Taffe Typen und klasse Konzepte

Betriebsleitung
Taffe Typen und
klasse Konzepte
5. Meister und MacherWettbewerb ist entschieden
Alle zwei Jahre zeichnet top agrar die besten Abschlussarbeiten
von landwirtschaftlichen Praktikern aus. Dieses Mal hat die Jury
13 taffe Typen ausgewählt. Wir stellen sie Ihnen vor.
U
nserer Jury fiel es diesmal wirklich nicht leicht, unter den vielen erstklassigen Abschlussarbeiten die Besten herauszufiltern. Anfang
dieses Jahres hatten wir zum fünften
Mal junge Landwirte dazu aufgerufen,
uns ihre mit „gut“ oder „sehr gut“ bewerteten Meister- und Fachschularbeiten aus 2011 und 2012 einzusenden.
Erstmals konnten sich auch Agrarstudenten mit besonders praxisnahen Bachelor- oder Masterarbeiten bewerben.
Diese Chance haben viele genutzt: Fast
die Hälfte der 130 eingereichten Arbeiten kamen aus dem Hochschulbereich.
Das zeigt: Auch an den Hochschulen
wird praxisnah gearbeitet!
Im Bereich „Neue Energie & Technik“ konnten wir leider keine Preise
vergeben. Für einen echten Wettbewerb wurden zu wenige Arbeiten eingereicht. Die besten Arbeiten dieser
Kategorie haben deshalb Sonderpreise
bekommen.
In dieser und der nächsten top agrarAusgabe stellen wir Ihnen alle 13 Preisträger vor. Sie haben die Jury mit ganz
unterschiedlichen Strategien überzeugt. Die einen setzen voll auf Wachstum, andere auf Kostenoptimierung
und dritte darauf, dass die Arbeit noch
zu schaffen ist. Jeder hat für sein Konzept gute Argumente. Viele Ideen haben die Preisträger schon auf ihren
Betrieben umgesetzt. Und die ohne eigenen Betrieb konnten nicht selten
ihre berufliche Existenz auf ihrer Abschlussarbeit aufbauen. Sie, liebe Leser,
werden durch unsere Preisträger sicher
viele neue Impulse bekommen.
Wir danken allen, die mitgemacht
haben, für die spannenden Einblicke in
ihre Betriebe. Alles Gute für die Zukunft!
Ihre top agrar-Redaktion
Mit einer Milchleistung von
10 500 kg pro Kuh zählt Marvin
Campes Hof zu den Spitzen­
betrieben in Deutschland.
Zusammen mit seiner Freundin
Catharina stockt er gerade auf
220 Milchkühe auf.
Alles auf Milch!
S
ich immer wieder neu zu fordern“, so
lautet die Devise von Marvin Campe
aus Staffhorst im Landkreis Diepholz.
Und gefordert wurde er bereits frühzeitig. Als sein Vater 2006 durch einen Autounfall verstarb, übernahm der damals
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top agrar 12/2013
24-Jährige den Betrieb und entwickelte
ihn kontinuierlich weiter. Dabei war er
nach dem Abschluss der zweijährigen
Fachschule in Celle gerade einmal zwei
Jahre im elterlichen Betrieb beschäftigt. Seitdem hat Marvin Campe den
Foto: Steinmann
Eigentlich wollte Marvin Campe seinen Betrieb mit Biogas breiter
aufstellen. Am Ende entschied er sich doch für die Milch.
Marvin Campe
1. Preis in der Kategorie
Tierhaltung
Abschluss: Landwirtschaftsmeister
Alter: 31 Jahre
Wohnort: Staffhorst/Niedersachsen
Betrieb: 110 Milchkühe, 120 ha
Ackerbau, 55 ha Grünland
Urteil der Jury:
• umfassende und fundierte Arbeit
• zukunftsorientiert, mutig und vorausschauend
Fremdkapitalbestand kontinuierlich abgebaut, nebenbei den Milchviehbestand
auf 110 Kühe erweitert und so den Betrieb auf den nächsten Wachstums-
schritt vorbereitet. In seiner Meisterarbeit hat er den Ist-Zustand des Betriebes
bewertet und Strategien für die Zukunft
ausgearbeitet. Weil sein Milchviehbetrieb schon sehr gut lief und es kaum
noch Optimierungsmöglichkeiten gab,
kam für Marvin Campe nur eine Erweiterung der Milchviehhaltung oder der
Einstieg in einen neuen Betriebszweig
infrage.
Breiter mit Biogas: Unter dem Eindruck der Milchpreiskrise begann Marvin Campe im Jahr 2010, sich intensiv
mit dem Thema Biogas zu
beschäftigen. Zusammen mit zwei Landwirten aus dem Ort
hatte er die Idee,
eine
Gemeinschafts-Biogas-
anlage zu bauen. Angesiedelt werden
sollte die Anlage im Nachbarort rund
4 Kilometer vom Betrieb entfernt. Das
Konzept war ausgereift: Eine NawaRo-Biogasanlage mit 530 kW elektrischer Leistung, guter Verkehrsanbindung und Wärmenutzung durch ein
Satelliten-BHKW sowie eine gesicherte
Versorgung mit nachwachsenden Rohstoffen durch die beteiligten Landwirte. Eigentlich ein perfekter Plan.
