Verteilungskonflikte in Städten. Armut am Stadtrand und Gentrifizierung im Zentrum? Prof. Dr. Martina Löw Technische Universität Berlin, Institut für Soziologie, Planung- und Architektursoziologie Seit dem Bericht der Bundesbank (Kalckreuth u.a. 2012) ist es in aller Munde: Die Vermögen sind in Deutschland besonders ungerecht verteilt. Nicht nur sind im europäischen Vergleich die Vermögen der deutschen Haushalte besonders niedrig, sondern Besitz ist zudem besonders ausgeprägt konzentriert in den Händen von wenigen: „60 Prozent des gesamten Nettovermögens (sind, ML) in den Händen der oberen 10 Prozent der Haushalte konzentriert“ (Willke 2011: 11). Diese Ungerechtigkeit empört, doch es kommt nicht zu Massendemonstrationen vor dem Bundestag. Vielmehr sind es die Städte, die zu den Orten geworden sind, in denen sich Unmut über ungleiche Verteilung artikuliert. In einer globalisierten Welt sind die Städte unser Zuhause geworden. Mit Städten identifizieren wir uns. Sätze wie „Deutscher bin ich nicht, aber Mannheimer“ hören wir in unseren Studien oft (siehe Stadtforschungsschwerpunkt 2012). Städte bieten uns Orientierung, kulturelle Heimat und die Erfahrung von Zugehörigkeit. Dazu müssen wir noch nicht einmal im Zentrum der Stadt wohnen. Auch die Vororte und ländliche Regionen richten sich auf die nahe gelegene Stadt aus. Erinnern Sie sich an Tania Blixens Roman „Jenseits von Afrika/out of Africa“ (verfilmt mit Robert Redford und Meryl Streep). Auf einer Farm lebend schreibt sie über Nairobi: “Es gibt kein Leben, in dem nicht eine Stadt eine Rolle spielt, und es macht wenig aus, ob man ihr wohl oder übel gesinnt ist, sie zieht die Gedanken an sich nach einem geistigen Gesetz der Schwere“ (Blixen 1986, orig. 1937: 18). Städte sind Orte, an denen das Gefühl, „etwas zu brauchen“ artikuliert wird, nämlich sichere, nicht krank machende, bezahlbare eigene Räume sowie auch ästhetisch ansprechende, sozial nicht ausgrenzende gemeinsame Räume. Doch, schaut man genauer hin, so liegt einiges im Argen: In einem stark marktwirtschaftlich geprägten Wohnungsmarkt und als Resultat der Ungleichverteilung der Vermögen nimmt sowohl die Nachfrage nach sehr teuren als auch nach sehr billigen Wohnungen zu (Häußermann 2011: 80). Wir erleben eine soziale Polarisierung in den Städten, in denen im Zentrum die hoch qualifizierten Dienstleistungen angeboten werden, die auch die Nachfrage nach zentrumsnah hochwertigen Wohnungen ansteigen lässt. Zugleich wächst aber auch der Bereich unterstützender Dienstleistungen – manche sogar dem Niedriglohnsektor zuzuordnen – Hausmeister, Putzkräfte, Friseure, Erzieherinnen, Verkäufer etc. (Sassen 1991). Da die einkommensschwachen Haushalte jedoch nur an den Rändern der Stadt Wohnraum finden, versammeln sich die Ärmeren und Armen, nicht selten mit migrantischem Hintergrund, in homogenen eigenen Vierteln zum Teil mit schlechter Infrastruktur. Wir sind derzeit mit zwei Verteilungskonflikten in Städten gleichzeitig konfrontiert: Mit Armut am Stadtrand erstens und mit einer – Gentrifizierung genannten – Aufwertung und Umwidmung der letzten noch verbleibenden, nicht so wohlhabenden innenstädtischen Stadtteile durch Zuzug von neuen reicheren Bevölkerungsgruppen zweitens. Ob daran die sogenannte Mietpreisbremse etwas ändert, bleibt abzuwarten. Schauen wir uns die Prozesse genauer an! Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (2012) leben vor allem arme Familien mit Kindern in Großstädten immer häufiger in marginalisierten Quartieren am Stadtrand. In diesen Vierteln liegt die Kinderarmutsquote 50% über dem Durchschnitt im Vergleich zum Rest der Stadt. Das Problem ist, dass trotz vieler Bemühungen, die Frauenerwerbsquote zu steigern, die „Zahl der Paargemeinschaften, in denen beide Partner vollerwerbstätig sind, sank“ (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2013: 126). Die Ursachen hierfür sind gleichermaßen in Geschlechterkonstruktionen, Mutterschaftsbildern und schlechten Arbeitsmarktbedingungen für Geringqualifizierte zu suchen. Da viele Tätigkeiten so schlecht bezahlt sind, dass man von einem Einkommen nicht leben kann, führt ein Alleinverdienst häufig in die Armut. Wenn dann noch durch Scheidung, Trennung oder ein Sterbefall die finanzielle Absicherung weiter gefährdet ist und Kinder allein versorgt werden müssen, dann ist die Armut endgültig nicht mehr abzuwehren. Dabei gehen durchaus über ein Drittel derjenigen, die Leistungen nach dem SGB II (Sozialgesetzbuch/Grundsicherung für Arbeitssuchende) beziehen, einer Erwerbstätigkeit, meist in Teilzeit, nach. Rund sechs Prozent müssen gar trotz Vollzeittätigkeit aufstockende Leistungen in Anspruch nehmen (ebda.: 128). Viele dieser Haushalte leben für die Mehrheit unsichtbar am Stadtrand. Man spricht von einer Überbelastung durch die Miete, wenn die Mietkosten 40% des verfügbaren Einkommens überschreiten. Im Bundesdurchschnitt stehen 8% der Haushalte vor dem Problem, dass sie mehr als 40% ihres Nettoeinkommens für die Bruttokaltmiete ausgeben müssen. Schaut man dabei nur auf die Haushalte unterhalb der definierten Armutsrisikoschwelle, dann müssen gleich 21 % der Haushalte mit einer Mietbelastung über 40 Prozent ihrer Einkommen zurechtkommen (und die Zahl ist in den letzten sieben Jahren von 15% auf 21% gestiegen) (ebda.: 388). Diese suchen derzeit oft verzweifelt bezahlbaren Wohnraum und werden bestenfalls am Stadtrand fündig. Stadträumlich müssen wir konstatieren – so ist es auch im Armutsbericht der Bundesregierung zu lesen, welcher außer Verdacht steht, das Armutsproblem zu übertreiben – „dass die soziale Segregation in den deutschen Städten in den letzten Jahren zugenommen hat“ (ebda.: 133). Das heißt, die Konzentration von einkommensschwachen Haushalten in wenigen, in der Regel randständigen, Vierteln und Quartieren steigt (siehe auch Aehnelt u.a. 2009). Die Zeiten, die mit Pendeln zum Arbeitsplatz verbracht werden, die Kosten, die dadurch verursacht werden, steigen damit auch. Zudem haben schlechte Wohnbedingungen in den Quartieren, hohe Umweltbelastungen durch Luftschadstoffe, Lärm, Mangel an Grünzonen und Spielplätzen negative Effekte sowohl auf die Gesundheit, auf das allgemeine Wohlbefinden und sie sind Verstärker von Ausgrenzungserfahrungen insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Die Ursache hierfür ist, dass solche Stadtquartiere häufig entlang großer Verkehrsachsen am Stadtrand liegen. Die Folgen sind unübersehbar, z.B. kann das Auftreten von Krankheiten wie Bronchitis, Lungenentzündung und Nasennebenhöhlenentzündung bei Kindern nachweislich auf die benachteiligte Wohnlage zurückgeführt werden (Gottschalk u.a. 2011). Es gibt derzeit in vielen Städten das Problem, dass bezahlbarer