top Bauen Passt eine Biogasanlage in meinen Betrieb? Ohne gründliche Vorplanung kann eine Biogasanlage schnell zu einer Fehlinvestition werden. Wie Sie das vermeiden, erläutert Michael Köttner, Fachgruppe Biogas in Weckelweiler. B iogas als zusätzliche Einkommensquelle: Hierüber denken zur Zeit viele Landwirte vor allem wegen der verlockenden Einspeisevergütung von 20 Pf je Kilowattstunde nach. Doch Achtung: Wer dabei nicht sorgfältig und vorrausschauend plant, für den kann Biogas schnell zum teuren und arbeitsintensiven Hobby ausarten! Mit der Investition in eine Biogasanlage geht oft eine Umstrukturierung im Betrieb einher, die langfristig ausgelegt sein muss. Vor dem Bau sind daher folgende Aspekte zu klären: ■ Liefert mein Betrieb genügend Biomasse wie Gülle, Festmist, Maissilage etc? ■ Habe ich noch freie Arbeitszeit? ■ Kann ich vorhandene Technik wie Güllelager, Rührwerk usw. nutzen? ■ Haben meine Familie und ich dafür genügend Interesse – auch langfristig? ■ Hat eine Biogasanlage für meinen Betrieb weitere Vorteile? 1 000 Tonnen hofeigene Biomasse sind Minimum Zu Beginn der Planung steht zunächst die Frage, wieviel vergärbare Biomasse auf dem Betrieb vorhanden ist. Früher spielte dabei die Größe des Viehbestandes und der Dunganfall die wichtigste Rolle. Doch das Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG) ermöglicht jetzt auch, nachwachsende Rohstoffe vom eigenen Acker mit einzubeziehen. Entscheidend 88 top agrar 8/2000 Bei der Planung einer Biogasanlage ist auch zu prüfen, ob sich die vorhandene Gülletechnik weiterhin nutzen lässt. Fotos: Köttner (1), Salzinger ist daher heute eher das unternehmerische Geschick des Anlagenbetreibers, betriebsfremde organische Roh- und Reststoffe risikolos zu beschaffen. Die erforderliche Menge an vergärbarem Substrat steht im Zusammenhang mit der Wärmeausbeute des Blockheizkraftwerks (BHKW) und der Fermentergröße. Denn die anfallende Wärme muss auch im strengsten Winter zum Aufheizen des Fermenters auf ca. 25 bis 37 °C reichen, damit zum einen der Prozess mit den für die Anlage optimalen Bakterienkulturen weiterlaufen kann und zum anderen die Gasausbeute bei den niedrigen Temperaturen nicht zu sehr absinkt. Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass hierfür das BHKW mindestens zehn bis zwölf Stunden täglich laufen muss. Als Beispielrechnung soll hier einmal von dem kleinsten, derzeit zu einem vernüftigen Preis verfügbaren BHKW ausgegangen werden. Dieses hat eine elektrischen Nennleistung von 12 kW. Für eine Die Rentabilität der Anlage steigt, wenn die anfallende Wärme sinnvoll genutzt wird. Links im Bild eine typische Warmwasser-Armatur im BHKW-Raum. 600 kW/h Wärme pro Tag als doppelt so hoch dar. Das 12 kW-BHKW läuft damit rund um die Uhr bei entsprechend höherem Stromerlös. Nicht nur Gülle ins Kalkül ziehen! tägliche Laufzeit von 12 Stunden sind im Jahr mindestens 1 000 t wirtschaftseigene Biomasse nötig, wie folgende Schätzung zeigt: Mit einer Leistung von 12 kW lassen sich am Tag rund 150 kWh Strom erzeugen. Pro kWh sind je nach Methangehalt des Biogases rund 0,5 bis 0,8 m3 Biogas nötig. Bei 150 kWh wären das 75 bis 120 m3 Biogas pro Tag. Diese Gasmenge kann mit dem Gülleanfall von rund 60 GV, also mit 60 Rindern, 180 Sauen oder 370 Mastschweinen erzeugt