Doch am Ende scheiterte das Projekt
an der Genehmigung. Denn für ein
privilegiertes Bauen im Außenbereich
hätte die Anlage maximal 500 kW
elektrische Leistung haben
dürfen. Damit wäre aber
auch jede Erweiterung
in Zukunft ausgeschlossen
gewesen.
Und ein Sondergebiet
top agrar 12/2013
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Betriebsleitung
für die Biogasanlage wollte die Gemeinde nicht ausweisen.
Alles auf Milch! Schnell war für Marvin Campe klar: Die Milchviehhaltung
wird ausgebaut, denn hier liegen die
Stärken des Betriebes. Mit einer
Milchleistung von rund 10 500 kg pro
Kuh und Jahr zählt der Betrieb bereits
zu den Besten. Da Marvin Campe den
vorhandenen Stall und die Melktechnik
ohnehin modernisieren muss, war es
sinnvoll, dann auch gleichzeitig zu
wachsen. Denn so lassen sich die Spezialisierungsvorteile des Betriebes noch
besser ausnutzen.
Der in der Meisterarbeit entwickelte
Plan von Marvin Campe sieht einen
neuen Milchviehstall mit 200 Kuhplätzen sowie einen Doppel-14er-SwingOver-Melkstand vor. Die Investitionskosten sollten sich ursprünglich aufteilen in den Stallbau mit gut 500 000 €,
die Melk- und Stalltechnik mit rund
240 000 € sowie den Zukauf von Färsen,
Kühen und Milchquote für zusammen
190 000 €. Insgesamt kalkulierte er
knapp 1 Million €.
Diese Rechnung war der Grundstein
für die geplante Investition, die Campe
in diesem Jahr in etwas veränderter
Form umsetzt. Die Aufstockung des
Milchviehbestandes auf 220 Milchkühe
wird er in zwei Schritten vornehmen.
Die Grundfutterversorgung stellt er
über den Zwischenfruchtanbau von
Ackergras und 75 ha Silomais sicher.
Bis Jahresende bezugsfertig: Ab 2014
soll die Produktion vollständig laufen.
Durch den Stallbau und die moderne
Melktechnik verspricht sich Marvin
Campe eine Einsparung von rund
12 Stunden Arbeitszeit pro Kuh und
Jahr. Allerdings muss er in Zukunft
auch mit einem festen Mitarbeiter planen. Glücklicherweise ist er die große
Verantwortung bereits gewohnt, denn
er beschäftigt bereits zwei Auszubildende und eine Aushilfskraft.
Mit der Erstellung der Meisterarbeit
hat Marvin Campe sich selbst und seinen Betrieb intensiver kennengelernt.
Er rät anderen jungen Landwirten vor
der Erstellung der Meisterarbeit einige
Zeit auf dem eigenen Betrieb zu arbeiten und betriebliche Entscheidungen
getroffen zu haben. „Man muss sich erst
selbst kennen und einschätzen lernen,
damit man nicht die falschen Schlüsse
zieht“, schildert er seine Erfahrung.
„Denn so intensiv wie bei der Erstellung
der Meisterarbeit habe ich mich mit den
eigenen betrieblichen Zahlen vorher
noch nicht beschäftigt“, so seine Erfahrung.
Michael Steinmann
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top agrar 12/2013
„Optimieren ja,
investieren nein!“
Christian Ramelsberger kombiniert seit Kurzem Milcherzeugung mit
Hähnchenmast. Er hat geprüft, wie sich ein zweiter Maststall rechnet.
M
angelnden Unternehmungsgeist
kann man Christian Ramelsberger nicht vorwerfen. Der junge
Landwirt aus Massing im Rottal hat zusammen mit seinen Eltern Andreas und
Christa 2010 einen neuen Hähnchenstall mit 36 000 Plätzen gebaut – zusätz-
Christian Ramelsberger
gefällt die Hähnchen­
mast. Ein zweiter Stall
würde sich für ihn
derzeit aber nicht
lohnen.
lich zu den vorhandenen 72 Milchkühen und der Aufzucht aller weiblichen
Jungrinder.
Nur ein Jahr später wollte er im Rahmen seiner Facharbeit an der Höheren
Landbauschule Rotthalmünster wissen,
ob sich der Bau eines weiteren Hähn-
chenstalles mit 30 000 Plätzen lohnt.
„Der Betriebszweig gefällt mir sehr gut
und die bisherigen Ergebnisse waren
vielversprechend“, begründet Ramelsberger sein Interesse. Zudem könne er
mit der Hähnchenmast noch freie Arbeitskapazitäten verwerten, ohne sich
an feste Zeiten binden zu müssen.
Ein weiterer Grund: Ramelsberger
hat ein sehr gutes Verhältnis zum Geflügelschlachtbetrieb, der nur 500 m
von seiner Hofstelle entfernt liegt. Der
junge Landwirt ist dort auf Teilzeitbasis
beschäftigt. Auch sein Vater hilft gelegentlich aus und übernimmt Hähnchentransporte.
Sein Plan sah vor, den zweiten Stall
im Rahmen einer § 51a-Gesellschaft zu
betreiben. Denn seine Fläche von 80 ha
wäre nach Aufstockung der Hähnchenmast für eine steuerrechtlich landwirtschaftliche Produktion zu knapp. Für
die bestehende Milchviehhaltung und
Hähnchenmast reicht die Fläche aus.
Viel Risiko, wenig Rendite: Um zu se-
hen, was am Ende wirklich übrig blieb,
rechnete Ramelsberger das Projekt bis
zum Ende durch. Das Ergebnis war ernüchternd. Die Investition von mehr als
einer halben Million Euro würde den
Gewinn nur um rund 21 000 € erhöhen.
