Was wir beim „Funkenfeuertreffen“ gelernt haben… von Mira Gerbode, Freilernende und Freiwirkende im Experiment Selbstlernstudium in Bildung zum Schutz der Erde / Mitweltbildung Ich möchte euch einmal erzählen, was für eine wundervolle Erfahrung wir – eine Gruppe aus sieben Leuten, bei einem gemeinsamen Treffen – dem „Funkenfeuertreffen“ vom 1. bis 6. Januar 2016 hier in Esselbach, bei Würzburg, gemacht haben. So etwas habe ich vorher noch nie erlebt… Ein vielleicht schnöder durchschnittlicher Titel, aber was das Besondere war – und worin der Name es auch wieder trifft, in diesen sechs Tagen entstand auf allen Ebenen ein großes Feuer. Wir, das waren Christina, Thomas und ich, organisierten das Treffen als Dreierteam. Es war eine gute Zahl, denn einer allein ist zu unkreativ und zwei stehen sich immer mit den Meinungen gegenüber und können auch schneller stocken. Doch drei, das fühlte sich genau richtig an. So planten wir zunächst eine grobe Struktur (grün, schwarz & lila unterlegte Felder) Zeit 8:00 9:00 9:15 – ca. 13:00 13:00 – 14:30 14:30 – ca. 15:15 15:15 18:30 18:30 – 19:30 19:30 – 21:00 ab 21:00 Freitag Samstag Frühstück „Energizer“ Organisatorische und strukturelle Absprachen, Kennen lernen Sonntag Frühstück „Energizer“ Mein Lebenstraum – meine Projektidee Montag Frühstück „Energizer“ Vorstellung des Konzepts „Bildung zum Schutz d. Erde“, Diskussion: Vorund Nachteile eines Netzwerkes Dienstag Frühstück „Energizer“ Entwicklung der Projektideen in 3er Gruppen, Austausch im Plenum Kochen, Mittagessen Zeit für sich selbst Kochen, Mittagessen Zeit für sich selbst Kochen, Mittagessen Zeit für sich selbst Kochen, Mittagessen Zeit für sich selbst Anreise Persönlicher Gang durch die Natur: Rückblick auf das Jahr 2015, wo stehe ich gerade? Open Space: Visionssuche in der Natur (Sven), gemeinsames Ritual Abendessen Kennenlernen Abendessen Open Space: Raum für persönliches Thema einer Beteiligten, Unterhaltung über Besonderheit dieses Treffens: Jeder fühlt sich als Leiter/in, Coach Abendessen Open Space: Walk & Talk in 2er/3er Gruppen: „Was heißt für mich gutes Leben?“, Austausch in Gruppe, Silent discussion: Inneres Glück (Hanna, Christina) Abendessen Open Space: Japanischer Butoh Tanz (Mira) Open Space: Tiefenökologie (Hanna) Gemeinsame Reflektionsrunde Gemeinsame Reflektionsrunde Open Space: „Der Tanzbär“ (Thomas), freie Gespräche Gemeinsame Reflektionsrunde Abendessen Mittwoch Frühstück „Energizer“ Rückblick/ Fazit: Was macht eine funktionierende Gemeinschaft aus? Persönliche & Gruppenreflektion, Rollenspiel „Polizisten in unseren Köpfen“ Kochen, Mittagessen Abfahrt Open Space: (Polyamore) Beziehungen (Zweiergespräche) Gemeinsame Reflektionsrunde Zum Gruppenprozess Besonders wichtig war es uns, dass dieses Treffen im Gegensatz zu einem Seminar eine ganz besondere Qualität besitzt, nämlich die, dass die Beteiligten mal nicht Schüler/in, Studierende oder Teilnehmer/innen sind, sondern dass sich alle als gleichwertig Beteiligte und Kreierende des Treffens verstehen und fühlen. Somit entwickelte jede/r einzelne mit der Zeit aus sich heraus eine aufmerksame, verantwortungsvolle und einfühlsame Haltung. Diese innere Haltung in der Gruppe einzunehmen und fühlen zu lernen, war ein wichtiger Schritt des gesamten Prozesses. Wie kam es dazu? Wie man bereits im Ablaufplan sieht, entwickelte sich am Sonntag ein ungeplanter Open Space. Eine Beteiligte konnte nichts mit den Fragen zum vorigen Thema (Mein Lebenstraum – meine Projektidee) anfangen. Sie bewegte sich nur noch in ihrem Kopf und hatte nicht das Gefühl produktiv arbeiten zu können, zumal persönliche, ungeklärte Fragen in ihr hochkamen. Als sie spürte, dass sie sich aus dem nächsten Open Space rausziehen wollte, um sich allein zu beruhigen, kam nach einer Weile, die Gruppe auf sie zu. Diese hatten versucht ohne sie weiterzumachen, doch fühlten sie sich noch so berührt von dem, was die Beteiligte kurz kommuniziert hatte, dass sie entschieden: „Ihre Fragen sollen einen Raum bekommen und es ist uns wichtig, persönliche Themen gemeinsam zu teilen und füreinander da zu sein.