werden, was etwa 1 000 t Gülle im Jahr entspricht. Wird nur Gülle eingesetzt, müssen diese 1 000 t als absolutes Minimum angesehen werden. Denn eine derart kleine Anlage von 12 kW kann sich wegen der geringen Gasausbeute von reiner Gülle nur dann rechnen, wenn die Baukosten unter 1500 DM/GV liegen. Anders sieht es aus, wenn sich diese 1 000 t aus dem Gülleanfall von 45 GV (ca. 800 t) und der Ernte von 4 ha Silomais (ca. 200 t) zusammensetzen. Dann stellt sich die Energieausbeute mit ca. 300 kW/h Strom und Als Substrate für die Vergärung kommen besonders hofeigene Gülle und Festmist aller Tierarten in Frage. Rindergülle eignet sich aufgrund der Pansenverdauung und der ausgewogenen Zusammensetzung an Nährstoffen und Strukturmaterial besonders gut. Ebenfalls geeignet ist die energiereiche Schweinegülle, die aber nicht zu sehr verdünnt sein sollte. Am energiereichsten ist Hühnermist, dessen Gärprozess allerdings durch Sinkschichtenbildung und hohe Ammoniumgehalte beeinträchtigt ist und daher zusätzlichen Kohlenstoff (Strohmehl, Maissilage, Fette) und einen Sandaustrag benötigt. Festmist wie z.B. trockener Pferdemist ist meist mit einem hohen Strohanteil versehen. Daher wird er häufig zusammen mit Gülle vergoren. Biomasse wie Silagen, Mähgut, Stroh, und andere organischen Reststoffe eigenen sich sehr gut in der Mischung mit Flüssigmist. Soll das Substrat nach dem Anmischen in einer Vorgrube in den Fermenter gepumpt werden, darf es generell ein Trockensubstanzgehalt von 12 bis 14% nicht überschreiten. Stark holzhaltige organische Substanz wie Baum- oder Strauchschnitt und Rinden schaden zwar dem Gärprozess nicht, können aber auf Grund ihres hohen Ligninanteils nicht abgebaut werden und verursachen Verstopfungen in der Anlage. Übersicht: Welche Voraussetzungen muss mein Betrieb erfüllen? unbedingt nötig – genügend wirtschaftseigene Biomasse mit Gülle oder nachwachsenden Rohstoffen (mind. 1 000 t jährlich) – oder risikoloser Bezug von industriellen Reststoffen – Bei 100 GV etwa 250 AKh pro Jahr an freier Arbeitszeit – Vorhandene Bausubstanz kann mit einbezogen werden – Sachverstand, Interesse an ökologischen Fragen – Anlage passt langfristig in das Betriebskonzept, auch für den Hofnachfolger zusätzlich vorteilhaft – Verwertung von Strom und Wärme im Betrieb – Verkauf der Wärmeenergie an externe Abnehmer wie Schwimmbad, Trocknungsanlage – Kooperation mit anderen Anlagebetreibern – Vorteile durch Geruchsreduzierung der Gülle – pflanzenbauliche Verwertung der Biogasgülle – Vergärung von häuslichen Abwässern Schädlich für die Bakterien sind Substrate mit Hemmstoffen wie Desinfektionsmittel und Antibiotika. Nach ihrem Einsatz sollten die angefallenen Exkremente über einen Bypass am Fermenter vorbeigeleitet werden, um den Gärprozess nicht zu beeinträchtigen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Pufferkapazität der Biogasanlage sowie die Dauer, Menge und Art der eingesetzten Medikamente und Desinfektionsmittel eine große Rolle spielen. So geht in einem entsprechend großen Fermenter die Gasausbeute bei geringer Dosierung solcher Mittel kaum zurück. Neben der hofeigenen Biomasse können auch sogenannte Kofermente aus der Agro- und Ernährungsindustrie mitvergoren werden, sofern für diese Stoffe eine entsprechende Entsorgungsgebühr