Nach Abzug der Einkommenssteuer
stünden ihm sogar nur noch 13 000 €
zur Verfügung.
„Im Vergleich zum Risiko ist die Entlohnung sehr bescheiden“, bewertet Ramelsberger das Ergebnis. Was den jungen Unternehmer vor allem stört, ist
der starke Anstieg des Fremdkapitals
und des Kapitaldienstes. „Wenn die
Schlachterlöse sinken oder die Futterpreise steigen, kann es auch für einen
stabilen Betrieb schnell eng werden“,
warnt der Landwirt. Er ist überzeugt,
dass bei jeder Investition ein gewisser
Anteil an Eigenmitteln vorhanden sein
muss, wenn sie nicht allein der Bank
und dem Finanzamt nützen soll.
Der zweite Hähnchenstall hätte die
Familie auch arbeitswirtschaftlich an
ihre Grenzen gebracht. „Ich muss damit
rechnen, dass sich meine Eltern in den
nächsten fünf bis zehn Jahren aus dem
Betrieb zurückziehen“, gibt Ramelsberger zu bedenken. „Und dann muss ich
die Arbeitswirtschaft ganz neu bewerten.“
Christian
Ramelsberger
2. Preis in der Kategorie
Tierhaltung
Abschluss: Staatlich geprüfter
Agrarbetriebswirt
Alter: 24 Jahre
Wohnort: Massing/Bayern
Betrieb: 36 000 Masthähnchen,
72 Milchkühe, 80 ha LF
Urteil der Jury:
• risikobewusster junger Mann
• wächst nicht um jeden Preis
Foto: Dorsch
Milcherzeugung optimiert: Die Fach-
arbeit hat dem jungen Landwirt auch
wertvolle Erkenntnisse für die Optimierung seiner Milcherzeugung gebracht. Reserven sieht er bei der Futterqualität und Belegdichte im Stall.
Ramelsberger achtet bei der Auswahl
der Silomaissorten jetzt mehr auf die
Energiedichte. Zudem befüllt er bei der
Maisernte gleichzeitig zwei Silos und
lässt in jedem Silo mit einem eigenen
Schlepper walzen. Er erntet das Gras
etwas feuchter und siliert Biertreber
und Nassschnitzel mit ein.
Weil der Stall ständig überbelegt war,
hat er die Kuhzahl von 72 auf 65 zurückgefahren. Außerdem selektiert er
jetzt die Jungrinder schärfer und besamt nur die Tiere mit besserer Abstammung und gutem Exterieur.
Durch die Maßnahmen ist die Leistung seiner Fleckviehherde innerhalb
eines Jahres von 6 500 auf 8 000 kg gestiegen. Er erwartet, dass sich nun auch
die Nutzungsdauer seiner Kühe deutlich verbessert.
Klaus Dorsch
Foto: Dorsch
Betriebsleitung
Stefan Rothlehner hat für sich die richtige Lösung gefunden und einen neuen Maststall gebaut.
„Ich will den Betrieb allein
bewirtschaften können“
Eigentlich wollte Stefan Rothlehner mehr Sauen im geschlossenen
System halten. Weil er dann die Arbeit nicht mehr schafft,
spezialisiert er sich jetzt auf die Mast.
A
uch mit 40 ha Fläche und 75 Sauen
im geschlossenen System lassen
sich unter Umständen gute Gewinne
erwirtschaften“, staunte Stefan Rothlehner bei der Analyse des elterlichen
Betriebes im Rahmen seiner Meisterarbeit. Dem Schweinehalter aus Dingolfing in Niederbayern wurde auch
schnell klar, warum:
• Die Stallplatzkosten waren niedrig,
weil seine Eltern vorhandene Altgebäude für die Sauenhaltung nutzten.
• Fast alle Maschinen waren abgeschrieben. Ihre Nutzungsdauer war wegen der
arrondierten Flächen und der guten
Wartung sehr lang.
• Die Tiere erreichten trotz der veralteten Ställe ein durchschnittliches Leistungsniveau. Die Sauen setzten 22 bis
23 verkaufsfähige Ferkel ab, die Tages-
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top agrar 12/2013
zunahmen in der Mast lagen bei 700 bis
750 g.
Allerdings sah der junge Landwirt bei
den Leistungen noch Steigerungspotenzial, und zwar vor allem durch eine Verbesserung der Futterhygiene. Deshalb
beschloss er, das Getreide ein zweites
Mal zu reinigen und das benötigte Futter jeden Tag frisch zu schroten. Zudem
wollte er das CCM künftig nicht mehr
im Hochsilo, sondern im Fahrsilo lagern, um das Hygienerisiko zu senken.
Den Sojaschrot stellte er von konventioneller Ware auf HP-Qualität um.
Behutsam weiterentwickeln: Bei der
Investitionsplanung behielt er die bewährten Grundsätze seiner Eltern im
Auge und strebte eine behutsame Weiterentwicklung des Betriebes an. Der
Stefan Rothlehner
3. Preis in der Kategorie
Tierhaltung
Abschluss: Landwirtschaftsmeister
Alter: 24 Jahre
Betrieb: 1 490 Mastschweine,
80 ha Ackerland
Wohnort: Dingolfing/Bayern
Urteil der Jury:
• hohes Kostenbewusstsein
• hat die Arbeit im Blick
junge Unternehmer plante, im geschlossenen System zu bleiben und den Sauenbestand auf 120 Tiere sowie die Mast
auf 1 080 Plätze aufzustocken. Weil
seine Fläche dafür nicht reichte, überlegte er, eine § 51 a-Gesellschaft mit einem Ackerbaubetrieb zu gründen.