“ Also suchten sie das Gespräch mit der Beteiligten und diese begann zu erzählen. Nachdem sie fertig war, machte die Gruppe eine Runde, in der alle erzählten an welchem inneren Punkt (in diesem Fall zum Thema „mein Lebenstraum- meine Projektidee“) sie gerade standen und was sie persönlich jetzt gerade konkret daran hinderte, in diesem Lebenstraum ihrem Herzen zu folgen. Bei diesen Gesprächen lernten wir, mit dem Herzen zuzuhören. Wenn Einzelne über persönliche Blockaden, Ängste oder Herausforderungen sprachen, versuchten wir die Themen in der Tiefe zu erfassen und die Person aus unserer liebevollen Wahrnehmung heraus zu spiegeln oder Erfahrungen aus dem persönlichen Leben zu teilen. Wir alle waren tief beeindruckt, wie jede/r seinen/ihren Anteil mit in die Gruppe gab und wie tief wir dabei uns selbst erkennen konnten. Eine vertrauensvolle, uns gegenseitig annehmende und sehr ehrliche Basis war geschaffen worden. Und diese vertiefte sich mit der Zeit mehr und mehr und führte dazu, dass wir immer schneller lernten, innere Impulse und Unstimmigkeiten (also ausgelöste Gefühle – Indiz für Blockaden, Ängste, und ungelöste Konflikte) im auftauchenden Moment zu spüren und sie dann ehrlich zu kommunizieren. An dieser Stelle war jedes Mal die Gruppe dazu aufgerufen „mit dem Herzen“ zuzuhören um zwischen den Zeilen die Botschaft und das dahinterstehende Thema zu verstehen. Gemeinsam lösten wir so einen „Konflikt“ nach dem anderen. Und machten an dieser Stelle die Erfahrung, was passiert, wenn man mal wirklich kommuniziert, was in einem vorgeht. Drei Dinge geschahen, wenn wir uns trauten sie auszusprechen: • Die Angst vor einer negativen Reaktion/Abwendung der Anderen löste sich auf, weil alles was angesprochen wurde, (wenn man mal ehrlich war) irgendwo auf Resonanz stoß bzw. bereits unbestimmt im Raum spürbar gewesen war • Inneres Wachstum: Selbsterkenntnis, sowohl bei der Person, die etwas anspricht, als auch bei allen anderen, da die Themen eigentlich jede/r von sich kennt; durch die Verbundenheit der Gruppe fühlt man jedes Mal mit, wenn eine/r sich öffnet und so ist es, als würde man selbst dort stehen und den Mut aufbringen etwas anzusprechen (man lernt also „ich kann mit allem kommen“) • Durch den darauf folgenden Gruppenprozess, der die Dinge sichtbar macht und dann löst, entsteht eine immer tiefere Verbundenheit zwischen allen, das wird als positiv und erleichternd empfunden Ich möchte diesen Prozess mit einem Bildnis beschreiben. Stellt euch vor, jede Person ist eine Farbe des Regenbogens. Person A ist rot, Person B blau usw. Wenn alle Farben sich verbinden dann entsteht Weiß – die Klarheit. Zum neuen Ablauf… Dinge können nur passieren, wenn wir ihnen • Einen Boden geben. In diesem Fall waren es folgende Faktoren: kleine Gruppe, sechs Tage hintereinander, Wohlfühlatmosphäre. In anderen Fällen kann es z.B. sein: Ort zum Leben, finanzielle Basis, Struktur • einen Raum geben. In diesem Fall: flexibler von allen Beteiligten kreierter Ablaufplan, Freiraum für Open Space, Reflektionsrunden, Achtsamkeit gegenüber persönlichen Bedürfnissen und die der Anderen • eine Decke geben. In diesem Fall: Achtsamkeit, wann ziehen sich Prozesse in die Länge, ohne dass sich etwas verändert, wann werden einzelne gelangweilt, wann nehmen uns die Themen Energie Zum Schluss zwei Dinge, die ich an dieser Stelle nochmal hervorheben möchte. Die „Konflikte“ mit denen wir uns beschäftigten, hatten immer einen konkreten Bezug zu dem was passierte. Was meint, dass unsere Gruppenkonstellation so wie sie war aus sich heraus bestimmte Themen (z.B. Minderwertigkeitsgefühl) hervorrief. Das war sehr wichtig. Denn aus dem Kopf gezogene innere Konflikte drehen sich oft nur im Kreis und ziehen die gesamte Gruppe