bezahlt wird. Denn bei zunehmender Zahl an Biogasanlagen steigt auch die Nachfrage nach diesen Substraten. Bei der Vorplanung gilt es zu klären: Welche Stoffe kann ich mit welchem Entgelt dauerhaft erhalten? Und welche Auswirkungen hat der Zukauf in Bezug auf den Nähr- und Schadstoffimport? Rund 250 Akh im Jahr nötig Nicht zu unterschätzen ist die benötigte Arbeitszeit. Eine Praxisumfrage in Bayern ergab, dass im Schnitt bei einer mittleren Anlage mit 100 GV rund 250 Akh im Jahr benötigt werden. Darin sind die Behebung von Störungen und zwei größere Reparaturen eingerechnet. Während die Arbeitszeit bei pumpfähigen, leicht vermischbaren Materialien (z.B. Schlempe, Fettabscheiderinhalt) noch gering ist, machen Materialien mit fester Struktur wie Grünschnitt, Festmist oder Bioabfall mehr Arbeit. Denn sie müssen zerkleinert bzw. verflüssigt werden. Gegebenenfalls kommt eine Sortierung oder Hygienisierung noch dazu. Hier gilt es genau abzuwägen: Kann ich diese Arbeitszeit selbst aufbringen? Oder verdiene ich mit dem Stromverkauf und Entsorgungsgebühren genügend, um zusätzliche Arbeitskräfte zu bezahlen, die auch dem Betrieb zur Verfügung stehen? Oder sind Kooperationsformen (GmbH, GbR) mit anderen Landwirten möglich? Als nächstes gilt es, die baulichen Vorraussetzungen abzuklopfen. Zwar ermöglicht es die heutige Technik, Mist oder Gülle aus jeder Stallbauform in die Anlage einzubringen. Allerdings lassen sich Güllelager unter dem Stall nur schwer in ein Anlagenkonzept integrieren, weil sie nicht gerührt und gasdicht abgedeckt werden können. Außerdem dauert es zu lange, bis die Gülle für die Fermentierung zur Verfügung steht: Für hohe Gasausbeuten sollte sie möglichst kontinuierlich eingespeist und top agrar 8/2000 89 top Bauen in frischem Zustand vergoren werden. Ställe mit Unterflur-Güllelagerung müssen daher mit einem Kanalsystem und einer Spülung ausgestattet werden. Der Lagerraum unter dem Stall lässt sich allenfalls als zusätzlicher Puffer für die Vorgrube integrieren. Besser geeignet sind Rundbehälter zur Güllelagerung außerhalb des Stalles. Sie können als offene Lagerbehälter oder mit einer gasdichten Folie versehen als Nachgärgruben dienen. Der Umbau einer Betongrube mit Deckel zum Fermenter ist möglich, aber die Gasdichtigkeit zwischen Wand und Deckel ist nur mit Spezialschaum in einem aufwendigen Verfahren zu erreichen. Dazu kommt, dass die innere Isolierung einer unterirdischen Grube durch den Kontakt mit der Gülle dauernd der Nässe ausgesetzt ist und wirkungslos wird. Auch der Betriebsleiter muss sich prüfen! Zu den betrieblichen Vorraussetzungen kommen auch die Anforderungen an die Betriebsleiterfamilie selbst. Denn eine Biogasanlage stellt neben der Technik ein lebendiges System dar, das für gute Leistungen mit genauso viel Sachverstand gefüttert und gepflegt werden muss wie landwirtschaftliche Nutztiere. Der spätere Anlagenbetreiber sollte daher in der Lage sein, sich mit dem biologischen und technischen Wissen rund um eine Biogasanlage im Voraus zu beschäftigen und einkalkulieren, dass der Betrieb einer Anlage ein ständiger Lernprozess ist. Hilfreich ist außerdem, wenn der Betreiber beim Bau und Betrieb der Anlage offen ist für Kooperationen mit Berufskollegen in der selben Lage. So haben sich in manchen Gegenden