Um sich finanziell nicht zu übernehmen, wollte der junge Unternehmer nur
den Aufzucht- und Maststall neu bauen
und die Sauenhaltung in den Altgebäuden unterbringen.
Von den Raummaßen wäre das möglich gewesen. Auch der Betriebsgewinn
würde bei diesem Szenario nach Rothlehners Kalkulation einen Sprung um
25 000 € machen. Und trotzdem setzte
der Landwirt diesen Schritt nicht um.
Knackpunkt war für Rothlehner die
Arbeitswirtschaft. „Das Umtreiben der
Tiere wäre sehr aufwendig geworden,
weil die Sauen in unterschiedlichen Gebäuden untergebracht wären“, befürchtete der Landwirt.
Auch die Spezialisierung auf die Sauenhaltung und eine Aufstockung der
Herde auf 200 Tiere verwarf er. „Ich
will den Betrieb so ausrichten, dass ich
ihn allein bewirtschaften kann, weil
meine Freundin gerne weiter in ihrem
außerlandwirtschaftlichen Beruf arbeiten würde“, argumentiert Rothlehner.
Spezialisierung auf die Mast: Die Lö-
sung war für den jungen Schweinehalter schließlich die Spezialisierung auf
die Mast. Stefan Rothlehner baute einen 1 000er-Stall. Gleichzeitig investierte der junge Landwirt in ein Betonhochsilo und eine Fütterungsanlage für
Ganzkornsilage. Den alten Maststall
mit 490 Plätzen saniert er gerade und
erneuert dort Spaltenboden, Trennwände, Fütterung und Lüftung.
Wie schon seine Eltern, hatte Rothlehner besonders die Stallplatzkosten
im Blick. So schaffte er es, die Kosten
im neuen Stall mit vier Kammern auf
350 € pro Platz (inkl. MwSt., aber ohne
Fütterungstechnik) zu begrenzen. Die
Kosten für den Umbau werden voraussichtlich deutlich darunterliegen.
Obwohl der Landwirt typbetonte
Schweine (Deutsche Landrasse x Piétrain) mästet, konnte er die Leistung im
neuen Stall deutlich steigern. Seine
Schweine erreichen jetzt 820 bis 830 g
Zunahmen. Der Grund dafür ist die
leistungsgerechtere Fütterung. Der
junge Landwirt kann jetzt jedes Abteil
separat füttern und dort die Rationen
kontinuierlich anpassen.
Auch für die knappe Fläche hat sich
jetzt eine Lösung aufgetan. Rothlehner
konnte 37 ha Land zu einem angemessenen Preis pachten, allerdings in 20 km
Entfernung.
-do-
Zwischen Acker und Hörsaal
Ivo Meckelnburg wollte eigentlich eine duale Ausbildung zum Wirtschaftsingenieur beginnen.
Dann entschied er sich aber doch für das Agrarstudium.
F
ür Ivo Meckelnburg war es selbstverständlich, mit 16 Jahren den Schlepperführerschein zu machen. Der junge
Mann aus Eckernförde stammt zwar
nicht vom Hof, arbeitete aber schon in
seiner Jugend mit Begeisterung auf einem Ackerbaubetrieb als Erntehelfer
mit. Obwohl ihm die Fächer Biologie,
Physik und Chemie schon immer gut
lagen, dachte er während seiner Schulzeit trotzdem nicht ernsthaft daran, beruflich einmal in Richtung Landwirtschaft zu gehen. „Ohne elterlichen Hof
ist es schwierig, sich mit einem landwirtschaftlichen Betrieb selbstständig
zu machen“, weiß er. Geplant hatte er
deshalb, nach dem Abitur eine duale
Ausbildung zum Wirtschaftsingenieur
zu beginnen.
Daraus wurde aber nichts. Die Leidenschaft für die Landwirtschaft überwog am Ende doch. Das lag unter ande-
Ivo Meckelnburg
Abschluss: Bachelor Agrar
Alter: 25 Jahre
Wohnort: Kiel/Schleswig-Holstein
Urteil der Jury:
• überzeugende Analyse
• objektiv und unvoreingenommen
Foto: Steinmann
1. Preis in der Kategorie
Ackerbau und Grünland
Ivo Meckelnburg hat viel englische Literatur für seine Bachelorarbeit gewälzt.
Die Mühe hat sich gelohnt, weil er viel dabei gelernt hat.
top agrar 12/2013
41
Betriebsleitung
Erfahrung im Ausland: In den Semesterferien arbeitete Ivo Meckelnburg regelmäßig als Erntehelfer, um sein Portemonnaie aufzubessern. Zunächst ging er
nach Schleswig-Holstein und später nach
Polen und Rumänien, immer auf Ackerbaubetriebe deutscher Familien.
In Rumänien war er für den gesamten
Ernteablauf mitverantwortlich. Die Organisation der Logistik und Mitarbeiter
war eine echte Herausforderung für
ihn. „Das war ein wahnsinnig stressiger
Job, hat mir aber viel Spaß gemacht. Ich
habe viele Erfahrungen sammeln können“, so Ivo Meckelnburg. Zuletzt war
er im Frühjahr 2013 für sechs Wochen
in Rumänien und hat dort auf einem
Ackerbaubetrieb die Soja- und MaisAussaat begleitet und den Pflanzenschutz betreut.
