Hans Pongratz, Reinhard Keil (Hrsg.): Die 13. E-Learning Fachtagung Informatik, Lecture Notes in Informatics (LNI), Gesellschaft für Informatik, Bonn 2015 321 Bewertung webbasierter Dienste für den Einsatz im schulischen Kontext ein Kriterienkatalog Dagmar Oertel1 und Bianca Preißler2 Abstract: Die Vermittlung von Medienkompetenz muss zukünftig in Schulen eine deutlich stärkere Rolle einnehmen, um Schülerinnen und Schüler auf die Anforderungen der Berufswelt vorzubereiten. An vielen Stellen erscheint der administrative Aufwand für Lehrende und Lernende noch zu hoch, um einfach und kooperativ in einer sicheren digitalen Umgebung arbeiten zu können. Momentan müssen sich Lehrende stets erneut um eine Nutzerverwaltung ihrer Schülerinnen und Schüler kümmern, wenn ein neuer Webdienst im Unterricht eingesetzt werden soll. Eine landesweite zentrale Plattform in Sachsen, die mit einer einmaligen Anmeldung Zugriff auf schulrelevante digitale Dienste gewährleistet, ist eine neue und noch wenig erforschte Möglichkeit, um im schulischen Kontext in einer sicheren Umgebung mit digitalen Medien zu arbeiten. Ausgehend von der Bereitstellung einer solchen Plattform gilt es zu untersuchen, mit welchen Kriterien entschieden werden kann, ob ein Webdienst für den schulischen Einsatz geeignet ist. In der vorliegenden Arbeit wird ein Bewertungsmaßstab für eine solche Untersuchung vorgestellt. Keywords: Schule, Single Sign-on-Portal, Webdienste, Kriterienkatalog, Schulrelevanz 1 Digitales Lernen in der Schule fördern In der heutigen Zeit bedienen junge Menschen mit einer Selbstverständlichkeit digitale Technologien und nutzen diese intensiv in ihrem Alltag. Jedoch wird im Schulunterricht vorrangig immer noch analog gearbeitet und der Einsatz digitaler Medien spielt eine weitgehend untergeordnete Rolle [IfD13]. Dabei gehören IT-Kenntnisse und ein sicherer Umgang mit digitalen Medien heutzutage in nahezu jedes Berufsfeld [Ha96]. Deshalb ist es wichtig, bereits in der Schule den richtigen Umgang mit digitalen Medien zu lehren und zu lernen. Neben einer flächendeckenden technischen Infrastruktur und der Medienkompetenz der Lehrkräfte spielt auch der Einsatz digitaler Lernformate eine Rolle, der neue Möglichkeiten des kollaborativen Lernens über Orts- und Klassengrenzen hinweg [Ba14] eröffnet. Wenn ein Lehrender einen neuen digitalen Dienst, beispielweise eine Lernplattform mit E-Learning-Kursen, im Unterricht einsetzen möchte, müssen für alle Schülerinnen und Schüler Logins zu dieser Lernplattform angelegt werden. Diese Logins gelten jedoch nur für diese Lernplattform. Falls weitere digitale Anwendungen den Unterricht begleiten 1 Technische Universität Dresden, Fakultät Informatik, Institut für Software- und Multimediatechnik, AG Didaktik der Informatik / Lehrerbildung, 01062 Dresden, [email protected] 2 Technische Universität Dresden, Fakultät Informatik, Institut für Software- und Multimediatechnik, AG Didaktik der Informatik / Lehrerbildung, 01062 Dresden, [email protected] 322 Dagmar Oertel und Bianca Preißler sollen, benötigen die Lernenden wieder neue Logins und die Lehrperson muss diese für ihre Klasse einrichten. Hinzu kommt, dass Lehrkräfte die datenschutzrechtlichen Hintergründe eines Dienstes vor dem schulischen Einsatz prüfen müssen. Lehrerinnen und Lehrer müssen also einige Hürden überwinden, um sichere digitale Medien zur Unterstützung des Unterrichts einsetzen zu können. Wenn an einer zentralen Stelle, in Form eines Single Sign-on-Portals, schulrelevante Dienste bereitgestellt und administriert werden, können Lehrerinnen und Lehrer von den genannten Hürden entlastet werden. Auf diese Weise wird ein kooperatives Lernen und Arbeiten sowie ein digitaler Austausch in einer sicheren Umgebung ermöglicht. 2 Auswahl von Diensten für ein zentrales Single Sign-on-Portal für Schulen Ausgehend von den vorangegangenen Überlegungen soll ein zentrales Single Sign-onPortal für sächsische Schulen entstehen, das den Einsatz von schulrelevanten digitalen Medien im schulischen Kontext erleichtern soll. Aus den primären Zielgruppen des Portals lassen sich die Nutzerrollen Lehrer/in und Schüler/in ableiten. Demnach können im Portal neben Diensten für beide Nutzerrollen auch Dienste angeboten werden, die nur den Lehrenden oder nur den Lernenden bereitgestellt werden. Dafür ist jedoch eine Untersuchung notwendig, welche konkreten Webdienste sich im schulischen Kontext und für die Anbindung an eine Plattform eignen. Bei der Konzeptentwicklung für ein sächsisches Single Sign-on-Portal wurden für eine solche Untersuchung Kriterien definiert, mit denen eine einheitliche Bewertung von Webdiensten gewährleistet werden kann (vgl. Abb. 1). Als Grundlage für die Erarbeitung dieser Kriterien wurden der ISOStandard 9126 [Ba08], die Kriterien zur Beurteilung von Unterrichtssoftware [SP97] und die W3C Recommendations3 verwendet. Die Untersuchung der Dienste mithilfe eines einheitlichen Maßstabes gewährt einen Überblick über deren wesentliche Eigenschaften. Damit wird die Voraussetzung für eine konsistente Bewertung geschaffen, sodass auch Vergleiche zwischen Webdiensten mit annähernd äquivalentem Funktionsumfang möglich sind. Im Rahmen dieses Prozesses wurden 101 Online-Dienste untersucht und bezüglich ihrer Eignung für das angestrebte Single Sign-on-Portal eingeschätzt. Auf diese Weise konnten 28 webbasierte Dienste ermittelt werden, die für den schulischen Lehr- und Lernprozess empfohlen werden können. Für eine anschauliche Darstellung des durchgeführten Untersuchungsprozesses werden ausgewählte Kriterien des erarbeiteten Bewertungsmaßstabes exemplarisch anhand des Webdienstes LearningApps4 vorgestellt. LearningApps ist ein Dienst, der sowohl Lehrenden als auch Lernenden für das Erstellen digitaler Übungsaufgaben (Quiz, Kreuzworträtsel, Lückentext, etc.) zahlreiche Vorlagen bietet. 3 4 World Wide Web Consortium. All Standards and Drafts, http://www.w3.org/TR/, Abrufdatum: 17.06.2015. Learningapps.org, http://www.learningapps.org, Abrufdatum: 17.06.2015. Bewertung webbasierter Dienste für den Einsatz im schulischen Kontext 323 Abb. 1: Übersicht über die erarbeiteten Kriterien zur Bewertung von Online-Diensten Um die Nutzung eines Online-Dienstes im schulischen Kontext rechtfertigen zu können, muss zunächst der Nachweis seiner Schulrelevanz erfolgen. Hierfür sollte es grundlegend sein, Korrektheit, Zielgruppe(n) und Ziel(e) des Einsatzes dieses Dienstes zu untersuchen. Des Weiteren spielen die technischen Eigenschaften eine wichtige Rolle, um die Qualität des Webdienstes bewerten zu können. Dazu zählen zum Beispiel die Berücksichtigung von Datenschutz und Datensicherheit sowie der allgemeinen Nutzungsanforderungen. LearningApps erfüllt bezüglich der genannten Kriterien alle wesentlichen Anforderungen und kann gemäß dieses Bewertungsmaßstabes als geeignet eingestuft werden (vgl. Abb. 2). Abb. 2: Untersuchung des Webdienstes LearningApps anhand ausgewählter Kriterien zu Schulrelevanz und Softwarequalität Alle Webdienste, die im Untersuchungsprozess herangezogen und anhand des Bewertungsmaßstabes (z. B. in Bezug auf Datenschutz und Datensicherheit) negativ eingeschätzt wurden, können für eine Angliederung an das Single Sign-on-Portal nicht emp- 324 Dagmar Oertel und Bianca Preißler fohlen werden. Zu den abgelehnten Diensten zählen zum Beispiel Evernote5, bettermarks6 und Dropbox7. Im Ergebnis der vorgestellten Untersuchung steht eine Auswahl von Diensten, die an das Single Sign-on-Portal angebunden werden können. Neben LearningApps sind das beispielsweise das Medienportal der Siemens Stiftung8, GeoGebra9 und 4teachers10. Im Folgenden gilt es, den Einsatz dieser Dienste mit sächsischen Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern zu erproben, die das Single Sign-on-Portal mit den angebundenen Diensten zur Unterstützung des Unterrichts nutzen. Literaturverzeichnis [IfD13] Institut für Demoskopie Allensbach: Digitale Medien im Unterricht Möglichkeiten und Grenzen. In IfD-Umfrage 6255. 2013; S. 2, 11ff. Link: http://www.ifdallensbach.de/uploads/tx_studies/Digitale_Medien_2013.pdf. Abrufdatum: 17.06.2015. [Ha96] Hamm, I.: Medienkompetenz als neue politische Zielkoordinate. In (Rein, A. von, Hrsg.): Medienkompetenz als Schlüsselbegriff - Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung. Klinkhardt, Bad Heilbrunn, 1996; S. 51-59. [Ba14] Bayer, S. et.al.: Auf dem Weg zum digitalen Lernen: Empfehlungen für eine digitale Agenda der Schule (Policy Brief). Stiftung neue Verantwortung e. V., 2014, S. 2. Link: http://www.stiftung-nv.de/sites/default/files/20141029_digitale_agenda_schulen.pdf. Abrufdatum: 17.06.2015. [Ba08] Balzert. H.: Lehrbuch der Softwaretechnik, Bd. 2, Softwaremanagement. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag. Heidelberg, 2008; S. 463f. [SP97] Seibt, M.; Pfligersdorffer, G.: Kriterien zur Beurteilung von Unterrichtssoftware. Einzelbeitrag der Zeitschrift Unterricht Biologie Nr. 21. Friedrich-Verlag. 1997; S. 51-53. Link: http://www.friedrich-verlag.de/pdf_preview/d53221_5153.pdf. Abrufdatum: 17.06.2015. 5 Evernote, http://www.evernote.com, Abrufdatum: 17.06.2015 bettermarks, http://www.bettermarks.de, Abrufdatum: 17.06.2015 7 Dropbox, http://www.dropbox.com, Abrufdatum: 17.06.2015 8 Medienportal Siemens Stiftung, http://www.medienportal.siemens-stiftung.org, Abrufdatum: 17.06.2015 9 GeoGebra, http://www.geogebra.org, Abrufdatum: 17.06.2015 10 4teachers, http://www.4teachers.de, Abrufdatum: 17.06.2015 6
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