Deutschlands Baugruppen zusammengefunden, um sich gegenseitig in den einzelnen Bauphasen zu unterstützen und durch Sammelbestellungen Kosten zu drücken. Andere Gruppen haben die Verteilung der Abfallstoffe in die Hand genommen, um einem ständigen Preisdumping vorzubeugen. Wichtig ist weiter, die zukünftige Betriebsstrategie mit der Familie langfristig zu betrachten. Da die Investition in eine Biogasanlage mit hohem Kapitalaufwand verbunden ist, sollte innerhalb der Amortisationszeit keine grundsätzliche Änderung der Betriebsstruktur erfolgen. Das gilt vor allem für die Weiterführung der Tierproduktion in Stallhaltung. Wenn der Hofnachfolger daran wenig Interesse zeigt, ist die Investition in eine Biogasanlage ein gewagtes Unterfangen. In keinem Fall sollte der Betrieb überschuldet sein oder kurz vor der Aufgabe stehen. Im Gegenteil: Der Bau einer Biogasanlage setzt einen personell und finanziell stabilen Betrieb voraus, der eine Zu- 90 top agrar 8/2000 kunftsperspektive hat. In diesem Zusammenhang lässt sich die Investition in eine Biogasanlage sehr gut kostengünstig zusammen mit einem Stallneubau oder einer Erweiterung der Güllelagerkapazität kombinieren. Verwertung von Strom und Wärme im eigenen Betrieb? Darüberhinaus können bestimmte Nebeneffekte die Entscheidung für eine Biogasanlage günstig beeinflussen. Dazu gehört als erstes die Verwertbarkeit von Strom und Wärme im eigenen Betrieb. Vor dem Strompreisverfall war die Eigenstromversorgung bei einem Strompreis von 24 Pf/kWh ein wichtiger Faktor für die Wirtschaftlichkeit. Heute ist dieser Aspekt genauer zu prüfen. Denn im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist festgelegt, dass theoretisch der gesamte Strom der Biogasanlage zum Preis von 20 Pf/kWh ins Netz eingespeist werden kann. Gleichzeitig ist es möglich, billigen Strom z.B. über den Maschinenring zu beziehen. Allerdings gilt es hier genau abzuwägen, ob der kurzfristige Preisvorteil eine solche vertragliche und technische Bindung auf Dauer wettmachen kann. Ebenso gilt es zu prüfen, ob der Betrieb durch weiteres Wachstum nicht früher oder später auf einen wesentlich teureren Gewerbestromzukauf angewiesen ist. Hier empfiehlt es sich dann auf jeden Fall zunächst den Eigenstrombedarf abzudecken und Überschussstrom ins Netz einzuspeisen. Auch die zukünftige Möglichkeit einer Stromselbstvermarktung an Nachbarn im Ortsnetz kann für die Zukunft offengehalten werden. Sorgenkind vieler Anlagenbetreiber ist die überschüssige Wärmeenergie. Meist ist die komplette Verwertung nur sehr schwer machbar, vor allem bei größeren Anlagen mit Kofermentation und im Sommerbetrieb. Nur in Ausnahmefällen ist es möglich, neben Fermenter und Bernhard Schmid vergärt auch die im neu gebauten Wohnhaus anfallenden Abwässer. So spart er die Kosten für eine eigene Kläranlage. Anlagenbau mit Stallsanierung geschickt verbunden Seit ich weiß, dass sich mit einer Biogasanlage der Geruch der Gülle reduzieren lässt, beschäftige ich mich mit dem Thema“, erinnert sich Schweinemäster Bernhard Schmid aus Mangoldshausen in Baden-Württemberg. Denn der Landwirt bringt die Gülle von rund 2 000 Mastschweinen z.T. auch in Nachbargemeinden aus, was nicht immer auf Gegenliebe der Anwohner stösst. Mit der Vergärung der Gülle hoffte er auf eine Imageverbesserung. „Doch