Um seine Kenntnisse im Ackerbau
weiter zu vertiefen und um sich beruflich zu orientieren, absolvierte er im
Frühjahr 2011 ein dreimonatiges Praktikum bei der Pflanzenbauberatung Hanse-Agro. Damals war das neue Konzept
Clearfield-Raps in aller Munde. „Ich
habe sofort gemerkt, dass die Diskussion sehr emotional ist. Viele wussten
damals nicht, worum es bei Clearfield
genau geht“, erinnert er sich.
Und schon hatte er ein Thema für
seine Bachelorarbeit. Unter dem Titel
„Agrarökologische Auswirkungen eines
imidazolinonresistenten Rapsanbaus in
Deutschland“ analysierte er das System
Clearfield-Raps für Deutschland (siehe
top agrar 7/2013, ab Seite 76). „Ich wollte
das Thema objektiv und nüchtern aufarbeiten“, erklärt er.
Inzwischen ist Ivo Meckelnburg im
Masterstudium – jetzt mit Schwerpunkt Agrarökonomie. „Ich wollte einfach mit meinem Studium breit aufgestellt sein und mir so mehr Möglichkeiten offen halten“, erläutert er seine
Strategie.
-ms42
top agrar 12/2013
Foto: Steinmann
rem auch an Hubertus Wiegelmann,
Verwalter auf Gut Osterrade in Bovenau (Kreis Rendsburg-Eckernförde),
wo Meckelnburg seit 2004 regelmäßig
als Erntehelfer arbeitete. „Dass ich mich
doch noch für das Studium entschieden
habe, verdanke ich ihm und seiner Familie“, erinnert er sich. „Er hat mir viel
mit auf den Weg gegeben, wovon ich
noch heute profitiere.“
Im Herbst 2008 begann er das Bachelorstudium in Kiel mit Schwerpunkt
Pflanze. „Der Pflanzenbau ist einfach
greifbarer als die Ökonomie“, so seine
Überlegung. Und im Ackerbau hatte er
bereits erste Erfahrungen auf diversen
holsteinischen Gutsbetrieben gesammelt.
Der gelernte Landmaschinenmechaniker Mathias Krebs holte sein Abitur nach und
studierte Landwirtschaft in Neubrandenburg und Halle.
Die beste Technik
für Gärreste
Schleppschlauch oder Schlitzgerät, Scheibenegge oder
Grubber? Mathias Krebs hat verschiedene Verfahren für die
Ausbringung von Gärresten untersucht.
E
ine Masterarbeit in Pflanzenernährung an der Uni Halle gehörte eigentlich nicht zur Lebensplanung von
Mathias Krebs. Doch nach drei Jahren
als Landmaschinenmechaniker fragte
er sich: „Das soll es jetzt gewesen sein?“
Kurz entschlossen holte er das Abitur
nach und begann ab Herbst 2006 Landwirtschaft in Neubrandenburg zu studieren.
Nach dem Bacherlorabschluss ging er
für das Masterstudium nach Halle. Hier
konzentrierte er sich auf den Pflanzenbau. In seiner Masterarbeit untersuchte
Mathias Krebs, wie sich die Art der
Ausbringung von Gärrest plus Flüssigdünger auf die Ammoniakverluste, den
Ertrag und den Deckungsbeitrag aus-
wirkt. Dazu legte er je einen Großflächenversuch für Winterroggen, Silo-
Mathias Krebs
2. Preis in der Kategorie
Ackerbau und Grünland
Abschluss: Master Agrarwissenschaften
Alter: 31 Jahre
Wohnort: Stüdenitz-Schönermark/
Brandenburg
Urteil der Jury:
• sehr aufwendige Versuchsreihe
• analytische Durchführung
So wirkt sich die Ausbringungs­
technik auf den Ertrag aus
Kultur
Variante
Winterroggen
Schleppschlauch + KAS1)
Schleppschlauch + NTS2)
Schlitzgerät + KAS
Silomais
Schleppschlauch
+ Scheibenegge + NTS
Schleppschlauch
+ Scheibenegge + SSA3)
Schleppschlauch
+ Grubber + NTS
Grünland
Schlitzgerät + NTS
Schlitzgerät + KAS
Schleppschlauch + NTS
Ertrag
dt/ha
DB/ha
63
81
74
353
698
555
486
397
504
438
537
539
1934)
1594)
1894)
189
50
191
1) Kalkammonsalpeter, 2) N-Flüssigdünger, 3) Schwefelsaurer
Ammoniak, 4) Frischmasse
Der Ertrag hängt auch davon ab, wie die Gärreste ausgebracht
werden.
mais und Grünland an. Da er
keinen eigenen Hof besitzt,
führte er die Versuche in seinem Heimatort Stüdenitz
auf den Flächen eines ortsansässigen Betriebes durch.
Krebs verglich insgesamt
neun verschiedene Varianten
(siehe Übersicht). Zum einen
ging es um die Ausbringungstechnik. Hier prüfte er,
ob es einen Einfluss auf den
Ertrag und Wirtschaftlichkeit hat, wenn der Gärrest
bei Mais mit angehängter
Scheibenegge oder angehängtem Grubber ausgebracht wird. Bei Winterroggen und bei Grünland verglich er die Verfahren
Schleppschlauch oder Injektion per Schlitzgerät.