Wohnraum knapp ist. Zudem sind in Deutschland nur 21 Prozent der Haushalte mit der Wohnungsgröße unzufrieden, doch fragt man die Familien mit Kindern, dann steigt die Unzufriedenheit deutlich an. Gleich 41 Prozent der Haushalte mit Kindern erfahren ihren Wohnraum als zu eng (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2013: 135). Gerade für Familien ist es in vielen Städten nicht einfach, geeigneten Wohnraum zu finden. Es gibt derzeit in vielen Städten das Problem, dass bezahlbarer Wohnraum knapp ist. Zudem sind in Deutschland nur 21 Prozent der Haushalte mit der Wohnungsgröße unzufrieden, doch fragt man die Familien mit Kindern, dann steigt die Unzufriedenheit deutlich an. Gleich 41 Prozent der Haushalte mit Kindern erfahren ihren Wohnraum als zu eng (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2013: 135). Gerade für Familien ist es in vielen Städten nicht einfach, geeigneten Wohnraum zu finden. Viele Städte bemühen sich nun darum, Gentrifzierung zu kontrollieren, denn nimmt sie ungebremst ihren Lauf, so wird ein Prozess in Gang gesetzt, an dessen Ende nur noch Wohlhabende im jeweiligen Stadtteil leben. Die erste Phase von Gentrifizierung ist die Heterogenisierung eines Stadtteils. Das wollen alle, es löst diese Enklaven der armen Bevölkerungen auf. Doch dann kippt diese an sich positive Entwicklung. Die ursprünglichen Einwohner werden verdrängt; die innenstädtischen Quartiere werden homogen und dadurch auch langweilig. Mehr einkommensschwache Haushalte müssen an den Stadtrand ziehen, doch diese Quartiere für einkommensschwache Bevölkerung sind ökologisch, sozial und pädagogisch nicht zu vertreten. Zu groß sind die Nachteile für alle. An New York ohne Strom während des Hurrikan Sandy konnte man beobachten, wie umfassend und keineswegs nur technologisch der Zusammenbruch des städtischen Lebens ist, wenn die Anbieter ganz grundlegender Dienstleistungen nicht mehr in die Stadt zu ihrem Arbeitsplatz kommen können, weil Transportwege zusammenbrechen. An manchen Tagen war es schwierig, nur eine Flasche Milch zu kaufen, weil weder die Waren noch die Verkäufer in die Stadt kamen. In den Zentren gibt es weder große Warenlager noch bezahlbaren Wohnraum für Verkäufer. Soziale Segregation im städtischen Raum schadet also allen. Was kann man tun? Die Stadt kann selber Wohnungen unterhalten. Die Zahl der Wohnungen mit Sozialbindung ist in den letzten Jahren jedoch stark gesunken. Das Problem ist, dass die Sanierung der Wohnungen oft so teuer ist, dass die Städte die Mieten bezuschussen müssen, wenn sie günstig bleiben sollen. Auch Neubau ist für die Städte ein Verlustgeschäft. Sie müssten zu viel Geld in die Hand nehmen, das sie nicht haben. Also brauchen wir eine Bundesförderung für jene Städte, die offensichtlich landesweit und international für attraktiv erachtet werden und deren Mietpreise ständig steigen. Eine hilfreiche Geschäftsidee ist es auch, günstiger zu bauen. Bauen kann sich auch lohnen, wenn Anforderungen an Wohnungen neu geprüft werden. Nicht immer muss Qualität teuer sein. Braucht man z.B. wirklich eine Gästetoilette? Gleichwohl haben wir uns gesellschaftlich auf Standards geeinigt: Wenn die Stadt Wohnungen baut, dann verpflichten wir die Kommune barrierefrei und energiearm zu bauen. Das kostet zusätzlich Geld. Wenn gesellschaftliche Ideen der Nachhaltigkeit nicht