das allein war für mich noch kein Grund, rund 500 000 DM zu investieren“, blickt er zurück. Darum suchte er mit einem Planungsbüro nach weiteren Einsatzmög- lichkeiten für die Anlage. Zunächst beschloss er, den kompletten Strombedarf des Betriebes von ca. 50 000 kWh jährlich selbst zu decken. Die im Blockheizkraftwerk (BHKW) anfallende Wärme wollte er im Wohnhaus und im Aufzuchtstall verwenden. Weiter für die Anlage sprach der Neubau des Wohnhauses. Wegen der isolierten Lage des Ortes Mangoldshausen hätte die Familie Schmid dafür eigens eine Kläranlage bauen müssen. Diese Kosten könnten sie mit der Vergärung der Abwässer in einer Biogasanlage einsparen. Mit in die Planung bezog Schmid auch ein, dass der 30 Jahre alte Stall stark sanierungsbedürftig war. „In diesem Zu- Wohnhaus auch Schwimmbäder oder Trocknungsanlagen zu beheizen. Auch Nahwärmenetze zu Nachbarbetrieben oder ganzen Siedlungen könnten sehr lukrativ sein, wenn der Wärmepreis für fossile Brennstoffe von derzeit etwa 8 Pf/kWh noch weiter ansteigt. Denn technisch ist die Verteilung kein Problem. Moderne Leitungen transportieren Wärmeenergie über kilometerlange Leitungen nahezu ohne Verluste. Allerdings liegen die Kosten bei ca. 100 DM pro Meter verlegter Erdwärmeleitung. Reststoffe aus der Ernährungsindustrie können eine sinnvolle Ergänzung zur Gülle sein, wenn man für sie ein Entgelt erhält und sie kein Risiko darstellen. Vergärung der häuslichen Abwässer möglich Je nach Betrieb bieten die veränderten Gülleeigenschaften ebenfalls Vorteile. Als erstes lässt sich eine Düngerersparnis von 20 DM pro GV und Jahr ansetzen. Für tierhaltende Betriebe bedeutet die vergorene Gülle zusätzlich geringere Ätzwirkung, verbesserte Hygiene und bessere Futteraufnahme. Günstig ist eine Biogasanlage auch für Betriebe in Ortsrandlagen, weil die vergorene Gülle wesentlich weniger intensiv riecht. Einen weiteren Vorteil bietet das Vergären von häuslichen Abwässern. Damit lässt sich eine Befreiung vom Anschlussund Benutzungszwang erreichen, wosammenhang war eine Erneuerung des Güllelagers fällig. Mit außenstehenden Güllesilos als Stahlfermenter könnte ich gleich zwei Schritte in einem tun“, lauteten Schmids Überlegungen. Zweifel hatte Schmid nur noch wegen der hofeigenen Biomasse. Reichen die 2 100 m3 Schweinegülle vom eigenen Betrieb aus, um die Anlage wirtschaftlich zu betreiben? Viele Alternativen gab es nicht: Schmid schloss eine Kofermentation mit Essensresten oder Schlachthofabfällen aus hygienischen Gründen aus, da auch Nachbarbetriebe im Dorf intensive Schweinemast betreiben. Außerdem scheute er den zusätzlichen Nährstoffimport. Nachbarn liefern Gülle dazu So schlug er seinen beiden benachbarten Mästern vor, dass er ihnen regelmäßig die Gülle abnimmt und dadurch für sie zusätzlichen Lagerraum schafft. Die Nachbarn erhalten im Gegenzug die geruchsarme und aufbereitete Biogasgülle zurück. Nach dieser intensiven Vorplanung entschloss sich der Mäster zum Bau der Anlage. Doch zunächst zog er die Sanierung der Schweineställe vor, wie er erläutert: „Für mich war klar, dass zuerst der landwirtschaftliche Betrieb rund laufen muss, da wir damit das Geld verdienen. Erst dann kann man sich auf etwas derart Neues durch die Kosten für den Anschluss und die laufenden Abwassergebühren entfallen. Allein diese Ersparnis kann eine Biogasanlage rentabel machen. Einige Bundesländer haben für abgelewie das Kapitel Biogas einlassen!