Neben der Technik variierte er zusätzlich noch die
Art der N-Düngung.Mathias
Krebs untersuchte, ob es ggf.
günstiger ist, die konventionelle Düngung mit Kalkammonsalpeter (KAS), bzw.
beim Mais mit Schwefelsaurem Ammoniak (SSA) durch
den Flüssigdünger NTS zu
ersetzen, ohne die Gesamtstickstoffgabe zu verändern.
Was kam heraus? Bei Mais
fand Krebs zwar keine gesicherten Ertragsunterschiede
zwischen den einzelnen
Düngungs- und Ausbringungsvarianten. Dennoch
schnitt die Variante Gärrest
plus Grubber und Flüssigdünger wirtschaftlich am
besten ab, weil diese Variante tendenziell die höchsten Erträge brachte, auch
wenn Krebs dieses Ergebniss
nicht statistisch nicht absichern konnte.
Bei Roggen waren die Ergebnisse eindeutiger. Das
Schlitzverfahren brachte gesichert höhere Erträge als das
Schleppschlauchverfahren.
Wenn zusätzlich noch Flüssigdünger statt geprilltem
N-Dünger eingesetzt wurde,
stiegen die Erträge noch weiter an (siehe Übersicht). Entsprechend hatte diese Variante den höchsten Deckungsbeitrag.
Bei Grünland ergab sich
ein ähnliches Bild: Auch hier
war das Schlitzverfahren der
Schleppschlauchausbringung tendenziell überlegen.
Dies verstärkte sich noch,
wenn zusätzlich Flüssigdünger statt Kalkammonsalpeter
eingesetzt wurde (siehe
Übersicht).
Seine Kenntnisse bringt
Mathias Krebs inzwischen
am Institut für Anwendungstechnik im Pflanzenschutz beim Julius Kühn-Institut in Braunschweig ein.
Hier arbeitet er an der Entwicklung technischer Lösungen, um den Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln zu
reduzieren.
-ms-
Betriebsleitung
Die Preisträger in
den Kategorien
Tierhaltung
• 1. Preis: Marvin Campe
27254 Staffhorst, Meisterarbeit,
LWK Niedersachsen, Bezirksstelle
Nienburg
• 2. Preis: Christian Ramelsberger
84323 Massing, Fachschularbeit,
Höhere Landbauschule Rotthalmünster
• 3. Preis: Stefan Rothlehner
84130 Dingolfing, Meisterarbeit,
Fortbildungszentrum Landshut-Schönbrunn
Ackerbau und Grünland
• 1. Preis: Ivo Meckelnburg
24118 Kiel, Bachelorarbeit, Uni Kiel
• 2. Preis: Mathias Krebs
16845 Stüdenitz-Schönermark,
Masterarbeit, Uni Halle
• 3. Preis: Matthias Kappe
07389 Knau, Meisterarbeit,
Landwirtschaftsamt Zeulenroda
• 1. Preis: Frank Beutner
27313 Wahnebergen, Bachelorarbeit,
Hochschule Osnabrück
• 2. Preis: Franz Bergmann
84051 Essenbach, Fachschularbeit,
Höhere Landbauschule Rotthalmünster
• 3. Preis: Alexander Mast
88436 Eberhardzell, Meisterarbeit
Landwirtschaftsschule Tübingen
Sonderpreise
• Sindy Brauße
04654 Frohburg OT Benndorf,
Fachschularbeit, Fachschulzentrum
Freiberg-Zug
• Christian Baalmann
49624 Löningen, Fachschularbeit,
Berufsbildende Schulen
Cloppenburg
• Maren Kuiter
49838 Handrup, Bachelorarbeit,
Hochschule Osnabrück
• Stefan Strube
34286 Spangenberg-Pfieffe,
Masterarbeit, Uni Göttingen
Die Siegerprämien
1. Preise: 3 x 1 000 €
2. Preise: 3 x 500 €
3. Preise: 3 x 250 €
Sonderpreise: 250 bis 500 €
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top agrar 12/2013
Foto: Bröker
Betrieb und Markt
Landwirt Matthias Kappe hat in seiner Meisterarbeit die Einzelkornsaat von Raps
unter die Lupe genommen.
Was bringt die
Einzelkorndrille?
Lässt sich die Saatstärke von Raps mit der präziseren Einzelkornsätechnik senken, ohne dabei Ertrag zu verlieren? Dieser Frage
ging Matthias Kappe nach.
A
ls Matthias Kappe (30) aus Knau in
Thüringen nach einem Thema für
seine schriftliche Meisterarbeit suchte,
war der Aufhänger schnell gefunden.
Denn sein Schwager Falk Lieder, der
im nahe gelegenen Lemnitz einen
265 ha-Ackerbaubetrieb bewirtschaftet,
wollte zu diesem Zeitpunkt seine alte
Drillmaschine durch neue Sätechnik
ersetzen. Kappe, der über die „Thüringer Landdienste GmbH“ auch Lohnarbeiten bei seinem Schwager durchführt,
entschloss sich daher, im Rahmen sei-
ner Meisterarbeit die betriebliche
Mulchsaatdrille mit einer neuen Einzelkornsämaschine zu vergleichen.
