Unternehmens-Neuigkeit Ausgabe 08/2015 Marktzugang USA/Nordamerika Industrieprodukte in USA/Nordamerika bereitstellen Europa [1] USA/Nordamerika Für den Marktzugang von Industrieprodukten in USA/Nordamerika werden an den Hersteller bezogen auf das Inverkehrbringen zunächst keine konkreten gesetzlichen Anforderungen gestellt. Um jedoch ein Industrieprodukt (z.B. Schaltschrank, Maschine oder Anlage) betreiben zu dürfen, benötigt der Betreiber eine offizielle Betriebserlaubnis der zuständigen Behörde. Diese „Abnahme“ des Industrieprodukts wird in der Regel durch einen „AHJ“ authority having jurisdiction erteilt. Diese Instanz überprüft Vorort die Einhaltung der wesentlichen Produktanforderungen durch Begutachtung des Produktes sowie unter Berücksichtigung der mitgelieferten technischen Unterlagen und erteilt dem Betreiber bei positivem Verlauf der „Abnahme“ die Betriebserlaubnis. Für Hersteller von Produkten für den europäischen Markt gelten eindeutige regulatorische Mindestanforderungen, die europaweit harmonisiert sind. Nachdem der Hersteller das entsprechende Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen und dokumentiert hat, darf dieser sein Produkt konform mit den Anforderungen erklären. In den meisten Fällen führt der Hersteller die Konformitätsbewertung seines Produktes in Eigenverantwortung durch. Diese Produktbewertung wird in Form einer „internen Nachweisdokumentation“ festgehalten, die dem Kunden bzw. Betreiber nicht zugänglich gemacht werden muss – außer bei Bestehen einer vorherigen entsprechenden vertraglichen Vereinbarung. Sie muss lediglich zur Einsichtnahme bereitgehalten werden, um bei begründetem Verdacht der Marktaufsichtsbehörde vorgelegt werden zu können. Weiterhin dient sie als „Entlastungsdokumentation“ im Falle eines Schadens oder Vorkommnis im Zusammenhang mit dem bereitgestellten Produkt. Für besonders gefährliche Erzeugnisse muss für die Konformitätsbewertung zusätzlich eine unabhängige Prüfstelle (sog. „benannte Stelle“ notified body) konsultiert werden. [2] mr-technik • Ostpreußenweg 10 • D – 94436 Simbach • www.mr-technik.de Seite 1 von 4 Unternehmens-Neuigkeit Ausgabe 08/2015 Marktzugang USA/Nordamerika Industrieprodukte in USA/Nordamerika bereitstellen Gesetzliche Anforderungen sind abhängig vom Bundesstaat [3] Die jeweils gültigen regulatorischen Anforderungen für bestimmte Produktgruppen können von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich sein. Im Einzelfall können sogar von der jeweiligen Stadt zusätzliche Auflagen und Vorschriften für das betreffende Produkt erhoben werden. Zwar ist der Betreiber verpflichtet, die Betriebserlaubnis behördlich einzuholen, dennoch müssen die speziellen konstruktiven Anforderungen (Komponenten, Konstruktionsprinzipien, Beständigkeitsanforderungen) bereits vom Hersteller in die Konzeption und Entwicklungsphase des Produktes eingeflossen sein. Weiterhin gibt es in USA/Nordamerika andere Anforderungen an die technische Dokumentation und Sicherheitskennzeichnung, die dem Produkt beigefügt werden muss. Diese umfassen Sicherheits- und Warnhinweise, technische Angaben auf dem Typenschild und Piktogramme sowie Anleitungen zu Bedienung, Betrieb und Wartung. Anstatt der in Europa verbreiteten Normen EN 82079 und ISO 7010 ist in USA/Nordamerika die Normenreihe der ANSI Z535 für Produktdokumentation und Sicherheitstechnische Aufschriften anzuwenden. Begriffsdefinition NRTL „Nationally Recognized Testing Laboratories” =Prüflabore, Prüfinstitute, die von der OSHA staatlich anerkannt sind und Produkte zertifizieren sowie Prüfungen/Abnahmen nach bestimmten Anforderungen durchführen dürfen. Durch die NRTLs werden Prüfzeichen „labels“ vergeben und führen damit zum „listing“ (=Aufnahme der zertifizierten Produkte in die Datenbank des NRTL-Zertifizierers). Unter den insgesamt 17 verschiedenen „Laboren mit NRTL-Status“ zählen zu den bekanntesten NRTLs UL, CSA, SGS, TÜV SÜD America und TÜV Rheinland of North America. Bedeutende US-Vorschriften Der National Electric Code (NEC) stellt eine verbindliche Vorschrift für Elektroinstallationen dar. Der NEC ist vergleichbar mit „unseren Anforderungen“ nach IEC 60364-1, besser bekannt unter der „VDE 0100-Reihe“. Im NFPA 79 sind die Sicherheitsanforderungen für Industriemaschinen reguliert. NFPA steht für „National Fire Protection Association“ und ist das Pendant zur europäischen Norm EN 60204-1 (elektrische Ausrüstungen von Maschinen). Schaltschränke („Industrial Control Panels“) unterliegen den Anforderungen der UL508A. Diese Norm ist vergleichbar mit unserer IEC 61439. Hierbei heißt „vergleichbar“ jedoch nicht, dass Bewertungsgrundlagen und Herangehensweisen der normativen Anforderungen ähnlich oder technisch vergleichbar sind. Der Vergleich dient lediglich der besseren Einordnung der US-Vorschriften. Aus der Sicht der für den Arbeitsschutz zuständigen Behörde OSHA „Occupational Safety and Health Administration“ bestehen in USA/Nordamerika gemäß 29 CFR mr-technik • Ostpreußenweg 10 • D – 94436 Simbach • www.mr-technik.de Seite 2 von 4 Unternehmens-Neuigkeit Ausgabe 08/2015 Marktzugang USA/Nordamerika Industrieprodukte in USA/Nordamerika bereitstellen 1910.147The control of hazardous energy (lockout/tagout) spezielle Anforderungen an die sichere Abschaltung und Energietrennung. Die sog. logout and tagout placards bzw. logout and tagout procedures sind erforderliche Übersichtstafeln und/oder Kennzeichnungen an der Anlage, Maschine oder dem Industrieprodukt, welche die am Produkt vorherrschenden Energien, Medien und deren zugehörigen Trennvorrichtungen und Abschaltmöglichkeiten kennzeichnen und deren Anwendung beschreiben. Unterschiede der UL508A und IEC 61439 Die technischen Bewertungsgrundlagen und Sicherheitsanforderungen der beiden Normen unterscheiden sich wesentlich. Übertragen in die Praxis bedeutet dies, dass entweder die Anforderungen der UL508A oder die der IEC 61439 bei der Konstruktion berücksichtigt und angewandt werden können. Es gibt somit keinen konstruktiven Aufbau, der gleichermaßen vollumfänglich die Anforderungen beider Normen erfüllt. Von einem Kombinieren und Vermischen beider Anforderungen wird abgeraten. Konstruktive Besonderheiten der UL508A Komponenten müssen unter Berücksichtigung der Vorgaben aus dem UL-file oder dem UL-Prüfbericht ausgewählt werden Leitungen und Geräte müssen gemäß Einteilung in Branch Circuit (Abzweigkreis) und Feeder Circuit (Verteilerstromkreis) abgesichert werden Hauptschalter müssen verriegelt sein (elektrisch, mechanisch oder beides) Gehäuse müssen nach Gehäuseschutzarten „enclosure types“ anstatt nach IP Schutzarten (IEC 60529) bemessen werden Motorabzweige müssen besondere Anforderungen erfüllen Die Herangehensweise zur Bestimmung der Kurzschlussfestigkeit (SCCR „short circuit current rating“) unterscheidet sich zum Verfahren nach IEC 61439 Bedeutende Organisationen [4] [5] Occupational Safety and Health Administration Bundesbehörde zur Durchsetzung von Vorschriften des Arbeitsschutzes National Fire Protection Association Wichtigste Vorschriften erlassende US-Organisation (Hauptfokus Brandschutz) [6] Underwriters Laboratories Stellt Normen bereit und zertifiziert Produkte. UL-Approbation ist keine gesetzliche Pflicht, genießt aber eine hohe Akzeptanz. [7] American National Standards Institute Wichtigste Instanz in Bezug auf Normenerstellung, Veröffentlichung und Anwendung in den USA. [8] National Electrical Manufacturers Assosication Interessensvertretung der nordamerikanischen Hersteller aus der Elektrotechnik mr-technik • Ostpreußenweg 10 • D – 94436 Simbach • www.mr-technik.de Seite 3 von 4 Unternehmens-Neuigkeit Ausgabe 08/2015 Marktzugang USA/Nordamerika Industrieprodukte in USA/Nordamerika bereitstellen Über die Autorin Fazit Für jedes Industrieprodukt (Schaltschrank, Maschine, Anlage), das für einen Betrieb in USA/Nordamerika bestimmt ist, muss eine Betriebserlaubnis von der zuständigen Behörde eingeholt werden, ungeachtet der Wahl des Abnahmeverfahrens. [10] Juliane Rembeck Mitarbeiterin bei mr-technik und tätig im Be- Welcher ist nun der „richtige Weg“? reich Projektabwicklung zur europäischen Produktkonformität Schlussbemerkung Der innerhalb dieses Papieres behandelte Sachverhalt stellt einen groben Überblick über die regulatorischen Grundanforderungen deren Zusammenhänge und Gegensätze in Bezug auf das Bereitstellen von Industrieprodukten auf dem [9] Eine pauschale Aussage zum einzig und allein richtigen Weg zum konformen Industrieprodukt mit Betriebserlaubnis für den US- /nordamerikanischen Einsatz ist nicht möglich. Weiterhin gestaltet es sich schwierig, eine Antwort auf die Frage des schnellsten und kostengünstigsten Abnahmeverfahrens zu finden. Dem Hersteller obliegt die Wahl des Abnahme- europäischen sowie US- /nordamerikanischen Markt dar. Der Inhalt basiert auf branchenübliches Vorgehen sowie dem Erfahrungsaustausch mit international agierenden Produktherstellern, Mitarbeitern aus der Normung und Fachkollegen. Dieses Schriftstück erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Aktualität, Verbindlichkeit und Gesetzeskonformität. verfahrens, dieses sollte individuell und mit Quellen: Berücksichtigung folgender Einflussfaktoren [1] http://wko.at/unternehmerservice/ce_kennzeichnung/pdfs/CE_Flyer_DE.pdf ermittelt werden: [3] https://www.nema.org/Technical/FieldReps/Documents/NEC-Adoption-Map-PDF.pdf [2] © Tindo #72827269 / www.fotolia.com [4] https://www.osha.gov/ Höhe der Stückzahlen [5] http://www.nfpa.org/ Verschiedenartigkeit der Produkte [7] http://www.ansi.org/ UL-Kenntnisse (wenig, fortgeschritten) [9] © Trueffelpix #60922884 / www.fotolia.com [6] http://ul.com/ [8] http://www.nema.org/pages/default.aspx [10] © mr-technik mr-technik • Ostpreußenweg 10 • D – 94436 Simbach • www.mr-technik.de Seite 4 von 4
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