“ Inzwischen läuft die Anlage reibungslos, sie liefert täglich rund 500 m3 Biogas und erzeugt damit im 75 kW-BHKW etwa 1 000 kWh Strom. Gespeist wird die Anlage, die aus einem 600 m3 Fermenter und einem 3 500 m3 Güllelager besteht, mit 4 500 m3 Gülle von 2 300 Schweinemastplätzen. Zusätzlich werden die häuslichen Abwässer eingeleitet. Um die Anlage noch weiter auszulasten, hält sich Schmid die Vergärung von nachwachsender Rohstoffen von 7 ha Stilllegungsfläche offen. Auch das alte Güllelager unter dem Stall hat noch Verwendung gefunden: Es ist nun zu Güllekanälen umgebaut, deren Inhalt jede Woche in die Vorgrube entleert wird. Gleichzeitig dienen die Kanäle als Puffer oder verlängerte Vorgrube, wenn in Zukunft mehr nachwachsende Rohstoffe (Mais, Gras) mit in der Anlage verwertet werden sollen. Inzwischen hat sich die Biogasanlage für Schmid zu einen weiteren Betriebszweig gemausert. Denn durch die neue Einspeisevergütung verdient er jetzt neben den vielen Vorteilen für seinen Betrieb auch richtig Geld. Sein Fazit: „Ich bin froh über diesen Schritt, weil die schlechten Rahmenbedingungen ein Wachstum in der Schweinehaltung im Moment nicht zulassen!“ gene Betriebe Regelungen geschaffen, wodurch sie ihre häuslichen Abwässer in Verbindung zusammen mit der Gülle auf betriebseigene Ackerflächen aufbringen dürfen. Unter den Begriff „häusliche Abwässer“ fallen dabei die Abwässer der Betriebsleiterwohnung, eines Austragshauses, sowie von bis zu zwölf Ferienwohnungen. Dabei müssen mindestens 8 GV pro Einwohnergleichwert vorhanden sein, damit die Verdünnung der Gülle nicht zu hoch ist und die Vergärung eine ausreichende Temperatur und Hygienisierung gewährleistet. Besonders gut gestellt könnten zukünftig auch Betriebe in Wasserschutzgebieten sein. Die Ausweitung dieser Gebiete erschwert in vielen Gegenden die uneingeschränkte Gülledüngung. Durch die bessere Pflanzenverfügbarkeit der Nährstoffe aus der Biogasgülle kann dabei Hygieneproblemen und Nitratauswaschung begegnet werden. In Baden-Württemberg ist es mittlerweile einigen Biobetrieben mit Ausnahmegenehmigungen in Wasserschutzgebieten erlaubt, anstelle des Festmistes vergorene Gülle auszubringen, da diese Betriebe bei der Düngung auf wirtschaftseigene Düngemittel angewiesen sind. Wissenschaftlich untersucht wird dieser Effekt zurzeit in einem vom Land Nordrhein-Westfalen geförderten Projekt in der Nähe von Aachen. Wir fassen zusammen Bei der Frage: „Passt eine Biogasanlage in meinen Betrieb“ sind nicht nur die betriebliche und persönliche Eignung gefragt. Wichtig dafür sind z. B. eine ausreichende Menge an Biomasse, verfügbare Arbeitszeit oder die Möglichkeit, vorhandene Güllelager kostengünstig zu Fermentern umzurüsten. Zünglein an der Waage können aber oft auch zusätzliche Effekte sein, die sich aus der Verwertung des „Abfallproduktes“ Wärme oder aus den veränderten Gülleeigenschaften ergeben. Eine genaue Abwägung ist gefragt, denn nur in der Kombination dieser verschiedenen Effekte wird eine Biogasanlage rentabel und damit wirklich zu einem zusätzlichen Standbein! -neu- top agrar 8/2000 91
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