„Großes Manko der Drilltechnik ist,
dass die Kornablage in der Reihe unpräzise ist“, erklärt Matthias Kappe. „Es
treten teils Doppelbelegungen oder Lücken auf, sodass sich die einzelnen
Pflanzen ungleichmäßig entwickeln.“ In
seiner Arbeit wollte er klären, ob sich
bei Raps durch die präzisere Ablage der
Saatgutaufwand senken lässt, ohne dabei Ertragsverluste zu riskieren. Viel-
Matthias Kappe
3. Preis in der Kategorie Ackerbau und Grünland
Abschluss: Landwirtschaftsmeister
Alter: 30 Jahre
Wohnort: Knau/Thüringen
Betrieb: Ackerbaubetrieb „Kappe Agrar GbR“
Urteil der Jury:
• praxisnah, konsequent umgesetzt
• kritische Ergebnisanalyse
leicht sind dadurch sogar höhere Erträge möglich.
Für seinen Feldversuch
legte er vier jeweils knapp
1,2 ha große Parzellen auf einer sandigen Lehmfläche mit
40 BP an. Der Standort neigt
bei durchschnittlich 640 mm
Jahresniederschlag zu ausgeprägter
Vorsommertrockenheit. Er wählte die Hybridsorte Visby, die nach seinen Erfahrungen gut mit
Trockenheit zurechtkommt
und in der Region konstant
hohe Erträge bringt.
Die
Bodenbearbeitung
nach Vorfrucht Wintergerste
führte er pfluglos durch. Die
Varianten gestaltete Kappe
wie folgt: Auf zwei Parzellen
säte er den Raps mit einer
Einzelkornmaschine (Amazone EDX 9 000 TC) in einem Reihenabstand von
42,5 cm. Die Saatstärke variierte er jeweils mit 30 bzw.
45 Körnern/m2. Die beiden
anderen Parzellen bestellte
er betriebsüblich mit der
Mulchsaatdrille (John Deere
740 A) in einem Reihenabstand von 15 cm, ebenfalls
jeweils mit 30 bzw. 45 Körnern/m2. Düngung und
Pflanzenschutz erfolgten betriebsüblich.
Saatstärke gesenkt: Nach
dem Auflaufen des Rapses
beobachtete der junge Landwirt seine Versuchsparzellen
sorgfältig: Ende August ermittelte er mithilfe eines
Zählrahmens den Feldaufgang (drei Zählungen/Variante). Mitte Oktober erfasste
er die Wurzelentwicklung
bei der Ernte. Den Ertrag ermittelte er per Fuhrwerkswaage. Vorher zog er aus jeder Parzelle eine Probe, um
diese auf Besatz, Ölgehalt
und Fettsäuren untersuchen
zu lassen. Für alle 4 Varianten berechnete er den Deckungsbeitrag. Hier seine
wichtigsten Ergebnisse:
• Bei der Einzelpflanzensaat
war der Feldaufgang gleichmäßiger als in den Drillvarianten. Allerdings erhöhte
sich wegen des 45 cm-Reihenabstandes der Unkrautdruck leicht.
• Die höheren Erträge mit
jeweils knapp 56 dt/ha erzielten die Parzellen mit den
geringen Saatstärken. Bei höherer Saatstärke fielen die
Erträge ab.
• Eher verblüffend waren die
geringen Ertragsunterschiede
zwischen der Saattechnik.
Drill- und Einzelkornsaat lagen bei den Varianten mit
30 Körnern/m2 fast gleichauf.
Beim Deckungsbeitrag hatte
die Drillsaattechnik wegen
niedrigerer Anschaffungskosten unterm Strich sogar
leicht die Nase vorn.
Diese Ergebnisse ließen
für Matthias Kappe und seinen Schwager Falk Lieder
nur eine Schlussfolgerung
zu: Sie setzen bei reduzierter
Saatmenge zunächst weiter
auf die preiswertere Drillsaat. Matthias Kappe, der in
diesem Sommer als Gesellschafter in den elterlichen
Ackerbaubetrieb „Kappe Agrar GbR“ eingestiegen ist,
will aber beim Thema Einzelkornsaat am Ball bleiben.
Künftig möchte er testen,
ob sich damit die Saatstärken
von Raps bei gleichbleibenden Erträgen noch weiter
drücken lassen. Auch reizt es
ihn, die Einzelkornsaat in
Getreide zu testen.
Matthias Bröker
Betriebsleitung
Foto: Steinmann
Es geht auch günstiger!
„Es fasziniert mich, selbst
Strom zu erzeugen, aber wir
müssen auch effizient damit
umgehen“, ist Christian
Baalmann überzeugt.
Christian Baalmann
Sonderpreis in der Kategorie
Neue Energie und Technik
Abschluss: Staatlich geprüfter
Agrarbetriebswirt
Alter: 23 Jahre
Wohnort: Löningen/Niedersachsen
Betrieb: 190 Zuchtsauen, 60 ha
Ackerbau, Photovoltaikanlage,
Mini-BHKW
Urteil der Jury:
• gute Idee, spart bares Geld
• umsetzungsorientierte Arbeit
Weil die Strom- und Heizkosten
explodierten, hat Christian
Baalmann seinen Betrieb auf
Energieeffizienz getrimmt und
spart so bares Geld.
E
rst eine Photovoltaikanlage, dann
moderne Pumpen und Lüftungen
und schließlich ein eigenes Blockheizkraftwerk. Familie Baalmann produziert nicht nur Strom und Wärme, sondern spart durch moderne Technik
auch noch bares Geld.