nach unten. Entstehen sie aber vor Ort so werden es auf einmal Themen die alle mehr oder weniger betreffen, wo jede/r lernen kann, sie frühzeitig wahrzunehmen und wo wir endlich lernen können Dinge sofort da wo sie entstehen auszusprechen und sie nicht mit uns herum zu tragen. Und als zweites möchte ich aufrufen zur Klarheit. Es geht nicht darum wenn jemand etwas teilt, Mitleid zu zeigen oder sich stundenlang zu trösten. Sondern es geht darum, dass wir als Gesellschaft verstehen, dass es Zeit ist, Konflikte nicht mehr mit uns „rum zu tragen“, sondern sie an ihrer Wurzel zu verändern/ zu lösen. Wenn uns also etwas geteilt wird, dürfen wir klar (und manchmal wird das falscherweise als „hart“ verstanden) aber neutral spiegeln. Zusatz: Zu unseren Methoden… • Kurz in uns spüren - Eine Beteiligte warf immer wieder den Wunsch in die Gruppe, dass alle vor Entscheidungen oder nach Prozessen kurz die Augen schließen, um in uns hinein zu spüren, was wir gerade wollen/ brauchen bzw. ob wir wirklich alles gesagt haben und keine Unstimmigkeiten/ Unklarheiten mehr in uns spüren • Walk & Talk, Gesagtes spiegeln – Zum Thema „Wie stelle ich mir gutes Leben vor?“ bildeten wir 2er- und 3er Gruppen und machten gemeinsam einen Spaziergang, bei dem jede/r (nachdem er/sie kurz in sich gegangen war) nacheinander über seine Vorstellungen zu der Frage erzählte. Die jeweils andere Person hörte gut zu, versuchte die Essenz daraus zu verstehen und wiederholte/ „spiegelte“ daraufhin den Kern des Gesagten (Möglichkeit Kernaussagen herauszuarbeiten, sich selbst von außen betrachten) • Silent discussion – eine sehr bewährte Methode bei mehreren Fragen und Personen. Es gibt verschiedene Blätter mit jeweils einer Frage darauf. Bei 7 Personen sind es z.B. 8 Fragen, somit kann immer die Person, die fertig ist, ihr Blatt mit dem in der Mitte austauschen, bis am Ende alle etwas zu allen Blättern geschrieben haben. Dann liest man sie sich gegenseitig vor. Vorteil: man muss nicht zuhören, sondern kann die ganze Zeit etwas tun. Man kann sich so viel Zeit nehmen, wie man will. Kein „Battle“ um den „Redeanteil“. Unsere Fragen waren: Was macht mich glücklich? Wo suche ich mein Glück? Wo finde ich mein Glück? Welche Rolle spielt meine Partnerschaft für mein Glück? Welche Rolle spielt Gemeinschaft für mein Glück? Welche Rolle spielt meine Spiritualität? Welche Rolle spielt mein Wirken für andere? Glücklich sein (dürfen) angesichts dessen was alles schief läuft in der Welt? Mögliche Selbstbeobachtung: Wie viel Platz vom Blatt nehme ich ein, trifft das auch auf mein Verhalten im Alltag zu? • Kennenlernen (hiervor kann man einige Ideen auswählen) - Erwartungen aufschreiben „Das Seminar war ein voller Erfolg, wenn…“ und gegenseitig mitteilen (am letzten Tag griffen wir wieder auf die Erwartungen zu und schauten, ob sie eingetroffen hatten) - Zwei wahre Aussagen und eine „Lüge“/falsche Aussage werden über sich selbst aufgeschrieben. Der Zettel wird an den eigenen Rücken geklebt, man geht umher und - - macht bei den anderen Häkchen bei den Aussagen, die man für richtig hält, 1. Runde: schöne Erlebnisse aus 2015, 2. Runde: was ich gut kann, 3. Runde: etwas überraschendes über mich, was ihr kaum glauben werdet Zwei unterhalten sich darüber wer sie sind/ ihr Leben, dann stellen sie sich gegenseitig vor der Gruppe vor (intensiver Zweieraustausch, gleichzeitig „filtert“ man sich gegenseitig und teilt so nur die für die Gruppe am spannendsten Dinge mit) Persönliches Plakat: „Was hat mich am meisten geprägt?“ „Was will ich in meinem Leben unbedingt noch machen?“ „An welchen Herausforderungen stehe ich gerade?“ Plakate mit Fragen, die an verschiedenen Orten ausgehängt werden und während des gesamten Seminars beantwortet werden können (z.B. auf dem Klo, in der Küche) Bis zum Tag X können sich Fragen überlegt werden, dann wird damit eine „Silent discussion“ oder ein Open Space gemacht • Lieblingsplatz im Wald – zum Thema „Rückblick auf das Jahr 2015, wo stehe ich?