aufgegeben werden sollen, dann muss es eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung für städtischen Wohnungsbau geben. Aus den Erfahrungen mit Armutsquartieren am Stadtrand lässt sich nur eines lernen: Sozial ist es unvertretbar (man bedenke auch die symbolische Wirkung), die einkommensschwachen Haushalte an den Stadtrand zu drängen. Hinzukommt, dass es ökologisch unverträglich ist, immer weitere Areale zu versiegeln. Das bedeutet faktisch, die Herausforderung für das 21. Jahrhundert in den Städten besteht darin, die Städte weiter zu verdichten (Häuser aufzustocken, Brachen zu bebauen, leerstehenden Büroraum umzuwidmen etc. und dabei auf die Mischung sozialer Gruppen zu achten). Es lässt sich aber noch mehr tun. Während in den Großstädten die Mietpreise kräftig steigen, gibt es auch ganz andere Fälle: Chemnitz, Rostock oder Bremerhaven z.B. erlebten einen Mietpreisverfall. Die gesamtgesellschaftliche Frage muss lauten: Was können diese Städte, die häufig für ihre Bewohner/-innen, aber nicht für Umzugswillige, attraktiv sind tun, damit sich Liebhaber/-innen von Städten nicht nur auf einige wenige Städte konzentrieren, sondern auch diese Städte als Wohnort in Erwägung ziehen? Auch Wirtschaftsunternehmen siedeln sich neu vor allem dort an, wo sie damit rechnen können, dass ihre Mitarbeiter dort gerne wohnen werden. Die Antwort lautet: Städte müssen ihre Gewohnheiten stärker reflektieren, um die Dynamik von Gewinner- und Verliererstädten zu durchbrechen. Bewohner/-innen in Städten entwickeln gemeinsame Routinen, Selbstverständlichkeiten und Weltsichten, die dazu führen, dass Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik und Kultur sich in Wiederholungszwängen verfangen. Eine in der Vergangenheit getroffene Entscheidung wird oft wieder im gleichen Sinne getroffen, ohne dass je die Folgen in den Blick genommen wurden. Ein Leitsatz bleibt gerne über Jahrhunderte unwidersprochen in den Köpfen vieler. Das stärkt die einen und schwächt die anderen Städte. Jede Stadtentwicklungsstrategie muss zu dem Punkt vordringen, die Eigenlogik dieser Stadt zu verstehen, um Veränderungen zu ermöglichen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Gerade in der konkreten Arbeit mit Stadtverwaltungen zeigt sich, dass in Städten häufig lang etablierte Leitsätze das Handeln strukturieren. In unserer Studie im Auftrag der Stadt Mannheim zeigt die historische Analyse von Dieter Schott z.B., dass Mannheim ein Selbstverständnis entwickelt hat, den Herausforderungen „aus eigener Kraft“ begegnen zu können und den Aufstieg „aus eigener Kraft“ erreicht zu haben, gerade weil seine Geschichte von radikalen Brüchen und Wechseln geprägt war. Seit 1907 ist der Anspruch „Wir schaffen es aus eigener Kraft“ und das Selbstbild der eigenen Kraft eine stereotype Akzentuierung, die sowohl Anlass zu städtischem Selbstbewusstsein ist als auch Forderung (z.B. an die Landesregierung), nun doch mal helfend einzugreifen (siehe Stadtforschungsschwerpunkt 2012). Ein solcher Leitsatz bleibt nicht folgenlos! Wie jede andere europäische Stadt auch ist Mannheim in ein weltweites System an Informations-, Finanz- und Migrationsflüssen eingebunden und doch fehlte der Stadt bislang jede Vorstellung über die eigene Rolle in der Welt. In Mannheim kursiert der Satz: Wer nach Mannheim kommt, weint zweimal. Einmal wenn er hierhin