Zusammen mit seinen Eltern Reinhold (55) und Angelika (47) bewirtschaftet Christian Baalmann einen Schweinezuchtbetrieb in Löningen im Landkreis Cloppenburg. Das Unternehmen
mit rund 60 ha Ackerbau und 190 Sauen
im geschlossenen System ist über die
Jahre kontinuierlich gewachsen. Die
Energieeffizienz war auf dem Betrieb
jedoch lange Zeit kein Thema. Das änderte sich mit dem Anstieg der Stromkosten drastisch. Die Inbetriebnahme
der ersten Photovoltaikanlage im Jahr
2009 war für Christian Baalmann der
Anstoß, den eigenen Betrieb auf Energieeffizienz zu trimmen. „Es fasziniert
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top agrar 12/2013
mich, selbst Strom zu erzeugen“, so
Christian Baalmann. „Damals hatte ich
die Idee, auch den Energieverbrauch
und die Energieeffizienz genau zu untersuchen“, erinnert er sich.
Verbrauch senken: In seiner Fach-
schularbeit nahm der 23-Jährige daher
den Energieverbrauch und die Energieeffizienz des Betriebes unter die Lupe.
Wie stark sich eine Modernisierung der
Umwälzpumpen und Lüftungsventilatoren lohnen würde, konnte er relativ
leicht überprüfen. Hierzu hat er einen
Schweinemaststall in zwei Bereiche unterteilt und getrennte Stromzähler installiert. In einem Bereich installierte er
neue, frequenzgesteuerte, stufenlose
Lüftungsventilatoren, im anderen
nutzte er die bisherigen Lüfter mit vier
Lüftungsstufen weiter. Von Anfang Januar bis Ende März führte er Buch über
die Zählerstände beider Stromzähler
und verglich den Verbrauch.
Das Ergebnis: Die modernen stufenlosen Lüftungsventilatoren verbrauchten nur ein Viertel des Stroms der alten
Stufenlüfter. Dadurch spart er 60 Cent
pro Mastschwein. Umgerechnet auf alle
verkauften Mastschweine des Betriebes
sind das rund 3 000 € pro Jahr.
Weitere Einsparpotenziale hat er bei
den Umwälzpumpen für die Warmwasserheizung im Abferkelbereich entdeckt. Hier kann er durch den Einbau
neuer, sparsamer Pumpen den Stromverbrauch sogar auf unter 20 % des
Stromverbrauchs der alten Pumpen
drücken. Das ergibt eine Kostenersparnis von knapp 80 € je Pumpe und Jahr.
„Bei einem Anschaffungspreis von etwa
150 € je Pumpe amortisiert sich die Investition in weniger als zwei Jahren“, ist
Christian Baalmann überzeugt.
Weitere Einsparmöglichkeiten ergaben sich aber auch noch beim Stromeinkauf. Weil der Hausanschluss nach
der Inbetriebnahme einer weiteren
Photovoltaikanlage im Jahr 2011 den
produzierten Strom nicht mehr hätte
aufnehmen können, entschieden sich
Christian und sein Vater Reinhold für
den Kauf einer eigenen Trafostation.
Über diese können sie sowohl Strom ins
Mittelspannungsnetz abgeben als auch
direkt beziehen. So profitieren sie von
günstigeren Stromtarifen. Trotz höherer Grundkosten beim eigenen Trafo
rechnet Christian Baalmann mit weiteren 500 € Ersparnis pro Jahr.
Kraft und Wärme koppeln: Weil der
Betrieb bereits den Strom der Photovoltaikanlage verkaufte und gleichzeitig
5 Juroren aus 4 Bundesländern
Foto: Heil
über das gesamte Jahr hinweg warmes
Wasser zur Beheizung der Ferkelnester
und für das Wohnhaus benötigte,
machte sich Christian Baalmann Gedanken über eine gemeinsame Erzeugung
von Strom und Wärme. Denn die bisherige Warmwasserheizung war mittlerweile 23 Jahre alt und hatte nur noch einen geringen Wirkungsgrad. Ein Austausch hätte somit ohnehin angestanden.
Da lag es nahe, über ein Blockheizkraftwerk (BHKW) nachzudenken. Christian
Baalmann und sein Vater Reinhold entschieden sich daher im Frühjahr 2012 für
den Kauf eines Mini-BHKW. Es produziert bedarfsabhängig Wärme. Der produzierte Strom wird zu 95 % auf dem
Betrieb verbraucht, der Rest ins Stromnetz eingespeist.
Christian Baalmann hat seinen Betrieb auf Energieeffizienz getrimmt.
Dadurch hat er nicht nur den Verbrauch
gesenkt, sondern auch noch reichlich
Kosten gespart. Seine Strom- und Heizkosten konnte er um rund 7 000 € pro
Jahr senken. „Das Thema Energie wird
immer wichtiger in der Landwirtschaft“, so das Fazit von Christian Baalmann.
-ms-
Diese Jury kennt die Praxis: Winfried Satzger, Bayerische Landesanstalt
für Landwirtschaft, Ruth Beverborg, LWK Niedersachsen, Markus Werner,
Ackerbauer aus dem Landkreis Rhön­Grabfeld/Bayern, Dr. Arne Dahlhoff, LWK
Nordrhein­Westfalen und Johannes Thomsen, LWK Schleswig­Holstein (v. l. n. r.)