“ gingen wir alleine und schweigend in den Wald, um erstmal ein bisschen bei uns anzukommen, nach einer Weile konnte man den Fragenzettel und ein Notizbuch herausholen und sich mit den Fragen auseinandersetzen, alternativ: im Seminarhaus aufschreiben (wichtig war es uns, das die Fragen nicht vorher durch gelesen wurden, sodass wirklich erst Raum war, den Kopf leer zu bekommen; wichtig war auch, dass dieser Lauf Abends stattfand und sich jede/r somit so viel Zeit nehmen konnte, wie er/sie wollte) - Was durfte ich dieses Jahr lernen? Wofür bin ich dankbar? - Was steht an? Was will ich anpacken und verändern? - Was sind meine nächsten Schritte, die ich tun will? - Wie kann ich mein volles Potenzial entwickeln? - Wie kann ich meine Energie bündeln? • Open Space: Visionssuche – unsere Aufgabe war es nach draußen zu gehen (über eine „Schwelle“ tretend – z.B. bewusst über einen Stock treten, um nun in diesen Selbsterfahrungsraum mit der Natur einzutreten) und entweder einen Kraftsatz oder eine Frage zu stellen. Dann sollten wir alles was uns auf unserem „Spaziergang“ begegnete genau wahrnehmen, denn in allem konnte eine Antwort auf unsere Frage stecken. (Stammt aus dem Konzept für „Visionssuchen“, Ziel: Verbundenheit zur Natur, die symbolische Sprache der Natur verstehen/ fühlen), in einem anschließenden kleinen Ritual teilten wir unsere Erfahrungen miteinander und wurden vom Open Space Anbietenden „gespiegelt“ • Brainstorming in 2 Phasen – Zum Thema „Entwicklung der Projektideen“ Nachdem wir uns zum Thema „mein Traumprojekt – meine Projektidee“ erst einmal alleine mit folgenden Fragen beschäftigt hatten…: - Was würdest Du tun, wenn Geld in deinem Leben keine Rolle spielen würde? (Wenn Du also lebenslänglich komplett versorgt wärst und Deine ganze Kraft und Energie in eine Sache stecken dürftest, die Du Dir selbst aussuchen könntest) - Was ist Dein Lebenstraum, Deine Herzenssache, für die Du Dich einsetzen möchtest? - Was hindert Dich (noch) daran, Deinem Herzen zu folgen? - Wie kannst Du aus Deinem Lebenstraum eine konkrete Projekt- oder/und Unternehmensidee entwickeln? - Wie findest Du die Schritte, um Deinem Lebenstraum näher zu kommen und irgendwann so wirken zu dürfen, wie Du es Dir im Innersten wünschst? - Welchen Aspekt Deines Traums von einer besseren Welt kannst Du vielleicht heute schon ein Stück weit verwirklichen? - Wie kannst Du ein eigenes Projekt entwickeln oder gar eine eigene freiberufliche Existenz gründen? … folgte dann die nächste Phase, in der wir zuerst alle möglichen Projektideen sammelten, die uns in der letzten Zeit durch den Kopf gegangen waren und verteilten dann Punkte, welche dieser Themen am spannendsten waren. Daraufhin bildeten wir jeweils 3er oder 4er Gruppen, um gemeinsam zu dem Thema zu brainstormen. Nach 30min wechselten wir die Gruppen (eine Person blieb beim Plakat, um es der nächsten zu erläutern) und wieder begann ein Brainstorming, aber bereits auf Basis von dem, was die erste Gruppe erarbeitet hatte. Zum Schluss stellten wir uns die Projektideen gegenseitig vor. (Diese beiden Phasen wiederholten wir zu weiteren Themen) • 5-Finger Feedback – Um nach der Woche ein Feedback für das Seminar zu bekommen, wählten wir die 5-Finger Methode. Man mal eine große Hand auf ein Plakat. In den Daumen kann jeder hineinschreiben, was ihm/ ihr gut gefiel. In den Zeigefinger: worauf man aufmerksam machen möchte/ hinweisen möchte. In den Mittelfinger: was man blöd fand. In den Ringfinger: das ging einem an´s Herz/ war sehr berührend. Und in den kleinen Finger, das was einem zu kurz kam. Gefördert durch Think Big ist ein gemeinsames Programm der Fundación Telefónica und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung gemeinsam mit O2. Wir danken herzlich für die finanzielle Unterstützung dieses Projekts.
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