muss und dann wenn er wegziehen muss. Der Satz ist nett gemeint, sagt er doch, dass man Mannheim lieben lernt. Aber er drückt eben auch aus, dass man nicht gerne und nicht freiwillig nach Mannheim zieht. Experten aus Wirtschaft, Politik und Kultur sowie die Bürger selbst können viel über die integrative Kraft von Mannheim berichten, Zuziehende fühlen sich schnell als Teil der Gemeinschaft, doch das Außen der Stadt bleibt auffällig unbeschrieben. Während man in Frankfurt viel über sich selbst als Knotenpunkt in einer weltweiten Ordnung der Städte nachdenkt und gerne positiv über sich berichtet, erscheint den Mannheimern Werbung für die Stadt suspekt. Repräsentative Bauten erscheinen noch immer anrüchig. Ein solcher Leitsatz bleibt nicht folgenlos! Wie jede andere europäische Stadt auch ist Mannheim in ein weltweites System an Informations‐, Finanz‐ und Migrationsflüssen eingebunden und doch fehlte der Stadt bislang jede Vorstellung über die eigene Rolle in der Welt. In Mannheim kursiert der Satz: Wer nach Mannheim kommt, weint zweimal. Einmal wenn er hierhin muss und dann wenn er wegziehen muss. Der Satz ist nett gemeint, sagt er doch, dass man Mannheim lieben lernt. Aber er drückt eben auch aus, dass man nicht gerne und nicht freiwillig nach Mannheim zieht. Experten aus Wirtschaft, Politik und Kultur sowie die Bürger selbst können viel über die integrative Kraft von Mannheim berichten, Zuziehende fühlen sich schnell als Teil der Gemeinschaft, doch das Außen der Stadt bleibt auffällig unbeschrieben. Während man in Frankfurt viel über sich selbst als Knotenpunkt in einer weltweiten Ordnung der Städte nachdenkt und gerne positiv über sich berichtet, erscheint den Mannheimern Werbung für die Stadt suspekt. Repräsentative Bauten erscheinen noch immer anrüchig. Was ist die Folge? Während sich anderen Ortes die Jugendlichen um Fragen von Ökologie und sozialem Zusammenhalt sorgen, ist die größte Sorge der Mannheimer Gymnasiasten, dass immer mehr als hässlich wahrgenommene Häuser gebaut werden, dass der Verkehr zu sehr dominieren wird und dass möglicherweise sogar Grünanlagen rückgebaut werden könnten. Mannheim kann nicht einfach die Rezepte der erfolgreichen Städte zu kopieren versuchen (vom Bilbao-Effekt bis zu den kreativen Szenen, die jede Stadt nun anzuziehen trachtet). Für alle stadtpolitischen Praktiken gilt: Nur der sensible Umgang mit dem Eigenen ermöglicht es auch, passgenaue Strategien zu entwickeln: das betrifft den Immobilienmarkt, die Kultur und Wirtschaftspolitik, die Architektur, ja sogar den Umgang mit Gentrifizierung etc. Nur wenn man die Strukturen versteht, die dazu führen, dass man sich selbst ein Bein stellt, lässt sich die Dynamik in Städten verändern. In einer Phase akuten Wohnungsmangels sollte das ein gesamtgesellschaftliches Ziel sein. Während also – so mein Fazit – die einen Städte Unterstützung benötigen, um auch günstigen Wohnraum zur Verfügung stellen zu können, brauchen die anderen Städte Unterstützung, um unproduktive Selbstverständlichkeiten zu durchbrechen. Wir leben in einer Phase, in der das Wohnen in den Innenstädten wieder attraktiver geworden ist. Während die einkommensstarken Doppelverdiener sich entscheiden auch mit Kindern in der Stadt leben zu wollen, weil sich die Kinderbetreuung leichter organisieren lässt, suchen ältere Menschen die kurzen Wege und die