henochbuch s.o. - siehe oben s.u. - siehe unten u.a. - unter anderem v.a. - vor allem vgl. - vergleiche z.B. - zum Beispiel z.T. - zum Teil Kapitel- und Versangabe: 22,xx =Mt 22,xx nur xx = Mt 22,xx Literaturverzeichnis – Albright, William Foxwell, Matthew. Introduction, translation, and notes, The Anchor Bible, New York 1971. – Allen, Willoughby C., A critical an exegitcal commentary on the gospel according to St. Matthew, Wiltshire 31993. – Billerbeck, Paul (u.a.), Das Evangelium nach Matthäus. Erläutert aus Talmud und Midrasch. Erster Band, München 61974. – Bindemann, Walther, Das Mahl des Königs. Gründe und Hintergründe der Redaktion von Mt 22,1-14, in: Rogge, Joachim (u.a.), Theologische Versuche. XV, Berlin 1985, 21-29. – Diße, Andreas, 28. Sonntag im Jahreskreis (A). Mt 22,1-14, 1-8. [abgerufen unter www.Perikopen.de am 21.07.2010] – Eichholz, Georg, Gleichnisse der Evangelien, Form, Überlieferung, Auslegung, Neukirchen-Vluyn 31979. – Fiedler, Peter, Das Matthäusevangelium, Stuttgart 2006. – Gnilka, Joachim, Das Matthäusevangelium. II. Teil. Kommentar zu Kap. 14,1 – 28,20 und Einleitungsfragen, Freiburg (u.a.) 1988. – Harnisch, Wolfgang, Die Gleichniserzählungen Jesu. Eine hermeneutische Einführung, Göttingen 31995. – Hasler, Victor, Die Königliche Hochzeit, Matth. 22,1-14, in: Stählin, Ernst (u.a.), ThZ 18, Basel 1962, 25-35. – Jeremias, Joachim, Die Gleichnisse Jesu, Berlin 71972. – Jones, Ivor, The Matthean parables. A Literary and Historical Commentary, Leiden 1995. – Jülicher, Die Gleichnisreden Jesu. 2. Teil. Auslegung der Gleichnisreden der drei ersten Evangelien, Freiburg i.B. 1899. – Kähler, Christoph, Jesu Gleichnisse als Poesie und Therapie. Versuch eines integrativen Zugangs zum kommunikativen Aspekt von Gleichnissen Jesu, Tübingen 1995. – Limbeck, Meinrad, Matthäus-Evangelium. SKK 1, Stuttgart 1991. – Linnemann, Eta, Gleichnisse Jesu. Einführung undAuslegung, Göttingen 71961. – Linnemann, Eta, Überlegungen zur Parabel vom großen Abendmahl, in: Eltester, Walther, ZNW 51, Berlin 1960, 246-255. – Luther, Martin, Die Predigten. Band 8, in: Luther deutsch. Die Werke Martin Luthers in neuerer Auswahl für die Gegenwart. Hrsg. Von Kurt Aland, Göttingen 3 1991. (Hier v.a. 390ff; vgl. WA 37, 180-183.) – Luz, Ulrich, Das Evangelium nach Matthäus. EKK I/3. Mt 18-25, Zürich (u.a.) 1997. – Münch, Christian, Die Gleichnisse Jesu im Matthäusevangelium. Eine Studie zu ihrer Form und Funktion, Neukirchen-Vluyn 2004. – Reiser, Marius, Die Gerichtspredigt Jesu. Eine Untersuchung zur eschatologischen Verkündigung Jesu und ihrem frühchristlichem Hintergrund, Münster 1990. – Sand, Alexander, Das Evangelium nach Matthäus, Regensburg 1986. – Schnackenburg, Rudolf, Matthäusevangelium 16,21-28,20. NEB 1, Würzburg 2 1994. – Schlatter, Adolf, Der Evangelist Matthäus. Seine Sprache, sein Ziel, seine Selbstständigkeit, Stuttgart 1929. – Schottroff, Luise, Die Gleichnisse Jesu, Gütersloh 2005. – Schottroff, Luise, Verheißung für alle Völker (Von der königlichen Hochzeit) – Mt 22,1-14, in Zimmermann, Ruben, Kompendium der Gleichnisse Jesu, Gütersloh 2007, 479-487. – Söding, Thomas, Das Gleichnis vom Festmahl, (Lk 14,16-24 par Mt 22,1-10). Zur ekklesiologischen Dimension der Reich-Gottes-Verkündigung Jesu, in: Ders (u.a.), Ekklesiologie des Neuen Testaments. FS Kurt Kertelge, Freiburg (u.a.) 1996, 56-84. – Stauffer, Ethelbert, Art. γάμος, in: Kittel, Gerhard, Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament I, Stuttgart 1933, 646-655. – Vögtle, Anton, Die Einladung zum großen Gastmahl und zum königlichen Hochzeitsmahl. Ein Paradigma für den Wandel des geschichtlichen Verständnishorizonts, in: Ders., Das Evangelium und die Evangelien. Beiträge zur Evangelienforschung, Düsseldorf 1971, 171-218. – Vögtle, Anton, Gott und seine Gäste, Das Schicksal des Gleichnisses vom großen Gastmahl. (Lukas 14,16b-24; Matthäus 22,2-14), Neukirchen-Vluyn 1996. – Wiefel, Wolfgang, Das Evangelium nach Matthäus, Leipzig 1998. Selbstständigkeitserklärung Hiermit erkläre ich, Jonas Großmann, ausdrücklich, dass es sich bei dieser von mir eingereichten schriftlichen Hausarbeit um eine von mir selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasste Arbeit handelt. Dabei wurden keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet, sowie Zitate kenntlich gemacht. _______________ Ort, Datum __________________ Unterschrift
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