gute medizinische Versorgung wie auch das anregende Kulturprogramm. Die Jungen wollen eh den Puls der Stadt erleben. Wohnraum wird nun in vielen Städten knapp, die Mieten steigen insbesondere bei Neubezug ‐ jedenfalls in den Städten, deren Spirit attraktiv ist. Es ist unsere Verantwortung, bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen und die einkommensschwachen Haushalte in das Gesamtgefüge Stadt zu reintegrieren. Armut ist ein mehrdimensionales Phänomen. Sie basiert auf monetärer Mittellosigkeit, aber auch auf Mangel an in der Regel für unverzichtbar erachteten Gütern und Dienstleistungen. Armut ist die Erfahrung von Abhängigkeit von staatlicher Alimentierung und ein grundsätzlicher Mangel im Bereich Wohnen, Wohnumfeld, Ernährung, Gesundheit, Bildung und Freizeit (Butterwegge 2012: 17). Wohnen ist ein basaler Bereich des Lebens. Eine bezahlbare Wohnung in einem attraktiven Stadtteil löst nicht das Armutsproblem, schafft aber einen gut en Ausgangspunkt für eine Veränderung der Lebenssituation. In Europa steht die Stadt für Heterogenität. Was wir alle brauchen, das ist soziale Durchmischung in allen Quartieren: für die Wirtschaft, die Stadtkultur, die sozialen Begegnungen und als Prinzip sozialer Gerechtigkeit. Literatur Aehnelt, R. u.a. (2009): Trends und Außmaß der Polarisierung in deutschen Städten. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Bonn. Blixen, T. (1986): Afrika. Dunkel lockende Welt. Zürich: Manesse. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2013): Lebenslagen in Deutschland. Der vierte Armuts‐ und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Butterwegge, C. (2012): Armut in einem reichen Land. Wie das Problem verharmlost und verdrängt wird. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung. Deutsches Institut für Urbanistik (2012): Segregation, Konzentration, Polarisierung – sozialräumliche Entwicklung in deutschen Städten 2007–2009. Band 4. Berlin: Difu- Impulse. Gottschalk, C. u.a. (2011): Belastung einzuschulender Kinder mit Umweltschadstoffen. Ergebnisse der Schulanfängerstudie Sachsen-Anhalt. In: Umwelt und Mensch – Informationsdienst. Dessau‐Roßlau Kalckreuth, U. von u.a. (2012): The PHF: a comprehensive panel survey on household finances and wealth in Germany. Discussion Paper, Deutsche Bundesbank No 13/2012 (http://www.bundesbank.de/Redaktion/EN/Downloads/Publications/Discussion_Paper_1/2012/2012_07_10_dkp_ 13.pdf?__blob=publicationFile) (letzter Zugriff: 17.04.2013) Häußermann, H. (2011): Soziale Polarisierung der Stadtentwicklung. In: M. Messling u.a. (Hg.), Stadt und Urbanität. Transdisziplinäre Perspektiven. Berlin: Kulturverlag Kadmos, S. 79‐88. Löw, M. (2010): Soziologie der Städte. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Sassen, S. (1991): The Global City. New York, Londond, Tokyo. Princeton: Princeton University Press. Stadtforschungsschwerpunkt der Technischen Universität Darmstadt (Hrsg.) (2012): Die Seele Mannheims. Eine Studie zur Eigenlogik der Stadt. Ostfildern. Thorbecke Verlag. Willke, G. (2011): Armut – was ist das? Eine Grundsatzanalyse. Hamburg: Murmann. Wohnungsmarktbarometer (2014). München (http://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Referat-fuer-Stadtplanung-undBauordnung/Stadtentwicklung/Grundlagen/Wohnungsmarkt.html) (letzter Zugriff: 12.5.2015)
© Copyright 2025 ExpyDoc